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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.05.2019, RV/5100399/2016

gemeiner Wert einer vermieteten Vorsorgewohnung

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/16/0147. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Name in der Beschwerdesache Bf., Adr., vertreten durch Mag. Andreas Krautschneider, Trautsongasse 6, 1080 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr., StNr., betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Schenkungsvertrag vom

Im Jahr 2015 hat die GGOG, =OG, aus der Liegenschaft XY, Straße 5, die Eigentumswohnung top 12, x Anteile, dem GN1 und die Eigentumswohnung top 13, y Anteile, dem Bf. geschenkt. Die Geschenknehmer waren Gesellschafter und Hälfteeigentümer der OG. Da die schenkungsgegenständlichen Eigentumswohnungen nicht gleich waren, hat GN1 an Bf. überdies 10.000 € bezahlt. Anschließend wurde die OG gelöscht. Der Vertragserrichter Rechtsanwalt Mag. Andreas Krautschneider, =RA, hat die Grunderwerbsteuer (GrESt) für die Erwerbsvorgänge selbst berechnet.

Antrag nach § 201 BAO vom

Zu obigem Schenkungsvertrag, ErfNr., hat RA beim Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuem und Glücksspiel (GVG) einen Festsetzungsantrag gemäß § 201 BAO eingebracht: RA sei irrtümlich von einem Familienverhältnis ausgegangen, weshalb er die GrESt vom dreifachen Einheitswert, =EW, berechnet habe. Tatsächlich seien jedoch die Gesellschafter der aufgelösten OG mit dieser nicht verwandt, sodass vom Verkehrswert, =VW, hätte ausgegangen werden müssen.
Hier gegenständlich ist ausschließlich die Schenkung von top 13 an Bf..
Gemäß einem Kaufvertrag im selben Haus (top 9 - KP 70.000 €) hätte der VW der
schenkungsgegenständlichen Eigentumswohnung indexaufgewertet [Verbraucherpreisindex 2000] 59.472,28 € betragen. Demgegenüber seien nur 31.501,71 € an anteiligem EW der Besteuerung unterzogen worden.

Das GVG hat bei RA die Wohnungsgröße für top 13 mit 53,80 m² eruiert und festgestellt, dass sich lt. Immobilienpreisspiegel ein wesentlich höherer VW von gerundet 90.600 € ergäbe, was das GVG am Bf. mit dem Ersuchen um Ergänzung vorgehalten hat.

Stellungnahme vom

Daraufhin hat RA Folgendes eingewendet:
Es steht außer Streit, dass die Bemessungsgrundlage der gemeine Wert ist. Dieser ist jedoch nach der Rechtsmeinung der Einschreiter nicht dem Immobilienpreisspiegel für gebrauchte Eigentumswohnungen zu entnehmen. Dieser bezieht sich auf Wohnungen, die gekauft werden, und bei denen zusätzlich zum Eigentumsrecht auch das Nutzungsrecht an der Wohnung übertragen wird, das heißt, auf Wohnungen, die leer sind. lm vorliegenden Fall wurden die Eigentumswohnungen aber von den Gesellschaftern der seinerzeitigen OG aufgrund eines Mietvertrages und einer Nutzungsvereinbarung auch bereits benützt und es wurde nur das nackte Eigentum übertragen (die Aufgabe von Gesellschaftsrechten durchgeführt). Diese (mündliche) Vereinbarung wurde bereits anlässlich der Abtretung eines Zimmers der Wohnung top 12 getroffen, welches der Wohnung top 13 zugegeben wurde, weshalb vor dem gegenständlichen Schenkungsvertrag eine Neuparifizierung des Hauses erforderlich wurde, die auch durchgeführt wurde. Leider hat diese Neuparifizierung eineinhalb Jahre gedauert (unter anderem weil ein anderer Miteigentümer seinen Vertrag nicht verbüchert hatte). Das heißt, die Wohnungen waren nicht leer, sondern wurden von den Gesellschaftern bereits vor der Scheidung benützt. Bezüglich des gemeinen Wertes der Schenkungsobjekte kann daher nur von vermieteten Wohnungen (sogenannten Vorsorgewohnungen) ausgegangen werden, da die Nutzungsrechte den Gesellschaftern bereits vorher zukamen, und auch von einem Dritten zu übernehmen gewesen wären. Das heißt, die Wohnungen wären nie frei bzw. unbenützt gewesen, wie dies der lmmobilienspiegel vor Augen hat. Unter Berücksichtigung dieser Umstände wird zusammenfassend sohin die Meinung vertreten, dass der Wert der (benützten) Wohnungen zutreffend ist, nicht gemäß dem lmmobilienpreisspiegel zu eruieren.

