Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.04.2019, RV/5100033/2017

Kosten für den Besuch einer Gewerkschaftsschule und Anschaffungskosten für ein iPad, welches für den Schulbesuch erforderlich ist, stellen keine Werbungskosten dar.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin (Bf) erzielt nichtselbstständige Einkünfte als Büroangestellte im Versand eines global operierenden Unternehmens.
Sie ist Mitglied des Betriebsrates und besuchte im Veranlagungsjahr 2014 die "Gewerkschaftsschule" und machte die Kosten für diese Schule sowie die Kosten für ein iPad, das sie für diese Fortbildungsmaßnahme benötigte, bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2014 als Werbungskosten geltend.

Zunächst veranlagte die belangte Behörde die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung mit Bescheid vom erklärungsgemäß.
Mit Wiederaufnahmebescheid vom wurde das Verfahren wieder aufgenommen und im gleichzeitig erlassenen Einkommensteuerbescheid 2014 das Werbungskostenpauschale in Höhe von 132 € zum Abzug gebracht; es wurden weder die für die "Gewerkschaftsschule" noch die für die Anschaffung des iPads geltend gemachten Kosten berücksichtigt.
Anstatt bisher mit -1.308 € wurde die Einkommensteuer mit -671 € festgesetzt, weshalb es zu einer Nachforderung an Einkommensteuer in Höhe von 637 € kam.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit Eingabe vom das Rechtsmittel der Beschwerde mit der Begründung, dass der Besuch der Gewerkschaftsschule der Fort- und Weiterbildung dienen würde. Die daraus gewonnenen Kenntnisse würde sie auch in ihrem ausgeübten Beruf verwenden und es mögen auch die Kosten für das für die Schule benötigte iPad berücksichtigt werden. Mit einer weiteren Eingabe vom ergänzte sie ihr bisheriges Vorbringen dahingehend, dass auch die Zuwendungen an Institutionen wie ProJuventute, Österreichisches Rotes Kreuz, und Nachbar in Not gemäß § 4a EStG berücksichtigt werden mögen.

Am wies die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung das Beschwerdebegehren der Bf mit folgender Begründung ab:
Die  Zuwendungen an ProJuventute, Österreichisches Rotes Kreuz, und Nachbar in Not wären bereits im angefochtenen Einkommensteuerbescheid berücksichtigt worden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes würden Aufwendungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Personalvertreter/Betriebsrat nicht der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus dem Dienstverhältnis dienen.
Die Tätigkeit als Personalvertreter und Betriebsrat stelle eine von der Tätigkeit als Dienstnehmer zu unterscheidende Tätigkeit dar. Da der Personalvertreter/Betriebsrat nicht im Interesse des Dienstgebers tätig werde, könnten die mit dieser Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen für die Gewerkschaftsschule nicht als Werbungskosten abgezogen werden.

Mit Schriftsatz vom stellte die Bf einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte im Wesentlichen begründend aus:
Die Beschwerde hinsichtlich des Ersatzes der Aufwendungen, die im Zuge der Teilnahme an der Gewerkschaftsschule entstanden wären, wären in keiner Weise auf ihre Tätigkeit als Mitglied des Betriebsrates zurückzuführen. Sie habe nicht in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Betriebsrates teilgenommen; sie habe diese Aufwendungen im Zusammenhang mit der Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus dem bestehenden Dienstverhältnis gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 EStG 1988 geltend gemacht.
Zu den Aufgaben der Bf zähle vor allem die Kommunikation mit externen Kunden. Dabei werde den Kunden Auskunft darüber erteilt, wie ihre Ware verladen werde, wie etwaige Packlisten auszufüllen wären oder ob es der Zuordnung spezifischer Ladenummern bedarf. Auch bei auftretenden Problemen im Zuge des Lade- und Sendevorganges wie zB zurückgebliebener oder falsch verladener  Ware verlaufe die Kommunikation über die Bf. Ihre Aufgabe wäre es, Auskunft über den weiteren Verlauf des Sendevorganges und etwaiger Lösungsansätze zu geben. Im Hinblick darauf sei es evident, dass die in der Gewerkschaftschule erworbenen Kenntnisse im Bereich Konfliktmanagement, Grundlagen der Kommunikation, Beratungskompetenz und Rhetorik der Bf eine bessere Berufsausübung ermöglichen würden. Darüber hinaus würden sich vor allem durch die erworbenen Kenntnisse im Bereich Konfliktmanagement positive Auswirkungen bei innerbetrieblichen Konfliktfällen iZm Rücksprachen mit Kollegen bzw. Abwicklern ergeben.
Es treffe daher zu, dass die Bf an der Gewerkschaftsschule auch dann teilgenommen hätte, wenn sie nicht Mitglied des Betriebsrates wäre. Ziel des Besuches wäre gewesen, im schon ausgeübten Beruf jene Fähigkeiten weiterzuentwickeln, auf welche sie in ihrem Beruf angewiesen wäre. Ihr ausschließliches Interesse habe darin bestanden, sich in ihrem bereits ausgeübten Beruf weiterzubilden, weshalb ein abzugsfähiger Fortbildungsaufwand vorliegen würde.

