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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.06.2019, RV/7101510/2019

1. Fragliches Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte 2. Rechtskraftdurchbrechungen ohne Titel

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Unger in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Dr. Bernd Sommerauer, Plüddemanngasse 77, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom , betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2007 bis 2010, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am im Beisein der Schriftführerin Christine Seper, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin vermittelt Pflegekräfte an Patienten in Österreich.

Im Zuge einer auch den Streitzeitraum umfassenden Außenprüfung traf die belangte Behörde ua die folgenden Feststellungen:

"Tz 2 Inländische Betriebstätte

Im Zentralen Melderegister scheinen zur Frau [Bf] folgende Einträge auf:

- [Adresse1], Hauptwohnsitz

- [Adresse2], Hauptwohnsitz

- [Adresse3], Nebenwohnsitz

Die Pflichtige betreibt unter der Adresse [Internetadresse] eine Homepage.

Aufgrund von historischen Abfragen ist ersichtlich, dass, je nach Meldung im Zentralen Melderegister, unter den Kontaktdaten die jeweilige Adresse als „Firmenadresse" sowie zwei Mobiltelefonnummern angegeben wurden.

Auch auf Anzeigen im Internet waren diese Adressen eingetragen.

Zwischenzeitig war auf der Homepage unter den Kontaktdaten keine Adresse ersichtlich, mittlerweile wird eine Adresse in Bratislava angegeben.

Betreffend der Adresse [Adresse3] wurde versucht eine Begehung der Wohnung vorzunehmen. Im Zuge dieser Erhebung wurde festgestellt, dass der Mietvertrag das Top Nr. 9b betrifft und es keine Wohnung Nr. 3 gibt, der Eintrag im ZMR somit irrtümlich falsch erfolgt sein dürfte.

Es wurde auch einmal die Schwester der Abgabepflichtigen, Frau [SchwesterBf] angetroffen, diese verweigerte allerdings die Besichtigung der Wohnung.

Eine Auskunftsperson bestätigte, dass die Schwestern [FamiliennameBf] von Tür Nr. 9b einen Krankenpflegedienst betreiben und meist unter der Woche hier seien.

Aufgrund der o.a. Erhebungen wurde hieramts eine Steuernummer vergeben.

Gem. § 29 BAO ist eine Betriebstätte jede feste örtliche Einrichtung, die der Ausübung eines Betriebes oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes dient.

Mangels betrieblich genutzter Räumlichkeiten kann in Einzelfällen auch die Wohnung des Steuerpflichtigen, von der aus er seine gewerbliche Tätigkeit entfaltet und die ihm im Rahmen dieser Tätigkeit als Kontaktadresse dient, als Betriebstätte angesehen werden. Es genügt, dass sich in der Wohnung eine, wenn auch nur geringfügige Tätigkeit für den Gewerbebetrieb abspielt. Die Anforderungen an den Umfang der betrieblichen Handlungen, die zur Begründung einer Betriebstätte erforderlich sind, sind umso geringer, je mehr sich die eigentliche gewerbliche Tätigkeit außerhalb einer festen örtlichen Einrichtung vollzieht (vgl. ).

Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass in den jeweiligen Wohnungen immer wieder die Geschäftsunterlagen (unterfertigten Betreuungsverträge) aufbewahrt wurden, zumal die Verträge bei den Familien unterzeichnet wurden und die Wohnungen, in welchem Umfang auch immer, jedenfalls als Betriebstätten genutzt wurden.

Es wird daher für den Prüfungszeitraum von einer inländischen Betriebstätte ausgegangen.

Die damit im Zusammenhang stehenden Einkünfte unterliegen somit in Österreich der beschränkten Steuerpflicht gern. § 98 EStG.

Bei der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung ist eine Betriebstätte nicht erforderlich, ausreichend ist die Gestellung oder Tätigkeit in Österreich.

Gern. § 15 AVOG ist in Wien das Finanzamt 1/23 für die Erhebung der Umsatz- und Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger zuständig (neue Steuernummer [XXX])."

Aufbauend auf dieser Feststellung nahm die belangte Behörde eine schätzungsweise Ermittlung der Bemessungsgrundlagen vor und erließ die hier angefochtenen Bescheide.

In der dagegen erhobenen Beschwerde bestreitet die Beschwerdeführerin mit näherer Begründung das Vorliegen einer Betriebsstätte in Österreich. Zudem wird ausgeführt, dass für die Jahre 2008 bis 2011 rechtskräftige Umsatzsteuerbescheide vom Finanzamt Graz Stadt vorlägen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die angefochtenen Bescheide dahingehend abgeändert, als die zwischenzeitlich ergangene Rechtsmittelerledigung des Bundesfinanzgerichts, in dem ausgesprochen wurde, dass die vermittelten Pflegekräfte entgegen der Ansicht der belangten Behörde keine Dienstnehmerinnen der Beschwerdeführerin darstellen, Berücksichtigung fand.

