Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.07.2019, RV/2100533/2018

Höhe der Abschläge für wirtschaftliche Ertragsbedingungen (hier: wirtschaftliche Verhältnisse und übrige Umstände); Verfassungskonformität des Bewertungsgesetzes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Gheneff - Rami - Sommer Rechtsanwälte OG, Johannesgasse 18, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Einheitswertbescheid zum (Hauptfeststellung mit Wirksamkeit ab ) der belangten Behörde Finanzamt Judenburg Liezen vom , Einheitswertaktenzeichen, zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Die Einheitswertfeststellung bleibt gegenüber der Beschwerdevorentscheidung vom unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I.

Mit Einheitswertbescheid zum (Hauptfeststellung mit Wirksamkeit ab ) vom wurde für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers (Bf.) ein Einheitswert in Höhe von 12.200 Euro festgestellt:


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Nutzung
Fläche
Hektarsatz (€)
Ertragswert (€)
landwirtschaftlich genutzte Flächen
x ha
y
6.063,77
forstwirtschaftlich genutzte Flächen
xx ha
yy
4.081,15
Zwischensumme
 
 
10.144,92
öffentliche Gelder gemäß § 35 BewG
33% von 6.258,40
 
2.065,27
Summe gesamt
 
 
12.210,19
Einheitswert (gerundet gemäß § 25 BewG)
 
 
12.200

Dabei wurden der Berechnung des Hektarsatzes für die landwirtschaftlich genutzten Flächen ua. folgende Werte unterstellt: Abschläge für wirtschaftliche Ertragsbedingungen: -20% (Wirtschaftliche Verhältnisse und übrige Umstände: -7,00%; Betriebsgröße: -13,00%).

II.

In der Beschwerde vom brachte der Bf. dagegen vor, es sei unverständlich, warum bei gleichbleibenden wirtschaftlichen Verhältnissen und übrigen Umständen nun nur mehr ein Abschlag von -7% berücksichtigt werde, wo doch mit Feststellungsbescheid zum noch ein dbzgl. Abschlag von -43,4% berücksichtigt worden sei. Es werde beantragt, einen anderen Vergleichsbetrieb, welcher dem Betrieb des Bf. entspreche, für die Beurteilung heranzuziehen und die Sonderverhältnisse zumindest wie bisher zu berücksichtigen. Tatsächlich hätten sich die Sonderverhältnisse durch den zunehmenden Verkehr verschlechtert, und es werde immer schwieriger, die Landesstraße für die Bewirtschaftung der gegenüberliegenden Flächen zu queren, ebenso bei der Einbringung für die tägliche Milchabfuhr mit zweimaliger Linksabbiegung und natürlich für den gesamten Wirtschaftsverkehr. Um Anpassung des Einheitswertes werde ersucht.

III.

In der Folge beabsichtigte die belangte Behörde, dem Beschwerdebegehren grundsätzlich zu entsprechen, und so wurde die stattgebende Beschwerdevorentscheidung durch den Sachbearbeiter am freigegeben. Allerdings erfolgte die dbzgl. EDV-mäßige Verarbeitung erst am , was dazu führte, dass der zwischenzeitig eingelangte Antrag des steuerlichen Vertreters des Bf. vom im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung keine Berücksichtigung fand.

IV.

Im o.a. „Antrag“ des steuerlichen Vertreters des Bf. vom wurde weiterhin die Abänderung des o.a. Abschlags von den „überhaupt nicht begründet[en]“ 7% auf 43,4% beantragt. Zusätzlich brachte der steuerliche Vertreter im Wesentlichen Folgendes vor: Das Bewertungsgesetz gehe von schuldenfreien Betrieben mit Fremdarbeitskräften aus. Solches treffe jedoch nur auf 3% der Betriebe in Österreich zu. Das landwirtschaftliche Realeinkommen sei gesunken (2012 um ca. 7,1% und 2013 um 8,8%) und sinke weiter, weshalb der Ertragswert geringer sein müsste. Hinsichtlich der forstwirtschaftlichen Flächen werde faktisch ein Vermögenswert angenommen statt eines Ertragswertes, denn ein stehender Forst ohne Schlägereien erbringe keinen Ertrag, weshalb der Ertragswert „Null“ wäre. Das Bewertungsgesetz sei von der belangten Behörde daher nicht richtig umgesetzt worden (Gleichheitswidrigkeit). Problematisch sei weiters, dass die Landwirte ca. 80% des steuerlichen Gewinnes an Sozialversicherungsbeiträgen zahlen; dass das bäuerliche Einkommen in den letzten 5 Jahren im Durchschnitt um 36% gesunken sei (auch das Einkommen des Bf. sei gesunken); und dass sich die heutigen Ertragsverhältnisse gegenüber jenen aus dem Jahr 1989 durchwegs verschlechtert hätten (vgl. Deckungsbeiträge), was alles mit einer Einheitswerterhöhung nicht in Einklang zu bringen sei. Richtigerweise dürfte der Einheitswert somit maximal in Höhe von 5.500 Euro festgestellt werden.

