Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.06.2019, RV/5101620/2018

Festsetzung einer Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe von Abgabenerklärungen

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Freilinger in der Beschwerde­ sache Bfin., Adresse, vertreten durch LBG Wien Steuerberatung GmbH, Boerhaavegasse 6, 1030 Wien , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Grieskirchen Wels vom , betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe, St.Nr. 000/0000, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin (Bfin.) aufgefordert, die Abgaben­erklärungen für 2015 (Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften/Gemeinschaften und die Umsatzsteuererklärung) bis einzureichen. Nach den Angaben der Abgabenbehörde erfolgte die Abberufung unter Bedachtnahme auf die Quotenvereinbarung für berufsmäßige Parteienvertreter.

Mit Antrag vom hat die Bfin. ein Ansuchen um Fristverlängerung mit folgendem Inhalt abgegeben: „Da wir noch nicht alle Unterlagen, die für die Fertigstellung der Steuer­erklärungen 2015 notwendig sind, erhalten haben bzw. noch nicht alle offenen Fragen klären konnten, ist es uns leider nicht möglich, die Frist für die Einreichung der Steuererklärungen 2015 einzuhalten. Wir ersuchen daher, aus genannten Gründen der beantragten Frist­verlängerung (bis ) stattzugeben.“

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt Grieskirchen Wels das Ansuchen um Verlängerung der Frist ab. Angemerkt wurde, dass die genannten Abgabenerklärungen als fristgerecht eingebracht gelten, wenn sie bis beim oben angeführten Finanzamt eingereicht werden.“

Am wurde ein weiteres Fristverlängerungsansuchen eingereicht und mit der gleichen Begründung um eine Verlängerung bis ersucht.

Dieses Ansuchen um Verlängerung der Frist vom wies das Finanzamt Grieskirchen Wels mit Bescheid vom ab und forderte die Bf. zur unverzüglichen Angabe der Steuererklärungen auf.

Mit bescheidmäßiger Erinnerung vom forderte das Finanzamt die Bfin. unter Hinweis auf die Nichtabgabe der Erklärungen neuerlich auf, die Abgabe bis nachzuholen. Gleichzeitig wurde für den Fall der Nichtabgabe eine Zwangsstrafe von 300 Euro angedroht.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt   Grieskirchen Wels die angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von 300 Euro fest, da die Erklärungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht abgegeben wurden.
Gleichzeitig wurde die Bf. aufgefordert, die bisher nicht abgegebenen Abgaben­erklärungen bis beim Finanzamt einzureichen. Für den Fall der erneuten Säumnis wurde eine Zwangsstrafe von 600 Euro angedroht.

Mit Schreiben vom reichte die Bf. erneut ein Fristverlängerungsansuchen (beantragte Frist ) mit identer Begründung wie in den beiden zuvor übermittelten Anträgen ein.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt das neuerliche Ansuchen um Verlängerung der Frist vom ab und die Bf. wurde zur unverzüglichen Abgabe der Steuer­erklärungen  aufgefordert.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Grieskirchen Wels die im Bescheid vom angedrohte Zwangsstrafe von 600 Euro fest.

