Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.07.2019, RV/3100236/2017

Zufluss bei einer nachträglichen Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter_A in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt_A vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2015 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1.) Verfahrensgang:
Das Finanzamt_A erließ - nach bescheidmäßiger Wiederaufnahme des Verfahrens - einen (neuen) Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 (beide Bescheide mit Ausfertigungsdatum ), da sich der Gesamtbetrag der Einkünfte des Abgabepflichtigen auf Grund eines der Abgabenbehörde neu übermittelten Lohnzettels der Pensionsversicherungsanstalt gegenüber der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2015 (mit Ausfertigungsdatum ) geändert habe.

Hiergegen erhob der Abgabepflichtige am unter Beilage von Bescheiden der Pensionsversicherungsanstalt vom und sowie von Schreiben vom 3. November und , sämtliche zu AZ_1, fristgerecht Beschwerde.

Das Finanzamt_A wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, die Nachzahlung der Pensionsleistung sei gemäß § 19 Abs. 1 EStG im Jahr 2015 zu erfassen. Nachdem der Grundsatz des Zu- und Abflussprinzips nur für die Nachzahlung der Pension durchbrochen werde, würden sowohl für die Auszahlung als auch für die Rückzahlung der Leistungen aus der Krankenkasse die "normalen" Zu- und Abflussbestimmungen des § 19 EStG gelten. Die Rückzahlung der Krankenkassengelder (als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 2 EStG) habe im Abflussjahr 2016 zu erfolgen.

In dem hiergegen fristgerecht erhobenen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vom führte der Abgabepflichtige aus, die Besteuerung sowohl der Bezüge von der Krankenkasse als auch der nachträglich gewährten Berufsunfähigkeitspension würde nicht den tatsächlichen Einnahmen entsprechen, da die Beträge laut Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom gegenverrechnet worden wären.

2.) Sachverhalt:
Der Abgabepflichtige bezog vom 2. Jänner bis Krankengelder (Rehabilitationsgeld) von der Krankenkasse_1 (siehe die Lohnzettel der Krankenkasse_1 im bekämpften Bescheid).
In Folge eines gerichtlichen Vergleiches vom wurde dem Beschwerdeführer von der Pensionsversicherungsanstalt rückwirkend ab eine Berufsunfähigkeitspension gewährt (siehe Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom , AZ_1).

Die Pensionsversicherungsanstalt behielt in Folge die dem Abgabepflichtigen für den Zeitraum 1. Jänner bis zustehenden Pensionsbezügen in der Höhe der von der Krankenkasse_1 an diesen ausbezahlten Krankengelder ein, überwies diesen Betrag an die Krankenkasse_1 weiter und zahlte dem Beschwerdeführer lediglich den aushaftenden Differenzbetrag zum Pensionsanspruch aus (siehe Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom , AZ_1).

Die Pensionsversicherungsanstalt erstellte auf Grundlage dieser Berechnungen einen neuen korrigierten Lohnzettel für das Jahr 2015 (Zeitraum 1. Jänner bis ) und übermittelte diesen der Abgabenbehörde (siehe Datenbank des Bundesministerium für Finanzen).

3.) Beweiswürdigung:
Der streitgegenständliche Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus den unstrittigen Parteienvorbringen in Verbindung mit den oben näher bezeichneten Unterlagen.

4.) Rechtslage:
Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon gilt gemäß § 19 Abs. 1 Z 2 1. Teilstrich EStG 1988 in der für das Streitjahr 2015 geltenden Fassung des BudBG 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, dass Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, in dem Kalenderjahr als zugeflossen gelten, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden.

Gemäß § 19 Abs. 2 EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

Gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 zählt zu den Werbungskosten auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen, sofern weder der Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgesetzt wurde.

5.) Erwägungen:
Aus der Bestimmung des § 19 Abs. 1 Z 2 1. Teilstrich EStG 1988 ergibt sich, dass Pensionsnachzahlungen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, als in dem Kalenderjahr zugeflossen gelten, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden. Da über die Zahlung von Pensionen (insbesondere aus der gesetzlichen Sozialversicherung) bescheidmäßig abzusprechen ist und vor Ergehen des Bescheides Akontozahlungen (insbesondere bei Witwen- und Waisenpensionen oder in zwischenstaatlichen Fällen) nicht möglich sind, wird für diese "Ausnahmefälle" über die Regelung des § 19 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 hinaus eine Zuordnung zu jenem Zeitraum vorgesehen, zu dem die Pensionen und Bezüge wirtschaftlich gehören (vgl. EB zum BudBG 2001, 369 BlgNR XXI. GP, 10). Diese Nachzahlungen sind somit nicht im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, sondern in dem Zeitraum, für den der Anspruch besteht, als Einkünfte zu erfassen (Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 § 19 Tz 30/2).

