TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.07.2019, RV/5100583/2018

§ 2 Abs. 1 lit. j FLAG ist auf Studien an ausländischen Universitäten nicht anwendbar

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom , eingelangt am , gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom zu VNR 001, mit dem der Antrag vom , eingelangt am , auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind K (VNR 002) für den Zeitraum ab November 2017 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die Tochter der Beschwerdeführerin besuchte das Europagymnasium in L und legte dort am die Reifeprüfung erfolgreich ab.

Im Juli 2012 nahm sie an der Aufnahmeprüfung zum Studium der Medizin an der Medizinischen Universität Wien teil, erhielt dort jedoch keinen Studienplatz.

Daraufhin inskribierte sie an der Universität Wien im Wintersemester 2012/13 das Studium der Rechtswissenschaften, legte in diesem Studium laut den von der Universität gemäß § 46a Abs. 2 Zif. 4 FLAG übermittelten Daten jedoch keine Prüfungen (erfolgreich) ab. Die Meldung zu diesem Studium endet am .

Ab dem studierte die Tochter der Beschwerdeführerin an der Charité Universitätsmedizin Berlin.

Mit Formblatt Beih 1 beantragte die Beschwerdeführerin am die Gewährung der Familienbeihilfe für ihre Tochter ab April 2013 und legte dazu eine Studienbescheinigung und einen ECTS-Leistungsnachweis der Charité Universitätsmedizin Berlin vor. Das Studium an dieser Universität dauere sechs Jahre. Ferner gab die Beschwerdeführerin an, dass ihre Tochter ihrem Haushalt zugehörig sei („Das Kind wohnt ständig bei mir“). Die Tochter ist seit dem auch durchgehend mit Hauptwohnsitz an der aktuellen Wohnadresse der Beschwerdeführerin gemeldet.

Das Finanzamt gewährte der Beschwerdeführerin bis einschließlich Oktober 2017 Familienbeihilfe, wies den Antrag hinsichtlich des Zeitraumes ab November 2017 jedoch mit Bescheid vom zusammengefasst mit der Begründung ab, dass die Tochter der Beschwerdeführerin das 24. Lebensjahr am vollendet habe und die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG für eine Gewährung der Familienbeihilfe bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nicht vorlägen. Voraussetzung dafür wäre unter anderem, dass das Kind das Studium bis zu dem Kalenderjahr begonnen habe, in dem es das 19. Lebensjahr vollendet hat (hier: 2012; Studienbeginn an der Charité Universitätsmedizin Berlin aber erst 2013).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , eingelangt am , die wie folgt begründet wurde:

„K wurde am XX.10.1993 geboren und hat mit 7 Jahren mit der Schule begonnen. Die Matura und das Internationale Bakkalaureat legte sie im Juni 2012 bzw. August 2012 ab.

Die Aufnahmeprüfung zum Studium der Medizin hat K im Juli 2012 gemacht. Aufgrund der großen Teilnehmerzahl hat sie keinen Studienplatz bekommen, obwohl sie die Matura und das Internationale Bakkalaureat mit hervorragender Bewertung abgeschlossen hat. Da sie unbedingt Medizin studieren wollten, hat sie sich entschlossen im Wintersemester 2012 Rechtswissenschaften zu inskribieren und den neuerlichen Aufnahmetest in Wien im Sommer 2013 abzulegen. Gleichzeitig hat sie sich auch an medizinischen Universitäten in Deutschland beworben. K wurde im April 2013 an der Charité in Berlin aufgenommen. Sie hat an der Charité alle Prüfungen in der vorgegebenen Zeit bestanden und ist mit dem theoretischen Teil - bis auf das Staatsexamen - fertig. Das Doktorratsstudium macht sie auf einer Universität in den USA (New Haven).

Die Studienkosten in Berlin haben jährlich rund € 24.000,00 gekostet.

Der Antrag auf Familienbeihilfe vom wurde mit der Begründung, dass die Voraussetzungen für ein langes Studium nicht gegeben sind, abgewiesen. Diese Beurteilung durch die Behörde ist nicht unrichtig:

Die Voraussetzungen der lit. bb) und cc) des § 2 Abs. 1. lit. j. des FLAG für einen Verlängerung des Familienbeihilfenanspruches wegen Berufsausbildung liegen beim Medizinstudium vor, der Studienerfolg wurde nachgewiesen.

