Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.07.2019, RV/5100729/2015

Familienheimfahrten eines Heeresbediensteten nicht abzugsfähig bei Zusammenhang mit steuerfreier Auslandseinsatzzulage

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf, Adresse1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Z. vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Bf. erklärte in der am   elektronisch eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 Werbungkosten in Form von Familienheimfahrten iHv. EUR 3.250,80.
In Beantwortung eines Ergänzungsersuchens der belangten Behörde, übermittelte der Bf. eine Bestätigung des Arbeitgebers über die Familienheimfahrten 2013. Der Bf. habe demnach fünf Mal die Strecke von Tuzla/Bosnien-Herzegowina zu seinem Wohnort und retour mit dem Kfz  zurückgelegt. Bei Anwendung eines Kilometergeldes von EUR 0,42 pro gefahrenen Kilometer (10 Mal 774 km) ergäbe sich ein Betrag von EUR 3.250,80.

Mit Einkommensteuerbescheid 2013 vom verwehrte die belangte Behörde den Abzug der Aufwendungen für Familienheimfahrten als Werbungskosten mit folgender Begründung:
„Familienheimfahrten, die durch eine Auslandstätigkeit entstanden, für die steuerfreie Bezüge und Kostenersätze gewährt wurden, sind nur zu berücksichtigen, wenn die mit der Auslandstätigkeit verbundenen abzugsfähigen Aufwendungen höher sind als die erhaltenen steuerfreien Bezüge (in Ihrem Fall € 34.526,57).“

Mit Schreiben vom erhob der Bf. Beschwerde gegen diesen Bescheid und führte begründend im Wesentlichen aus:
Artikel 10 B-VG regelt, dass der Bund für die Gesetzgebung und Vollziehung in Finanzangelegenheiten die Verantwortung trägt. Daraus lasse sich ableiten, dass im gesamten Bundesgebiet alle Finanzbehörden nach den gleichen gesetzlichen Grundlagen Bescheide erlassen. Erstaunlich sei, dass dasselbe Finanzamt bei einem Berufskollegen des Bf. in einem gleichgelagerten Fall die Familienheimfahrten anerkannt hätte.
Weiter werde beeinsprucht, dass im Bescheid keine gesetzliche Grundlage für die Ablehnung der Familienheimfahrten angeführt sei.
Als Berufssoldat sei er mit den normalen Bezügen in Österreich steuerpflichtig, deshalb müsste zumindest die auf das Bundesgebiet entfallende Wegstrecke der Familienheimfahrt mit dem Kilometergeld als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend wurde ausgeführt:
„Die durch eine Auslandstätigkeit entstandenen (dem Grunde nach) abzugsfähigen Aufwendungen für Familienheimfahrten (§ 16 Abs 1 EStG 1988) eines Beamten während einer Auslandsdienstverwendung sind bei Ermittlung der Werbungskosten den steuerfreien Kostenersätzen (§ 3 Abs 1 Z 22 lit b EStG 1988), die für den Auslandseinsatz gewährt wurden, gegenzurechnen.
Sofern die für die Auslandstätigkeit erhaltenen steuerfreien Bezüge höher sind als die damit verbundenen abzugsfähigen Aufwendungen (zB Kosten für Familienheimfahrten), liegen diesbezüglich keine Werbungskosten vor.
Die beantragten Aufwendungen in Höhe von EUR € 3.250,80 übersteigen nicht die dafür erhaltenen steuerfreien Bezüge in Höhe von €EUR 34.526,57. Daher können diesbezüglich keine Werbungskosten anerkannt werden.
Es kann bekanntlich keine Gleichbehandlung im Unrecht geben. Ihr Einwand, dass bei ihrem - namentlich nicht genannten - Arbeitskollegen die gleichen Ausgaben als Werbungskosten berücksichtigt worden seien, vermag daher am Ergebnis der rechtlichen Beurteilung nichts zu ändern.“


Im Vorlageantrag vom führte der Bf. ergänzend aus, dass
1. die Beschwerdevorentscheidung unzureichend und gesetzlich nicht nachvollziehbar begründet sei;
2.  die in der Beschwerdevorentscheidung angegebenen gesetzlichen Bestimmungen, nämlich § 16 Abs 1 EStG und § 3 Abs 1 Z 22 lit b EStG, definitiv keine rechtliche Grundlage für die Ablehnung der Werbungskosten bilden würden;
3. eine wie in der Beschwerdevorentscheidung angeführte „Gegenrechnung“ von Aufwendungen (Familienheimfahrten) mit steuerfreien Bezügen nicht statthaft sei. Das Gesetz würde davon sprechen, dass Werbungskosten von der Einkunftsart abzuziehen sind;
4. er 2013 steuerpflichtiges Einkommen gehabt hätte und nur ein Teil seines Einkommens steuerbefreit gewesen sei. Die Bezüge während des Auslandseinsatzes hätten aus dem steuerpflichtigen Grundbezug zuzüglich dem steuerfreien Sockelbetrag, der Einsatzzulage und der Funktionszulage bestanden;
5. alle in der Beschwerde angeführten Punkte aufrechterhalten würden;
6. der Berufungsvorentscheidung zuzustimmen sei, dass es keine Gleichbehandlung im Unrecht geben könne, es aber fraglich sei, ob die belangte Behörde rechtmäßig gehandelt hat.
Die Gegenrechnung der Familienheimfahrten mit den steuerfreien Kostenersätzen werde bezweifelt. Es sei wider die Natur von Werbungskosten, Familienheimfahrten nur zu berücksichtigen, wenn die damit verbundenen Aufwendungen höher sind als die steuerfreien Bezüge.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde unter Verweis auf die Entscheidung des UFS RV/0808-G/07. In der Stellungnahme wurde ausgeführt:
„Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz im Rahmen der durch § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 gesetzten Grenzen Werbungskosten, wenn die  Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. 
Für Zeiträume, in denen ein Steuerpflichtiger steuerfreie Einkünfte bezieht (zB Arbeitslosengeld gemäß § 3  Abs 1 Z 5 lit a EStG  1988), sind die Aufwendungen für Familienheimfahrten nicht abzugsfähig (vgl § 20 Abs 2 EStG 1988). - LStRL Rz 356
Die durch die Auslandstätigkeit entstandenen (dem Grunde nach) abzugsfähigen Aufwendungen sind bei Ermittlung der  Werbungskosten den steuerfreien Kostenersätzen, die für den Auslandseinsatz gewährt wurden, gegenzurechnen. Sofern die für die  Auslandstätigkeit erhaltenen steuerfreien Bezüge höher sind als die damit verbundenen abzugsfähigen Aufwendungen (zB Kosten der Wohnung am Einsatzort, Familienheimfahrten), liegen diesbezüglich keine Werbungskosten vor.“