Zum Beweis legt RA Vergleichsobjekte und -preise für (benützte) Vorsorgewohnungen in Wien vor.

Daraufhin hat das GVG betreffend das benachbarte Objekt, Straße 7, Kaufverträge über top 1 aus dem Jahr 2008 und top 5 aus dem Jahr 2011 mit Kaufpreisen von 94.731,02 € bzw. 118.000 € ausgeforscht und fordert RA auf, die behaupteten Mietverhältnisse nachzuweisen. Am legt RA einen Mietvertrag betreffend top 12 vor.

GrESt-Festsetzungsbescheid vom

Schließlich hat das GVG betreffend den Schenkungsvertrag vom , top 13, die GrESt gemäß § 201 BAO vom Wert des Grundstückes in Höhe von 90.600 € mit 3.171 € festgesetzt. Zur Begründung führt das GVG aus, für die Schätzung des gemeinen Wertes von top 13 stelle der Immobilienpreisspiegel eine geeignete Methode dar. Wiener Verhältnisse seien für Käufe in Stadt nicht maßgeblich. Nutzungsrechte hätten keine Auswirkung auf den gemeinen Wert.

Beschwerde vom

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde des Bf., nunmehriger Beschwerdeführer, =Bf., mit folgender Begründung:

Der zu Grunde liegende Schenkungsvertrag wurde nur mit dem dreifachen EW vergebührt, da dies zum Zeitpunkt der Auftragserteilung an RA die Rechtslage war; aber durch eine erforderlich gewordene Nachparifizierung des Hauses vor Übergabe der Eigentumswohnungen an die Gesellschafter hat sich die Rechtslage insofern geändert, als zu diesem Zeitpunkt bereits der gemeine Wert Bemessungsgrundlage der GrESt war. Deswegen wurde der Antrag auf Festsetzung der GrESt gestellt, und ist ihm ein Kaufvertrag im selben Hause, indexaufgewertet, zu Grunde gelegt. ... Es ist nicht einzusehen, weshalb ein Gesellschafter einer vermögensverwaltenden OG nur deshalb höhere Werte vergebühren sollte, weil er "Gesellschaftsrechte aufgegeben" hat und danach selbst Eigentümer eines Objekts wurde. Würde er sich im Nebenhaus ein vermietetes Objekt kaufen, würde er diese Preise, die der Wertermittlung eines Immobilienpreisspiegels zu Grunde liegen, nie bezahlen. Es kann daher für eine vermietete Wohnung, die von einer OG übernommen wird, nichts Anderes gelten. Dies ist nicht nur in Wien so, sondern überall. Die Aussage des angefochtenen Bescheides, Nutzungsrechte seien bei Ermittlung des gemeinen Wertes ... generell - nicht zu berücksichtigen, ist rechtsirrig. Miet- oder Nutzungsrechte Dritter sind sehr wohl bei der Wertermittlung zu berücksichtigen. Die Gesellschafter einer OG sind zu dieser fremd und Dritte. Sie haben nur jenen Wert eines Gutes zu versteuern, der dem Preis entspricht, den die Sache im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei Veräußerung erzielen würde (§ 10 Bewertungsgesetz, =BewG). Dieser ist bei vermieteten Wohnungen evidentermaßen geringer als bei unvermieteten, die einem Immobilienpreisspiegel zu Grunde liegen.