Zum Beschwerdevorbringen betreffend dem Nichtvorliegen einer Betriebsstätte und den stattgefundenen Umsatzsteuerveranlagungen durch das Finanzamt Graz Stadt wurde ua ausgeführt:

"Seitens des damals zuständigen Finanzamtes wurden im November 2009 Ermittlungshandlungen betreffend der Bf. getätigt, da es eine Betriebsadresse im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes gab, die auch auf der Homepage als Kontaktadresse angegeben war. Es wurde per eine Steuernummer vergeben. Die getätigten Ermittlungsmaßnahmen waren Grundlage für die durchgeführte abgabenrechtliche Prüfung.

Dass es auch in Graz-Stadt zu einer Steuernummernvergabe kam, war nicht Gegenstand der Prüfungshandlung. Seitens der steuerlichen Vertretung wurde zudem im Schreiben vom angeführt, dass die Bf. in Österreich eine Betriebsstätte besitze und Pflegerinnen nach Österreich vermittle.

[..]

Seitens der Bf. wird das Vorliegen einer Betriebsstätte in Abrede gestellt, somit sei kein in Österreich zu besteuerndes Einkommen vorhanden.

Zum Zeitpunkt der Ausfertigung des Prüfauftrages () wurde keine Betriebsstätte mehr in Österreich unterhalten, da die letzte angemietete Wohnung mit September 2010 aufgegeben wurde.

Dass ab diesem Zeitpunkt auch sämtliche Unterlagen in die Slowakei verbracht wurden und somit dort aufbewahrt werden, wurde nicht angezweifelt.

Zum Zeitpunkt, zu dem die Adresse [Adresse3] noch von der Bf. benutzt wurde, wollte die Behörde diese besichtigen, um sich über die tatsächliche Nutzung Klarheit zu verschaffen. Diese Besichtigung, die es der Bf. auch ermöglicht hätte zu beweisen, dass es sich tatsächlich nur um eine Wohnung handelt, wurde seitens der Bf. nicht wahrgenommen, der Zutritt wurde verweigert (It. Aktenvermerk über die Begehung des Standortes [Adresse3] vom ). Dass es sich tatsächlich nur um eine Wohnung gehandelt hat, konnte nicht nachgewiesen werden.

Versagt die Abgabepflichtige ihre Mitwirkung, so sind ohne diese die tatsächlichen Verhältnisse zu erforschen und die Ergebnisse in freier Beweiswürdigung zu beurteilen.

Gemäß § 29 Abs. 1 BAO ist Betriebsstäte im Sinn der Abgabenvorschriften jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausüung eines Betriebes oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes (§ 31) dient.

Gemäß § 29 Abs. 2 BAO gelten als Betriebsstäte insbesondere

a) die Stätte, an der sich die Geschäftsleitung befindet;

b) Zweigniederlassungen, Fabrikationsstäten, Warenlager, Ein- und Verkaufsstellen und sonstige Geschätseinrichtungen, die dem Unternehmer oder seinem städigen Vertreter zur Ausüung des Betriebes dienen;

c) Bauausfürungen, der Dauer sechs Monate üerstiegen hat oder voraussichtlich übersteigen wird.

Wie bereits im Bericht der Außenprüfung ausgeführt, scheinen im Zentralen Melderegister für Frau [Bf] folgende Daten auf:

- [Adresse1], Hauptwohnsitz

- [Adresse2], Hauptwohnsitz

- [Adresse3], Nebenwohnsitz

Zudem liegt ein Mietvertrag fü die Wohnung in [Adresse3], vor, in dem Frau [Bf] als Mieterin angefürt wird, das Mitverhätnis begann am .

Laut der von der Bf. gefürten Website werden fü die Jahre 2007 bis 2010 jeweils eine österreichische Adresse, die den jeweiligen im Zentralen Melderegister für die Bf. angeführten Adressen entspricht, und österreichische Handynummern als Kontaktdaten geführt [...]

Laut einer Auskunftsperson wurde bestätigt, dass Frau [Bf] und ihre Schwester während der Woche meist in Wien aufhältig waren.

Mangels betrieblich genutzter Räumlichkeiten können in Einzelfällen auch Wohnungen gegebenenfalls Betriebsstätten sein (vgl. Ritz, BAO6, § 29, Tz 8).

Es genügt, dass sich in der Wohnung eine, wenn auch nur geringfügige Tätigkeit für den Gewerbebetrieb abspielt. Die Anforderungen an den Umfang der betrieblichen Handlungen, die zur Begründung einer Betriebsstätte erforderlich sind, sind umso geringer, je mehr sich die eigentliche gewerbliche Tätigkeit außerhalb einer festen örtlichen Einrichtung vollzieht (vgl. ).

Die Betreuungsverträge wurden wohl in der Regel bei den zu betreuenden Personen unterzeichnet, es ist davon auszugehen, dass diese Geschäftsunterlagen wohl auch in den jeweiligen als Kontaktadresse angeführten Wohnungen aufbewahrt wurden. Da sich auch die Geschäftsleitung (in Person der Bf.) im Prüfungszeitraum in Österreich aufgehalten und hier ihren Haupt- bzw. Nebenwohnsitz gemeldet hatte, ist für den Prüfungszeitraum von einer inländischen Betriebsstätte auszugehen.