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Rechtslage

§ 12 Abs. 2 Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetzes (AZHG) lautet:
"Die Auslands­zulage unterliegt nicht der Einkommen­steuer (Lohnsteuer)."

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 24 EStG 1988 ist die Auslandszulage im Sinne des § 1 Abs 1 des Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetzes von der Einkommensteuer befreit.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Sachverhalt

Der Bf. bezog als Beamter des Bundesheeres im Zusammenhang mit einem Auslandseinsatz im Jahr 2013 steuerfreie Auslandszulagen nach dem Auslandszulagen- und  -hilfeleistungsgesetz iHv. EUR 34.526,57. Für fünf Fahrten vom Einsatzort zum österreichischen Wohnort und retour mit dem Kfz machte er EUR 3.250,80 an Werbungskosten geltend.

Rechtliche Erwägungen

Der Beschwerdeführer hat im Streitjahr aufgrund seiner beruflichen Entsendung nach Bosnien-Herzegowina eine Auslands­zulage nach § 1 Abs 1 AZHG bezogen.
Aufwendungen, die mit steuerfreien Einnahmen in einem klar abgrenzbaren, objektiven Zusammenhang stehen, sind bis zu deren Höhe nicht als Werbungs­kosten oder Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Aus der Systematik des EStG ergibt sich, dass fehlender Steuer­pflicht auf der einen Seite das Abzugsverbot auf der anderen Seite gegenüber steht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 97/14/0073 ).
In den Erkenntnissen vom , 2005/14/0127 , und vom , 2005/14/0108 , hat der Verwaltungs­gerichtshof Aufwendungen für Familienheimfahrten, die in Zusammenhang mit steuerfreien Bezügen gestanden sind, aufgrund der Regelung des § 20 Abs 2 EStG 1988 als nicht abzugsfähig beurteilt.

Voraussetzung für die Anwendung des § 20 Abs 2 EStG ist ein objektiver Zusammenhang zwischen Aufwendungen und den nicht der Einkommensteuer unterliegenden Einnahmen; auf eine allfällige subjektive Absicht der Steuerpflichtigen kommt es nicht an. Der erforderliche „unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang“  im Sinne des § 20 Abs 2 TS 1 EStG ist aber nicht nur im Sinne einer finalen Verknüpfung dahin gehend zu verstehen, dass Ausgaben getätigt werden, um dadurch nichtsteuerpflichtige Einnahmen zu erzielen, sondern es genügt ein klar abgrenzbarer, objektiver Zusammenhang zwischen beiden Größen (Doralt/Kofler, EStG 11, § 20 Tz 152).

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer wegen des Auslandsaufenthaltes in Bosnien-Herzegowina die Auslands­zulage nach § 1 AZHG erhalten. Gerade dieser berufliche Einsatz in Bosnien-Herzegowina hat auch zu den regelmäßigen Familienheimfahrten des Beschwerdeführers nach Österreich geführt (siehe und RV/2100830/2011).

Der geforderte objektive Zusammenhang zwischen den Aufwendungen für die Heimfahrten und den nicht steuer­pflichtigen Bezügen ist zweifelsfrei gegeben (vgl. auch RV/2100830/2011, RV/0333-K/02, siehe Doralt/Kofler, EStG 11, § 20 Tz 152/4).

Keine andere Beurteilung kann sich für die auf das Bundesgebiet entfallende Wegstrecke der Familienheimfahrt ergeben, da auch dafür der Auslandseinsatz kausal war. Sogar rein innerösterreichische Fahrten, etwa für die Nachbereitung des Auslandseinsatzes, sind vom Abzugsverbot umfasst, wenn die Fahrtkosten durch die Auslandszulage abgegolten werden (siehe RV/0808-G/07).

Aus diesem Grund sind die durch die Auslandstätigkeit entstandenen Aufwendungen für Familienheimfahrten bei der Ermittlung des Einkommens bis zur Höhe der steuerfreien Einnahmen nicht als Werbungskosten anzuerkennen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme und Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen die Unzulässigkeit der Revision sprechen würden, nicht vorgebracht wurden, war unter Hinweis auf die zitierte eindeutige und einheitliche Literatur und Judikatur die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 20 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Abs. 1 AZHG, Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, BGBl. I Nr. 66/1999
§ 3 Abs. 1 Z 24 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
UFS, RV/0808-G/07

UFS, RV/0333-K/02
BFG, RV/2100830/2011
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100729.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at