V.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , welche - wie oben bereits erwähnt - das o.a. Schreiben des steuerlichen Vertreters des Bf. nicht berücksichtigte, wurde der Beschwerde „stattgegeben“ und der Einheitswert in Höhe von 9.400 Euro festgestellt:


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Nutzung
Fläche
Hektarsatz (€)
Ertragswert (€)
landwirtschaftlich genutzte Flächen
x ha
z
3.288,31
forstwirtschaftlich genutzte Flächen
xx ha
yy
4.081,15
Zwischensumme
 
 
7.369,46
öffentliche Gelder gemäß § 35 BewG
33% von 6.258,40
 
2.065,27
Summe gesamt
 
 
9.434,73
Einheitswert (gerundet gemäß § 25 BewG)
 
 
9.400

Dabei wurden der Berechnung des Hektarsatzes für die landwirtschaftlich genutzten Flächen ua. folgende Werte unterstellt: Abschläge für wirtschaftliche Ertragsbedingungen: -56,40% ( Wirtschaftliche Verhältnisse und übrige Umstände: -43,40%; Betriebsgröße: -13,00%).  

Laut Begründung wurde dem gegenständlichen Betrieb der Musterbetrieb MB zugeordnet.

VI.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom .

VII.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor. Demnach betrage der Einheitswert nach nunmehriger Ansicht der belangten Behörde 9.800 Euro: Der Bodenschätzer habe die Abschläge für wirtschaftliche Verhältnisse und übrige Umstände neu (ausgehend vom Musterbetrieb xxx anstelle des Musterbetriebes xxxx) in Höhe von -37,50% berechnet. Im Übrigen habe der Bf. die Unrichtigkeit der gesetzlichen Parameter laut Bewertungsgesetz nicht nachgewiesen, sondern lediglich pauschale Aussagen getätigt. Die belangte Behörde beantrage daher, der Beschwerde teilweise stattzugeben.

VIII.

Mit BFG-Schreiben vom wurde die belangte Behörde ersucht, näher auszuführen, auf Grund welcher Überlegungen sie zu den unterschiedlichen "Ab- bzw. Zuschläge[n] für wirtschaftliche Ertragsbedingungen: Wirtschaftliche Verhältnisse und übrige Umstände", und zwar im angefochtenen Bescheid im Ausmaß von "-7,00%", in der Beschwerdevorentscheidung im Ausmaß von "-43,40%" und im Vorlagebericht im Ausmaß von "37,50%" gelangt ist, und nachvollziehbar zu begründen, weshalb ihrer (nunmehrigen) Ansicht nach das letztgenannte Ausmaß das zutreffende sein soll.

IX.

Als Antwort übermittelte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht am eine Stellungnahme des Bodenschätzers vom , aus welcher sich im Wesentlichen entnehmen lässt, dass die o.a. Unterschiede auf unterschiedliche Musterbetriebszuteilungen bzw. letztlich auf eine individuelle Berechnung zurückzuführen seien.

X.

Mit BFG-Schreiben vom wurde dem Bf. ua. die o.a. Stellungnahme des Bodenschätzers vorgehalten und wurde der Bf. um eine - allfällige - Stellungnahme zur Frage der "Ab- bzw. Zuschläge für wirtschaftliche Ertragsbedingungen: Wirtschaftliche Verhältnisse und übrige Umstände" ersucht.

XI.