Gemäß lit. aa) des § 2 Abs. 1. lit. j. des FLAG ist weitere Voraussetzung für die Zuerkennung der Familienbeihilfe, dass bis zu dem Kalenderjahr, in dem das 19. Lebensjahr vollendet ist, mit dem Studium begonnen wurde.

Aufgrund der Nichtaufnahme an der medizinischen Universität war K nicht in der Lage, das Studium in dem Jahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet hat, zu beginnen. Die Umstände der Verzögerung um fast ein Jahr sind auf die massiven Studienplatzbewerber und relativen kleinen Zahl der jährlichen Studienanfänger zurückzuführen. In aller Regel werden mindestens zwei Anläufe benötigt, um aufgenommen zu werden. Rein aus Gründen der zeitlichen Überbrückung hat K mit einem anderen Studium, nämlich Rechtswissenschaften, begonnen.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b) des FLAG gelten bei einem Studienwechsel die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992 angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe.

Bei K wurde der Studienwechsel von Rechtswissenschaften auf Medizin durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden der Studierenden herbeigeführt. Hätte K nämlich den Aufnahmetest in Wien geschafft, wäre kein Studienwechsel erforderlich gewesen. Das Ereignis war nicht abwendbar und Verschulden liegt jedenfalls keines vor.

Aus diesem Grund sind die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 lit. j gegeben und ist die Familienförderung zuzuerkennen.

Zur Untermauerung möchte ich folgendes anführen: Nach ständiger Rechtsprechung verliert ein Kind nicht schon deshalb seinen Unterhaltsanspruch (und damit wohl auch auf Familienbeilhilfe), weil es aus subjektiven oder objektiven Gründen ein Studium - etwa aufgrund eines entschuldbaren Irrtums über seine persönlichen Voraussetzungen oder über die mangelnden Berufsaussichten - wechselt, weil einerseits für die Wahl eines den Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Studiums eine gewisse Überlegungszeit (im Allgemeinen höchstens ein Jahr) nötig ist und andererseits sich erst im späteren Verlauf des Studiums die Unrichtigkeit der zunächst getroffenen Studienwahl herausstellen kann (3 Ob 4/92; RIS-Justiz RS0047617).

Es wird daher beantragt, den Bescheid aufzuheben und die beantragte Familienbeihilfe zuzuerkennen.“

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Nach Hinweis auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b und des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG führte das Finanzamt aus, dass die Tochter der Beschwerdeführerin im Jahr 2012 ihr 19. Lebensjahr vollendete und ihr nunmehr betriebenes Studium "Humanmedizin" im Jahr 2013 begonnen habe. Folglich liege zweifelsfrei die bereits unter sublit. aa) normierte Voraussetzung des genannten Verlängerungstatbestandes nach § 2 Abs. 1 lit. j FLAG nicht vor. Aus diesem Grund bedürfe es keiner weiteren Prüfung, ob die übrigen in § 2 Abs 1 lit. j FLAG normierten Voraussetzungen überhaupt vorliegen würden. Der Beihilfenanspruch beschränke sich somit nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 auf die Vollendung des 24. Lebensjahres der Tochter. Dass im gegenständlichen Beschwerdefall ein anderer Verlängerungstatbestand als der des § 2 Abs 1 lit. j FLAG 1967 die Anspruchsvermittlung für die Weitergewährung der Familienbeihilfe für das Kind begründen würde, sei nicht vorgebracht worden bzw. ergäbe sich diesbezüglich auch kein Hinweis aus der zu beurteilenden Sach- und Aktenlage. Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Umstände, dass ihre Tochter zu Folge einer Nichtaufnahme auf Grund begrenzter Studienplätze im Wintersemester 2012/13 erst nach Vollendung ihre 19. Lebensjahres mit März 2013 ihr Studium beginnen hätte können, vermöge für sich betrachtet keinen gesetzlich vorgesehenen Verlängerungstatbestand nach den Regelungsinhalten des FLAG 1967 darzustellen. In der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom , G 6/11 und G 28/11 ua. habe dieser zur Einschränkung eines Studienbeginns auf jenes Jahr, in dem das Kind sein 19. Lebensjahr vollendet habe, ausgeführt, dass es generell keine Verpflichtung des Gesetzgebers gäbe, überhaupt eine Ausnahmeregelung wie jene des § 2 Abs 1 lit. j vorzusehen. Wenn er sie dennoch verfügt habe, habe er sie in sich sachlich auszugestalten. Das Erfordernis, dass das Studium bis zu jenem Kalenderjahr begonnen werden muss, in dem das volljährige Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat (sublit. aa), decke den typischen Fall ab. Dem Gesetzgeber sei es gestattet, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu treffen und von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Dass dabei Härtefälle entstehen können, mache für sich allein eine Regelung nicht unsachlich. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, auf alle Fallkonstellationen Bedacht zu nehmen, die einen späteren Studienbeginn zur Folge haben können, zumal bei späterem Studienbeginn der Beihilfenanspruch nicht zur Gänze wegfalle, sondern sich die Anspruchsdauer lediglich verkürze. Abschließend wies das Finanzamt noch darauf hin, dass Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Unterhaltsanspruch von Kindern keine Auswirkung auf die Anspruchsvoraussetzungen des FLAG habe.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom . Darin brachte die Beschwerdeführerin vor:

