SEG-Zulagen einer biomedizinischen Analytikerin
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der A, Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015 nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
In ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2015 machte die Beschwerdeführerin neben Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen sonstige Kosten in der Höhe von 1.862,94 Euro als Werbungskosten geltend.
Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin um Vorlage von Unterlagen über die geltend gemachten Werbungskosten.
In dem bei der belangten Behörde am eingelangten und als Beilage zur Arbeitsnehmerveranlagung 2015 bezeichneten Formblatt wurde durch Ankreuzen und Ausfüllen der entsprechenden Felder angegeben, die ausbezahlten Erschwernis- bzw. Schmutzzulagen seien dem wirtschaftlichen Gehalt nach Gefahrenzulagen und die ausbezahlten Gefahrenzulagen seien zu Unrecht steuerpflichtig behandelt worden. Die Beschwerdeführerin habe im Jahr 2015 1.862,94 Euro an Gefahrenzulagen erhalten; diese hätten pro Monat durchschnittlich 155,25 Euro betragen. Ihre Tätigkeit beschrieb die Beschwerdeführerin als Arbeit mit hochinfektiösem Material und als Arbeiten an Sonn- und Feiertagen. Als Art der Gefährdung ist im Formblatt (vorgedruckt) angegeben: „z.B. Infektionsgefahr beim Untersuchen von Lebensmittelproben, Bakterienkulturen, Harn- und Blutuntersuchungen; Vergiftungsgefahr beim Umgang mit Giften; Explosionsgefahr; Verätzungsgefahr beim Umgang mit Säuren und verätzenden Chemikalien.“ Die „durchschnittliche Zahl der Arbeitsstunden mit Gefährdung im Monat“ wurde mit „102“ angegeben. Abschließend wurde um Korrektur der zu Unrecht besteuerten Zulagen ersucht.
Mit Bescheid vom wurden die Sonderausgaben und die Kinderbetreuungskosten erklärungsgemäß berücksichtigt, die für die Kinder geltend gemachten Krankheitskosten wurden mangels Überschreitens des Selbstbehaltes nicht steuerwirksam. In der Begründung wurde ausgeführt, Gefahrenzulagen könnten nicht im Wege der Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht werden. Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen sei, hätten nicht berücksichtigt werden können, da diese den Selbstbehalt in der Höhe von 1.579,96 Euro nicht überstiegen hätten.
Dagegen richtete sich die Beschwerde vom . Die Beschwerdeführerin brachte vor, die von ihr im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung eingebrachte Beilage betreffend die Korrektur von zu Unrecht besteuerten Zulagen sei nicht gewürdigt bzw. bearbeitet worden. Sie ersuche um nachträgliche Bearbeitung der Beilage und gegebenenfalls um Korrektur ihres Einkommensteuerbescheides. Mittlerweile gäbe es laut Angabe des Zentralbetriebsrates sieben Vorlageanträge, welche beim Bundesfinanzgericht zur Entscheidung lägen.
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, Gegenstand der Beschwerde sei die steuerliche Behandlung der Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulage der bei der B GmbH (Bkurz) beschäftigten Beschwerdeführerin. Erschwernis- und Schmutzzulagen (mit Ausnahme der in der Pathologie beschäftigten Dienstnehmer) seien ab steuerpflichtig abzurechnen. Die Erfordernisse für eine Behandlung gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 seien nicht gegeben gewesen. Die gewährten Gefahrenzulagen könnten bei Erfüllung der Voraussetzungen steuerfrei im Sinne des § 68 Abs. 1 EStG 1988 abgerechnet werden. Die von der Beschwerdeführerin aufgestellte Behauptung, wonach die ausbezahlten Erschwernis- bzw. Schmutzzulagen dem wirtschaftlichen Gehalt nach Gefahrenzulagen seien, sei unrichtig. Dies sei nach nochmaliger Rücksprache mit dem Abrechnungsverantwortlichen abgeklärt worden. Die Art der Gewährung der Zulagen richte sich nach strengen Vereinbarungen, im gegebenen Fall nach dem Vertragsbedienstetengesetz. Laut Lohnkonto sei ersichtlich, dass die Erschwerniszulage voll pflichtig abgerechnet worden sei und die Gefahrenzulage in elf Lohnzahlungszeiträumen steuerfrei und in einem Lohnzahlungszeitraum pflichtig behandelt worden sei. Da die Lohnverrechnung ordnungsgemäß unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen erfolgt sei und somit auch der Lohnzettel für das Kalenderjahr 2015 seine Richtigkeit habe, sei das Beschwerdebegehren abzuweisen gewesen. Eine Korrektur des Lohnzettels durch das Finanzamt der Betriebsstätte erfolge nicht.
Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom . Die Beschwerdeführerin brachte vor, sie begehre die Steuerfreistellung der Erschwerniszulage. Ihre Gehaltsabrechnung beinhalte auch noch eine Gefahrenzulage und eine Aufwandsentschädigung, welche aber von der Beschwerde nicht erfasst seien, da diese steuerlich korrekt behandelt worden seien. Die Erschwerniszulage (Vergütung nach § 112 GehG) sei deshalb steuerfrei zu belassen, da es sich dabei dem wirtschaftlichen Gehalt nach um eine Gefahrenzulage handle (siehe dazu § 21 BAO). Die Gefahr bestehe in der Tatsache, dass sie erhöhter Infektionsgefahr durch Patientenproben (Stuhl, Blut, Sputum, Harn, etc.) ausgesetzt sei, welche primär das gesamte Erregerpotenzial enthalten könnten. Sie sei dieser Gefahr überwiegend in ihrer Tätigkeit ausgesetzt. Weiters verweise sie auf die Ausführungen in ihrer Beschwerde sowie auf die an das Finanzamt übermittelte Stellungnahme und beantrage, diese dem Bundesfinanzgericht vorzulegen. Abschließend beantragte die Beschwerdeführerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin ersucht, Unterlagen über Art und Umfang der von der Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeit vorzulegen.
Am übermittelte die Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin dem Bundesfinanzgericht die Arbeitsplatzbeschreibungen vom und die vom und den die Beschwerdeführerin betreffenden „Schulungsplan für Inspektoren in Ausbildung“ und teilte mit, für das Jahr 2015 gebe es keine Arbeitsplatzbeschreibung.
In der mündlichen Verhandlung verwiesen die Beschwerdeführerin und ihr Vertreter, dem die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung die Vollmacht erteilt hat, auf eine Unterlage, wonach solche Zulagen steuerfrei seien. Seit Mitte September 2015 sei sie neben ihrer Tätigkeit auch als Inspektorin tätig, sie dürfe also alleine im Außendienst Wasserproben entnehmen. Im Bereich Lebensmittelmikrobiologie habe sie hauptsächlich mit Lebensmittel zu tun, die dort einlangten und bearbeitet (untersucht) würden. Im Institut liege eine Liste auf, in der alle Stoffe aufgelistet seien, mit der die Beschwerdeführerin zu tun habe. Die Beschwerdeführerin übergibt dem Bundesfinanzgericht die „Gefahrstoffliste Bkurz C Ort“. Von der Beschwerdeführerin würden hauptsächlich Lebensmittel auf die Keime untersucht, die vorkommen könnten. Die Liste enthalte die Mittel, mit denen die Untersuchungen vorgenommen werden würden. Untersucht würden Verdachtsproben oder ganz normal gezogene Proben. An den Wochenenden, an denen die Beschwerdeführerin Dienst habe, müsste auch humanmedizinisches Untersuchungsgut (wie Blut, Körperausscheidungen, etc.) untersucht werden. Sie habe zirka einmal im Monat einen Wochenenddienst. Sie habe auch Wasserproben auf Legionellen zu untersuchen. Im Jahr 2015 habe sie die Ausbildung für die Probenentnahmen von Wasser vor Ort absolviert, derzeit würden diese Probenentnahmen zirka die Hälfte ihrer Arbeitszeit in Anspruch nehmen. Im verfahrensgegenständlichen Jahr sei dies nicht der Fall gewesen, sie dürfe erst seit Abschluss ihrer Ausbildung in der Probenentnahme tätig sein; im Jahr 2015 sei sie hauptschlich in der Abteilung Lebensmittelmikrobiologie tätig gewesen. Auch bei den Probenentnahmen sei eine Gefährdung im überwiegenden Maße gegeben. Die von ihrer Arbeitgeberin ausbezahlte Zulage gemäß § 112 GehG heiße nicht Erschwerniszulage, § 112 GehG sei einschlägig. Die in Labors tätigen biomedizinischen Analytiker seien von § 112 GehG erfasst. Es gäbe abertausend im Bund und Land Tätige, die die Zulage gemäß § 112 GehG steuerfrei ausbezahlt bekämen, nur für die Vertragsbediensteten bei der Bkurz sei die Zulage gemäß § 112 GehG steuerpflichtig. Beamtete medizinisch-technische Assistenten seien steuerfrei, im gesamten öffentlichen Dienst sei § 112 GehG steuerfrei, nur nicht in der Bkurz. Das sei auch logisch, weil der Bundesdienst nicht geprüft werde. Von der Vergütung nach § 112 GehG seien die Erschwernis-, die Gefahren- und die Schmutzzulage erfasst. Sie sei im