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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.05.2019, RV/5100348/2018

Mittelpunkt der Lebensinteressen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache BF, vertreten durch RA, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr vom zu VNR 001, mit dem ein Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe für das Kind K (VNR 002) für den Zeitraum ab September 2016 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Laut Eintragungen im Zentralen Melderegister wurde die Beschwerdeführerin am XX.10.1969 in A (einer Kreisstadt in der türkischen Provinz B) geboren und war seit mit Wohnsitz in Österreich gemeldet. Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin.

Am wurde der damalige inländische Wohnsitz der Beschwerdeführerin, ihres Ehemannes E (ebenfalls geboren in der Türkei und nunmehr österreichischer Staatsbürger) und des Kindes K (geboren in Österreich, österreichische Staatsbürgerin) abgemeldet und im Zentralen Melderegister eingetragen: „Verzogen nach Türkei“.

In einem Aktenvermerk vom hielt das Finanzamt diesen Umstand in der Beihilfendatenbank fest und stellte die Auszahlung der erhöhten Familienbeihilfe für das Kind K ein, welche aufgrund einer vor Vollendung des 18. Lebensjahres festgestellten voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit gewährt worden war.

Am meldeten sich die Beschwerdeführerin, ihre Ehemann und das Kind wieder in Österreich nunmehr an der im Spruch angeführten Adresse an.

Mit dem am unterfertigten und am beim Finanzamt eingelangten Formblatt Beih 1 beantragte die Beschwerdeführerin neuerlich die Zuerkennung der „eh. FB.“ (erhöhten Familienbeihilfe) für das Kind K ab Februar 2016.

Aufgrund eines Vorhaltes vom sprach der Kindesvater gemeinsam mit diesem Kind am beim Finanzamt vor und legte dabei seinen Reisepass sowie jenen der Beschwerdeführerin und seiner Tochter vor. Darin finden sich lediglich türkische Einreisestempel und Visavermerke. Der Kindesvater gab, einmal jährlich in die Türkei zu fliegen. Die zweite Tochter (die am XX.10.2005 geborene T) lebe in der Türkei bei der Großmutter und besuche dort die Schule. Eine größere Wohnung (in Österreich) mit einem extra Schlafraum werde „demnächst“ gesucht (lt. Erhebungen des Finanzamtes handelt es sich bei der Wohnung an der inländischen Anschrift um eine solche mit einer Größe von nur 30 bis 35 m²).

Daraufhin gewährte das Finanzamt für das verfahrensgegenständliche Kind die Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag ab Februar 2016 (laut Aktenvermerk sollte diese Beihilfengewährung aber nur vorläufig und befristet erfolgen, um sodann zu überprüfen, ob die Familie tatsächlich wieder in Österreich lebe – gemeint wohl: den Mittelpunkt der Lebensinteressen wieder in Österreich habe).

Ein diesbezüglicher Überprüfungsbogen vom blieb zunächst unbeantwortet. Darin hatte das Finanzamt um Vorlage eines neuen Mietvertrages für eine größere Wohnung ersucht. Ferner sollten Kontoauszüge der österreichischen Bank für den Zeitraum Februar bis August 2016 vorgelegt werden. Schließlich wurde die Vorlage von Belegen zum Nachweis dafür ersucht, dass die gesamte Familie im Zeitraum Februar bis August 2016 im Bundesgebiet aufhältig war.