„Von der Behörde wurde nicht berücksichtigt, dass K erst mit Vollendung des 7. Lebensjahres mit der Schule begonnen hat und daher auch erst im Jahr der Vollendung des 19. Lebensjahres mit dem Studium beginnen konnte. Im Gegensatz zu Kinder, die bereits im 6. Lebensjahr mit der Schule beginnen, ist K durch die vorgesehene Regelung ungleich und ungerechtfertigt benachteiligt.

K hat zur Vorbereitung auf das Studium Praktika im medizinischen Dienst geleistet (im Krankenhaus und in Ordinationen) und auch soziale Hilfstätigkeiten verrichtet.

K ist für das Studium der Medizin an der Universität Wien nicht zugelassen worden, da sie beim Aufnahmetest zu weit hinten gereiht war. Wäre sie genommen worden, so würde sie auch jetzt noch Familienbeihilfe bekommen, da das Studium mehr als 10 Semester dauert. Die Familienbeilhilfe wird somit aus einem Gründen versagt, die nicht in ihrer Macht standen, sie anders zu machen.

Die Inskription des Studiums der Rechtswissenschaften diente nur zur Überbrückung, da sie unbedingt Medizin studieren wollte.

An der Charité in Berlin wurde sie aufgenommen und sie hat alle Prüfungen in der vorgesehenen Zeit bestanden. Derzeit nimmt sie an einem Forschungsprojekt an einer sehr renommierten Universität in New Haven (USA) teil.“

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

Beweiswürdigung

Der festgestellte und unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen, dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und den in der Beihilfendatenbank gespeicherten Daten. Zu klären ist im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, ob gegenständlich die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG erfüllt sind.

Rechtslage

Gemäß § 2 Abs. 1 FLAG haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß, …

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird.

Der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG erwähnte § 3 Studienförderungsgesetz normiert in seinen Abs. 1 und 2:

(1) Folgende österreichische Staatsbürger können Förderungen erhalten:

1. ordentliche Studierende an österreichischen Universitäten,

2. ordentliche Studierende an österreichischen Universitäten der Künste,

3. Studierende an einer in Österreich gelegenen Theologischen Lehranstalt (Art. V § 1 Abs. 1 des Konkordates, BGBl. II Nr. 2/1934) nach Ablegung einer Reifeprüfung,

4. ordentliche Studierende an österreichischen Fachhochschul-Studiengängen,

5. ordentliche Studierende an österreichischen öffentlichen Pädagogischen Hochschulen,

6. ordentliche Studierende an österreichischen anerkannten privaten Pädagogischen Hochschulen,

7. ordentliche Studierende an mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Konservatorien, wenn sie die durch Verordnung der Bundesministerin oder des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung bezeichneten Hauptstudiengänge besuchen (§ 5 Abs. 2),

8. Studierende an medizinisch-technischen Akademien und an Hebammenakademien.

(2) Den im Abs. 1 genannten österreichischen Bildungseinrichtungen sind gleichgestellt:

1. in Österreich gelegene Bildungseinrichtungen, die nach den Bestimmungen des Privatuniversitätengesetzes (PUG), BGBl. I Nr. 74/2011, als Privatuniversitäten akkreditiert sind,

2. in Südtirol gelegene öffentliche Fachhochschulen und Universitäten.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält (§ 2 Abs. 5 lit. a FLAG).

