Schmuggel eines Fahrzeuges, nur grob fahrlässige Handlungsweise
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Groschedl in Vertretung des Richters Dr. Georg Zarzi in der Finanzstrafsache gegen Herrn A. B., Wien, vertreten durch Univ-Prof. Dr.Dr.Dr. Dieter G. Kindel, Rosenbursenstraße 4, 1010 Wien, wegen des Finanzvergehens des Schmuggels gemäß § 35 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien als Finanzstrafbehörde vom , Zahl: 320, Strafnummer 001, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers Univ-Prof. Dr.Dr.Dr. Dieter G. Kindel, der Amtsbeauftragten, der Dolmetscherin sowie der Schriftführerin zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis wie folgt abgeändert:
Herr A.B. hat im Mai 2017 bei seiner Einreise aus Russland in die Europäische Union eine eingangsabgabepflichtige Ware, nämlich einen Pkw der Marke „BMW", Fahrgestellnummer W, grob fahrlässig vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht. (Eingangsabgaben an Zoll € 3.523,27, an Einfuhrumsatzsteuer € 7.751,20, Strafrahmen: € 11.274,47).
Er hat dadurch das Finanzvergehen der grob fahrlässigen Verzollungsumgehung nach § 36 Abs. 1 FinStrG begangen.
Gemäß § 36 Abs. 3 FinStrG wird über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 2.000,00 verhängt.
Gemäß § 20 FinStrG wird für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit zwölf Tagen festgesetzt.
Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a und b FinStrG sind die Kosten des Finanzstrafverfahrens in der Höhe von € 200,- und die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen. Die Höhe der Kosten eines allfälligen Strafvollzuges werden durch gesonderten Bescheid der Finanzstrafbehörde festgesetzt.
Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Erkenntnis des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien als Finanzstrafbehörde vom , Zahl: 320, Strafnummer 001, wurde Herr A. B. (in weiterer Folge: Beschuldigter) schuldig gesprochen,
er habe im Mai 2017 bei seiner Einreise aus Russland in die Europäische Union eine eingangsabgabepflichtige Ware, nämlich 1 Stück Pkw der Marke „BMW", Fahrgestellnummer W, vorsätzlich vorschriftwidrig in das Zollgebiet der EU verbracht. (Eingangsabgaben an Zoll € 3.523,27, an Einfuhrumsatzsteuer € 7.751,20, zusammen € 11.274,47; Strafhöchstgrenze € 22.548,94)
Er habe dadurch das Finanzvergehen des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz (FinStrG) begangen.Gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG werde über ihn eine Geldstrafe von € 5.000,- verhängt; gemäß § 20 FinStrG werde die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 30 Tagen festgesetzt.
Gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG i. V. m. § 17 FinStrG werde auf Verfall des Pkw der Marke „BMW" FIN: W erkannt.
Gemäß § 185 FinStrG seien die Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 500,- und die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen. Die Höhe der Kosten des Strafvollzuges werde durch gesonderten Bescheid festgesetzt werden.
Als Begründung wurde ausgeführt:
„Der finanzstrafrechtlich unbescholtene Beschuldigte ist 1956 in C. (Russland) geboren und russischer Staatsbürger. Als Selbstständiger sowie Angestellter verdient er laut eigenen Angaben monatlich € 1.200,-. Der Beschuldigte ist verheiratet und sorgepflichtig für drei Kinder.
Der Beschuldigte ist in Wien wohnhaft. Seine drei Kinder gehen in Wien zur Schule. Seine Ehefrau ist ebenfalls in Wien wohnhaft. Der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen liegt in Österreich und er gilt somit als eine im Zollgebiet der Union ansässige Person (Art. 5 Z 31 ZK).
Der Beschuldigte hat anlässlich der Einreise in das Zollgebiet der Europäischen Union im Mai 2017 das im Spruch genannte Fahrzeug vorschriftswidrig verbracht, da er die grundsätzlichen Voraussetzungen des Art. 250 ZK i.V. mit Art. 212 Abs. 3 ZK-DA (Delegierte Verordnung 2015/2446) nicht erfüllte.
Im Sinne der besonderen Bestimmungen der ZK-DA für das Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung von Beförderungsmittel gelten eingebrachte Waren als Beförderungsmittel, wenn sie überwiegend zur Beförderung von Personen oder Gütern dienen, einschließlich der Ersatzteile, Zubehörteile und Ausrüstungsgegenstände (z.B. auch Fahrräder, Reittiere, Paletten und Container).
Die ZK-DA unterscheidet bei Straßen-, Luft- und Wasserfahrzeugen zwischen gewerblicher Verwendung und eigenem Gebrauch. Die Fahrzeuge müssen in beiden Fällen außerhalb des Zollgebietes der Union zugelassen sein oder im Eigentum einer in einem Drittland ansässigen Person stehen und durch eine solche Person eingeführt werden.
Am ergab eine Kontrolle in Österreich, dass der Beschuldigte das gegenständliche Fahrzeug in Österreich verwendet.