Angeschlossen hat der Bf. den Mietvertrag vom , mit dem er als Mieter von der OG als Vermieterin top 13 zu Büro- bzw. Geschäftszwecken für die Dauer von 3 Jahren ( bis ) gemietet hat. 

Beschwerdevorentscheidung vom

Das GVG hat die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, weil ... der gemeine Wert im gewöhnlichen Geschäftsverkehr durch den Preis bestimmt wird, der nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Ein Wohnrecht ist zB eine Verfügungsbeschränkung, die für die Ermittlung des gemeinen Wertes keine Belastung darstellt. Auch die Belastung von Grundbesitz durch eine Hypothek gehört zu den persönlichen Verhältnissen und ist somit bei der Ermittlung des gemeinen Wertes nicht zu berücksichtigen.
Beim Vergleichswertverfahren wird der gemeine Wert durch Vergleich mit tatsächlich
erzielten Kaufpreisen vergleichbarer Sachen ermittelt und ist bei der Bewertung von
Eigentumswohnungen in der Regel dem Sachwert- bzw. Ertragswertverfahren vorzuziehen. Bei Eigentumswohnungen sind häufig geeignete Vergleichspreise erhebbar. Der Immobilienpreisspiegel bietet eine Übersicht über die Preisentwicklung am österreichischen Immobilienmarkt. Der im gegenständlichen Fall zur Ermittlung des gemeinen Wertes vorgelegte Kaufvertrag hinsichtlich eines Verkaufes im gleichen Wohnblock ist aus 2005. Sonstige Verkäufe sind nicht vorhanden. Daher wurde vom Finanzamt zur Berechnung des gemeinen Wertes der Immobilienpreisspiegel herangezogen. In der Beschwerde wird eingewendet, dass der Immobilienpreisspiegel für den Ankauf von leeren Wohnungen wertbestimmend ist und für vermietete Eigentumswohnungen (so genannte Vorsorgewohnungen) ein Preis zu erzielen wäre, der weniger als die Hälfte des
Immobilienpreisspiegels ist und dass Miet- oder Nutzungsrechte Dritter bei der
Wertermittlung zu berücksichtigen sind. Laut dem der Beschwerde beigelegten Mietvertrag wurde die gegenständliche Wohnung Top 13 nur zu Geschäftszwecken des Mieters auf die Dauer von 3 Jahren, von bis , vermietet. Das Mietverhältnis endet laut Vertrag ohne dass es einer gesonderten Aukündigung bedarf. Es wurde kein weiterer schriftlicher Mietvertrag abgeschlossen. Somit gehen die Beschwerdeausführungen hinsichtlich des Erwerbes einer vermieteten Eigentumswohnung ins Leere. Da in zeitlicher Nähe zum Bewertungsstichtag keine ausreichende Anzahl von Vergleichsfällen für einen direkten Vergleich zur Verfügung stand, war die Heranziehung des Immobilienpreisspiegels geeignet den gemeinen Wert zu ermitteln.

Vorlageantrag vom

Der Begründung des GVG in der Berufungsvorentscheidung hält der Bf. entgegen, ein Mietvertrag könne als Konsensualvertrag auch mündlich abgeschlossen werden und sehe das MRG für Fälle einer fehlenden vertraglichen Verlängerung gesetzliche Verlängerungsfristen vor. 