Das Vorliegen des österreichischen Bankkontos allein wurde nicht als Anlass zur Begründung einer Betriebsstätte genommen."

Innerhalb offener Frist wurde von der Beschwerdeführerin ein Vorlagenantrag samt Beilagen und umfassender Entgegnungen zu den Feststellungen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung eingebracht.

Am wurde in Anwesenheit des steuerlichen Vertreters der Beschwerdeführerin, der Schwester der Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführerin selbst sowie der  Vertreterin der belangten Behörde die beantragte mündliche Verhandlung durchgeführt und hierüber folgende auszugsweise wiedergegebene Niederschrift aufgenommen:

"Der Richter trägt die Sache vor und berichtet über den bisherigen Verlauf des Verfahrens samt der Ergebnisse der durchgeführten Beweisaufnahmen (§ 275 Abs 2 BAO).

Der Richter erteilt der beschwerdeführenden Partei das Wort.

Die beschwerdeführende Partei führt aus wie in den bisherigen Schriftsätzen im Rechtsmittelverfahren und ergänzt:

Seitens der bf Partei wird vorgelegt: Auszug des Abgabenkontos der bf Partei, BVE vom vom FA Graz Stadt, mit der die Kleinunternehmerbefreiung abgewiesen wurde mangels Betriebsstätte im Inland und Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft an die bf Partei über die Einstellung des Verfahrens vom .

Der Richter erteilt der Amtspartei das Wort:

Die Amtspartei verweist auf Ihre Feststellungen der Außenprüfung und ergänzt:

Die Amtsvertreterin legt vor (mutmaßlich aktenkundig) eine Auswertung der KIAB/ Betrugsbekämpfung betreffend Standorte der Mobiltelefone der Bf. (Zeitraum bis ) zum Beweis, dass mit diesen Mobiltelefonen an inländischen Adressen telefoniert wurde.

Zusatz: Beide Telefonnummern rechnet die belangte Behörde der bf Partei zu (aufgrund der Vermerke auf der Homepage der bf Partei). Die dritte Spalte bezieht sich auf eine private - von der bf Partei bekanntgegebene - Telefonnummer.

Die bf Partei gibt an:

Die Bf. selbst habe kaum mit den gegenständlichen Mobiltelefonen, aufgrund krankheitsbedingter Einschränkungen der Stimmbänder telefoniert, vielmehr habe hauptsächlich ihre Schwester, [SchwesterBf] die Telefonate geführt.

Ergänzende Beweisaufnahmen durch den Richter:

-) Der Richter hält der bf Partei die von der belangten Behörde festgestellten ZMR-Daten vor:

- [Adresse1], Hauptwohnsitz

- [Adresse2], Hauptwohnsitz

- [Adresse3], Nebenwohnsitz

Die bf Partei gibt hierzu an: Stimmt nur teilweise; die Adressen sind richtig, aber es sollte immer ein Nebenwohnsitz sein

Nachfrage durch den Richter: Der aktenkundige Mietvertrag zum Objekt [Adresse3] wurde am abgeschlossen, Mietverhältnis habe am begonnen. Warum ZMR-Ummeldung erst am ?; Warum nur als Nebenwohnsitz?

Die bf Partei gibt hierzu an: Die Verzögerung der ZMR-Ummeldung geschah feiertagsbedingt, die Meldung als Nebenwohnsitz erfolgte aufgrund der erstmaligen Kenntnis über die Möglichkeit einer solchen Meldung.

-) Zur aktenkundigen Bescheidlage:

Frage des Richters an dieAmtspartei: Aus den Akten ist ersichtlich und wurde darauf auch im Verfahren von der bf Partei hingewiesen, dass es rechtskräftige USt-Bescheide des FA Graz Stadt gab. Konkret für das Jahr 2008 vom (BVE), für 2009 vom und für 2010 vom . Im hier gegenständlichen Verfahren sind ua auch Umsatzsteuerbescheide (diesmal von FA Wien 1/23 als belangten Behörde) angefochten, ua auch für die Jahre 2008 bis 2010, alle vom . Frage: Aus den Akten (aber auch nach Abfrage von FinOn und der (finanzinternen) Datenbank "Zentrale Anwendungen" sind keine bescheidmäßigen Rechtskraftdurchbrechungen (wie zB Wiederaufnahmeverfügungen) betreffend USt 2008 bis 2010 ersichtlich. Ist das richtig, dass diese nicht vorliegen?

Die Amtspartei gibt hierzu an: Das Vorliegen von Rechtskraftdurchbrechungen ist nicht bekannt.

Nachfrage des Richters an die bf Partei:Können Sie auch bestätigen, dass Ihnen für USt 2008 bis 2010 keine Wiederaufnahmeverfügungen od ähnliches zugestellt wurden?

Die bf Partei gibt hierzu an: Ja, das kann ich bestätigen, nochmal wird auf den Auszug des Abgabenkontos der Bf. verwiesen.

-) Zum strittigen Vorliegen einer Betriebsstätte:

Frage des Richters an die bf Partei:Wie hat sich beginnend mit 2007 Ihre Geschäftsidee entwickelt? Wie kam es dazu?