Ermittlungen des Zollamtes Eisenstadt Flughafen ergaben, dass der Lebensmittelpunkt des Beschuldigten in Österreich liegt und er das betroffene Fahrzeug Anfang Mai 2017 in die Europäische Union und sohin auch nach Österreich einbrachte und auch verwendete.
Eine allfällige Verständigung über die Einbringung bzw. Verwendung des Fahrzeuges an eine Zollstelle in der Union erfolgte seitens d es Beschuldigten nicht.
Gemäß Art. 250ff ZK i. V. m. Art. 212 Abs. 3 ZK-DA wird die vorübergehende Verwendung für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben gewährt, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:
a) Sie sind außerhalb des Zollgebiets der Union auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen oder gehören, falls sie nicht amtlich zugelassen sind, einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person;
b) sie werden unbeschadet der Art. 214, 215 und 216 ZK-DA von einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet.
Art. 212 Abs. 2 ZK-DA lautet:
Erfolgt die Anmeldung der Beförderungsmittel zur vorübergehenden Verwendung gemäß Art. 136 ZK-DA mündlich oder mittels einer Handlung gemäß Art. 139 ZK-DA, wird gemäß Art. 212 Abs. 2 ZK-DA die Bewilligung der Person erteilt, in deren tatsächlicher Verfügungsgewalt sich die Waren zum Zeitpunkt ihrer Überführung in die vorübergehende Verwendung befinden, es sei denn diese Person handelt für Rechnung einer anderen Person. In diesem Fall wird die Bewilligung dieser anderen Person erteilt.
Gemäß Art. 136 ZK-DA können Zollanmeldungen zur vorübergehenden Verwendung für folgende Waren mündlich abgegeben werden:
a) Paletten, Container und Beförderungsmittel sowie Ersatzteile, Zubehör und Ausrüstung für diese Paletten, Container und Beförderungsmittel gemäß den Artikeln 208 bis 213;
Darüber hinaus gelten die im Art. 136 Abs. 1 lit a ZK-DA genannten Beförderungsmittel bei Passieren einer Zollstelle ohne getrennte Kontrollausgänge gemäß Art. 139 Abs. 2 i.V.m. Art. 141 Abs. 1 lit.b ZK-DA als angemeldet, sofern sie nicht mit anderen Mitteln angemeldet werden.
Für die Zuordnung bestimmter Verhaltensweisen behandelt der Art. 219 ZK- IA Fälle, in denen eine Zollanmeldung nicht als durch Willensäußerung im Sinne des Art. 141 der delegierten Verordnung (EU) 2015 /2446 abgegeben gilt:
Ergibt eine Kontrolle, dass eine Willensäußerung im Sinne des Art. 141 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 erfolgt ist, die verbrachten Waren aber nicht die Voraussetzungen der Art. 138, 139 und 140 der Delegierten Verordnung erfüllen, so gilt die Zollanmeldung für diese Waren (hier das Fahrzeug) als nicht abgegeben.
In seiner Erstverantwortung gab d er Beschuldigte zu Protokoll, dass der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen dort sei, wo seine Frau und Kinder wohnen, nämlich Wien. Er würde in Russland arbeiten und komme drei Mal pro Monat nach Wien zu seiner Familie. Nach Erhalt des gegenständlichen Kfz durch seinen Sohn habe er sich bei verschiedenen Personen erkundigt. Ein Geschäftspartner habe ihm auch gesagt, dass wenn man hier wohne, man österreichische Kennzeichen benötige. Er habe sich jedoch weder bei einem Finanzamt noch bei einem Zollamt über die Rechtslage erkundigt. In einer fortgesetzten Niederschrift gab der Beschuldigte an, dass er sich auch beim ÖAMTC erkundigt habe, da seine Versicherung für das russische Auto abgelaufen sei und er eine neue Versicherung benötigte. Er habe sich auch erkundigt, ob er fahren dürfe und wie lange er eine Versicherung abschließen könne. Er habe dort die Auskunft erhalten, eine Versicherung nur für 30 Tage abschließen zu können. Dazu ist auszuführen, dass üblicherweise Versicherungen für ein oder mehrere Jahre für ein in Österreich zugelassenes Kfz abgeschlossen werden. Der Beschuldigte wusste über die Rechtslage Bescheid und wollte das Fahrzeug nicht in Österreich zulassen bzw. das Fahrzeug zuvor einer Verzollung zuführen.
Der streitgegenständliche BMW Fahrgestellnummer: W (zugelassen in Russland, sohin Status Nicht Unionsware) wurde daher durch d en Beschuldigten im Mai 2017 vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht.
Die Zuständigkeit der österreichischen Finanzstrafbehörde zur Durchführung des Finanzstrafverfahrens ergibt sich nach § 5 Abs. 2 FinStrG.
Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die Ergebnisse des Untersuchungsverfahrens im Zusammenhalt mit den Aussagen des Beschuldigten.
Die Höhe der Eingangsabgaben basiert auf Berechnungen des Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien.