Am hat das GVG die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

BFG-Verfahren

Durch Internetrecherche hat das BFG zunächst ermittelt:
Lt. STATISTIK AUSTRIA betragen die Durchschnittspreise für Eigentumswohnungen - der Wohnflächenkategorie weniger als 60 m², ohne Außenflächen - in Bundesland, Bezirk Stadt, 2.260 €/m² (Durchschnittspreise wurden auf Basis von Transaktionsdaten von 2011-2015 berechnet).
Wendet man den Durchschnittspreis lt. STATISTIK AUSTRIA auf top 13 an, so ergibt sich ein gemeiner Wert von 120.000 €.
Der Wohnimmobilienpreisindex der OeNB für gebrauchte Eigentumswohnungen in (ganz) Österreich ohne Wien beträgt
2005 - 107,4
2011 - 130,0
2015 - 164,8
2016 - 181,0.
Aus dem Grundbuch hat das BFG früher verkaufte, benachbarte Eigentumswohnungen in der Straße, Stadt, eruiert, durch eine Verhältnisrechnung angepasst und mit dem obigen Index aufgewertet, was die folgenden Vergleichspreise für top 13 ergeben hat.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
Verkauf
 
W 13
Nr. 5 - top 9 
2005
 
76.000
Nr. 7
2011
 
85.000
Nr. 15
2016
 
89.000

Diese Ermittlungsergebnisse wurden dem Bf. mit Beschluss vom vorgehalten.

Daraufhin weist der Bf. in seiner Stellungnahme vom neuerlich darauf hin, dass sich die Durchschnittspreise der Statistik Austria auf leere Eigentumswohnungen, nicht jedoch auf vermietete (Vorsorge)wohnungen beziehen. Die konkreten Berechnungen und Vergleichswerte des BFG lässt der Bf. unkommentiert.

Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt ist aufgrund des Akteninhaltes und des ergänzenden Beweisverfahrens erwiesen.

Rechtslage

Im Beschwerdefall sind die Bestimmungen des GrEStG 1987 idF des Bundesgesetzes BGBl. I 2014/36 (in Geltung von bis ) anzuwenden.

Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen der GrESt Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte (zB Schenkungsverträge), die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sich diese auf inländische Grundstücke beziehen.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung (§ 5) zu berechnen (Besteuerungsgrundsatz).

Abgesehen von Abs. 1 Z 1 (begünstigter Familienverband) und Z 2 (Land- und Forstwirtschaft) ist die Steuer nach § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrESt G 1987 vom gemeinen Wert des Grundstückes zu berechnen, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der gemeine Wert des Grundstückes.

Gemäß § 1 Abs. 1 BewG 1955 gelten für die bundesrechtlich geregelten Abgaben die Bestimmungen des ersten Teiles (§§ 2 bis 17) des BewG 1955, soweit sich aus den abgabenrechtlichen Vorschriften nicht etwas anderes ergibt.

§ 10 BewG lautet:

(1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrundezulegen.

(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

(3) Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen.

Erwägungen

Strittig ist im gegenständlichen Fall allein der der Steuerbemessung zugrunde zu legende gemeine Wert der geschenkten Eigentumswohnung top 13.

Gemäß § 10 Abs. 2 Bewertungsgesetz wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mithilfe der Preisschätzung zu ermitteln ist (). Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei, es ist aber jene Methode zu wählen, durch die die Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe den tatsächlichen Gegebenheiten eruiert werden können. Bei der Schätzung ist überdies erforderlich, dass das Ergebnis der durchgeführten Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens in Einklang steht.

Der gemeine Wert kann durch verschiedene Beweismittel, zB Kaufpreis bei nicht lange zurückliegendem Ankauf, Kaufpreis von vergleichbaren Liegenschaften oder durch Heranziehung eines Immobilienpreisspiegelsglaubhaft gemacht oder mit einem Schätzungsgutachten nachgewiesen werden (vgl. Fellner Band II, GrEStG, Rz. 21 zu § 4 GrEStG).