Die bf Partei gibt hierzu an: Nach Durchführung der nötigen Lizenzverfahren in der Slowakei ergab sich aufgrund einer erhöhten Nachfrage, auch die Möglichkeit und der Bedarf Pflegekräfte nach Österreich zu vermitteln.

Frage des Richters an die bf Partei: Warum wurden überhaupt Wohnungen in Wien angemietet?

Die bf Partei gibt hierzu an: Die Wohnungen in Wien dienten der besseren Absolvierung von geschäftlichen Terminen, wie z.B. Krankenhausbesuche, Leistungsbesprechungen in Cafehäusern. Die Anreise zu diesen diveren Terminen jeweils von der Slowakei aus wäre für die Bf. unzumutbar gewesen.

Frage des Richters an die bf Partei: Vor dem Hintergrund des Bestreitens einer Betriebsstätte in den jeweiligen Wohnungen: Wie oft waren Sie in den Streitjahren in Ihren Wohnungen (durchschnittlich)?

Die bf Partei gibt hierzu an: Manchmal habe ich mich zwei bis dreimal in der Woche in der Wohnung aufgehalten, dann wieder mehrere Wochen nicht. Dies auch vor dem Hintergrund, dass ich mich zeitweise an meinem Hauptwohnsitz in Bratislava, zeitweise bei meinen Eltern in der Ostslowakei aufgehalten habe, von wo die Anreise nach Wien ca. 6-7 Stunden wäre.

Frage des Richters an die bf Partei: Mit wem, also wieviel Personen, haben Sie in den Streitjahren in den Wohnungen gelebt?

Die bf Partei gibt hierzu an: Permanent habe ich mit keiner weiteren Person in den Wohnungen gelebt, die Wohnung benützt haben fallweise meine Schwester oder sonstige Familienmitglieder, gemeldet war aber immer nur ich.

Frage des Richters an die bf Partei: Frau [SchwesterBf] ist Ihre Schwester? Welche Aufgaben hat diese in Ihrem Unternehmen?

Die bf Partei gibt hierzu an: Ja. Meine Schwester hat vorwiegend Telefonate für mich erledigt, insbesondere wenn ich aufgrund meiner Stimmbändererkrankung nicht telefonieren konnte. Sowie weitere administrative Tätigkeiten. Weiters hat meine Schwester geschäftliche Termine wahrgenommen, wenn ich krankheitsbedingt ausgefallen bin.

Nachfrage des Richters: Wo wohnt [SchwesterBf]?

Die bf Partei gibt hierzu an: Meine Schwester wohnt in Bratislava, in Österreich gibt es keine gemeldete Adresse.

Frage des Richters an die bf Partei: Wer ist Frau [Pers1]? Welche Aufgaben hat diese in Ihrem Unternehmen?

Die bf Partei gibt hierzu an: Frau [Pers1] hat die steuerlichen Agenden in der Slowakei für mich erledigt.

Bf. Vertreter gibt an, ebenso mit Frau [Pers1] Kontakt gehabt zu haben, diese habe ihm diverse Bemessungsgrundlagen/Unterlagen für den Kontakt mit dem Finanzamt Graz Stadt übermittelt.

Frage des Richters an die Amtspartei: Kommen wir zum . In den Akten befindet sich ein AV betreffend die Begehung des Standortes [Adresse3]. Angetroffen vor dem Haus wurde die Schwester von der Bf, Frau [SchwesterBf]. Diese sei zum Blumen gießen da gewesen. Das Organ der AbgBeh wollte die Wohnung betreten, dem hat die Schwester der Bf nicht zugestimmt. [Kurze Wiedergabe des wesentlichen weiteren Inhalts des AV]. Frage: Bei dieser versuchten Wohnungsbegehung war die Bf nicht vor Ort und hat daher auch nicht die Bf, sondern deren Schwester den Zutritt zur Wohnung verweigert, richtig?

Nachfrage an die Schwester der Bf. über ihre Wahrnehmung dieser Amtshandlung am : Das Organ der Abgabenbehörde hat sich mit Dienstausweis vorgestellt, daraufhin wollte er Zutritt zu der Wohnung ([Adresse3]). Den Grund für diesen Zutritt hat er mir nicht genannt. Ich habe auch nicht nachgefragt, da ich auf dem Weg der Heimreise war und meinen Zug erwischen musste. Ich habe jedoch angemerkt, dass er sich an meine Schwester wenden solle.

Die Amtspartei gibt hierzu an: Davon gehe ich aus.

Frage des Richters an die Amtspartei: Diese versuchte Wohnungsbegehung vom fand auch Eingang in den BP-Bericht (Tz 2. inländische Betriebsstätte). Gleich danach findet sich folgende Feststellung: "Eine Auskunftsperson bestätigte, dass die Schwestern [FamiliennameBf] von Tür 9b einen Krankenpflegedienst betreiben und meist unter der Woche hier seien". Frage dazu: Diese Befragung einer Auskunftsperson stand nicht im AV vom . Auch findet sich sonst kein AV darüber in den Akten. Ist das richtig?