Jahr 2015 teilzeitbeschäftigt gewesen, es seien damals 20 Stunden in der Woche gewesen. Mit den Stoffen der Gefahrstoffliste habe die Beschwerdeführerin täglich zu tun, auch im Außendienst, um zum Beispiel eine Probe zu stabilisieren. Sie wisse nie, was sich in der Probe befinde. Die Gutachter, die viel verkosteten, würden Gefahrenzulage wegen der mit der Verkostung verbundenen Gefahr erhalten. Die Beschwerdeführerin arbeite die Probe ab, die Gutachter erstellten mit den von ihr erarbeiteten Werten die Gutachten. Die biomedizinischen Analytiker würden die Proben abarbeiten, und nach der technischen Validierung erstellten die Gutachter die Gutachten. Es gäbe Sicherheitskleidungen und Sicherheitsvorschriften. Für die Beamten heiße diese Vergütung nicht Erschwerniszulage, sondern Vergütung gemäß § 112 GehG. Je nach Parameter würden unterschiedliche Materialien benötigt werden, je nachdem was zu untersuchen sei. Zuerst werde die Probe erfasst, und das zu untersuchende Produkt mit verschiedenen Mitteln versetzt und dann in eigens dafür vorgesehenen Geräten weiter behandelt (gebrütet, geschüttelt, etc.). Salzsäure zum Beispiel dürfe nur unter einem Abzug geöffnet werden.
Die belangte Behörde verwies auf eine Auskunft gemäß § 90 EStG 1988. Es habe sich um eine fallbezogene Anfrage gehandelt. Die belangte Behörde beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin führte abschließend aus, ihre Arbeitgeberin habe mehrere Betriebsstätten, es stelle sich die Frage, ob die vom Finanzamt erteilte Auskunft, die sich nur auf eine Betriebsstätte beziehe, für alle Betriebsstätten gültig sei. Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag, der Beschwerde stattzugeben.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Aufgrund der von der Beschwerdeführerin beigebrachten, der von der belangten Behörde und aufgrund der von ihrer Arbeitgeberin vorgelegten Unterlagen sowie aufgrund der Ausführungen der Beschwerdeführerin stand unbestritten fest, dass die Beschwerdeführerin im verfahrensgegenständlichen Jahr als Vertragsbedienstete bei der B GmbH im Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene (C), Abteilung Lebensmittelmikrobiologie (D), tätig war. Im Rahmen der Untersuchung von Lebensmittel in dieser Abteilung in dafür eingerichteten Labors gehörten zu den Aufgaben der Beschwerdeführerin, einer biomedizinischen Analytikerin, beispielsweise die Durchführung von mikrobiologischen Tests und Prüfungen, die Durchführung von vollständigen Analysen nach Prüfvorschrift, Ausfertigung von Analysebefunden, und die Ausarbeitung von Untersuchungsverfahren. Neben den vorstehend genannten Tätigkeiten absolvierte die Beschwerdeführerin die Ausbildung zur Inspektorin; nach Abschluss dieser im September 2015 war sie berechtigt, Wasserproben zu entnehmen. Im Rahmen von Wochenenddiensten, zu denen die Beschwerdeführerin im Regel einmal pro Monat eingeteilt wird, waren von der Beschwerdeführerin auch humanmedizinische Untersuchungen vorzunehmen; bei diesen waren Blut, Körperausscheidungen, etc. auf übertragbare und nicht übertragbare Krankheiten zu untersuchen.
Die Beschwerdeführerin erhielt im verfahrensgegenständlichen Zeitraum eine Gefahrenzulage ausbezahlt, diese wurde von der Arbeitnehmerin der Beschwerdeführerin steuerfrei behandelt. Daneben gelangte eine, in den Entgeltnachweisen als Erschwerniszulage bezeichnete Vergütung gemäß § 112 GehG zur Auszahlung. Diese wurde von der Arbeitgeberin nach dem Tarif versteuert.
Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis 360 Euro monatlich steuerfrei.
Soweit Zulagen und Zuschläge durch Abs. 1 und 2 nicht erfasst werden, sind sie nach dem Tarif zu versteuern (§ 68 Abs. 3 EStG 1988).
§ 68 Abs. 5 EStG 1988 lautet:
„Unter Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sind jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die
- in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken,
- im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen, oder
- infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.