Der steuerliche Vertreter des Bf. brachte in der Stellungnahme vom im Wesentlichen vor, dass die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung vom Abschläge für wirtschaftliche Ertragsbedingungen (Wirtschaftliche Verhältnisse und übrige Umstände) „mit richtigerweise zumindest 43,4% (wie auch ehemals 1992) vorgenommen“ habe. Die dbzgl. Abschlagsneuberechnung laut Vorlagebericht vom in Höhe von 37,5% sei unrichtig, weil sich der Bodenschätzer nicht an den Musterbetrieb gehalten habe. Abgesehen davon vertrete der Bf. die Ansicht, dass die derzeitigen gesetzlichen Kriterien verfassungswidrig seien, weil sie zu keinem wahren Bild der Sachlage (Ertragslage der Betriebe und konkret Ertragslage des Betriebes des Bf.) führen können. Wären die gesetzlichen Kriterien verfassungskonform, müssten sie entsprechend der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung den Einheitswert verringern und nicht, wie beim Bf., erhöhen. Auch hätte eine individuelle Beurteilung des Betriebes des Bf., wie sie der Bodenschätzer zuletzt gesetzwidrigerweise vorgenommen habe, ergeben müssen, dass die Abschlagsprozentsätze deutlich zu niedrig gegriffen seien (weil sie auf verfassungswidrigen Kriterien beruhen) und damit der Einheitswert deutlich zu hoch angesetzt sei. Anhand der derzeit geltenden (verfassungswidrigen) Gesetzeslage könne daher das Bundesfinanzgericht aus Sicht des Bf. nur von einem Abschlag in Höhe von richtigerweise 43,4% ausgehen (und nicht von 37,5%). Aus Umsicht halte der Bf. aber fest, dass er auch bei diesem Abschlag die Sache bekämpfen und an den Verfassungsgerichtshof herantragen werde.

XII.

Mit Schreiben vom stellte die belangte Behörde den Antrag, der Berechnung des Einheitswertes Abschläge für wirtschaftliche Ertragsbedingungen wie laut Beschwerdevorentscheidung zu Grunde zu legen, denn auch für die belangte Behörde sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Bodenschätzer zuletzt einen Wechsel hinsichtlich des Vergleichsbetriebes vorgenommen habe.

Über die Beschwerde wurde Folgendes erwogen:

1. Rechtsgrundlagen

§ 32 Abs. 3 BewG 1955 lautet:

Bei der Beurteilung der nachhaltigen Ertragsfähigkeit sind die wesentlichen Umstände zu berücksichtigen, die den Wirtschaftserfolg beeinflussen oder von denen die Verwertung der gewonnenen Erzeugnisse abhängig ist. Demgemäß sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. Die natürlichen Ertragsbedingungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 2 des Bodenschätzungsgesetzes 1970 (Bodenbeschaffenheit, Geländegestaltung, klimatische Verhältnisse, Wasserverhältnisse);

2. die folgenden wirtschaftlichen Ertragsbedingungen:
a) regionalwirtschaftliche Verhältnisse des Standortes,
b) Entfernung der Betriebsflächen zum Hof,
c) Größe und Hangneigung der Betriebsflächen und
d) Betriebsgröße

§ 38 Abs. 4 BewG 1955 lautet:

Für alle übrigen Betriebe wird der Hektarsatz nach dem Verhältnis ihrer Ertragsfähigkeit zu derjenigen der Vergleichsbetriebe ermittelt. Hiebei sind für die wirtschaftlichen Ertragsbedingungen im Sinne des § 32 Abs. 3 Z 2 lit. a, b und c ortsübliche Verhältnisse zugrunde zu legen.

§ 11 Abs. 6 BoSchätzG 1970 lautet:

Die zur Einsicht aufgelegten Schätzungsergebnisse sind ein gesonderter Feststellungsbescheid im Sinne des § 185 der Bundesabgabenordnung (BGBl. Nr. 194/1961). Die Bekanntgabe dieser Feststellung gilt mit Ablauf des letzten Tages der Frist als erfolgt.

§ 252 Abs. 1 BAO lautet:

Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

2. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht geht von folgendem Sachverhalt aus
(vgl. Beschwerdevorentscheidung; Stellungnahme der belangten Behörde vom ):

Der Bf. betreibt einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit landwirtschaftlich genutzten Flächen im Ausmaß von x ha und forstwirtschaftlich genutzten Flächen im Ausmaß von xx ha.

