Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.05.2019, RV/5101464/2018

Auswärtige Berufsausbildung - Unterhaltsanspruch bei langer Studiendauer?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde vom (St.Nr.: xxx), betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Einkommensteuerbescheid 2016 vom wurde die Einkommensteuer mit Ausnahme der Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages antragsgemäß festgesetzt.

Mit Eingabe vom wurde Beschwerde gegen oben genannten Einkommensteuerbescheid eingereicht.
Begründen wurde ausgeführt, dass der Sohn A noch studieren würde. Dieser Antrag sei in der Erklärung übersehen worden.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, nachstehende Fragen zu beantworten und entsprechende Unterlagen vorzulegen:
 - Studienerfolgsnachweis für Ihren Sohn A
 - Wie lange betreibt Ihr Sohn das derzeitige Studium bereits?
- Wann ist mit einem erfolgreichen Abschluss des Studiums zu rechnen?
- Wird die außergewöhnliche Belastung für das gesamte Jahr 2016 beantragt (12 Monate)?

Im Antwortschreiben vom wurde diesbezüglich angeführt, dass das Studienende des Sohnes der November/2015 sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da entsprechend der Vorhaltsbeantwortung der Sohn A sein Studium mit November 2015 beendet hätte.

Mit Eingabe vom wurde ein Vorlageantrag eingereicht.
In der Beschwerde vom sei eine Namensverwechslung passiert. Es sei nicht A, sondern der Sohn C gemeint. Geburtsdatum und Studienort Graz seien richtig, C betreffend, eingegeben worden. Nur der Name sei im Antrag und in der Begründung verwechselt worden.

In einem weiteren Ergänzungsersuchen vom wurde der Beschwerdeführer ersucht, nachstehende Fragen zu beantworten und entsprechende Unterlagen vorzulegen:
 - Studienerfolgsnachweis für Ihren Sohn C
 - Wie lange betreibt Ihr Sohn das derzeitige Studium bereits?
 - Wann ist mit einem erfolgreichen Abschluss des Studiums zu rechnen?
 - Wird die außergewöhnliche Belastung für das gesamte Jahr 2016 beantragt (12 Monate)?

Im Antwortschreiben vom wurde diesbezüglich eine Bestätigung über den Studienerfolg des Sohnes C (Rechtswissenschaften und Bachelorstudium; Musikologie als ordentlicher Studierender) übermittelt.
 < Studium Rechtswissenschaften: Prüfungen über 4,5 ECTS Punkte (November 2008 bis Februar 2009).
 < Studium Musikologie: Prüfungen über 46 ECTS Punkte (im Zeitraum Jänner/2011 bis Juli/2015).
Das Studium sei im SS 2010 begonnen worden und würde voraussichtlich bis SS 2019 dauern.

Mit Vorlagebericht vom wurde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Nach einer umfassenden Sachverhaltsdarstellung und Stellungnahme wurde darin beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Vor allem auch deswegen, da die vorgeschriebene Mindeststudiendauer von 6 Semestern um mehr als das Doppelte bereits überschritten worden sei.

Anmerkung Richter: Der Darstellung im Vorlagebericht wurde seitens des Beschwerdeführers nicht widersprochen.

ENTSCHEIDUNG

A) Dem Erkenntnis wurde folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Unstrittig ist, dass der Studienort (Graz) sich nicht im Einzugsbereich des Wohnortes des Beschwerdeführers befindet.

Strittig ist, ob für den Sohn C noch eine Unterhaltsverpflichtung besteht, bzw. ob tatsächlich eine Berufsausbildung anzunehmen ist.

Für den Sohn C begehrt der Beschwerdeführer den Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung gemäß § 34 Abs. 8 EStG.
Betreffend der zwei Studien wurden folgende absolvierte Prüfungen nachgewiesen:
 < Rechtswissenschaften: drei Lehrveranstaltungen in den Jahren 2008-2009 mit insgesamt 4,50 ECTS Punkten.
 < Musikologie: dieses Studium wurde im SS 2010 begonnen und sollte im SS 2019 abgeschlossen werden.
Die vorgesehene Studiendauer dieser Studienrichtung beträgt 6 Semester. In den Jahren 2011, 2014 und 2015 wurden betreffend dieses Studiums Lehrveranstaltungen im Gesamtausmaß von 46 ECTS Punkten belegt. Die letzte Prüfung wurde am abgelegt.