Mit Vorhalt vom urgierte das Finanzamt die Vorlage dieser Unterlagen. Dazu wurde am der Überprüfungsbogen retourniert, ebenso der Vorhalt und auf diesem vermerkt „kein Umzug erfolgt; wg. bfr. Mietvertr“. Ferner wurde eine Bestätigung der Haushaltsgemeinschaft des Magistrates der Stadt X vom vorgelegt, derzufolge – entgegen dem Vorbringen des Kindesvaters – seit dem auch die zweite Tochter dieser Haushaltsgemeinschaft zugehörig sein soll. Schließlich wurden – offenbar in eine Excel-Tabelle übernommene – Buchungszeilen zum gemeinsamen Bankkonto der Beschwerdeführerin und des Kindesvaters für den Zeitraum bis vorgelegt. Der zu den einzelnen Buchungen ausgewiesene Gegenstand (Verwendungszweck) ist dabei nur ansatzweise lesbar. Diese Aufstellung enthält daher nicht jene Informationen, die aus einem Kontoauszug üblicherweise ersichtlich sind (der Grund für diese nur auszugsweise zur Verfügung gestellten Informationen geht aus den Feststellungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung hervor – siehe dazu unten).

Das Finanzamt forderte daher mit weiterem Vorhalt vom Kontoauszüge an, aus denen ersichtlich sei, in welchem Land (bei welcher Bankstelle) Barabhebungen getätigt wurden. Ferner sollten Rechnungen über Lebensmitteleinkäufe und sonstige Einkäufe im Inland für den Zeitraum 02/2016 bis laufend vorgelegt werden, da aus den bisher vorgelegten Unterlagen das zum größten Teil nicht ersichtlich sei. Schließlich wurde um Bekanntgabe der Kontoinhaber und Mitteilung gebeten, ob es in nächster Zukunft zum Umzug in eine größere Wohnung kommen werde.

Dazu wurde auf dem am an das Finanzamt retournierten Vorhalt angebeben, dass das Bankkonto der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann gehöre. Es gäbe keine anderen Kontoauszüge. Wegen einer Wohnung gebe es „momentan keine Aussichten“.

Daraufhin stellte das Finanzamt mit Mitteilung im Sinne des § 12 FLAG vom die Auszahlung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages ab September 2016 ein. Mit weiterem (nicht verfahrensgegenständlichem) Bescheid vom wurden die für den Zeitraum Februar 2016 bis August 2016 zu Unrecht bezogenen Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen wieder zurückgefordert.

Gegen die Einstellung der Auszahlung der erhöhten Familienbeihilfe richtet sich die Eingabe der Rechtsvertreter vom , die als Berufung gegen die als Bescheid bezeichnete Mitteilung vom tituliert wurde. In eventu wurde für den Fall, dass es sich beim Schreiben vom nicht um einen Bescheid handle, beantragt, eine entsprechend anfechtbare Entscheidung über den Wegfall des Anspruchs auf Familienbeihilfe auszustellen. In der Begründung wurde lediglich ausgeführt, dass sich die Voraussetzungen für die (weitere) Auszahlung der Familienbeihilfe nicht geändert hätten.

Das Finanzamt wertete diese Eingabe zutreffend als Antrag auf (weitere) Gewährung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe ab September 2016, wies diesen Antrag allerdings mit Bescheid vom für den Zeitraum ab September 2016 ab und begründete dies wie folgt: „Da Sie trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht eingebracht haben und dadurch Ihrer Mitwirkungspflicht nach § 115 Bundesabgabenordnung nicht nachgekommen sind, muss angenommen werden, dass im oben genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat bzw. besteht.“

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom . Darin wird lediglich vorgebracht, es treffe nicht zu, dass die Beschwerdeführerin aufgefordert worden wäre, Unterlagen beizubringen und einer entsprechenden Aufforderung nicht nachgekommen wäre. Im angefochtenen Bescheid werde weder bezeichnet, welche Unterlagen der Beschwerdeführerin abverlangt worden sein sollen, wann diese Aufforderung auf Beibringung von Unterlagen ergangen sein soll, in welcher Form diese Aufforderung ergangen sein soll und binnen welcher Frist dieser Aufforderung nicht oder nicht zureichend nachgekommen worden wäre. Der Bescheid sei daher auch mangelhaft begründet. Da die in der Begründung angeführten Tatsachen objektiv nicht richtig und nicht nachvollziehbar wären, sei auch das dem Bescheid zugrundeliegende Beweisverfahren als mangelhaft zu bezeichnen. Es werde daher beantragt, den Abweisungsbescheid ersatzlos zu beheben und die beantragte Familienbeihilfe im gegenständlichen Zeitraum zuzuerkennen.

