Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.05.2019, RV/5100804/2018

Familienheimfahrten Lebensgemeinschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, über die Bescheidbeschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 (Arbeitnehmerveranlagung) der belangten Behörde Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom  zu StNr. XY zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2015 machte der Beschwerdeführer (Bf) u.a. an Kosten für Familienheimfahrten 3.024,00 € und an Kosten für doppelte Haushaltsführung 4.649,88 € geltend.

Am erging der Einkommensteuerbescheid 2015, wobei die Arbeitnehmerveranlagung eine Nachforderung von 239,00 € ergab. Vom Finanzamt wurden zunächst die geltend gemachten 7.673,88 € als Werbungskosten anerkannt.

In der Beschwerde vom machte der Bf. weitere Werbungskosten für Familienheimfahrten im Ausmaß von 1.512 € geltend. Aus Unkenntnis der österreichischen Gesetzeslage, sei er der Meinung gewesen, dass nicht mehr Heimfahrten anerkannt würden. So habe er lediglich 8 Heimfahrten geltend gemacht, tatsächlich aber 12 angetreten. So werde noch von seinem Hausarzt bestätigt, dass seine in Deutschland lebende Frau sehr an Diabetes (Fußamputationen) und an Depressionen leide.

Mit Eingabe vom reichte der Bf die ärztliche Bestätigung nach, wonach dessen Ehegattin seit 2013 an einer schweren chronischen Erkrankungen leide (beidseitige Unterschenkelamputation) und ein Besuch in Abständen von 4 Wochen oder öfter notwendig sei.

Mit Vorhalt vom teilte das Finanzamt dem Bf. mit, es beabsichtige die Kosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung nicht anzuerkennen, zumal er in Österreich in einer Lebensgemeinschaft lebe.

Im Antwortschreiben vom beschwerte sich der Bf zunächst darüber, dass man ohne sein Wissen beim Vermieter angerufen habe. Die daraufhin erfolgte Behauptung einer Lebensgemeinschaft mit Frau B (B) sei völlig abwegig. Er führe eine reine Wohngemeinschaft mit B, so wie es bei Studenten auch üblich sei. Es gebe 2 getrennte Schlafzimmer, 2 Badezimmer und 2 separate Wohnungseingänge. Auch könne von B eine eidesstattliche Erklärung beigebracht werden, dass weder eine Partnerschaft noch eine Lebensgemeinschaft vorliege.

Nach telefonischer Aufforderung reichte der Bf Fahrbelege und Kontoauszüge beim Finanzamt am nach.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid vom ab und setzte die Einkommensteuer 2015 mit 3.017,00 € fest. In der gesondert dazu ergangenen Begründung hielt es fest, dass nach erfolgter Überprüfung der Wohnverhältnisse festgestellt worden sei, dass der Bf., seit September 2010 laufend gemeinsame Wohnungen mit B bewohnt habe. Von einer ehelichen Gemeinschaft i.S.d § 33 EStG könne dann gesprochen werden, wenn 2 Personen in einer Lebensgemeinschaft zusammen lebten und das gemeinschaftliche Zusammenleben auf längere Sicht angelegt sei. Indizien für eine Lebensgemeinschaft seien zB die polizeiliche Meldung an ein und demselben Wohnort, eine gemeinsame Zustelladresse und ähnliches. Aus welchen Gründen diese Wohnform auch gewählt worden sei, dadurch seien wesentliche Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung und auch für die Familienheimfahrten nicht mehr gegeben.

Im Vorlageantrag vom wies der Bf darauf hin, dass er verheiratet sei, mit seiner Gattin in Deutschland im gemeinsamen Haus wohne und seine schwer kranke Gattin von deren Mutter bzw. von einer Haushaltshilfe (Diakonie) betreut werde. Da er verheiratet sei und auch nicht von seiner Gattin getrennt lebe, könne er alleine schon auf Grund der Gesetzeslage neben der Ehe keine Lebensgemeinschaft mit einer anderen Frau haben. Da das Haus, in dem er in Österreich lebe, 2 getrennte Eingänge und 2 getrennte Wohnungen habe, sei die gemeinsame Zustelladresse erklärbar. Es liege weder eine Wirtschafts- Wohnungs- noch eine Geschlechtsgemeinschaft vor, weshalb die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Werbungskosten erfüllt seien.

Mit Schreiben vom forderte das Finanzamt den Bf auf, sämtliche Mietverträge vorzulegen.

Mit Schreiben vom teilte des Finanzamt dem Bf. mit, dass auf Grund der erhobenen und im gegenständlichen Schreiben angeführten Meldedaten davon auszugehen sei, dass bereits ab dem Jahre 2010 eine Lebensgemeinschaft mit Frau B bestanden habe.