Bei der Strafbemessung war die finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd zu werten. Erschwernisgründe lagen keine vor. Unter Bedacht darauf, sowie auf die allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung gemäß § 23 FinStrG, die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschuldigten ist die verhängte Strafe tatschuldangemessen und tätergerecht.
Die Kostenansprüche gründen sich auf die im Spruch bezeichneten Gesetzesstellen.“
Anmerkung: Eine Begründung, weshalb - wie im Spruch ausgeführt - auf Verfall des Beförderungsmittels und nicht allenfalls auf anteiligen Wertersatz erkannt wurde, ist dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom wird das genannte Erkenntnis seinem gesamten Umfang nach, d.h. zur Gänze angefochten und als Beschwerdegründe
1. Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. unrichtige rechtliche Beurteilung und
2. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw.
Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens und Aktenwidrigkeit releviert.
Im Detail wird Nachstehendes ausgeführt:
„1. Inhaltliche Rechtswidrigkeit:
Die Begründung des bekämpften Erkenntnisses besteht nur aus circa drei Seiten. In diesen Seiten werden vor allem bezughabende gesetzliche Bestimmungen auf mehr als einer Seite zitiert und daher auch keine sachverhaltsbezogenen Feststellungen getroffen.
Der nunmehrige Beschwerdeführer hat u.a. mit seiner Urkundenvorlage vom den Typenschein und den Finanzierungsvertrag vorgelegt und noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen bzw. vorgebracht, dass keine Einfuhr des verfahrensgegenständlichen PKWs Marke BMW erfolgen konnte, da nach der europäischen Rechtslage der PKW Marke BMW nicht eingeführt werden konnte, nachdem dieser in Deutschland zur Gänze vor circa zwei Jahren vor der Beschlagnahme produziert bzw. hergestellt worden ist.
Weiters wurde sogar ergänzend noch vorgebracht, dass aus dem Reisepass ersichtlich sei, dass der gewöhnliche Aufenthalt des nunmehrigen Beschwerdeführers nicht in der EU liege.
Mit diesem detaillierten Vorbringen hat sich das Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien in seinem Erkenntnis, vor allem, was das Vorbringen bezüglich der Produktion des streitgegenständlichen BMWs betraf, mit keinem Wort auseinander gesetzt, sodass der gegenständliche Bescheid sogar aufgrund dieser Willkür mit Nichtigkeit behaftet ist.
Darüber hinaus hat die Erstinstanz trotz juristischer Anleitung über die europäische Rechtslage und aufgrund des Faktums, dass der verfahrensgegenständliche BMW vor weniger als drei Jahren vor der Beschlagnahme zur Gänze in Deutschland erzeugt wurde, nicht mit juristischen Argumenten auseinander gesetzt.
Das Erkenntnis ist daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
2. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften
Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens hätte die erstinstanzliche Behörde zu einem anderen Erkenntnis kommen müssen und das Finanzstrafverfahren unverzüglich einzustellen gehabt.
Bereits eine einfache Anfrage bei der „BMW-Group“ hätte ergeben, dass verfahrensgegenständlicher BMW zur Gänze in Deutschland „vor kurzem“ produziert worden ist, sodass schon aus diesem Grunde keine Einfuhr - aufgrund der Rechtslage - nach Österreich erfolgen konnte.
Der Beschwerdeführer legt diesbezüglich im Beschwerdeverfahren die Bestätigung der BMW-Group vom vor.
Bei einem mängelfreien Verfahren hätte sich darüber hinaus ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht im EU-Raum ansässig ist, und hätte daher auch aus diesem Grunde das Finanzstrafverfahren eingestellt werden müssen.
Der Lebensmittelpunkt des nunmehrigen Beschwerdeführers liegt nicht in Österreich.
Der verfahrensgegenständliche Bescheid ist daher auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Es werden daher nachstehende Anträge an das Bundesfinanzgericht gestellt.
1. eine mündliche Verhandlung anzuberaumen,
2. das verfahrensgegenständliche Erkenntnis vom ersatzlos zu beheben und die Ausfolgung des verfahrensgegenständlichen BMWs zu verfügen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtslage:
35 Abs. 1 lit. a FinStrG: Des Schmuggels macht sich schuldig, wer eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbringt oder der zollamtlichen Überwachung entzieht.
§ 36 Abs. 1 FinStrG: Der Verzollungsumgehung macht sich schuldig, wer die im § 35 Abs. 1 bezeichnete Tat grob fahrlässig begeht.
Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht unter Berücksichtigung der Ergebnisses des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht; bestehen Zweifel, so darf die Sache nicht zum Nachteil des Beschuldigten angenommen werden. Dabei ist nicht nur hinsichtlich der objektiven, sondern auch der subjektiven Tatseite den Nachweis zu führen; bleiben Zweifel bestehen, sind diese zugunsten des Beschuldigten beachtlich.
objektive Tatseite:
Art. 79 Abs. 1 Buchstabe a 1. alternative UZK: Für einfuhrabgabepflichtige Waren entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn Folgendes nicht erfüllt ist: a) eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von nicht- Unionswaren in das Zollgebiet der Union,[...].