In einem weiteren Vorhalt (Ersuchen um Ergänzung) vom wurde zur Erledigung dieser Beschwerde ersucht bis entsprechende Nachweise vorzulegen, aus denen ersichtlich sei, dass die gesamte Familie im beschwerdegegenständlichen Zeitraum im Bundesgebiet aufhältig war (zB. durch Kontoauszüge, die belegen, dass in diesem Zeitraum regelmäßig Barabhebungen bzw. Lebensmitteleinkäufe im Inland stattgefunden haben bzw. durch einen Tätigkeitsnachweis des Kindes). Im Übrigen wurde darauf hingewiesen, dass diese Unterlagen bereits im Zuge der Anspruchsüberprüfung für den Zeitraum 02-08/2016 angefordert und nicht vollständig vorgelegt worden wären.

Dazu wurden am eine neuerliche Haushaltsbestätigung des Magistrates der Stadt X sowie Bankkontoauszüge vom für den Zeitraum bis vorgelegt.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin die Verlängerung der im Vorhalt vom mit bestimmten Frist um einen Monat, da die Beischaffung der Unterlagen noch nicht abgeschlossen sei.

Das Finanzamt bewilligte mit Bescheid vom die beantragte Fristverlängerung.

Ungeachtet dessen wurde in weiterer Folge weder von der Beschwerdeführerin noch vom Rechtsvertreter ergänzendes Vorbringen erstattet; es erfolgte auch keine weitere Vorlage von Unterlagen.

Daraufhin wies das Finanzamt die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab, und führte in der eingehenden Begründung aus:

„Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemanden aus in seiner Person liegenden Gründen, insbesondere auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, an ein bestimmtes Land binden. Im Zweifel kommt jedenfalls den persönlichen Beziehungen - und dort wiederum der Gestaltung des Familienlebens - der Vorrang zu (vgl. ).

Sachverhaltsmäßig steht fest, dass die Beschwerdeführerin (Bf.), ihr Gatte und die Tochter K in XY polizeilich gemeldet sind.

Im Zeitraum zwischen und wurde laut vorgelegten Kontoauszügen des Kontos der Bf. (IBAN) weder an einem österreichischen Bankomat Geld behoben, noch die Bankomatkarte in Österreich zum Bezahlen in einem Geschäft verwendet. Am , am , am , am , am , am , am , am , am sowie am wurde die Bankomatkarte jedoch in der Türkei, und zwar im Geburtsort der Bf. in A, für Geldabhebungen verwendet.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurde die Bf. aufgefordert, zur Erledigung der Beschwerde entsprechende Nachweise vorzulegen, aus denen ersichtlich ist, dass sich die gesamte Familie der Bf. im beschwerdegegenständlichen Zeitraum im Bundesgebiet aufgehalten habe. Dieser Aufforderung kam die Bf. nicht nach, da aus den vorgelegten Unterlagen keine einzige Bargeldbewegung in Österreich abgeleitet werden kann. Es wäre jedoch an der Bf. gelegen, das Vorliegen etwaiger Voraussetzungen für eine Beihilfengewährung für ihre Tochter entsprechend nachzuweisen. Die Abgabenbehörde hat zwar nach § 115 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) grundsätzlich die Verpflichtung abgabepflichtige Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung der Behörde zur Ermittlung der materiellen Wahrheit entbindet einen Abgabepflichtigen jedoch keineswegs von der ihn treffenden Mitwirkungspflicht. Vielmehr wird diese Verpflichtung der Abgabenbehörde gerade bei Auslandssachverhalten durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen eingeschränkt.