Gegen diesen Bescheid vom erhob die Bfin. mit Eingabe vom Beschwerde und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
In der Begründung führte die Vertreterin aus, dass der Kanzlei der Vertreterin die Androhungen über die Festsetzung von Zwangsstrafen nicht bekannt gewesen seien. Die Nichtabgabe der Erklärung beruhe auf der Tatsache, dass die Gesellschafter der Bf. zerstritten waren und aus diesem Grund die Erklärungen nicht erstellt werden konnten. Da es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Recht handle, seien die Gesellschafter kollektiv für die Erstellung der Steuererklärungen verantwortlich. Da es zu keiner Einigkeit zwischen den Gesellschaftern/Geschwistern gekommen sei,  habe auch die Erklärung nicht erstellt werden können. Die Streitigkeiten unter den Geschwistern hätten dazu geführt, dass das Vertrauen in ihre damalige steuerliche Vertreterin zerrüttet sei. Diese und weitere Gründe hätten dazu geführt, dass die steuerliche Vertretung nun von der derzeitigen Vertreterin übernommen worden sei. Die Einarbeitung in einen neuen Akt sei gerade bei Gesellschaften, die bereits mehrere Jahre beständen, sehr zeitaufwändig. Die Erklärungen würden jedoch bis spätestens nachgeholt. Gemäß § 111 BAO liege es im Ermessen der Behörde, ob eine Zwangsstrafe verhängt werde. In Anbetracht dessen, dass auch im Jahr 2015 kein Gewinn erzielt worden sei, erscheine die Zwangsstrafe als zu hoch bemessen. Die schlechte Bewirtschaftung sei auch ursächlich für die Meinungs­verschieden­­ ­heiten der Gesellschafter gewesen. Die Nichtabgabe der Erklärungen sei für die Gesell ­schafter ohnehin bereits als Strafe zu erachten, da zumindest der Gesellschafter Herr Ges1 aufgrund der zu erwartenden Verlustzuweisung eine Steuergutschrift zu erwarten habe. Dieser Umstand  und das Bemühen der Gesellschafter, ihren steuerlichen Pflichten wieder im erforderlichen Maße nachzukommen, sollte in der Ermessensübung berücksichtigt werden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt  Grieskirchen Wels die Beschwerde als unbegründet ab.
In der Begründung wurde ausgeführt:
„Zweck der Zwangsstrafe ist, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei (z.B Abgabepflichtiger) zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten.
Seitens des Finanzamtes wurden im gegenständlichen Fall mehrere Nachfristen gewährt und die festgesetzte Zwangsstrafe mit einer nochmaligen Erinnerung angedroht. Streitigkeiten unter den Gesellschaftern können nicht als Begründung für die Nichtabgabe von Abgaben­erklärungen anerkannt werden.
Die entsprechenden Abgabenerklärungen 2015 wurden bisher aber nicht beim Finanzamt eingereicht.“

Die Abgabenerklärungen wurden nach den Angaben des Finanzamtes am abgegeben.

Nach Verlängerung der Rechtsmittelfrist zur Einbringung eines Vorlageantrages beantragte die Bfin. mit Eingabe vom die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Zur Begründung verwies die Vertreterin auf die Beschwerde und die dort beantragte Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt Grieskirchen Wels die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Berufung.
Ergänzend wurde ausgeführt, dass die Bfin. mehrmals mit identen - nicht aussagekräftigen - Begründungen um die Verlängerung der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärungen ersucht hat, aber nie die Erklärungen in den von ihr selbst angebotenen Fristen abgegeben hat.
Die Abgabenbehörde verwies auf die folgenden für die Ermessensübung bei Zwangs­strafen­fest­setzungen maßgebenden Umstände:
-  Das bisherige die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei: Das Finanzamt wies darauf hin, dass schon im Vorjahr (2014) die geforderten Steuer ­erklärungen erst nach Erinnerung und Androhung einer Zwangsstrafe beim Finanzamt eingereicht wurden. Zudem ergab sich auch bei der Abgabe der Erklärungen für 2016 eine ähnliche Problematik.
- Der Grad des Verschuldens der Partei (bzw. deren Vertreters): Die Bf. habe mehrmals nach Erinnerungen des Finanzamtes mit identen Begründungen um die Verlängerung der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärungen ersucht, aber nie die Erklärungen in den von ihr selbst angebotenen Fristen abgegeben.
- Ausmaß der Verspätung: Die vom Finanzamt geforderten Erklärungen wurden erst 17 Monate nach der ersten Aufforderung abgegeben (ca. 33 Monate nach Ende des betreffenden Kalenderjahres).

Beweiswürdigung

Die Beweiswürdigung erfolgte aufgrund der vom Finanzamt vorgelegten Akten und des Vorbringens der Bfin.