Die Amtspartei gibt hierzu an: Seitens der Amtspartei wird diesbezüglich ein Aktenvermerk vom vorgelegt.

Nachfrage des Richters an die bf Partei: Wollen Sie zu dieser BP-Feststellung über eine Auskunftsperson, wonach die Bf und ihre Schwester unter der Woche meist in dieser Wohnung seien, Stellung nehmen?

Die bf Partei gibt hierzu an: Die Annahme, dass ich und meine Schwester unter der Woche meist hier seien, ist nicht nachvollziehbar und aus unserer Sicht nicht zutreffend. Eine Frau Z. ist mir nicht bekannt.

Die bf Partei gibt weiters an, dass jedenfalls Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag sie schon deshalb in ihrem Büro in der Slowakei anwesend sein musste, weil an diesen Tagen die Betreuerinnen (Krankenpflegekräfte) zur Bf. gefahren sind, zwecks Auszahlung ihrer Honorare.

Frage des Richters an die Amtspartei: Wurden auch an früheren Adressen Befragungen/Besichtigungen oder sonstige Erhebungen durchgeführt? Für die Jahre 2007 - 2008 käme da wohl die [Adresse2] in Betracht. Jedenfalls findet sich keine Dokumentation von Erhebungen an der Adresse in der [Adresse2].

Die Amtspartei gibt hierzu an: Der übergebene Aktenvermerk betrifft die Hauseigentümerin der [Adresse1] ([X] Immobilien GmbH). Zum Verweis auf die Aussage eines Hausmeisters im vorgelegten Mail vom wird festgehalten, dass dies die Wohnung in der Mariahilfer Straße betroffen hat.

Richter hält folgendes fest: Bezüglich B Straße Wien: Aussage des Hausmeisters, dass die Schwestern während der Woche in Wien und am Wochenende in der Slowakei aufhältig sind. Aktenvermerk der Hauseigentümerin der [Adresse1], "Frau [FamiliennameBf] hat mir ihrer Schwester dort gewohnt, sie hat die beiden auch immer wieder gesehen, ob sie allerdings ständig da waren, weiß sie nicht."

Bezüglich [Adresse2] sind keine Erhebungen aktenkundig.

Frage des Richters an die Amtspartei: Kommen wir zu dem Amtshilfeersuchen an die slowakische Finanzverwaltung. Aus der Antwort auf ihr Auskunftsverlangen (Teil C, Abschnitt 1, C1-1) ergibt sich, dass die Bf den slowakischen AbgBeh als StPfl bekannt ist. Hier wurde auch die slowakische Steuernummer und die Adresse der Bf genannt. Weiters wurde angegeben, dass die Bf bis zum wirtschaftlich tätig gewesen ist und dann gelöscht wurde (C1-3). Seitdem habe sie keine Betriebsstätte mehr in der Slowakei (C1-7). Schließlich wird auch noch von der slowakischen FinVerw - wie auch anderorts aktenkundig - ausgeführt, dass es für 2010 eine Steuerprüfung gab, bei der keine Nachzahlung herauskam. Wie sehen Sie diese Antworten der slowakischen FinVerw iZm mit Ihrer Feststellung, betreffend einer inländischen Betriebsstätte?

Die Amtspartei gibt hierzu an: Aus Sicht der Amtspartei sind die Antworten der slowakischen Finanzbehörde unschlüssig, da sie mit dem öffentlichen Internetauftritt der Bf. nicht im Einklang stehen.

Nachfrage des Richters an die bf Partei: Was sagen Sie zu den Antworten der slowakischen FinVerw?

Die bf Partei gibt hierzu an: Die Löschung zum erfolgte, weil ich krankheitsbedingt meinen Gewerbeschein zurücklegen musste. Seit damals führe ich keine gewerbliche Tätigkeit mehr aus. Den Krankenpflegedienst habe ich daher ebenfalls eingestellt. Seit damals (Ende 2011) bin ich teilzeit nichtselbständig tätig.

Frage des Richters an die Amtspartei: Im aktenkundigen "Personenbetreuungsvertrag", den die Bf mit den Patienten abgeschlossen hat, steht die Bf mit ihrer slowakischen Adresse. Wie sehen Sie diesen Umstand iZm mit Ihrer Feststellung, betreffend einer inländischen Betriebsstätte?

Die Amtspartei gibt hierzu an: Dass das Auftreten nach außen durch den Personenbetreuungsvertrag nicht im Widerspruch zum Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte zu sehen ist.

Nachfrage des Richters an die bf Partei: Was sagen Sie dazu?

Die bf Partei gibt hierzu an: Der Auftritt nach außen gegenüber Patienten und Personenbetreuern war immer von dem Unternehmenssitz in der Slowakei geprägt. Dies stand auch so in allen Geschäftsunterlagen. Zum Vorliegen und der Angabe österreichischer Wohnungsadressen wird angegeben, dass ohne eine solche die Registrierung einer österreichischen Domain (.at) nicht möglich gewesen wäre.