Außerdem tritt nach Lehre und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere bei Begünstigungstatbeständen - und somit auch bei Gewährung einer Beihilfe - die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. So hat der Begünstigungswerber diejenigen Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. ua). Weiters gilt insbesondere für antragsgebundene Verfahren - wie auch hier nach § 10 Abs. 1 FLAG - eine erhöhte Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht der Partei. Die amtswegige Ermittlungspflicht findet ihre Grenze dort, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann (vgl. ).

Im beschwerdegegenständlichen Fall wurde seitens der Bf. kein Nachweis darüber erbracht, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen im strittigen Zeitraum im Bundesgebiet befand. Ganz im Gegenteil ist aus den vorgelegten Kontoauszügen eindeutig ersichtlich, dass sämtliche Barabhebungen vom Konto der Bf. in der Türkei vorgenommen wurden. Auch im Zeitraum davor (02-08/2016) wurden mit der oben angeführten Bankomatkarte ausschließlich (abgesehen von einer Ausnahme im Zeitraum zwischen 05.07. und ) Beträge behoben, die nicht durch 10 teilbar sind, woraus eindeutig ableitbar ist, dass die Karte ununterbrochen im Ausland verwendet wurde.

Da es die Bf. bislang unterlassen hat, einwandfrei und ohne Zweifel darzulegen, dass der Tatbestand des § 2 Abs. 8 FLAG - Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland - erfüllt sei, muss angenommen werden, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Familienbeihilfe im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht vorlagen.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.“

Im Vorlageantrag vom wurde lediglich darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin am Unterlagen („Meldezettel“ und Kontoauszüge) im Finanzamt abgegeben habe (dazu wurde eine Ablichtung des retournierten Vorhaltes vom , auf dem sich der Einlaufstempel des Finanzamtes vom befindet, vorgelegt). Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass die geforderten Nachweise nicht vorhanden sein sollen. Weiteres Sachvorbringen wurde nicht erstattet und es erfolgte auch keine Stellungnahme zu den Feststellungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben. Es werde auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen, wonach im gesamten Verfahren keinerlei geeignete Nachweise hinsichtlich des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet vorgelegt werden hätten können. Ergänzend werde zum Vorbringen im Vorlageantrag festgehalten, dass seitens der Abgabenbehörde nicht in Abrede gestellt worden sei, dass am Unterlagen vorgelegt wurden, welche in der Beschwerdevorentscheidung auch entsprechend berücksichtigt worden seien. Aus diesen hätte jedoch kein Aufenthalt der Familie im Bundesgebiet abgeleitet werden können.

Eine Ausfertigung dieses Vorlageberichtes erging auch an die Beschwerdeführerin zu Handen ihrer Rechtsvertreter.

Rechtslage

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG wird die Familienbeihilfe, abgesehen von den im gegenständlichen Fall nicht in Betracht kommenden Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

Erwägungen

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer Person richtet sich danach, zu welchem Staat sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Für die Beantwortung dieser Frage sind sowohl der subjektive Gesichtspunkt der Absicht einer Person, den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in einem bestimmten Staat zu begründen, als auch die dafür sprechenden objektiven Umstände entscheidend. Dabei muss sich aber auch der subjektive Gesichtspunkt der Absicht einer Person, den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in einem bestimmten Staat zu begründen, anhand objektiver Umstände verifizieren lassen, also aus "unbedenklichen Sachverhaltsfeststellungen zu entnehmen" sein (vgl. dazu ). Die bloße Behauptung eines entsprechenden Willensentschlusses wäre daher nicht ausreichend. Die Absicht, den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich zu begründen, erfordert auch einen diesbezüglichen Willensentschluss; eine bloß vage Absicht genügt nicht ().

