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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.01.2019, RV/4100284/2011

Gebühr für Dienstbarkeitseinräumung in Erbübereinkommen gegen Liegenschaftsabtretung - Befreiung wegen vorheriger GrESt-Festsetzung möglich

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag.Jud.Ex hinsichtlich der Beschwerde des Bf., vertreten durch Notar, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 9 Gebührengesetz 1957 zu Recht

erkannt: 

Der Beschwerde wird stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt hatte dem Beschwerdeführer (in der Folge auch bloß: Bf.) für das ihm im Verlassenschaftsverfahren nach seiner im Sommer 2010 verstorbenen Gattin von seiner miterbenden Tochter eingeräumte Nutzungsrecht im bisher bewohnten Familienwohnhaus Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 9 Gebührengesetz 1957 (GebG) vorgeschrieben.

In seiner dagegen fristgerecht erhobenen Berufung wendete der Beschwerdeführer ein, ein solcher Vorgang sei gemäß § 15 Abs. 3 bzw. § 19 Abs. 2 GebG von der Gebühr befreit.

Über die noch dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegte und damals noch als Berufung bezeichnete Beschwerde wird seitens des nunmehr zuständigen Bundesfinanzgerichtes

erwogen :

Ausgehend vom unbedenklichen Inhalt des in Papierform vorgelegten Bemessungsaktes wird nachstehender

Sachverhalt als erwiesen und entscheidungsrelevant festgestellt:

Im Jahr 2010 verstarb die Gattin des Beschwerdeführers ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung. Gesetzlich zur Nachfolge berufen waren sohin der Bf. und die beiden gemeinsamen Kinder zu je einem Drittel des Nachlasses.

Zum Nachlassvermögen gehörte hauptsächlich ein ideeller Hälfteanteil an einer Liegenschaft, die der Familie des Bf. bzw. der Erblasserin als (Familien-) Hauptwohnsitz diente.

Am Tage der Verlassenschaftsabhandlung hatte zunächst der Beschwerdeführer mit notariellem Schenkungsvertrag seinen ideellen Miteigentums- (Hälfte-) Anteil an der genannten Liegenschaft der gemeinsamen Tochter übertragen.

Im Nachlassverfahren gaben die gesetzlichen Erben sodann entsprechend ihrer Erbquote und nach Belehrung zu je einem Drittel des Nachlasses unbedingte Erbantrittserklärungen ab.

Nach Erstattung der Vermögenserklärung war der Nachlass somit den erklärten Erben quotenmäßig (also zu je einem Drittel) mit Last und Vorteil zugefallen.

Im Anschluss daran schlossen die Erben dann ein Erbteilungsübereinkommen. Dem zufolge übernahm die Tochter den erblasserischen Hälfteanteil an der Liegenschaft in ihr Alleineigentum, sodass sie unter Berücksichtigung der Schenkung vom gleichen Tag Alleineigentümerin der gesamten Liegenschaft geworden war.

Zur Berichtigung der Erbteilsforderung des Bf. räumte die Tochter für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum der Liegenschaft ihrem Vater die Dienstbarkeit des lebenslänglichen und unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechtes an näher bestimmten und abgegrenzten Teilen des Hauses samt Allein- bzw. Mitbenützung der übrigen Teile der Liegenschaft ein.

Weiters verpflichtete sich die Tochter zur Erhaltung der Liegenschaft im Familienbesitz diese ohne Zustimmung des Bf. weder zu belasten noch zu veräußern, was vom Bf. angenommen wurde.

Zusätzlich räumte die Tochter ihrem Bruder, ebenfalls zur Berichtigung dessen erbrechtlicher Ansprüche, gleichermaßen die Dienstbarkeit des lebenslänglichen und unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechtes an anderen, näher bestimmten und abgegrenzten Teilen des Hauses samt Allein- bzw. Mitbenützung der übrigen Teile der Liegenschaft ein. Anders als der Bf. verzichtete der Bruder ausdrücklich auf eine grundbücherliche Sicherstellung des eingeräumten Wohnungsgebrauchsrechtes.