Bezüglich der landwirtschaftlich genutzten Flächen (Bodenklimazahl: yyy) liegen unbestrittenermaßen berücksichtigungswürdige ungünstige wirtschaftliche Ertragsbedingungen vor.

3. Rechtliche Würdigung

3.1. Landwirtschaftliche Flächen

Mit der Kundmachung des Bundesministers für Finanzen über die Bewertungsgrundlagen für das landwirtschaftliche Vermögen zum (Beschreibung des Hauptvergleichsbetriebes und Feststellung der Betriebszahl für die landwirtschaftlichen Vergleichsbetriebe), GZ: BMF-010202/0100—VI/3/2014, verlautbart im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" am , wurden die Merkmale der natürlichen und wirtschaftlichen Ertragsbedingungen des (fiktiven) Hauptvergleichsbetriebes sowie die Betriebszahlen der Vergleichsbetriebe rechtsverbindlich festgelegt.

3.2. Natürliche Ertragsbedingungen

Die natürlichen Ertragsbedingungen (Bodenbeschaffenheit, Geländegestaltung, klimatische Verhältnisse und Wasserverhältnisse) werden beim landwirtschaftlichen Vermögen im Wege der Bodenschätzung ermittelt.

Die Ergebnisse der Bodenschätzung bilden gemäß § 11 Abs. 6 BoSchätzG 1970 einen gesonderten Feststellungsbescheid.

Der Einheitswertbescheid ist ein von den Bodenschätzungsergebnissen abgeleiteter Bescheid, dem der Inhalt des Bodenschätzungsbescheides verbindlich zu Grunde liegt.

Gemäß § 252 Abs. 1 BAO können Einwendungen gegen Bodenschätzungsergebnisse im Verfahren zur Einheitswertfeststellung aber nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden. 

3.3. Wirtschaftliche Ertragsbedingungen

Im vorliegenden Fall wurden in der Beschwerdevorentscheidung unter Zugrundelegung ortsüblicher Verhältnisse folgende Abschläge für wirtschaftliche Ertragsbedingungen berücksichtigt (vgl. § 32 Abs. 3 Z 2 BewG 1955; § 38 Abs. 4 BewG 1955):

  • unter dem Titel:: Wirtschaftliche Verhältnisse und übrige Umstände -43,40%

  • unter dem Titel: Betriebsgröße (x ha) – 13,00%

  • insgesamt daher: -56,40%.

Diese Abschläge erscheinen dem Bundesfinanzgericht als unbedenklich und auch ausreichend; dies v.a. im Hinblick auf die in der o.a. Kundmachung für den hier insbesondere maßgebenden Vergleichsbetrieb festgestellten wirtschaftlichen Verhältnisse und übrigen Umstände sowie den Umstand, dass die streitgegenständliche Abschlagsermittlung unter Anwendung derselben Richtlinie erfolgt ist wie im Falle der Einwertung der Vergleichsbetriebe laut o.a. Kundmachung.

Im Übrigen ist nunmehr auch von Seiten des Bf. unbestritten, dass auf Grund der geltenden Gesetzeslage im vorliegenden Fall von Abschlägen in der o.a. Höhe (= wie laut Beschwerdevorentscheidung) auszugehen ist (vgl. Stellungnahme des steuerlichen Vertreters vom ).

Im Ergebnis ist die in der Beschwerdevorentscheidung gesetzeskonform erfolgte (sachgerechte) Abschlagsermittlung daher nicht zu beanstanden.