Art. 558 Abs. 1 ZK-DVO: Die vorübergehende Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben wird für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel bewilligt, die
a) außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Personen amtlich zugelassen sind …
b) unbeschadet der Artikel 559, 560 und 561 von einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person verwendet werden …
Artikel 232, 233 und 234 Abs. 1 ZK-DVO lauten - auszugsweise - wie folgt:
"Artikel 232 (1) ZK: Zollanmeldungen zur vorübergehenden Verwendung können für folgende Waren durch eine Willensäußerung im Sinne des Artikels 233 nach Maßgabe des Artikels 579 abgegeben werden, sofern sie nicht ausdrücklich angemeldet werden:
b) in Artikel 556 bis 561 genannte Beförderungsmittel
Artikel 233 ZK: (1) Im Sinne der Artikel 230 bis 232 kann die als Zollanmeldung geltende Willensäußerung auf folgende Weise abgegeben werden:
a) Bei Befördern der Waren bis zu einer Zollstelle oder einem anderen nach Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe a) des Zollkodex bezeichneten oder zugelassenen Ort durch:
- Passieren einer Zollstelle ohne getrennte Kontrollausgänge, ohne spontan eine Zollanmeldung abzugeben, ...
Artikel 234 ZK: (1) Sind die Voraussetzungen der Artikel 230 bis 232 erfüllt, so gelten die betreffenden Waren als im Sinne des Artikels 63 des Zollkodex gestellt, die Zollanmeldung als angenommen und die Waren als überlassen, sobald die Willensäußerung im Sinne des Artikels 233 erfolgt ist. (2) Ergibt sich bei einer Kontrolle, dass die Willensäußerung im Sinne des Artikels 233 erfolgt ist, ohne dass die verbrachten oder ausgeführten Waren die Voraussetzungen der Artikel 230 bis 232 erfüllen, so gelten diese Waren als vorschriftswidrig verbracht oder ausgeführt.
Die bescheiderlassende Behörde verweist auf Art 4 Nr 2 ZK iVm § 4 Abs 2 Z 8 ZollR-DG, der den gewöhnlichen Wohnsitz als den Ort festlegt, zu dem eine natürliche Person die stärksten persönlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).
Nach Art. 558 Abs. 1 ZK-DVO sind mehrere Voraussetzungen zu erfüllen, damit die Zollstelle die Einbringung eines Fahrzeuges, das Nichtgemeinschaftsware und zur Wiederausfuhr bestimmt ist (Art. 137 ZK) unter der einfuhrabgabenrechtlichen Privilegierung des eigenen Gebrauchs für das Verfahren der vorübergehenden Verwendung zulassen kann.
Für Beförderungsmittel können dafür grundsätzlich auch durch eine andere Form der Willensäußerung Erklärungen am Grenzzollamt abgegeben werden, z.B. das Durchwinken an der Grenze als konkludente Anmeldung des Fahrzeuges, ich habe nichts (auch nicht das Fahrzeug) zu verzollen, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung von Eingangsabgaben vorliegen. Wenn jedoch der Eigentümer des Fahrzeuges mit dem in einem Drittland angemeldeten Fahrzeug in das Zollgebiet einreist und konkludent (mit dem Durchwinken des Fahrzeuges an der Grenze) eine konkludent unrichtige Erklärung abgibt, da er das Fahrzeug verzollen hätte müssen, wenn er den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen im Zollgebiet hat), entsteht die Einfuhrzollschuld bzw. ist der Tatbestand des Schmuggels mit dem vorschriftswidrigen Verbringen in das Zollgebiet erfüllt.
Das Zollverfahren lässt dabei kaum Spielraum für Abweichungen. Werden Formvorschriften nicht eingehalten, entsteht die Einfuhrzollschuld. Wenn EU-Recht verletzt wird, ist die EU auch darauf bedacht, das entsprechend zu ahnden, da es sich um Zoll, somit um eine Gemeinschaftsabgabe handelt.
Der nichtpräferenzielle Warenursprung einer Ware ist Grundlage für bestimmte Anwendungsbereiche des Gemeinsamen Zolltarifs und andere warenverkehrsbezogene Maßnahmen. Hierunter fallen u.a. handelspolitische Beschränkungen, Gewährleistungen oder Förderungen von Einfuhren wie Kontingente, Antidumpingregelungen, Ausfuhrgewährleistungen und marktordnungsrechtliche Maßnahmen. Der nichtpräferenzielle Ursprung ist zudem ein wichtiges Kriterium für statistische Erhebungen. Der nichtpräferenzielle Warenursprung ist aus eben diesen Gründen bei Einfuhr- und Ausfuhranmeldungen in vielen Ländern anzugeben und in einigen Ländern überdies durch Ursprungszeugnisse nachzuweisen.