Abschließend erteilten die Parteien ihre Bewilligung zur Einverleibung des Eigentumsrechtes der Tochter bzw. Schwester auf der erblasserischen Liegenschaftshälfte sowie der Dienstbarkeit und des Belastungs- und Veräußerungsverbotes des Beschwerdeführers auf der gesamten Liegenschaft.

Der Nachlass wurde dann mit Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes den Erben zu je einem Drittel eingeantwortet und die Vornahme der im vorigen Absatz angeführten Grundbuchshandlungen angeordnet.

Das Finanzamt schrieb der Tochter des Bf. für deren Erwerb des ideellen Hälfteanteiles ihrer Mutter Grunderwerbsteuer (GrESt) vor, wobei es vom dreifachen Einheitswert dieses Anteiles ausgegangen war.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid hatte das Finanzamt zusätzlich noch dem Bf. gegenüber für die Einräumung der Dienstbarkeit an ihn (Rechtsgeschäfts-) Gebühr gemäß § 33 TP 9 GebG festgesetzt.

Dieser sohin festgestellte Sachverhalt ist betreffend die strittige Frage, ob die Gebühr im Lichte der Norm des § 15 Abs. 3 GebG zu Recht vorgeschrieben wurde,

rechtlich wie folgt zu würdigen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) unterliegen ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstückes begründet, und nach Z 2 leg. cit. der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, der Grunderwerbsteuer.

Bei todeswegigen Erwerben welcher Art auch immer, die sich auf inländische Grundstücke beziehen, können je nach der Art des Erwerbsvorganges unterschiedliche grunderwerbsteuerrechtliche Tatbestände verwirklicht werden (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rz 244.01 zu § 1), wobei aus steuerrechtlicher Sicht kein Unterschied zwischen einem Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG und einem solchen nach Z 2 leg. cit. besteht. Da bei einem Erbanfall aufgrund einer gesetzlichen Erbfolge kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorliegt, wird damit der Tatbestand iS des § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG erfüllt (Fellner, a.a.O., Rz 244.10).

Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Schenkungsmeldegesetzes 2008 (549 BlgNR 23. GP) führen für den Fall, dass die Abgeltung eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches vor Beendigung des Abhandlungsverfahrens vereinbart wird, aus, dass der erbrechtliche Titel durchschlage und beim Pflichtteilsberechtigten ein Erwerb (Anm.: von Todes wegen) vorliege, welcher unter § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG zu subsummieren sei. Diese Auffassung übernehmend wird seitens des BMF in einem Erlass vom über die verkehrsteuerlichen Auswirkungen durch das Schenkungsmeldegesetz 2008 sinngemäß ausgeführt, dass der Erwerb eines Miterben auf Grund eines Erbteilungsübereinkommens einen Erwerb aus einem erbrechtlichen Titel – also einen Erwerb von Todes wegen – nach § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG darstellen würde (idS auch Fellner, a.a.O., Rz 244.13; Entscheidungen des -K/09, und vom , RV/2779-W/11).

Erkennbar dieser einhelligen Rechtsmeinung folgend hat das Finanzamt der Tochter des Bf. für ihren todeswegigen Erwerb des ideellen Hälfteanteiles der Erblasserin daher zu Recht GrESt vom dreifachen Einheitswert vorgeschrieben.

Streit besteht aber zwischen den Verfahrensparteien, ob die Befreiungsbestimmungen nach § 15 Abs. 3 GebG oder nach § 19 Abs. 2 GebG einer Vergebührung der Dienstbarkeitseinräumung entgegenstehen.

Gemäß § 19 Abs. 2 GebG sind die in einer Urkunde über das Hauptgeschäft zwischen denselben Vertragsparteien zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes abgeschlossenen Nebengeschäfte gebührenbefreit, wenn das Hauptgeschäft nach diesem Gesetz oder einem Verkehrsteuergesetz einer Gebühr oder einer Verkehrsteuer unterliegt.