3.4. Verfassungswidrigkeit des Bewertungsgesetzes?

Der Bf. begründet seine Behauptung der Verfassungswidrigkeit des Bewertungsgesetzes im Wesentlichen damit, dass dieses von schuldenfreien Betrieben mit Fremdarbeitskräften ausgehe, was aber nur auf 3% der Betriebe in Österreich zutreffe (Beweis: von Amts wegen einzuholende Auskunft etwa beim zuständigen Landwirtschaftsminister, von Amts wegen einzuholendes Amtsgutachten); dass das landwirtschaftliche Realeinkommen sinke, die Einheitswerte aber steigen (Beweis: von Amts wegen einzuholende Auskunft etwa beim zuständigen Landwirtschaftsminister, von Amts wegen einzuholendes Amtsgutachten); dass ein stehender Forst ohne Schlägereien keinen Ertrag erbringe und dbzgl. faktisch daher ein - gesetzlich nicht vorgesehener - Vermögenswert angenommen werde; dass Landwirte in Österreich etwa 80% des steuerlichen Gewinns an Sozialversicherungsbeiträgen zahlen (Beweis: von Amts wegen einzuholende Auskunft etwa beim zuständigen Landwirtschaftsminister, von Amts wegen einzuholende Auskunft etwa beim zuständigen Sozialminister, von Amts wegen einzuholendes Amtsgutachten); dass laut Statistik Austria bzw. „Grünem Bericht“ die Durchschnittseinkommen pro Betrieb sinken (durchschnittlich um 36% in den letzten fünf Jahren), wobei auch das Einkommen des Bf. gesunken sei, weshalb auch die Einheitswerte sinken müssten; und dass die letzten EW-Bescheide überwiegend aus dem Jahr 1989 stammen, wobei die damaligen Ertragsverhältnisse mit den heutigen nicht vergleichbar seien (deutliche Verschlechterungen bei den Deckungsbeiträgen betreffend Futterweizen und Milch.

Dem Vorbringen des Bf. ist zunächst zu entgegnen, dass die Einheitswerte durch die Hauptfeststellung an die derzeitigen ökonomischen Verhältnisse angepasst wurden, um die pauschalierte Festsetzung der Steuern im land- und forstwirtschaftlichen Bereich weiter aufrecht zu erhalten. Die Alternativen dazu wären einerseits umfangreiche und aufwändige Aufzeichnungsverpflichtungen für die einkommensbezogenen Abgaben und Beihilfen und andererseits bei vermögensbezogenen Abgaben die Bewertung nach Verkehrswerten. Somit ist die Hauptfeststellung von dem Gedanken der Modernisierung und Anpassung an aktuelle Ertragsfaktoren (öffentliche Gelder) und der Vereinfachung in der Verwaltung geprägt (vgl. SWK, Wakounig/Trauner/Kamleitner, Die land- und forstwirtschaftliche Hauptfeststellung 2014, Linde, S. 13 ff).

Das Bundesfinanzgericht hat bereits wiederholt - in Anlehnung an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - zum Ausdruck gebracht, dass es keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Bewertungsgesetzes hegt (vgl. , mwN; , mwN; , mwN):

Demnach verwehrt es der Gleichheitsgrundsatz dem Gesetzgeber nicht, ein Bewertungsverfahren zu wählen, das den verwaltungsökonomischen Anforderungen gerecht wird und mit Typisierungen und Schätzungen operiert (vgl. ).

Auch liegt es im rechtspolitischen Spielraum des Steuergesetzgebers, Grundbesitz einer speziellen Vermögenssteuer zu unterwerfen, auch wenn andere Vermögenswerte einer vergleichbaren Steuer nicht unterliegen. Dem Gesetzgeber steht es dabei auch frei, eine solche Steuer als Objektsteuer, dh. unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Grundeigentümers, auszugestalten (vgl. ).

Der Verfassungsgerichtshof hat das System der Einheitsbewertung daher nicht in Frage gestellt, sondern nur die „historischen Einheitswerte“ als ungeeignete Bemessungsgrundlage für die Abgabenbemessung angesehen (vgl. zB ).

Ein Bewertungsverfahren, welches das Ziel verfolgt, Werte für bestimmte wirtschaftliche Einheiten oder Wirtschaftsgüter zu bestimmten Stichtagen mit verbindlicher Wirkung für einen längeren Zeitraum und für mehrere Abgaben festzustellen, dient vielmehr der Verwaltungsökonomie ().

Damit wird dem System einer regelmäßigen gegenwartsnahen und entwicklungsbegleitenden Einheitsbewertung ausreichend das Wort geredet (vgl. dazu Jilch, Ist die Berechnung der Grundbuchseintragungsgebühr verfassungswidrig?, ÖStZ 2011, 446).