Erwägungen

Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass das anspruchsvermittelnde Kind während des Studiums noch zum Haushalt der Beschwerdeführerin zugehörig war. Daran ändert sich auch nichts, wenn das Kind für Zwecke des Studiums eine Zweitunterkunft bewohnt hat. Im Allgemeinen wird angenommen, dass eine solche Zweitunterkunft im Sinne des § 2 Abs. 5 lit. a FLAG nur vorübergehend (während des Studiums) benutzt, und damit die Haushaltszugehörigkeit nicht aufgehoben wird (vgl. Wittmann-Galletta, FLAG, Kommentar zu § 2, Seite 11; Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Tz 146).

Nach der dargestellten Regelung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG besteht ein Beihilfenanspruch für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden. Zur Frage, wann eine solche „allgemeine“ Berufungsausbildung im Sinne des FLAG anzunehmen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung eine Reihe von Kriterien entwickelt, die dazu vorliegen müssen (vgl. zuletzt etwa VwGH, , Ra 2018/16/0203 und , jeweils mwN). Unter den Begriff der Berufungsausbildung fallen demnach alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird. Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Überdies kommt es auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, und muss die Berufsausbildung auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen.

Von diesen Voraussetzungen für das Vorliegen einer „allgemeinen“ Berufsausbildung im Sinne des FLAG sind die Voraussetzungen für jene „besondere“ Berufsausbildung zu unterscheiden, die an einer in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung erfolgt, und für die der Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG detaillierte Regelungen erlassen hat.

Aus diesem Grund wendet der Verwaltungsgerichtshof seine Rechtsprechung mit der oben aufgezeigten Definition der „allgemeinen“ Berufsausbildung nur mehr in den Fällen an, die außerhalb des in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG besonders geregelten Bereichs des Besuchs einer Einrichtung im Sinne des § 3 des Studienförderungsgesetzes liegen (vgl. , und , sowie ausdrücklich , , , und ).

Die Charité Universitätsmedizin Berlin zählt nicht zu den Einrichtungen im Sinne des § 3 StudFG, da es sich bei dieser um keine österreichische Universität handelt. Für ein Studium an der Charité Universitätsmedizin Berlin sind daher die oben aufgezeigten allgemeinen Kriterien für das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG maßgebend, die im vorliegenden Fall unbestritten erfüllt sind. Maßgebend ist damit für dieses Studium der Tochter der Beschwerdeführerin allein die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG; die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG gelangt hingegen aus folgenden Gründen nicht zur Anwendung:

Der Gesetzestext des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG nimmt zwar auf die Bestimmung des § 3 StudFG nicht ausdrücklich Bezug, aus den Gesetzesmaterialien geht jedoch ausreichend deutlich hervor, dass dem Gesetzgeber bei der Einführung dieser Bestimmung nur ein an einer österreichischen Universität betriebenes Studium vor Augen stand.

§ 2 Abs. 1 lit. j FLAG wurde durch das Budgetbegleitgesetz 2011 (BGBl. I Nr. 111/2010) in das FLAG aufgenommen. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (981 der Beilagen XXIV. GP) wird dazu ausgeführt (Hervorhebungen durch das BFG):

Die allgemeine Altersgrenze für die Gewährung der Familienbeihilfe wird auf das vollendete 24. Lebensjahr herabgesetzt. Im europäischen Vergleich bleibt damit die Dauer der Gewährung der Familienbeihilfe in Österreich weiter im Spitzenfeld, denn rund zwei Drittel der Vertragsparteien des Europäischen Wirtschaftsraumes liegen mit der Altersgrenze unter diesem Wert.