Die Bestätigung von BMW Deutschland über den nichtpräferenziellen Warenursprung sagt nichts darüber aus, dass das Fahrzeug (bei der Einfuhr) in der Europäischen Union verzollt worden wäre, im Gegenteil gibt es Unterlagen, wonach das Fahrzeug davor umsatzsteuerfrei nach Moskau geliefert wurde.
Laut Akt wurde im vorliegenden Fall der BMW als Exportlieferung von München umsatzsteuerbefreit nach Moskau geliefert, somit nur der Nettopreis in der Exportlieferung angegeben. In Moskau wurde das Fahrzeug verzollt und 19% russische Umsatzsteuer in der Rechnung ausgewiesen.
Laut Fahrzeugkaufvertrag Nr. 160637 vom Punkt 1.1. "verpflichtet sich der Verkäufer, ein vom Zoll abgefertigtes Fahrzeug .....".
Wenn dieses Fahrzeug jetzt wieder in die EU verbracht wird, wären logischer Weise wohl die Eingangsabgaben wieder vorzuschreiben gewesen. Das hat der Beschuldigte nicht gemacht. Dass es sich bei dem Fahrzeug um ein Erzeugnis handelt, dass zur Gänze innerhalb der EU erzeugt wurde, steht außer Frage, jedoch sind die Formvorschriften für eine allenfalls eingangsabgabenfreie Einfuhr des BMW in die EU nicht erfüllt. Daher handelt es sich beim BMW rechtlich gesehen um eine Ware aus einem Drittland (auch wenn es ursprünglich zur Gänze in Deutschland produziert wurde).
Zugegeben gibt es förmlich Zollverfahren, in denen für den BMW keine Eingangsabgabenschuld entstanden wäre, doch wurden diese Verfahrensvorschriften nicht eingehalten und konnten daher keine Wirkung erzielen.
Eine der wesentlichsten Voraussetzungen für die vorübergehende Verwendung des Beförderungsmittels ist, dass das Beförderungsmittel von einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person verwendet wird. Dabei ist gemäß Art. 4 Nr. 2 erster Anstrich ZK auf den normalen Wohnsitz bzw. gemäß § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG auf den gewöhnlichen Wohnsitz abzustellen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zum Thema Mittelpunkt der Lebensinteressen bzw. Wohnsitz wiederholt geäußert.
Bei verheirateten Personen, die einen gemeinsamen Haushalt führen, besteht die stärkste persönliche Beziehung in der Regel zu dem Ort, an dem sie mit ihrer Familie leben. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen kann auch dann in Österreich liegen, wenn die Absicht besteht, Österreich nach einer gewissen Zeit wieder zu verlassen. Ein Zuzug für immer ist nicht erforderlich. Besteht die stärkste persönliche Beziehung zu Österreich, so ist die Abhängigkeit von Alimentationszahlungen eines nicht in Österreich lebenden Angehörigen nicht ausschlaggebend (vgl. zu all dem Zl. 89/14/0054). Von ausschlaggebender Bedeutung ist bei verheirateten Personen mit gemeinsamer Haushaltsführung der Familienwohnsitz (vgl. Zl. 93/15/0145, und Zl. 2007/15/0279; ).
Auch die Entfernung von ca. 780 km zwischen Firmensitz und gewöhnlichem Wohnsitz im Zollgebiet stellt kein Hindernis für eine regelmäßige, in kurzen Zeitabständen erfolgende Rückkehr zum gewöhnlichen Wohnsitz dar ().
Eine Person kann, wie sich aus dem Wortlaut des § 93 Abs. 4 erster Satz ZollG 1988 ergibt, in einem bestimmten Zeitpunkt zwar mehrere Wohnsitz, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse iSd § 93 Abs. 4 ZollG 1988 haben. Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemand aus in seiner Person liegenden Gründen auf Grund der Geburt, der Staatsangehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, mit anderen Worten nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an ein bestimmtes Land binden (Hinweis , VwSlg 6514 F/1990; ).
Hat eine Person ihren gewöhnlichen Wohnsitz iSd § 93 Abs. 4 ZollG 1988 im Zollgebiet, so kann für ein ausländisches unverzolltes Beförderungsmittel das formlose Vormerkverfahren mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 93 Abs. 2 lit. a Z 1 ZollG 1988 nicht in Anspruch genommen werden. Diese zollrechtlich relevante Tatsache ist daher vom Reisenden in der mündlichen Anmeldung nach § 73 Abs. 3 ZollG 1988 anläßlich der Stellung des Fahrzeuges (§ 48 Abs. 1 ZollG 1988) dem die Zollabfertigung durchführenden Organwalter von sich aus zu erklären, und zwar auch dann, wenn das Zollorgan einen für die Zollbehandlung maßgebenden Umstand übersehen haben sollte (Hinweis ; ).
Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist davon auszugehen, dass Ehegatten denselben Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen haben ().
Als gewöhnlicher Wohnsitz einer Person, deren berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem ihrer persönlichen Bindungen liegen und die daher veranlasst ist, sich abwechselnd an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft aufzuhalten, gilt der Ort ihrer persönlichen Bindungen, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt ( ZRV/0279-Z3K/02; ZRV/0340-Z3K/02).