Eine gleichheitswidrige Benachteiligung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft bzw. eine Verfassungswidrigkeit des Bewertungsgesetzes liegt demnach nicht vor.

Zum Vorbringen, dass der dem Einheitswert zu Grunde liegende Reinertrag nicht dem tatsächlich erwirtschafteten Reinertrag entsprechen würde, der zudem im Falle des Bf. wesentlich geringer wäre, ist zunächst festzuhalten, dass die Ertragsbewertung durch die Ermittlung des Ertragswertes auch für die Hauptfeststellung zum für alle Unterarten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens durch Kapitalisierung zu erfolgen hatte.

Land- und forstwirtschaftliche Einheitswerte sind angenommene Ertragswerte, die ein Betrieb durchschnittlich pro Jahr erbringen "kann". Solche Einheitswerte sind keine Verkehrswerte. Einheitswerte ermöglichen bei den meisten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben eine Pauschalierung des Einkommens; deswegen sind auch Aufzeichnungen zur Bemessung von Steuern und Abgaben nicht erforderlich. Weil solche Einheitswerte angenommene Werte sind, sind Anträge auf die Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse (z.B. bei der bäuerlichen Sozialversicherung und bei der Einkommensteuer) vorgesehen (vgl. Jilch/Weichselbraun, Landwirtschaftskammer Niederösterreich, März 2016, Einheitswert-Hauptfeststellung, Fragen und Antworten zur Neuregelung ab ).

Bei der Ermittlung des Reinertrages sind Einnahmen und Ausgaben zu unterstellen, die mit dem Betrieb in unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und nachhaltig anfallen. Eine individuelle Ermittlung des Reinertrages würde bei einer großen Anzahl der zu bewertenden landwirtschaftlichen Betriebe Schwierigkeiten verursachen; Schwierigkeiten die eine vergleichende Bewertung vermeidet. Maßgeblich ist nicht der erzielte Betrag, sondern der erzielbare Betrag (vgl. Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, § 3 Rz 2 Ertragsbewertung).

Bewertungsmaßstab für landwirtschaftliche Betriebe ist der Ertragswert. Seit der Änderung des BewG 1955 durch das AbgÄG 2012 folgt aus der Systematik der in den §§ 34 ff BewG 1955 vorgezeichneten vergleichenden Bewertung, dass diese nun auch auf die allgemeine Entwicklung der Agrareinkommen und auf einen Strukturwandel im Agrarsektor infolge des EU-Beitrittes Österreichs Bedacht nimmt. Der Einheitswert als Vermögenswert spiegelt nun daher rechtskonform den tatsächlich erwirtschafteten Reinertrag wieder.

Zusammenfassend hat der bereits mehrfach mit der Prüfung des Bewertungsgesetzes befasste Verfassungsgerichtshof das gesetzlich geregelte System der Einheitsbewertung nicht in Frage gestellt und in mehreren Erkenntnissen erkannt, dass die Einheitswerte als Basis für die Berechnung von Steuern und Abgaben grundsätzlich weiterhin zulässig, wenn auch zu aktualisieren sind, und dass es im rechtspolitischen Spielraum des Steuergesetzgebers liegt, Grundbesitz einer speziellen Vermögenssteuer zu unterwerfen, auch wenn andere Vermögenswerte einer vergleichbaren Steuer nicht unterliegen. Im Ergebnis vermag das Bundesfinanzgericht in der Feststellung des Einheitswertes wie laut Beschwerdevorentscheidung eine Verfassungswidrigkeit somit nicht zu erkennen.

Der Vollständigkeit halber wird schließlich auch noch festgestellt, dass es im vorliegenden Fall einer Befragung des zuständigen Landwirtschaftsministers bzw. Sozialministers nicht bedurfte. Die maßgeblichen Umstände (Einnahmen- und Kostenstruktur) sind bekannt und bedürfen keiner weiteren Erläuterung. Der vom Bf. relevierte sog. „Grüne Bericht“ ist für die Durchführung der Bewertung nicht maßgeblich ist, denn diese richtet sich nach den gesetzlichen Anforderungen des Bewertungsgesetzes.

4. Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (insbes. Abweichen der Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, Fehlen einer solchen Rechtsprechung, uneinheitliche Beantwortung der zu lösenden Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) zukommt.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100533.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at