Im ergänzendem Schreiben vom wurde die gemeinsame Wohnadresse nicht bestritten, allerdings der Vorwurf der Lebensgemeinschaft. Es liege keine sexuelle Beziehung vor. Vielmehr sei die Idee der gemeinsamen Wohnung aus der Wohnungsnot und den damit verbundenen Kosten entstanden. Man habe sich damals im September 2010 kennen gelernt. Zu einem Zeitpunkt als er eine 2 jährige Ausbildung zum Fachsozialarbeiter begonnen habe. B sei knapp bei Kasse gewesen. Darauf hin habe man beschlossen eine Wohngemeinschaft zu begründen, wie es bei Schülern und Studenten auch der Fall sei. Es hätten immer 2 Schlafräume bestanden. Urlaube, Weihnachten und Silvester seien niemals zusammen verbracht worden. Jeder habe seinen eigenen Freundeskreis und seine Familie. In anderen Ländern und Städten der Welt sei es bereits seit langem Usus, dass sich Berufstätige und Pensionisten zu einer WG zusammen tun und sich eine Wohnung oder ein Haus teilen.

In einer nachgereichten, mit datierten Bestätigung von B erklärte diese eidesstattlich, mit dem Bf keine Lebensgemeinschaft und damit verbunden auch keine sexuelle Beziehung gehabt zu haben. Es habe von Beginn an eine reine Wohngemeinschaft vorgelegen und es hätten immer 2 Schlafräume bestanden. Jeder habe seinen eigenen Freundeskreis und seine eigene Familie.

Mit Schreiben vom forderte das BFG den Bf auf, u.a. an Hand von Unterlagen die Höhe der von ihm getragenen Kosten für den Haushalt in Deutschland nachzuweisen. Weiters wurde um Bekanntgabe jener Gründe ersucht, weshalb eine Mitübersiedlung seiner Ehegattin nach Österreich nicht möglich gewesen sei, zumal er seit 12/2008 in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldet sei. Zudem erging der Hinweis, dass im Hinblick auf die Wohngemeinschaft eine Kostenteilung vorzunehmen sei. Die Familienheimfahrten seien mit der Bahn angetreten worden, die vom Finanzamt ermittelten diesbezüglichen Kosten würden lediglich 712,20 €, die zunächst geltend gemachten Kosten wiederum 3.024,00 betragen.

Im Antwortschreiben vom hielt der Bf fest, dass er jeden Monat 250 € auf das gemeinsame deutsche Konto zur Abdeckung von Gebühre für Strom, Wasser, und Grundsteuer überwiesen habe. Er und seine Frau seien Eigentümer eines Wohnobjektes in Deutschland. (Ein Übergabsvertrag datiert mit  war beigelegt; aus dem ersichtlich ist, dass die Schwiegereltern seinerzeit den Grundbesitz übergaben). Die Ehegattin sei auf den Pflegedienst angewiesen gewesen. Auf Grund der Beinamputation benötigte diese den Rollstuhl, zudem wäre die Wohnung behindertengerecht umgebaut worden. Aus der Beilage zur Steuererklärung sei zu ersehen, dass Miete, Strom, Heizungs- und Wasserkosten in Österreich geteilt wurden. Was die Familienheimfahrten betreffe, so seien alle diesbezüglichen Belege dem Finanzamt bereits vorgelegt worden. Zwischenzeitig sei er wieder nach Deutschland zurückgekehrt.