Zum Thema Hauptwohnsitz, Mittelpunkt der Lebensinteressen oder Lebensschwerpunkt (Ausdruck Verteidiger) ist dem Akt vor der mündlichen Verhandlung Folgendes zu entnehmen:
zum Tatzeitpunkt war der Beschuldigte damals in Wien als Hauptwohnsitz gemeldet, was sich aus einer ZMR-Abfrage bestätigen lässt.
in seinem Führerscheinantrag hat er angekreuzt, seinen Hauptwohnsitz in Österreich zu haben. Der Führerschein wurde im Dezember 2016 ausgestellt.
seine Familie (seine Frau und die drei gemeinsamen Kinder) lebt in Wien, die Kinder gehen in Wien in die Schule, Wien wurde als Wohnort auserkoren, da die Schulbildung in Wien besser ist als in Spanien (oder Russland)
Laut Tatbeschreibung und Niederschrift über die Vernehmung des Beschuldigten wollte der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt nach Hause fahren (nach Wien), sein Wohnsitz war Österreich.
Im Führerscheinantrag vom hat der Beschuldigte angekreuzt: Ich erkläre, dass ich bereits 6 Monate in Österreich wohne oder beabsichtige für mindestens 6 Monate in Österreich zu wohnen.
Als Grund für den Antrag auf Austausch des EWR-Führerscheines wurde vom Beschuldigten Verlust/Diebstahl angekreuzt.
Der Zulassungsschein des Fahrzeuges vom weist den Wohnort des Beschuldigten in C. aus.
Der Kaufvertrag über das Fahrzeug und der Kreditvertrag weisen als tatsächliche Wohnadresse (Aufenthaltsort): Russland aus. Zudem ist als elektronische Postadresse: angegeben.
Bei objektiver Betrachtung unter Beachtung der aktuellen Zollbestimmungen der Europäischen Union und der innerstaatlichen Ausführungsgesetzen sowie der österreichischen Judikatur ist zollrechtlich daher davon auszugehen, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschuldigten in Wien bei seiner Familie befindet.
Laut den zitierten Zollvorschriften gilt daher Wien als der Familienwohnsitz als Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschuldigten zum Zeitpunkt der Einfuhr des Beförderungsmittels.
Dass sich der Beschuldigte in M. aufhält und dort seiner Erwerbstätigkeit nachgeht, hat für die Beurteilung angesichts der Judikatur keine ändernde Bedeutung. Die Einfuhr des Beförderungsmittels ist somit als vorschriftswidriges Verbringen gem. Art. 79 Abs. 1 Buchstabe a 1. Alternative UZK zu subsummieren (siehe auch Witte, Kommentar zum Zollrecht, Rz. 76, letzter Absatz zu Art. 250 UZK).
Der objektive Tatbestand des Schmuggels im Sinne des § 35 Abs. 1 lit. a FinStrG durch vorschriftswidrigen Verbringens einer Ware in das Zollgebiet der Europäischen Union ist somit erfüllt.
Auch wenn aufgrund der zollrechtlichen Bestimmungen Wien als Familienwohnsitz und Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschuldigten zum Zeitpunkt der Einfuhr des Beförderungsmittels gilt, ist damit nicht automatisch auch ein vorsätzliches Handeln verbunden, was im Folgenden zu klären sein wird.
Subjektive Tatseite:
Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Gemäß § 8 Abs. 3 FinStrG handelt grob fahrlässig, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.
Zu klären ist, ob der Beschuldigte es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat oder ob er auffallend sorglos gehandelt hat und es für ihn als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war, dass er laut gesetzlicher Bestimmungen den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Wien hatte, wo sich seine Familie aufhält oder ob dieser Mittelpunkt subjektiv allenfalls nicht in Wien gelegen ist.
In der mündlichen Verhandlung wurde festgehalten, dass der Beschuldigte anlässlich der ersten Befragung bei der Aufnahme der Tatbeschreibung am , die ohne Dolmetscher/in erfolgt ist, noch Sprachschwierigkeiten hatte und nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beschuldigte etwas als zutreffend bezeichnete, obwohl er möglicherweise etwas anderes darunter verstand. Daher ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die erste Aussage eines Beschuldigten der Wahrheit am nächsten kommt (vom Zollamt als Erstverantwortung bezeichnet), nicht unreflektiert und automatisch anwendbar.
Im Kaufvertrag und im Kreditvertrag für das Fahrzeug hat der Beschuldigte seinen Wohnsitz jeweils als Russland angegeben, seit Februar 2019 hat er wieder einen Hauptwohnsitz in Wien angemeldet.
Beruflich hält sich der Beschuldigte überwiegend in X. auf.