Nach Dafürhalten des Finanzgerichtes greift diese Befreiungsbestimmung hier deshalb nicht, weil die Überlassung des Liegenschaftsanteiles und die Einräumung der Dienstbarkeit nicht gesondert oder gar als über- und untergeordnet zu betrachten sind, sondern als ein einheitlicher Rechtsvorgang mit zwei sich gegenüber stehenden Leistungen. Dieser einheitliche Vorgang unterliegt aber, wie oben aufgezeigt, der Grunderwerbsteuer, weshalb eine Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 GebG daher nicht möglich ist.

Anders verhält es sich indes mit der Bestimmung des § 15 Abs. 3 GebG, wonach Rechtsgeschäfte, die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, das Grunderwerbsteuergesetz, das Kapitalverkehrsteuergesetz oder das Versicherungssteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen sind.

Zweck dieser Vorschrift ist es zu vermeiden, dass ein Rechtsgeschäft, das nach einem der darin erschöpfend aufgezählten Abgabengesetze steuerbar ist, nicht überdies noch mit einer Rechtsgebühr belegt wird. Diese Gesetzesstelle will also eine Doppelbesteuerung identer Rechtsvorgänge vermeiden (Fellner , Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 66 zu § 15 GebG, mit mehreren Judikaturhinweisen, zuletzt etwa das Erkenntnis des ).

Wie bereits mehrfach festgestellt, unterliegt der verfahrensgegenständliche Rechtsvorgang (Erwerb des Liegenschaftsanteiles gegen Einräumung des Wohnungsgebrauchsrechtes) der GrESt nach § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987. Damit ist nach Auffassung des Gerichtes aber klargestellt, dass für diesen Rechtsvorgang gemäß § 15 Abs. 3 GebG eine zusätzliche Belastung durch Vorschreibung einer Rechtsgebühr nicht mehr zulässig ist.

Wenn sich nun das Finanzamt auf den , 010206/0169-VI/5/2010 (Ergebnisse der Bundessteuertagung Gebühren und Verkehrsteuern 2009) bezieht, wird zunächst bemerkt, dass derartige Kundmachungen keine das Bundesfinanzgericht bindende Rechtsquellen darstellen.

Nach diesem Erlass komme für die Einräumung eines Wohnrechtes die Befreiung des § 15 Abs. 3 GebG nicht zum Tragen, wenn in einem Erbübereinkommen die Ausschlagung des Anteils eines Miterben gegen Einräumung dieses Wohnrechtes an dem erblasserischen Einfamilienhauses vereinbart wurde. Dies deshalb, weil das Erbübereinkommen keinen grunderwerbsteuerlichen Tatbestand verwirkliche.

Dieser Ansicht genau konträr gegenüberstehend hatte indes das BMF schon zuvor, und zwar im Erlass vom , BMF-010206/0040-VI/5/2009, über die verkehrsteuerlichen Auswirkungen durch das Schenkungsmeldegesetz 2008, sinngemäß ausgeführt, dass der Erwerb eines Miterben auf Grund eines Erbteilungsübereinkommens einen Erwerb aus einem erbrechtlichen Titel – also einen Erwerb von Todes wegen – nach § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG darstellen würde.

Damit hat aber die Finanzbehörde selbst in letzter Konsequenz zum Ausdruck gebracht, dass wegen des todeswegigen und der GrESt unterliegenden Erwerbes die eine Doppelbesteuerung vermeidende Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 3 Gebührengesetz 1957 zur Anwendung gelangen müsste.

Aus diesem und aus den übrigen, oben ausführlich dargelegten, Gründen kommt dem Beschwerdevorbringen Berechtigung zu, weshalb der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

Der Ausspruch über die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof hatte zu erfolgen, weil hinsichtlich der Frage, ob für eine in einem Erbübereinkommen unter Miterben vereinbarte Übertragung von erblasserischen Liegenschaft(santeil)en gegen Einräumung der Dienstbarkeit des Wohnungs(gebrauchs)rechtes zusätzlich zur Grunderwerbsteuer auch noch Rechts(geschäfts)gebühr gemäß § 33 TP 9 Gebührengesetz 1957 erhoben werden kann, eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehlt.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Erbübereinkommen
Erbteilungsübereinkommen
Wohnungsrecht
Wohnungsgebrauchsrecht
Dienstbarkeitseinräumung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100284.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at