Im Zuge der Erörterung der Sach- und Rechtslage (§ 269 Abs. 3 BAO) am legte der Bf die Beilagen zur Arbeitnehmerveranlagung vor. Daraus geht hervor, dass die Miete sowie die Betriebskosten für den Zeitraum 1-9/2015 mit lediglich 50% angesetzt wurden. Was die Wohnungen in M betrifft, so wurden 2 Mietverträge abgeschlossen; mit dem Bf und B. Weiters machte er glaubhaft, dass in dringlichen Fällen die Heimfahrten zusätzlich mit dem Auto unternommen wurden, allerdings könnten für 2015 zumindest keine Nachweise erbracht werden (Fahrtenbuch, Aufzeichnungen etc.). Weil er in Deutschland keine  entsprechende Arbeit bekommen hätte, sei er 2008 nach Österreich gekommen, hier habe er die Ausbildung zum Sozialhelfer gemacht und diese Tätigkeit bis zur Pensionierung im März 2019 ausgeübt. Jetzt lebe er wieder in Deutschland. Was seine Frau betreffe, so seien dieser beide Unterschenkel amputiert worden (2008 und 2011). Nach langen, daran anschließenden Krankenhausaufenthalten sei in den Jahren 2013 und 2014 ein behindertengerechter Umbau des im Jahre 1991 von den Schwiegereltern übergebenen Hauses erfolgt (Rechnungen wurden vorgelegt). Die mittlerweile 2019 verstorbene Ehegattin sei auf den Rollstuhl angewiesen gewesen. Eine Verlegung des Wohnsitzes sei auf Grund des angeschlagenen Gesundheitszustandes, der Wohnsituation sowie des häuslichen Umfeldes nicht möglich gewesen. Dazu komme, dass u.a. auf Grund der langen Krankenhausaufenthalte die Krankheitskosten sehr hoch gewesen wären und diese vom deutschen Staate getragen worden seien. Ergänzend wurde auf das Attest des Hausarztes verwiesen, wonach die Patientin auch an Depressionen litt und Besuchsfahrten als notwendig erachtet wurden.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den dem Verwaltungsgericht vom Finanzamt und dem Bf vorgelegten Unterlagen und Nachweisen sowie aus den im Zuge der Erörterung abgegebenen Erklärungen. Eine Einsichtnahme in die Krankengeschichte ergab, dass die Ehefrau stark an Zucker litt, dieser beide Unterschenkel amputiert werden mussten. Dazu kamen eine chronische Niereninsuffizienz, eine koronare Herzerkrankung, Depression und lange Krankenhausaufenthalte. Das Gericht hat keinerlei Veranlassung die Aussagen des 1953 geborenen Bf. was den Gesundheitszustand der Ehegattin, sowie den Zeitpunkt des Antrittes der Pension anzuzweifeln. Die einfache Fahrtstrecke zum Familienwohnsitz beträgt 450 km.

Was das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft betrifft, so hat der Bf in der Beilage zur Arbeitnehmerveranlagung von vornherein auf eine Kostenteilung hingewiesen. Auch das Vorliegen von 2 Mietverträgen in M spricht gegen die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft. Dazu kommt noch, dass 2013 und 2014 am Familienwohnsitz behindertengerechte Umbauten durchgeführt wurden und die Kosten für Strom, Energie und Grundsteuer gemeinsam von den Ehegatten getragen wurden. In der eidesstattlichen Erklärung schließt B eine Sexualgemeinschaft aus. Keine gemeinsamen Urlaube und jeweils eigene Freundeskreise sprechen ebenso gegen eine Lebensgemeinschaft. Der Umstand, dass B mehrfach mit dem Bf umgezogen ist, reicht für sich alleine noch nicht für die Annahme einer allenfalls schädlichen Lebensgemeinschaft in Ö aus.

Rechtslage

Gemäß § 16 Abs. 1  erster Satz EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.

Wenn dem Arbeitnehmer unvermeidbare Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss, ein Umzug nicht möglich ist und ihm eine tägliche Rückkehr zur Familienwohnung nicht zugemutet werden kann, werden die dadurch bedingten Mehraufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen sein.

Von einer doppelten Haushalsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden und zwar einer am Familienwohnort  (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). 

Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für Familienheimfahrten dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Das bedeutet aber nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründen und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen müsste. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung haben als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit seines Ehegatten.

Maßgeblich sind immer die Verhältnisse im Streitjahr, somit im Jahr 2015.

Erwägungen

Im beschwerdegegenständlichen Fall ist auf Grund des Zuzuges des Bf nach Österreich bereits im Jahre 2008 von einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung auszugehen.

Nach einer gewissen Zeit, die nicht schematisch sondern stets im Einzelfall zu beurteilen ist, ist es dem Steuerpflichtigen in der Regel zumutbar, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen.

Es gibt aber für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung sprechende Gründe und diese liegen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes im beschwerdegegenständlichen Fall vor:

Die dokumentierte Krankengeschichte, insbesondere die Behinderung der Ehegattin, der behindertengerechte Umbau des eigenen Einfamilienhauses, das Umfeld für die Ehegattin, die Unterstützung durch deren Mutter, sind zweifelsfrei Gründe für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung. An der damaligen Pflegebedürftigkeit bestehen keinerlei Bedenken. Wenngleich der Bf. nicht ständig vor Ort war, so hat dieser glaubhaft dargetan, dass er zumindest einmal pro Monat, jeweils zu den Wochenenden zur Unterstützung der auch an Depressionen leidenden Ehegattin angereist war wobei dies vom Hausarzt als medizinisch notwendig bestätigt wurde. Dass zusätzlich in Krisenfällen die Heimfahrt mit dem Auto angetreten wurde, entspricht der Lebenserfahrung und wurde dies vom Bf im Rahmen des Erörterungstermines glaubhaft geschildert. Die Gesamtsituation lässt keine Zweifel aufkommen, dass in diesem Fall die Verlegung des Familienwohnsitzes nicht zumutbar war und die vom Bf getätigten Handlungen gegenüber seiner Ehegattin über die eheliche Beistandspflicht hinausgingen. Dass die Familienheimfahrten nicht in kürzeren Abständen erfolgten, ist der Wegstrecke von 900 km geschuldet.