Die Familienbeihilfe soll nach dem Erreichen der Volljährigkeit grundsätzlich nur bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gewährt werden. Durch Änderungen des Studienrechts in den letzten Jahren, zu denen nicht zuletzt die Einführung des Bachelor-Studiums an Fachhochschulen und in den meisten der an österreichischen Universitäten angebotenen Studienrichtungen zählt, wird die Selbsterhaltungsfähigkeit nunmehr in der Regel bereits nach sechs Semestern (Mindeststudiendauer) erreicht. Im Gleichklang mit diesen studienrechtlichen Änderungen führt die Herabsetzung der Altersobergrenze für den Bezug der Familienbeihilfe grundsätzlich vom abgeschlossenen 26. auf das abgeschlossene 24. Lebensjahr nicht zu einer Verschlechterung der Möglichkeit der Studierenden, ein Studium in jenem Zeitraum, für den Familienbeihilfe gewährt wird, erfolgreich abzuschließen.

Auch nach geltender Rechtslage stimmen der Zeitpunkt, zu dem unterhaltsrechtliche Selbsterhaltungsfähigkeit erreicht wird, und der Zeitpunkt, zu dem der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, nicht immer überein; dies betrifft etwa über 26-Jährige (sofern auf sie keine der in Z 2 des Gesetzesentwurfes genannten Ausnahmebestimmungen zutrifft) oder auch Studierende, die die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um mehr als ein Semester oder die die vorgesehene Ausbildungszeit um mehr als ein Ausbildungsjahr überschritten haben (vergleiche § 2 Abs. 1 lit. b Satz 2).

Diese Differenzierung zwischen der weitaus überwiegenden Zahl von Studierenden, die ihr Studium innerhalb der für sie geltenden Altersgrenze erfolgreich abschließen und einer vergleichsweise geringen Anzahl von „Härtefällen“, denen dies nicht gelingt, scheint demnach den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, der dem Gesetzgeber in Hinsicht auf das Gleichheitsgebot des Art. 7 B-VG zusteht, nicht zu überschreiten, da letztere zu ersteren im „Verhältnis einer Ausnahme zur Regel stehen“ (vgl. zB ).

Für Mütter bzw. Schwangere sowie für Personen, die den Präsenz-, Zivil- oder Ausbildungsdienst absolvieren bzw. absolviert haben und für erheblich behinderte Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden, wird die Altersgrenze – analog zur bisherigen Rechtslage – mit der Vollendung des 25. Lebensjahres festgelegt.

Ergänzend zu diesen Verlängerungsgründen wird auch die besondere Situation bei Studierenden berücksichtigt, deren Studium mindestens zehn Semester dauert. …

In diesen erläuternden Bemerkungen wird ausdrücklich auf das Studium an österreichischen Universitäten Bezug genommen. Auch die vom Gesetzgeber angesprochenen „Änderungen des Studienrechts in den letzten Jahren“ beziehen sich allein auf Änderungen des österreichischen Studienrechts. Mit der in § 2 Abs. 1 lit. j sublit. bb FLAG normierten „gesetzlichen“ Studiendauer ist demnach die nach den einschlägigen österreichischen gesetzlichen Bestimmungen festgelegte Studiendauer gemeint. Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er in diesem Zusammenhang die in ausländischen Rechtsvorschriften geregelte Studiendauer vor Augen gehabt hätte. Im gegenständlichen Fall ist die gesetzliche Dauer des Studiums an der Charité Universitätsmedizin Berlin in der deutschen Approbationsordnung für Ärzte vom (dt. BGBl. I S. 2405) geregelt. Gemäß § 1 Abs. 2 dieser ÄApprO 2002 umfasst die ärztliche Ausbildung ein Studium der Medizin von 5.500 Stunden und einer Dauer von sechs Jahren an einer Universität oder gleichgestellten Hochschule (Universität). Das letzte Jahr des Studiums umfasst, vorbehaltlich § 3 Absatz 3 Satz 2, eine zusammenhängende praktische Ausbildung (Praktisches Jahr) von 48 Wochen. Die Regelstudienzeit im Sinne des § 10 Abs. 2 des Hochschulrahmengesetzes beträgt einschließlich der Prüfungszeit für den Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach § 16 Abs. 1 Satz 2 sechs Jahre und drei Monate.