Diese Zulagen sind nur begünstigt, soweit sie
1. auf Grund gesetzlicher Vorschriften,
2. auf Grund von Gebietskörperschaften erlassener Dienstordnungen,
3. auf Grund aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,
4. auf Grund der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung,
5. auf Grund von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,
6 auf Grund von Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 4 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden,
7. innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern
gewährt werden.“
§ 112 Abs. 1 GehG 1956 lautet (auszugsweise):
„Den Beamten des Krankenpflegedienstes gebührt für die mit ihrer Dienstleistung verbundenen Belastungen ein monatliche Vergütung. Diese Vergütung beträgt: (….).“
Strittig war, ob die der Beschwerdeführerin im Jahr 2015 gewährte (als Erschwerniszulage bezeichnete) Vergütung nach § 112 GehG 1956 unter die Steuerbegünstigung nach § 68 Abs. 1 EStG 1988 zu subsumieren ist. Die Beschwerdeführerin brachte vor, bei der strittigen Vergütung handle es sich nach dem wirtschaftlichen Gehalt um eine Gefahrenzulage.
Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzustimmen, dass die Bezeichnung einer Zulage für ihre steuerliche Behandlung nicht ausschlaggebend ist (Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar § 68 Tz 10). Jedoch hat die Steuerbefreiung für Gefahrenzulagen oder Erschwerniszulagen zur Voraussetzung, dass die zu leistenden Arbeiten – worunter nur die vom Arbeitnehmer auf Grund des Dienstverhältnisses schlechthin (insgesamt) zu erbringende Arbeitsleistung verstanden werden kann – überwiegend unter Umständen ausgeführt werden, die zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen oder die Arbeiten eine außerordentliche Erschwernis darstellen. Die Frage der Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperliche Sicherheit oder die der außerordentlichen Erschwernis ist also nicht allein anhand jener Arbeiten zu untersuchen, mit denen diese Gefährdung oder Erschwernis verbunden sind. Vielmehr ist bezogen auf die gesamten vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeiten innerhalb eines Lohnzahlungszeitraumes im Sinne des § 77 EStG 1988 zu prüfen, ob sie überwiegend eine solche Gefahrenlage oder Erschwernis bewirken. Es müssen also in zeitlicher Hinsicht die Tätigkeiten, die mit einer Gefährdung oder Erschwernis verbunden sind, überwiegen (). Die Möglichkeit der Gefahr oder Erschwernis kann somit nicht berücksichtigt werden, wenn die damit verbundene Tätigkeit nur einen geringen Teil der Arbeitszeit, für die eine Zulage zusteht, ausmacht ().
Es muss vom Steuerpflichtigen nachgewiesen werden, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden ().
Von Arbeiten unter außerordentlicher Erschwernis kann nur dann gesprochen werden, wenn sie sich entweder selbst als außerordentlich schwierig erweisen, unter außerordentlich schwierigen Bedingungen auszuführen oder besonders dringlich sind (; Jakom/Lenneis EStG, 2018, § 68 Rz 7). Der Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen muss innerhalb der jeweiligen Berufsgruppe gezogen werden (vgl. ).
Die Beschwerdeführer in hat weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren behauptet oder vorgebracht, die von ihr zu verrichtenden Arbeiten seien unter einer außerordentlichen Erschwernis erfolgt. Es wurde stets darauf hingewiesen, die strittige Zulage stelle eine Gefahrenzulage dar. Auch aus den von der Arbeitgeberin vorgelegten Unterlagen (Arbeitsplatzbeschreibungen, Schulungsplan) und den Feststellungen des Finanzamtes der Betriebsstätte ließen sich keine Hinweise dafür entnehmen, dass die von der Beschwerdeführer in verrichteten Arbeiten im Vergleich zu den allgemeinen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellt hätten.
Die Beschwerdeführer in hat in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, sie habe bei ihren Untersuchungen auch mit Blut oder anderen Körperausscheidungen zu tun und von den für die Untersuchungen erforderlichen Arbeitsstoffen ginge eine Gefährdung aus. Es ist der Beschwerdeführer in zwar zuzustimmen, dass das Arbeiten mit potenziell infektiösen Materialien eine Gefährdung der Gesundheit bzw. des Lebens mit sich bringen können () oder bei Arbeitnehmern, die mit fremden Blut oder Harn in Kontakt kommen können, eine entsprechende Zulage steuerbegünstigt gewährt werden kann, jedoch führten diese Ausführungen nicht zum Erfolg der Beschwerde.