Die bf Partei weist nochmal auf das bisherige Beschwerdevorbringen hin, wonach österreichische Telefonnummern vorwiegend aus Kundeninteressen verwendet wurden. Daneben habe es aber immer auch slowakische Telefonnummern gegeben.

Die Amtspartei ergänzt: Mit heutigem Tage ist der Internetauftritt des Krankenpflegedienstes nach wie vor online. Seitens der Schwester der bf Partei wird angegeben, dass sie seit 2012 den Krankenpflegedienst ihrer Schwester fortführe.

Die Amtspartei weist darauf hin, dass nach wie vor die Bf. als Kontakt auf der Homepage aufscheint.

Frage des Richters an die Amtspartei: Auf den aktenkundigen Rechnungen der Bf an die Patienten (konkret zB Rechnung [Patient1] 1/2010 vom ) findet sich im Kopf als Rechnungsausstellerin die Bf ebenso mit ihrer slowakischen Adresse. Wie sehen Sie diesen Umstand iZm mit Ihrer Feststellung, betreffend einer inländischen Betriebsstätte?

Die Amtspartei gibt hierzu an: Auch die Verwendung slowakischer Adressen auf die Rechnungen der Bf. steht der Annahme einer inländischen Betriebsstätte nicht entgegen.

Nachfrage des Richters an die bf Partei: Was sagen Sie dazu?

Die bf Partei gibt hierzu an: Auch dies ist ein Zeichen für den öffentlichen Auftritt der Bf., nämlich dass das Unternehmen von dem Büro der Bf. in der Slowakei geführt wurde.

Nachfrage des Richters: Wo wurden die Personenbetreuungsverträge unterschrieben?

Die bf Partei gibt hierzu an: Alle Personenbetreuungsverträge wurden entweder in R**** (bis ca 2009) oder in Bratislava unterschrieben.

Nachfrage des Richters: Wo wurden die Rechnungen erstellt und abgefertigt?

Die bf Partei gibt hierzu an: Auch die Rechnungserstellung und der Versand wurde vom Büro aus in der Slowakei betrieben.

Nachfrage des Richters: Wurden alle administrativen Tätigkeiten in den Büros in der Slowakei gemacht und nicht in den Wohnungen in Wien?

Die bf Partei gibt hierzu an: Ja, das ist richtig. Es wurden keine wie auch immer gearteten administrativen Tätigkeiten in Wien gemacht. Es wird bestätigt, dass alle vermittelten Pflegekräfte im Ausland überwiegend Slowakei ihren Wohnsitz/Sitz hatten.

Frage des Richters an die Amtspartei: Im altenkundigen Mietvertrag vom betreffend die [Adresse3] findet sich in Punkt 10 ein als "wichtig und bedeutsam iSd § 30 Abs 2 Z 13 MRG" vereinbarter Kündigungsgrund, nämlich die Änderung des vereinbarten Verwendungszwecks, welcher gem Punkt 1 des Vertrages ausschließlich "für Wohnzwecke" gilt. Wie sehen Sie diesen Umstand iZm mit Ihrer Feststellung, betreffend einer inländischen Betriebsstätte.

Die Amtspartei gibt hierzu an: Auch hierzu gilt dasselbe wie oben gesagt.

Nachfrage des Richters an die bf Partei: Was sagen Sie dazu?

Die bf Partei gibt hierzu an: Der Mietvertragsentwurf wurde uns von der im Gebäude ansässigen Rechtsanwaltskanzlei (es besteht ein Naheverhältnis zur Hausverwaltung) bereits mit diesem außerordentlichen Kündigungsgrund vorgelegt und wir haben diesen so unterschrieben.

Die Vertreterin der Amtspartei verweist auf die Ausführungen in der BVE und beantragt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Richter erteilt der beschwerdeführenden Partei das letzte Wort (§ 275 Abs 2 letzter Satz BAO):

Die bf Partei verweist abschließend noch darauf, dass sich auch auf der Tür oder im Bereich des Hauseinganges keine "Firmentafeln" befunden haben. Auch das spricht nach Ansicht der bf Partei gegen das Vorliegen einer Betriebsstätte.

Die bf Partei beantragt die Stattgabe der Beschwerde."

Nach Abschluss der mündlichen Verhandlung erfolgte die spruchgemäße Verkündung des vorliegenden Erkenntnisses samt Wiedergabe der wesentlichen Entscheidungsgründe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Hinsichtlich der Beschwerdeführerin liegen rechtskräftige Umsatzsteuerbescheide vom Finanzamt Graz Stadt, konkret für das Jahr 2008 vom (Beschwerdevorentscheidung), für 2009 vom und für 2010 vom , vor.

Die hier angefochtenen Umsatzsteuerbescheide der belangten Behörde für ebendiese Jahre 2008 bis 2010 vom , wurden ohne vorherige Rechtskraftdurchbrechungstitel bezüglich der vom Finanzamt Graz Stadt vorgenommenen und in Rechtskraft erwachsenen Umsatzsteuerfestsetzungen erlassen.

Gegenstand des Betriebes der Beschwerdeführerin im beschwerdegegenständlichen Zeitraum war die Vermittlung von ausländischen Pflegekräften an Patienten in Österreich.