Dass nach Ansicht des Gerichtes keine Lebensgemeinschaft vorgelegen hat, wurde im Rahmen der Beweiswürdigung bereits angesprochen. Ein Element, das der Wohngemeinschaft, vermag aber noch keine schädliche Lebensgemeinschaft in Österreich zu begründen. Eine Wirtschaftsgemeinschaft wird von einer zwischenmenschlichen Komponente und einer wirtschaftlichen Komponente geprägt. Bei einer getrennten Kostentragung, jeweils eigenem Freundeskreis, getrennter Urlaube und Familienfeste wird auch nicht von einer Wirtschaftsgemeinschaft auszugehen sein. Durch gemeinsames Wohnen alleine wird noch keine Lebensgemeinschaft begründet. Somit kann für 2015 vom Vorliegen eines Familienwohnsitzes in Deutschland ausgegangen werden. 

Der Bf hat im Zuge der Erörterung ausführlich dargestellt, dass er in Deutschland keine Arbeit in seinem erlernten Beruf gefunden hat und es ihm in Österreich möglich war, die Ausbildung zum Sozialhelfer zu machen und diesen Beruf in der weiteren Folge auszuüben. Die Begründung des zweiten Haushaltes war daher objektiv beruflich veranlasst.

Ein weiterer Grund für die Beibehaltung ist in der Tatsache zu sehen, dass der 1953 geborene Bf 2015 bereits 62 Jahre alt war und im März 2019 in Pension gegangen und nach Deutschland zurück gekehrt ist. Im Hinblick auf den vorliegenden Fall ist daher davon auszugehen, dass einem Arbeitnehmer nach Erreichen des 60. Lebensjahres die Verlegung des Wohnsitzes an den Tätigkeitsort nicht zumutbar ist, wenn von vornherein feststeht, dass er die Berufstätigkeit - wie dies der allgemeinen Übung entspricht - spätestens mit Erreichen des 65. Lebensjahres einstellen wird (VwGH 88/14/0081 und Lenneis in Jakom, 2015, § 16, Seite 761).

Daraus folgert für das Verwaltungsgericht ebenso, dass die Kosten der doppelten Haushaltsführung dem Grunde nach anzuerkennen sind. Was deren Höhe betrifft, so ergibt sich aus der Beilage der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2015, dass die Mietkosten im Hinblick auf die Wohngemeinschaft von vornherein lediglich mit der Hälfte angesetzt wurden bzw für M ohnedies eine eigener Mietvertrag vorgelegen hat. Nach den Lohnsteuerrichtlinien können die Mietkosten einer Kleinwohnung samt Betriebskosten abgezogen werden. Die Mietkosten wurden mit 347,00 € bzw 204,00 € bekannt gegeben und sind daher angemessen. Dazu kommen noch Betriebskosten, die ebenso laut Beilage geteilt angesetzt wurden. An anzuerkennenden Kosten für die doppelte Haushaltsführung haben daher die ursprünglich geltend gemachten 4.649,88 € als Werbungskosten zur Gänze Berücksichtigung zu finden.

Anders verhält es sich mit den geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten. Die einfache Wegstrecke zum Familienwohnsitz beträgt 450 km. Es liegen nur Nachweise für die Benützung der Bahn vor. Für die spontan mit dem PKW angetretenen Familienheimfahrten konnten keine entsprechenden Aufzeichnungen (Fahrtenbuch, Tankrechnungen etc.), -zumindest was das Streitjahr 2015 betrifft- mehr vorgelegt werden, sodass einvernehmlich die Kosten für die Familienheimfahrten im Ausmaß von 717,20 € -somit mit den tatsächlich getragenen Bahnkosten- bestimmt wurden.

Insgesamt betragen daher die anzuerkennenden Werbungskosten aus dem Titel doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrt 5.367,08 € (laut Erstbescheid fanden hingegen 7.673,88 € Anerkennung). 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine ordentliche Revision ist deshalb nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der grundsätzlich Bedeutung zukommt, von der Rechtsprechung des VwGH nicht abgegangen wurde und ausschließlich Sachverhaltsfragen im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu klären waren.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100804.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at