Dass der österreichische Gesetzgeber bei der Regelung des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG somit nur auf „lange“ (zehn oder mehr Semester dauernde) Studien an österreichischen Universitäten Bedacht genommen hat, erscheint im Hinblick auf die bereits vom Finanzamt zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und den von diesem dem Gesetzgeber zugebilligten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht unsachlich. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , G 6/11, betont hat, ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, den Anspruch auf Familienbeihilfe jedenfalls bis zum Abschluss der Berufsausbildung vorzusehen. Auch ein verfassungsrechtliches Gebot, diesen Anspruch bis zu einer bestimmten Altersgrenze vorzusehen, ist nicht anzunehmen. Es liegt vielmehr im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Altersgrenze, bis zu der ein Anspruch auf Familienbeihilfe grundsätzlich eingeräumt wird, nach Maßgabe familienpolitischer Zielsetzungen und budgetärer Bedeckungsmöglichkeiten hinaufzusetzen oder auch wieder herabzusetzen. Der Gesetzgeber wäre aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht verhalten gewesen, eine Verlängerungsregelung wie jene des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG überhaupt vorzusehen. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist diese Regelung nicht unsachlich, wenn sie dabei nur auf Studien Bedacht nimmt, die an österreichischen Universitäten betrieben werden.

Selbst wenn man im vorliegenden Fall die Ansicht vertreten würde, dass die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG anzuwenden wäre, würde sich im Ergebnis für die Beschwerdeführerin nichts ändern:

Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG kommt es nicht darauf an, ob bzw. dass irgendein Studium bis zum dem Kalenderjahr begonnen wurde, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, sondern jenes Studium, dessen gesetzliche Studiendauer bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt (arg: „dieses“ Studium iSd sublit. aa bis cc).

Das an der Universität Wien im Wintersemester 2012/13 begonnene (und im Jahr 2013 bereits wieder abgebrochene) Studium der Rechtswissenschaften erfüllte die Voraussetzungen der sublit. bb) unbestritten nicht. Das an der Charité Universitätsmedizin Berlin betriebene Studium wurde erst in jenem Kalenderjahr begonnen, in dem das Kind das 20. Lebensjahr vollendet hat (2013).

Zutreffend hat daher bereits das Finanzamt festgestellt, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen der sublit. aa) des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG nicht erfüllt sind. Damit scheidet die Gewährung der Familienbeihilfe bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der Tochter der Beschwerdeführerin, somit für den Zeitraum November 2017 bis Oktober 2018, auch dann aus, wenn man von einer Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG auch auf Studien an ausländischen Universitäten ausgeht.

Aus dem Einwand der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag, dass ihre Tochter erst mit Vollendung des 7. Lebensjahres mit der Schule begonnen habe, ist schon deswegen nichts zu gewinnen, weil dieser Umstand ihre Tochter nicht daran gehindert hat, die Reifeprüfung im Juni 2012, und damit in jenem Kalenderjahr erfolgreich abzulegen, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet hat, und damit diese Zulassungsvoraussetzung für ein Medizinstudium zu erwerben. Es ist daher für das Bundesfinanzgericht nicht erkennbar, inwiefern die Tochter der Beschwerdeführerin durch die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG „ungleich und ungerechtfertigt benachteiligt“ worden wäre, wie dies im Vorlageantrag behauptet wurde.

Die Tatsache, dass die Aufnahme des Medizinstudium an der Uni Wien im Jahr 2012 nicht gelang, hat ihre Ursache in den von der Beschwerdeführerin dargestellten Umständen, nicht aber in einer unsachlichen Regelung des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG. Es genügt nach der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes, wenn eine gesetzliche Regelung den „typischen Fall“ abdeckt. Dass dabei Härtefälle entstehen können, macht für sich alleine eine Regelung nicht unsachlich (vgl. neuerlich G 6/11 mwN).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob sich die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. j FLAG ausschließlich auf Studien an österreichischen Universitäten bezieht, fehlt, ist eine ordentliche Revision zulässig. Es wird jedoch nochmals darauf hingewiesen, dass es selbst bei einer Anwendung dieser Bestimmung auf das an der ausländischen Universität betriebene Studium an den Voraussetzungen der sublit. aa) dieser Bestimmung fehlt.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
G 6/11







ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100583.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at