Rechtslage

Gemäß § 43 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988)  sind die zur Geschäfts­führung oder Vertretung einer Gesellschaft oder Gemein­schaft befugten Personen, wenn die Einkünfte festzustellen sind (§ 188 BAO), verpflichtet, eine Steuererklärung zur Feststellung der Einkünfte der einzelnen Beteiligten abzugeben.

Gemäß § 111 Abs. 1 BAO (Bundesabgabenordnung) sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

Nach Abs. 2 leg.cit. muss der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden, bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.

Nach Abs. 3 leg.cit. darf die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von 5 000,00 € nicht übersteigen.

Nach Ritz, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, § 111, Rz 1, ist es Zweck der Zwangs­strafe, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen ( u.a.) und die Partei, z.B. einen Abgabepflichtigen, zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten - wie z.B. die Einreichung von Abgabenerklärungen - zu verhalten ( u.a.).

Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Die Festsetzung der Zwangsstrafe liegt (dem Grunde und der Höhe nach) im Ermessen der Abgabenbehörde (; ). Dabei sind unter anderem das bisherige die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei (-K/07), und der Grad des Verschuldens der Partei () zu berücksichtigen.

Erwägungen

Die in den  §§ 42 ff. des Einkommensteuergesetz 1988  geregelte Verpflichtung zur Abgabe von Steuererklärungen gehört zu den wesentlichen Verpflichtungen der Abgabepflichtigen. So sind die zur Geschäfts­führung oder Vertretung einer Gesellschaft oder Gemein­schaft befugten Personen verpflichtet, eine Steuererklärung zur Feststellung der Einkünfte der einzelnen Beteiligten abzugeben. Die von der Bf. behaupteten Streitigkeiten unter den Gesell­schaftern/Geschwistern lassen diese Steuererklärungspflicht unverändert bestehen.

Aufgrund der Wichtigkeit der rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärungen für die Abgaben ­verwaltung ist die Abgabenbehörde grundsätzlich auch berechtigt, die Abgabe von Steuer­erklärungen durch die Verhängung von Zwangsstrafen zu erzwingen.

Die in § 111 Abs. 2 BAO geforderten Voraussetzungen für die Festsetzung der Zwangs­strafe, nämlich die Aufforderung  zur Erbringung der verlangten Leistung und die Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist hat die Abgabenhörde unbestritten eingehalten.

Auch das in § 20 BAO normierte Ermessen hat die Abgabenbehörde im Vorlagebericht ausreichend dargelegt:

Das bisherige die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei (bereits in früheren Jahren eine Erinnerung und Androhung einer Zwangsstrafe) lässt es zweifelslos zu, die Verhängung einer Zwangsstrafe als angemessen anzusehen.

Die mehrmaligen Erinnerungen des Finanzamtes und die mehrmaligen Frist­verlängerungs­ansuchen mit identen Begründungen sowie das Ausmaß der Verspätung von 17 Monaten nach der ersten Aufforderung lassen es für die Abgabenbehörde geradezu notwendig erscheinen, eine Zwangsstrafe zu verhängen, um die Verpflichtung zur Abgabenerklärungen gegenüber der Bfin. durch­zusetzen.

Bei Berücksichtigung der in § 111 Abs. 3 BAO festgelegten Höhe einer Zwangsstrafe von bis zu 5.000 Euro und der Tatsache, dass bereits m it Bescheid vom (also  ein Jahr vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides) eine Zwangsstrafe von 300 Euro festgesetzt wurde, kommt das Bundesfinanzgericht zum Schluss, dass die von der Abgaben­behörde im beschwerdegegenständlichen Fall festgesetzte Zwangsstrafe in Höhe von 600 Euro bei Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände der vom Gesetz geforderten Billigkeit und Zweckmäßigkeit entspricht.

Aus den angeführten Gründen war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da keiner dieser Revisionsgründe vorliegt, war zu entscheiden, dass e ine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 43 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101620.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at