In den Wohnungen, in denen die Beschwerdeführerin im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2007 bis 2010 gemeldet war, ging diese keinerlei betrieblichen Tätigkeiten nach. Der Betrieb der Beschwerdeführerin wurde vielmehr von der Slowakei aus betrieben.

Im Zeitpunkt der Erlassung der hier angefochtenen Bescheide hatte die Beschwerdeführerin in Österreich keine Wohnung mehr inne und hielt sich auch sonst nicht mehr in Österreich unter Umständen auf, die erkennen lassen würden, dass sie an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilte.

2. Beweiswürdigung

Die maßgeblichen rechtskräftigen Umsatzsteuerbescheide des Finanzamtes Graz Stadt sind Bestandteil der Akten und wurde dessen Vorliegen auch in der mündlichen Verhandlung von beiden Verfahrensparteien (nocheinmal) bestätigt.

Das Fehlen jedweder Rechtskraftdurchbrechungstitel entspricht nicht nur dem von der belangten Behörde vorgelegten Aktenstand und den ergänzenden hg. Erhebungen, sondern wurde die diesbezügliche Feststellung in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich von beiden Verfahrensparteien bestätigt.

Der grundsätzliche Betriebsgegenstand der Beschwerdeführerin steht zwischen den Verfahrensparteien außer Streit und hat auch das Beschwerdeverfahren nichts Gegenteiliges hervorgebracht.

Dass die Beschwerdeführerin ihren Betrieb von der Slowakei aus betrieben hat und insbesondere in den maßgeblichen inländischen Wohnungen keine betrieblichen Aktivitäten gesetzt hat, ergibt sich aus dem Gesamtbild der im Verfahren gewonnenen Erkenntnisse und Verhältnisse.

Insbesondere die in der mündlichen Verhandlung gegebenen Antworten und Ausführungen der Beschwerdeführerin erscheinen dem Gericht in sich schlüssig und glaubhaft. So kann zB in den Ausführungen der Beschwerdeführerin, dass diese die Wohnungen vorwiegend als Übernachtungsmöglichkeit für am nächsten Tag anstehende Kundentermine (die allerdings immer außerhalb der Wohnung stattfanden) genutzt habe, oder der Darstellung der Abwicklung der betrieblichen Korrespondenz und somit Durchführung der administrativen Arbeiten, keine Unschlüssigkeit erkannt werden. Die gegenteilige Annahme, dass die Beschwerdeführerin von ihrem Büro in der Slowakei nach Österreich in ihre Wohnung fahre, um dort die betriebliche Korrespondenz und Abrechnung zu erledigen, um diese sodann von Österreich aus an die vermittelten slowakischen Pflegekräfte postalisch zu versenden, erscheint dagegen nach der allgemeinen menschlichen Lebenserfahrung als eher unwahrscheinlich.

Auch der sonstige belegte Außenauftritt der Beschwerdeführerin (siehe insbesondere den Personenbetreuungsvertrag oder den Mietvertrag oder das unstrittige Fehlen jedweder Betriebskennzeichnung im Umkreis der Wohnung) sprechen mehr für ein Betreiben des Betriebes von der Slowakei aus, als von Österreich aus. Die von der belangten Behörde vorgehaltenen einschlägigen Kontaktangaben der Beschwerdeführerin auf Ihrer Homepage, konnten in der mündlichen Verhandlung glaubhaft mit Kundeninteressen begründet werden. Auch der Ort, an dem mit einem Mobiltelefon telefoniert wird, ist allein für sich wenig geeignet, die Entfaltung einer betrieblichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin in ihren Wohnungen im Streitzeitraum zu belegen. Dies nicht zuletzt deshalb, da die in der mündlichen Verhandlung von der belangten Behörde übergebenen Standortauswertungen der Mobiltelefone der Beschwerdeführerin nur den Zeitraum 02/2010 bis 07/2010 umfassen.

Schließlich hat das BFG in seinem unangefochten gebliebenen Erkenntnis vom , RV/7100384/2013, erkannt, dass die vermittelten Pflegekräfte nicht als Dienstnehmerinnen der Beschwerdeführerin anzusehen sind und daher auch nicht in einen (inländischen) betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin eingegliedert waren, wozu die obige Feststellung des Fehlens einer inländischen betrieblichen Tätigkeit ebenso im Einklang steht.

Dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung der hier angefochtenen Bescheide weder eine Wohnung in Österreich innehatte, noch sich sonst in Österreich unter Umständen aufhielt, die erkennen lassen würden, dass sie an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilte, wird auch von der belangten Behörde nicht bestritten, sondern zuständigkeitsbegründend angenommen.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsstellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Bescheidaufhebungen)

-) Bezüglich Einkommensteuer 2007 bis 2010

Gemäß § 98 Abs 1 Z 3 EStG unterliegen einer beschränkten Steuerpflicht in Österreich ua Einkünfte aus Gewerbebetrieb für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird.

§ 29 BAO lautet:

"(1) Betriebsstätte im Sinn der Abgabenvorschriften ist jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung eines Betriebes oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes (§ 31) dient.