In einem antragsgebundenen Verfahren wie dem gegenständlichen Verfahren betreffend Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe ist es Sache des Antragstellers, das Vorliegen der anspruchsbegründenden Umstände substantiiert zu behaupten (; siehe auch Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 10 Rz 1 mit Hinweis auf ; ). Darüber hinaus tritt nach der Judikatur die amtswegige Ermittlungspflicht gegenüber der Behauptungs- und Mitwirkungspflicht der Partei in den Hintergrund, wenn die Behörde (nur) auf Antrag tätig wird (Ritz, BAO, § 115 Tz 11). Das bedeutet zwar keineswegs, dass die Behörde von der sie gemäß § 115 BAO treffenden amtswegigen Ermittlungspflicht völlig entbunden wäre. Das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast liegt jedoch beim Antragsteller. Dieser hat einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die sein Antrag gestützt werden kann. Diese Grundsätze gelten auch bei Anträgen auf Gewährung von Beihilfen ( mit Hinweis auf Stoll, BAO, 1275 und ).

Die Beschwerdeführerin hat ebenso wie ihr Ehegatte und das anspruchsvermittelnde Kind am den Wohnsitz in Österreich aufgegeben und ist in die Türkei verzogen. Erst rund siebeneinhalb Monate später wurde in Österreich wieder ein Wohnsitz angemeldet. Dass bei dieser Sachlage der Mittelpunkt der Lebensinteressen jedenfalls in die Türkei verlagert worden war, bedarf nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keiner näheren Erörterung. Gegenteiliges Vorbringen wurde von der Beschwerdeführerin nicht erstattet.

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren aber nicht einmal dezidiert behauptet, dass sich ihr Mittelpunkt der Lebensinteressen ab Feburar 2016 (wieder) in Österreich befunden hätte. Dass diesem Umstand entscheidende Bedeutung zukommt, hätte ihr bzw. ihrem Rechtsvertreter spätestens nach Erhalt der eingehend begründeten und dies feststellenden Beschwerdevorentscheidung bewusst sein müssen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt Beschwerdevorentscheidungen (bis zum FVwGG 2012: Berufungsvorentscheidungen) Vorhaltecharakter zu, weshalb es Sache der Beschwerdeführerin gewesen wäre, sich im Vorlageantrag mit den in der Beschwerdevorentscheidung mitgeteilten Feststellungen des Finanzamtes auseinanderzusetzen und diese zu widerlegen (vgl. beispielsweise mwN).

Ungeachtet dessen wird auch im Vorlageantrag nicht einmal behauptet, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen ab dem genannten Zeitpunkt wieder in Österreich befunden hätte. Den eingehenden und oben wörtlich zitierten Feststellungen des Finanzamtes zur nahezu ausschließlichen Verwendung der Bankomatkarte in der Türkei trat die Beschwerdeführerin nicht entgegen. Es ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn das Finanzamt daraus abgeleitet hat, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Beschwerdeführerin auch nach dem Februar 2016 (weiterhin) in der Türkei befunden hat. Gegenteiliges ist auch aus den vorgelegten Bestätigungen der Haushaltsgemeinschaft nicht zwingend abzuleiten, wird darin doch lediglich die aufrechte Meldung der angeführten Personen an einem bestimmten Ort bestätigt. Die polizeiliche Anmeldung an einer bestimmten Adresse ist nicht entscheidend für die Begründung eines Wohnsitzes im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO (Ritz, BAO, § 26 Tz 7 mwN) und hat daher noch weniger Aussagekraft für die Beurteilung der Frage, ob jemand den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen an diesem Ort und damit in diesem Land hat. Deutlich wird die geringe Aussagekraft einer polizeilichen Meldung auch daraus, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin bei seiner Vorsprache am angegeben hat, dass die zweite Tochter bei der Großmutter in der Türkei lebe, wohingegen in den vorgelegten Bestätigungen der Haushaltsgemeinschaft eine Meldung dieses Kindes ab an der inländischen Anschrift angegeben wird.

Unter Berücksichtigung aller Umstände ging das Finanzamt somit zutreffend davon aus, dass im gegenständlichen Fall die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 8 FLAG nicht erfüllt waren, weshalb sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig erweist und daher spruchgemäß zu entscheiden war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

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