Nach Ansicht des BMfF ist ein (früherer) Kaufpreis nur dann glaubhaft, wenn der vorangegangene Kaufvorgang nicht mehr als ein Jahr zurückliegt und unter Fremden erfolgte. Bei länger zurückliegenden Ankäufen können die früheren Kaufpreise dann herangezogen werden, wenn es seither nachweislich (etwa anhand von Immobilienpreisspiegeln ) zu keiner Veränderung bei der Wertentwicklung gekommen ist. Andernfalls bestehen keine Bedenken, den früheren Kaufpreis anhand der seither erfolgten Preisentwicklung im jeweiligen Immobiliensegment (unbebaute Grundstücke, Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser usw.) hochzurechnen.
Info des BMF-010206/0101-VI/5/2014: Vorgangsweise bei verschiedenen Sachverhalten im Zusammenhang mit der Neufassung des Grunderwerbsteuergesetzes durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2014

  • Kaufpreis von vergleichbaren Liegenschaften

Der Bf. berechnet den gemeinen Wert seiner Eigentumswohnung top 13 anhand eines einzigen, 10 Jahre zurückliegenden Verkaufes einer anderen Wohnung im selben Haus und wendet dabei den allgemeinen Verbraucherpreisindex 2000 (rd. 20 % +) an. Diese Berechnung ist jedenfalls ungeeignet, einerseits wegen des zu großen zeitlichen Abstandes zwischen ehemaligem Verkaufsfall und aktueller Schenkung und andererseits weil h insichtlich einer Immobilie im Zentrum der Stadt während eines Zeitraumes der letzten 10 Jahre im Vergleich zu den allgemeinen Preissteigerungen lt. VPI eine wesentlich gravierendere Wertsteigerung angenommen werden muss, wie die Erfahrung in diesem Sektor lehrt.

Allerdings kann nach Ansicht des BFG der relativ zeitnahe Verkauf im Jahr 2016 von z wei Eigentumswohnungen in der Straße 15 mit insgesamt 120 m² sehr wohl zum Vergleich herangezogen werden. Für die Preisanpassung hat das BFG bei obigen Berechnungen den Wohnimmobilienpreisindex der OeNB für gebrauchte Eigentumswohnungen in (ganz) Österreich ohne Wien (rd. 50 % +) herangezogen, welcher zweifelsfrei aussagekräftiger als der VPI und daher vorzuziehen ist. Daraus errechnet sich ein gemeiner Wert für top 13 von 89.000 €.

  • Heranziehung eines Immobilienpreisspiegels

Lt. STATISTIK AUSTRIA betragen die Durchschnittspreise für Eigentumswohnungen der Wohnflächenkategorie weniger als 60 m², ohne Außenflächen in Bundesland, Bezirk Stadt, 2.260 €/m² (Durchschnittspreise wurden auf Basis von Transaktionsdaten von 2011-2015 berechnet). Dies ergibt einen wesentlich höheren gemeinen Wert für top 13 von 120.000 €.

Das GVG kommt unter Anwendung des Immobilienpreisspiegels der Stadt  Stadt für gebrauchte Eigentumswohnungen mit einem mittleren Wohnwert auf einen dazwischen liegenden gemeinen Wert für top 13 von 90.600 €.

Zu diesen drei Werten gilt es zu bedenken, dass der  - im Verhältnis zum gemeinen Wert lt. Bescheid - geringfügig niedrigere Preis der Vergleichswohnung unter anderem wohl auch in Anbetracht der Bausubstanz der Vergleichswohnungen (Altbau aus dem Jahr 1889, + WC-Raum im Halbstock) erklärlich ist.

Was die vorliegenden Indices und Statistikwerte anbelangt, erhellt, dass die Immobilienpreise im Bezirk Stadt (Statistik Austria) und auch in der Landeshauptstadt Stadt (Immobilienpreisspiegel) stärker gestiegen sind als im Durchschnitt in ganz Österreich.