(2) Als Betriebsstätten gelten insbesondere

a) die Stätte, an der sich die Geschäftsleitung befindet;

b) Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Warenlager, Ein- und Verkaufsstellen, Landungsbrücken (Anlegestellen von Schiffahrtsgesellschaften), Geschäftsstellen und sonstige Geschäftseinrichtungen, die dem Unternehmer oder seinem ständigen Vertreter zur Ausübung des Betriebes dienen;

c) Bauausführungen, deren Dauer sechs Monate überstiegen hat oder voraussichtlich übersteigen wird."

Zwar mag es zutreffen, dass - wie die belangte Behörde ausführt - in Einzelfällen auch eine bloße Wohnung eine Betriebsstätte darstellen kann (siehe zB die bei Ritz, BAO7, § 29 Tz 8 angegebenen Judikaturhinweise). Die Feststellung des Umfanges der (inländischen) betrieblichen Handlungen im jeweiligen Einzelfall ist jedoch eine in freier Beweiswürdigung vorzunehmende Sachverhaltsfrage.

Abstellend auf die obigen Sachverhaltsfeststellungen und Ausführungen zur Beweiswürdigung ist jedoch für das Gericht im vorliegenden Verfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung nichts hervorgekommen, dass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer ausschließlichen betrieblichen Tätigkeit im Ausland entgegenstehen würde.

Mangels anzunehmender betrieblicher Handlungen in der inländischen Wohnung der Beschwerdeführerin besteht aber nach der Rechtslage und Rechtsprechung auch keine Grundlage dafür, von einer inländischen Betriebsstätte auszugehen.

Da somit die aus ihrer Vermittlungstätigkeit erzielten Einkünfte der Beschwerdeführerin in Österreich in den Streitjahren 2007 bis 2010 keiner beschränkten Steuerpflicht unterlagen, waren die angefochtenen Einkommensteuerbescheide dieser Jahre ersatzlos aufzuheben.

-) Bezüglich Umsatzsteuer 2007

Gemäß § 17 AVOG 2010 obliegt dem Finanzamt Graz Stadt für das gesamte Bundesgebiet die Erhebung der Umsatzsteuer von Unternehmern, die ihr Unternehmen vom Ausland aus betreiben und im Inland weder eine Betriebsstätte haben noch Umsätze aus der Nutzung eines im Inland gelegenen Grundbesitzes erzielen.

Mangels Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte war die belangte Behörde zur Erlassung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides 2007 vom sachlich nicht zuständig, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit aufzuheben war (vgl zB ; ; ).

-) Bezüglich Umsatzsteuer 2008 bis 2010

Bei der Rechtskraft wird in der Literatur (zB Ritz, BAO7, § 92 Tz 5, mwN) zwischen formeller und materieller Rechtskraft unterschieden. Ein Bescheid ist formell rechtskräftig, wenn er durch ordentliche Rechtsmittel (Beschwerde) nicht oder nicht mehr anfechtbar ist (zB ; ; , 0275). Unter Rechtskraft im materiellen Sinn ist die Unwiderrufbarkeit und die Unwiederholbarkeit des Bescheides zu verstehen (zB ). Die materielle Rechtskraft eines Bescheides liegt vor, wenn dieser (auch) von Amts wegen nicht mehr aufgehoben oder abgeändert werden kann, sofern nicht eine der ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen (zB §§ 293, 293b, 295, 295a, 299, 303 BAO) in Betracht kommt (vgl ; , 0275 ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes derogiert ein später - ohne entsprechenden Rechtskraftdurchbrechungstitel -  ergangener Bescheid einem früher in dieser Sache ergangenen Bescheid (zB ; , 0079; ). Bis zur Aufhebung des wegen entschiedener Sache rechtswidrigen Bescheides verdrängt er den früheren Bescheid; der verdrängte Bescheid lebt bei Aufhebung des späteren Bescheides wieder auf (zB ; ).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die von der belangten Behörde am erlassenen Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2008 bis 2010, den vom Finanzamt Graz Stadt materiell und formell rechtskräftigen Umsatzsteuerbescheiden zunächst derogiert haben. Da die hier angefochtenen Umsatzsteuerbescheide der belangten Behörde der Jahre 2008 bis 2010 jedoch selbst nicht formell rechtkräftig wurden, sondern mit der verfahrensgegenständlichen Beschwerde angefochten worden sind, wurde deren Rechtmäßigkeit Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Aufgrund der dargestellten Rechtslage waren jedoch die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide der belangten Behörde betreffend die Jahre 2008 bis 2010 wegen entschiedener Sache aufzuheben. Durch diese Aufhebung leben die zunächst verdrängten Umsatzsteuerbescheide des Finanzamt Graz Stadt vom (betreffend 2008), vom (betreffend 2009) und vom (betreffend 2010) wieder auf.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 BVG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im vorliegenden Fall entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (Nichtvorliegen von inländischen betrieblichen Tätigkeiten bzw Vorliegen von rechtskräftigen, nicht aufgehobenen früheren Umsatzsteuerbescheiden) war, liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht vor (vgl ).

Es war daher gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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