Zum einen erhielt die Beschwerdeführerin eine (von der Arbeitgeberin steuerfrei) belassene Gefahrenzulage, die diese typische Berufsgefahr entsprechend abgilt. Zum anderen wurden von der Beschwerdeführerin humanmedizinische Untersuchungen, bei denen sie mit Blut oder anderen Körperausscheidungen in Kontakt kommen konnte, nur im Rahmen von Wochenenddiensten, zu denen sie ihren eigenen Aussagen zufolge im Regelfall nur einmal im Monat eingeteilt worden ist, durchgeführt. Ein überwiegendes Arbeiten unter Gefährdungsumständen während des gesamten Lohnzahlungszeitraumes im Sinne des § 77 EStG 1988 war daher nicht gegeben. Zu den Stoffen, die für die Untersuchungen der Lebensmittel erforderlich sind, und die nach Angaben der Beschwerdeführerin eine Gefährdung für ihr Leben und Gesundheit darstellten, ist festzuhalten, dass selbst nach den Angaben in der von der Beschwerdeführerin dem Bundesfinanzgericht übergebenen Liste der Arbeitsstoffe („Gefahrstoffliste Bkurz C Ort“) von den in den Labors und in der Abteilung D verwendeten Arbeitsstoffen keine oder keine besonderen Gefährdungen zu erwarten sind und diese Stoffe unter Benützung entsprechender Schutzkleidung und technischer Schutzmaßnahmen verwendet werden. Aus den Angaben in dieser Liste lässt sich auch ableiten, dass sogar von fast allen, vom Institut C verwendeten Arbeitsstoffen keine oder keine besonderen Gefährdungen zu erwarten sind. Selbst wenn diese Stoffe, die für die Untersuchung der unterschiedlichen Parameter Verwendung gefunden haben, eine Gefährdung dargestellt hätten, konnte mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin insgesamt zu erbringenden Arbeiten nicht dargelegt werden, dass die Beschwerdeführerin während ihrer gesamten Arbeitszeit – selbst unter Einrechnung des Wochenenddienstes – überwiegend unter Gefährdungsumständen tätig gewesen ist.
Denn (wie bereits ausgeführt) ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (durch Vorlage des Lohnkontos und der zugehörigen Grundaufzeichnungen, etc.) der Nachweis erforderlich, um welche Arbeiten es sich im Einzelnen gehandelt hat und wann diese geleistet worden sind. Einen solchen Nachweis hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht erbracht.
Unterlässt es der Abgabepflichtige, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlichen überprüfbaren Nachweise zu erbringen, sind die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht nicht gehalten, von sich aus eigene Ermittlungen anzustellen. Vielmehr hat der Abgabepflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt bzw. nehmen will, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (). Die dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Unterlagen und die Ausführungen der Beschwerdeführerin vermochten diesen Nachweis nicht zu erbringen. Die von der Beschwerdeführerin angegebene „durchschnittliche Zahl der Arbeitsstunden mit Gefährdung im Monat“ von „102“ wurde durch keine Unterlagen nachgewiesen, noch ließ sich diese Stundenanzahl durch ihre Ausführungen nachvollziehen. Im Gegenteil, diese Stundenanzahl ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht glaubwürdig, wenn man berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, im verfahrensgegenständlichen Jahr 20 Stunden in der Woche gearbeitet zu haben.
Betreffend die strittige Vergütung sind daher die in § 68 EStG 1988 geforderten Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerfreiheit nicht gegeben. Auch in vergleichbaren Beschwerdefällen, auf die die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde hingewiesen hat, wurden die Begehren auf steuerliche Begünstigung der als Erschwerniszulage bezeichneten Vergütung als unbegründet abgewiesen (zum Beispiel ; ). Festzuhalten ist noch, dass der Umstand, dass ein für die Beschwerdeführerin einschlägiges Gesetz eine Vergütung für die mit der Dienstleistung verbundenen besonderen Belastungen vorsieht, nicht als Erfüllung der Voraussetzungen des § 68 Abs. 5 EStG 1988 angesehen werden kann. Die lohngestaltende Regelung kann in typisierender Betrachtung auf eine allgemein gegebene Gefahrengeneigtheit abstellen. § 68 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 EStG 1988 stellt hingegen darauf ab, dass tatsächlich nach den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls eine Berufsgefahr (überwiegend) besteht ().
Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen, sondern hat sich auf diese sowie auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen und auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestützt.
Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.
Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 68 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 68 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 112 Abs. 1 GehG, Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54/1956 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100579.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at