B) Beweiswürdigung:

Oben genannte Sachverhalte sind aus den vorgelegten Studienerfolgsnachweisen und den Beantwortungen der jeweiligen Ergänzungsersuchen ersichtlich.
Die Studiendauer beträgt lt. Info der Kunstuni Graz 6 Semester (Bachelor) bzw. 4 Semester (Master) [aus: www.kug.ac.at].

C) Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens … außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Diese Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein.
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen.
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Auskunftsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Wie aus den Darstellungen der belangten Behörde im Vorlagebericht unmissverständliche dargelegt wurde, ist eine außergewöhnliche Belastung im Zusammenhang mit der auswärtigen Berufsausbildung nicht nur von der Entfernung abhängig, sondern auch von den Bestimmungen des Abs. 1 leg.cit. (vor allem auch zwangsläufig erwachsen).
Wesentlich ist aber auch, ob tatsächlich von einer Berufsausbildung ausgegangen werden kann.

Die Gewährung des Pauschbetrages ist nicht auf Kinder iSd § 106 EStG 1988 bzw. auf Zeiten des Bezugs der Familienbeihilfe eingeschränkt, sofern ein Unterhaltsanspruch besteht (vgl. Jakom/Baldauf, EStG. § 34, Rz 76).
Eine diesbezügliche Überprüfung wurde demnach seitens des Gerichtes unterlassen.

Es ist Ziel einer Berufsausbildung, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis einer ernstlichen Bemühung um diese Qualifikation. Das Ablegen vorgesehener Prüfungen ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reicht für sich allein noch nicht, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Hinzu muss vielmehr das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg treten, das sich im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen bzw. Vorprüfungen zu manifestieren hat (vgl. ). Voraussetzung für die Berücksichtigung des Pauschbetrages ist sohin, dass die Absicht besteht, durch ernsthaftes und zielstrebiges Bemühen das Ausbildungsziel zu erreichen und die vorgeschriebenen Prüfungen abzulegen. Sofern mit einem erfolgreichen Abschluss innerhalb der doppelten durch Gesetz oder Verordnung festgelegten Studiendauer gerechnet werden kann, bestehen gegen die Gewährung des Freibetrages keine Bedenken (vgl. auch ).

Studium Rechtswissenschaften:
Augenscheinlich kann bei dem Studium der Rechtswissenschaften darauf geschlossen werden, dass dieses Studium  nach dem Besuch von drei Lehrveranstaltungen nicht mehr fortgesetzt wurde und dies auch nicht mehr zu erwarten ist.
Dieser Darstellung im Vorlagebericht wurde seitens des Beschwerdeführers nicht widersprochen.

Studium Musikologie:
Bei dem Bachelorstudium der Musikologie beträgt die vorgeschriebene Studiendauer 6 Semester, sohin 3 Jahre.
Davon ausgehend, dass dieses im SS 2010 begonnen wurde (lt. Vorhaltsbeantwortung vom ), wurde die doppelte festgelegte Studiendauer bereits überschritten (12. Semester war das WS 2015/16). Aus dem vorgelegten Studienerfolgsnachweis geht zudem hervor, dass seit 2015 keine Lehrveranstaltungen mehr abgeschlossen wurden und sohin von einer Absicht, durch ernsthaftes und zielstrebiges Bemühen das Ausbildungsziel (Studienabschluss) zu erreichen, offensichtlich nicht gesprochen werden kann. Es ist nach Ansicht der Abgabenbehörde eher davon auszugehen, dass auch dieses Studium nicht mehr aktiv weiter betrieben wird.

Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis einer ernstlichen Bemühung um diese Qualifikation. Dieses Bemühen um den Ausbildungserfolg muss, wie bereits erwähnt, zielstrebig erfolgen und auch nach außen erkennbar sein.

Der Sohn des Beschwerdeführers konnte allerdings seit 2015 keinen Nachweis mehr erbringen, dass er Lehrveranstaltungen erfolgreich abgeschlossen hat.
Ein nach außen erkennbares, zielstrebiges Bemühen kann bei dieser Sachverhaltskonstellation nicht erkannt werden (vgl. ).

Demnach war spruchgemäß zu entscheiden.
 

D) Revision:

Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegenständliche Beurteilung lässt kein Abweichen von der oben genannten ständigen Rechtsprechung erkennen und folgt klar den gesetzlichen Bestimmungen. Eine ordentliche Revisionsmöglichkeit war demnach nicht zu gewähren.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101464.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at