Gerade von einer Person wie dem Beschuldigten, der sich auch (aus beruflichen Gründen) über die jeweilige Gesetzeslage vor Ort erkundigt hat, der - wie sich in der mündlichen Verhandlung gezeigt hat - z.B. über das österreichische Meldegesetz insoweit im Detail informiert ist, dass man sich nach drei Tagen anmelden muss, hätte man erwarten müssen, dass er sich auch über die Formalitäten beim Import eines Fahrzeuges bzw. der vorübergehenden Verwendung eines aus einem Drittland stammenden und auch in einem Drittland angemeldeten Fahrzeuges erkundigen würde. Laut Akt hat er sich bei einem Steuerberater erkundigt, der ihm – so seine Aussage – bestätigt hat, dass er mit dem in Russland angemeldeten Fahrzeug in Österreich ohne weitere Voraussetzungen fahren dürfe.
Ein Steuerberater kann jedoch nur dann eine korrekte Antwort geben, wenn ihm die richtigen Fragen gestellt werden. Auf die Frage, ob ein russischer Staatsbürger mit seinem in Moskau angemeldeten Fahrzeug in Österreich ohne weitere Voraussetzungen fahren darf, wird er selbstverständlich ein OK erhalten. Wenn der Sachverhalt jedoch ergänzt wird, dass die Familie des russischen Staatsbürgers in Wien wohnt und die Kinder hier zur Schule gehen und der Vater auch regelmäßig nach Wien kommt, wäre die Antwort aller Wahrscheinlichkeit umfangreicher und anders ausgefallen, dass das Fahrzeug nur mit österreichischem Kennzeichen gefahren werden darf. Damit verbunden wäre die Konsequenz der Verzollung bzw. vermutlich einer Einzeltypisierung des Fahrzeuges. Der Unterschied ist leicht erkennbar, je nach Fragestellung.
Geschäftspartner sollen ihm gesagt haben, dass man ein österreichisches Kennzeichnen benötigt, wenn man in Österreich fahren will. Dabei ist die Aussage des Beschuldigten interessant, dass er die Frage des Wohnsitzes offenbar nicht so ernst genommen hat. Auch der Sohn des Beschuldigten aus erster Ehe war noch lange mit einem Hauptwohnsitz in Wien gemeldet, obwohl er sich schon lange nicht mehr hier aufgehalten hat.
Der Zulassungsschein des Fahrzeuges wurde am mit Wohnsitz C. ausgestellt. Am österreichischen Führerschein, der kurz danach am ausgestellt wurde, ist als Hauptwohnsitz Wien angegeben. Laut Beschuldigten hat er im Antrag vom auf Erteilung der Lenkerberechtigung in Wien den Hauptwohnsitz angekreuzt, ohne darüber nachgedacht zu haben, er hätte auch Nebenwohnsitz ankreuzen können. Dort hat der Beschuldigte auch bestätigt: Ich erkläre, dass ich bereits 6 Monate in Österreich wohne oder beabsichtige für mindestens 6 Monate in Österreich zu wohnen. Das deutet entgegen des Aussage des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung keineswegs auf einen Nebenwohnsitz hin.
Im Übrigen hat der Beschuldigte laut Darstellung in der mündlichen Verhandlung den Führerschein in Wien nur deshalb beantragt, da man ihm den rumänischen Führerschein im EU-Ausland abgenommen hat. Er ist dann mit seinem russischen Führerschein weitergefahren. Als Grund für den Austausch seines EWR-Führerscheines hat er im Antrag auf Ausstellung eines Lenkerberechtigung jedoch Verlust/Diebstahl angekreuzt. Die Konsequenzen unrichtiger Angaben in einem Antrag auf Erteilung der Lenkerberechtigung sind nicht in diesem Verfahren zu klären.
Zusammengefasst kann daraus nur abgeleitet werden, dass der Beschuldigte die bestehenden Regeln - egal in welchem Bereich - wohl immer zu seinen Gunsten auslegt, unabhängig davon, ob es zutreffend ist oder nicht.
Dabei hätte man von ihm erwarten können, dass er sich entsprechend erkundigt. Aus der Lebensgeschichte des Beschuldigten geht hervor, dass er mehrere Jahre mit seiner Familie in Spanien gelebt und dann entschieden hat, dass die Familie nach Wien zieht, da die Schulausbildung hier besser als in Spanien oder in Russland ist. Da der Beschuldigte selbst in Österreich keinen adäquaten Job erhalten hat, hat er nach wie vor in Russland gearbeitet, wo er seither beruflich engagiert ist. Zudem ist er beruflich viel in Deutschland unterwegs, sodass er über den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen schon aus Eigeninteresse Überlegungen anstellen hätte müssen.
Gerade diese auffallende Sorgfaltswidrigkeit bei der Auslegung und Anwendung von Bestimmungen (der Führerschein wurde laut eigener Aussage in der Verhandlung weder gestohlen noch verloren, sondern von einer Behörde einbehalten) oder der unrichtigen Einschätzung, ob - wie im vorliegenden Fall - bestimmte Voraussetzungen im Falle der vorübergehenden Verwendung des unverzollten Fahrzeuges BMW in Österreich vorliegen und er sich nicht ausreichend über die richtige Vorgangsweise erkundigt hat, stellt ein zumindest grob fahrlässiges Verhalten dar.