Einer Schätzung des gemeinen Wertes haftet stets ein gewisses Maß an Ungenauigkeit an. Nach Ansicht des BFG wird aber dem örtlichen Moment durch den vom GVG herangezogenen Immobilienpreisspiegels der Stadt Stadt für gebrauchte Eigentumswohnungen am meisten Rechnung getragen, sodass angenommen werden kann, dass er den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe kommt. Es  ergibt sich daraus auch ein eher im unteren Bereich der Bandbreite angesiedelter Wert, gegen den für das BFG somit keine weiteren Bedenken bestehen. Im übrigen hat der Bf. keine Einwände gegen die ermittelten Vergleichspreise erhoben.

Zu dem (einzigen verbleibenden) Beschwerdevorbringen, dass vermietete Wohnungen einen wesentlich geringeren Preis am Markt erzielen, ist entgegen zu halten:

Der Bf. geht bei seiner Argumentation vom Verkehrswert, welcher im gewöhnlichen Geschäftsverkehr üblich ist, aus. Dieser stellt zwar, ähnlich dem gemeinen Wert einen allgemeingültigen Durchschnittspreis dar, infolge der im BewG angeordneten Außerachtlassung persönlicher und ungewöhnlicher Verhältnisse, kann der gemeine Wert jedoch vom Verkehrswert abweichen.  

Gemäß § 10 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt wird, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Unter Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes sind ausschließlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu verstehen, die dem zu bewertenden Wirtschaftsgut arteigen sind. Beispiele hiefür sind bei einer Immobilie: Lage, Größe, Gestaltung, Alter, Bauzustand, die zulässige Nutzung ... nicht zu berücksichtigen ist jedoch die tatsächliche Vermietung, welche nicht den Substanzwert einer Wohnung mindert, sondern lediglich deren Verwertbarkeit. Denn nach § 10 Abs. 2 BewG sind beim gemeinen Wert ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse nicht zu berücksichtigen. Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen.

Ungewöhnliche oder subjektive Verhältnisse liegen unter anderem dann vor, wenn zB ein Liegenschaftseigentümer sich vertraglich gegenüber einem Vorkaufsberechtigten bindet, seine Liegenschaft hypothekarisch belastet, oder wenn sie von einem letztwillig eingeräumten Wohnrecht betroffen ist ( mit weiteren Hinweisen). Rechtsgeschäftlich begründete Verfügungsbeschränkungen zählen ebenfalls zu den persönlichen Verhältnissen iSd. § 10 Abs. 3 BewG 1955 (vgl. ).

Gemäß § 10 Abs. 3 BewG sind Verfügungsbeschränkungen, die in der Person des Steuerpflichtigen begründet sind, als bei der Bewertung nicht zu berücksichtigende persönliche Verhältnisse anzusehen. Dies gilt auch für Verfügungsbeschränkungen, die von den betroffenen Personen selbst beschlossen sind (Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, GrESt, § 5 Rz 27 mit dort angeführter VwGH Judikatur). Durch die Verwendung des Wortes "insbesondere" in der Bestimmung des § 10 Abs. 3 BewG ergibt sich, dass nicht nur Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen, als "persönliche Verhältnisse " anzusehen sind (so auch ).

Zu den Verfügungsbeschränkungen gehören somit zB auch vom Erblasser eingeräumte Wohnrechte. Solche Rechte können den Verkehrswert der belasteten Liegenschaft sehr mindern, für den gemeinen Wert sind sie jedoch unbeachtlich. Wenn schon derart gravierende Beschränkungen unbeachtlich sind, umsomehr muss eine gegebene Vermietung außer Acht gelassen werden. Nicht zuletzt  kann eine Vermietung an den Erwerber selbst, auf welches Recht er jederzeit verzichten kann, nicht zu einer Wertminderung führen. Es steht dem Erwerber frei, die Wohnung zu räumen und sodann einen höheren Preis zu erzielen.

Das GVG hat daher seiner GrESt Bemessung einen zutreffenden gemeinen Wert des Vertragsgegenstandes zugrunde gelegt.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen Judikatur des VwGH erfolgt, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100399.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at