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass der Zufluss der mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom für das Streitjahr 2015 nachträglich zuerkannten Pensionszahlungen (Berufsunfähigkeitspension) im Jahr 2015 anzunehmen ist. Dementsprechend übermittelte die Pensionsversicherungsanstalt dem Finanzamt_A einen Lohnzettel für den Zeitraum bis , mit welchem die Nachzahlungen der Berufsunfähigkeitspension erfasst wurden. Die dem Beschwerdeführer für diesen Zeitraum nachträglich im Jahr 2016 zugeflossenen Pensionsbezüge (Berufsunfähigkeitspension) wurden daher zu Recht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2015 erfasst.

An der Erfassung der nachträglich zuerkannten Pensionszahlungen für 2015, für die der Anspruch bestanden hat, ändert sich durch die - zwecks Verrechnung der bestehenden Ersatzforderung der Krankenkasse_1 erfolgte - Einbehaltung durch die Pensionsversicherungsanstalt nichts.

2. Nach dem festgestellten Sachverhalt wurden dem Beschwerdeführer von der Krankenkasse_1 für den Zeitraum bis Krankengelder (Rehabilitationsgelder) von brutto Betrag_1 € (steuerpflichtige Bezüge nach Ausscheiden der sonstigen Bezüge: Betrag_2 €) gewährt. § 19 Abs. 1 EStG 1988 legt diesbezüglich fest, dass Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Die erwähnten, von der Krankenkasse_1 ausbezahlten Krankengelder sind dem Beschwerdeführer in dem Kalenderjahr seines Bezuges, demnach im Jahr 2015, zugeflossen. Die im Jahr 2016 erfolgte Rückzahlung dieser Krankengelder (durch Gegenverrechnung mit der nachträglich für denselben Zeitraum zuerkannten Berufsunfähigkeitspension) ändert weder etwas an der Qualifikation der Leistungen als Krankengelder (Rehabilitationsgelder) noch etwas an der Tatsache, dass diese Geldbeträge dem Beschwerdeführer im Jahr 2015 zugeflossen sind.

3. Rückzahlungen von Einnahmen in den Folgejahren sind Änderungen, die den einmal erfolgten Zufluss nicht mehr rückgängig machen können (; ; ; ; ; ebenso BFH, BStBl. 1996 II 201 zur Rückzahlung von zu Unrecht ausbezahltem Arbeitslosengeld; BFH, BStBl. 2006 II 832 zu irrtümlich ausgezahlten Krankenbezügen trotz Bezuges einer Berufsunfähigkeitsrente und anschließender Rückzahlung durch den Arbeitnehmer; Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 § 19 Tz 11); dies selbst dann nicht, wenn schon im Zeitpunkt des Zuflusses feststehen sollte, dass die Einnahme in späteren Kalenderjahren ganz oder teilweise zurückzuzahlen ist (; ; Jakom/Vock, EStG, 2018, § 19 Rz 15).

Die dem Beschwerdeführer von der Krankenkasse_1 für den bis ausbezahlten Rehabilitationsgelder wurden daher zu Recht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2015 erfasst.

4. Die Rückzahlung der Rehabilitationsgelder im Jahr 2016 kann zu Werbungskosten führen. So zählt gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 zu den Werbungskosten auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen, sofern weder der Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgesetzt wurde.

Da die Rehabilitationsgelder der Krankenkasse_1 dem Zu- und Abflussprinzip unterliegen, ergibt sich aus § 16 Abs. 2 iVm § 19 Abs. 2 EStG 1988, dass die Rückzahlung dieser Gelder für das Kalenderjahr als Ausgabe abzusetzen ist, in dem die Rückzahlung geleistet worden ist (somit im Jahr 2016).

6.) Zulässigkeit einer Revision:
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100236.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at