Im Übrigen ist auch die belangte Behörde im angefochtenen Erkenntnis schon zum Schluss gekommen, dass er sich weder bei einem Finanzamt noch bei einem Zollamt über die Rechtslage erkundigt hat, ob er, wenn er hier wohnt, österreichische Kennzeichen benötigt (was jedenfalls als grobe Sorgfaltsverletzung anzusehen ist). Verletzungen von Sorgfaltspflichten sind jedoch ein Indiz für ein fahrlässiges Verhalten und bestätigen kein vorsätzliches Handeln.
Hätte der Beschuldigte das in Deutschland produzierte Fahrzeug selbst nach Russland exportiert, um es im Anschluss unverzollt in der EU zu verwenden, hätte man wohl ein vorsätzliches Handeln annehmen müssen.
Angesichts der Tatsache, dass der Beschuldigte mit dem Fahrzeug mit russischen Kennzeichen (selbstverständlich) in Russland, aber auch in anderen Ländern der Europäischen Union gefahren ist, allenfalls in Moskau nachgefragt worden wäre, weshalb er nun mit einem österreichischen Kennzeichen in Russland fährt, bleibt im Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten festzustellen, dass ein vorsätzliches Verhalten im Zusammenhang mit dem vorschriftswidrigen Verbringen des Fahrzeuges nicht mit der für ein Finanzstrafverfahren erforderlichen Sicherheit erweisbar ist, zumal sich das gesamte berufliche Leben des Beschuldigten nicht in Österreich abspielt.
Allerdings muss sich der Beschuldigte gefallen lassen, dass er in seiner Situation - mehrere Wohnsitze, Familie lebt in Österreich, berufliche Tätigkeit in Deutschland - sich nicht ausreichend über die Folgen seines Handeln erkundigt hat und aus den erhaltenen Auskünften von Geschäftsfreunden und einem Steuerberater für ihn als vorhersehbar war, dass Fehler bei der vorübergehenden Verwendung des Fahrzeuges im Zollgebiet der Europäischen Union wahrscheinlich passieren.
Die subjektive Tatbestand der grob fahrlässigen Verzollungsumgehung gemäß § 36 Abs. 1 FinStrG (hier: vorschriftswidrigen Verbringens einer Ware in das Zollgebiet der Europäischen Union) ist damit jedoch erfüllt.
Strafbemessung:
Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.
§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei der Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.
§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.
§ 36 Abs. 3 FinStrG: Die Verzollungsumgehung wird mit einer Geldstrafe bis zum Einfachen des auf die Ware entfallenden Abgabenbetrages, die grob fahrlässige Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben mit einer Geldstrafe bis zum Einfachen des Verkürzungsbetrages geahndet. § 35 Abs. 4 zweiter Satz und § 35 Abs. 5 sind anzuwenden.
Bisher wurde bei der Strafbemessung bereits die finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd gewertet und auf die Sorgepflichten für die Ehefrau und die drei gemeinsamen Kindern Bedacht genommen. An der wirtschaftlichen Lage des Beschuldigten hat sich seit Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses - laut Darstellung in der mündlichen Verhandlung - nichts geändert.
Die bisher verhängte Geldstrafe wurde im Ausmaß von 22,17 % des Strafrahmen verhängt und auf Verfall des Fahrzeuges erkannt. Der Verfall des Beförderungsmittels als Tatgegenstand ist bei der grob fahrlässigen Verzollungsumgehung nicht angedroht, sodass insoweit keine Ergänzung der Begründung, die dem angefochtenen Erkenntnis fehlt, nachzuholen war.
Ausgehend vom nunmehr zu beachtenden Strafrahmen von € 11.274,47 und den dargelegten Strafzumessungsgründen sowie des geringeren Verschuldens ist eine Geldstrafe von € 2.000,00 angemessen.
Unter den selben Prämissen wird gemäß § 20 FinStrG die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit zwölf Tagen festgesetzt.
Einer weiteren Verringerung der Strafen standen neben spezialpräventiven Gründen vor allem generalpräventive Gründe entgegen, um Personen in vergleichbaren Situationen von ähnlich gelagerten Finanzvergehen abzuhalten.
Kostenentscheidung
Die Verfahrenskosten gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.
Zahlungsaufforderung:
Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens sind gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG mit Ablauf eines Monates nach Rechtskraft dieser Entscheidung fällig und sind auf das BAWAG-P.S.K.-Konto der Finanzstrafbehörde zu entrichten, widrigenfalls Zwangsvollstreckung durchgeführt und bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen werden müsste. Die Zahlungsmodalitäten sind mit dem Zollamt als Finanzstrafbehörde zu klären.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das gegenständliche Erkenntnis weicht nicht von der Rechtsprechung des VwGH ab. Im Vordergrund standen Fragen der Beweiswürdigung und keine ungelösten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 35 Abs. 1 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 § 8 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 36 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Verweise | ZRV/0279-Z3K/02 ZRV/0340-Z3K/02 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7300071.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at