Mit Vorlagebericht vom wurde die gegenständliche Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt; darin beantragte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde.
Als Beweismittel dafür legte diese den Semesterplan der Gewerkschaftsschule vor.

Stundenplan 1. Semester:

[...]

2. Beweiswürdigung:

Die Bf, die als Büroangestellte im Versand eines global operierenden Unternehmens zuständig für die Kommunikation mit externen Kunden ist, besuchte im Veranlagungsjahr 2014 das erste Semester ( - ) der Gewerkschaftsschule XYZ.
Die Kosten für den Schulbesuch machte sie bei der Arbeitnehmerveranlagung 2014 ebenso als Werbungskosten geltend wie die Kosten für ein iPad, das sie laut eigenen Angaben für diese Bildungsmaßnahme benötigte.
Die als Werbungskosten beantragten Aufwendungen wurden von der belangten Behörde nicht als solche anerkannt; auch die gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen.
Im Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht argumentierte die Bf dahingehend, dass sie die Gewerkschaftsschule nicht in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Betriebsrates besucht hätte, sondern um ihre Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit zu sichern und zu erhalten. Ziel des Besuches sei gewesen, im schon ausgeübten Beruf jene Fähigkeiten weiterzuentwickeln, auf welche sie in ihrem Beruf, insbesondere in der Kommunikation mit externen Kunden, angewiesen wäre, weshalb ein abzugsfähiger Fortbildungsaufwand vorliegen würde.
Sie habe externen Kunden bei auftretenden Problemen im Zuge des Lade- und Sendevorganges Auskunft über den weiteren Verlauf des Sendevorganges und etwaiger Lösungsansätze zu geben. Daher würden ihr die in der Gewerkschaftsschule erworbenen Kenntnisse im Bereich Konfliktmanagement, Grundlagen der Kommunikation, Beratungskompetenz und Rhetorik eine bessere Berufsausübung ermöglichen. Darüber hinaus würden sich vor allem durch die erworbenen Kenntnisse im Bereich Konfliktmanagement positive Auswirkungen bei innerbetrieblichen Konfliktfällen iZm Rücksprachen mit Kollegen und Abwicklern ergeben.
Aus dem von  der belangten Behörde vorgelegten Stundenplan für das erste Semester der Gewerkschaftsschule ist zu entnehmen, dass das Unterrichtsfach "Rhetorik am Lehrgangsort" während des gesamten Semesters nur einmal, nämlich am Samstag, den in der Zeit von 09:00 - 17:00 Uhr  auf dem Stundenplan gestanden ist.
Andere Fächer wurden an drei Tagen unterrichtet, wie beispielsweise:
"Staat - Recht - Verfassung", "Wir in der Gesellschaft", "Arbeitnehmerinnen - Geschichte", "Gewerkschaftskunde und Interessensvertretung", "Arbeit und Gesundheit", "Arbeitsrecht am Lehrgangsort", "Betriebliche Interessensvertretung" und "Entwicklung", jeweils verbunden mit der Wahl des Semestersprechers und einmal mit anschließender Weihnachtsfeier;
an zwei Tagen stand am Lehrplan:
"Lernen Lernen", "-Ismen";
lediglich an einem Tag, so wie das Fach Rhetorik, wurde unterrichtet:
"Heimisch werden", "Organisationspolitik: Jugend im ÖGB" und "Arbeit mit Beeinträchtigung".

Rechtslage:

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Gemäß § 16 Abs. 1 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.

Erwägungen:

 
Vorweg ist festzuhalten - wie schon die belangte Behörde in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung ausführlich darlegte - , dass Aufwendungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Betriebsrat nicht abzugsfähig sind.
Der Verwaltungsgerichtshof und der Unabhängige Finanzsenat vertreten in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, dass die Tätigkeit als Personalvertreter bzw. als Betriebsrat von der Tätigkeit als Dienstnehmer zu unterscheiden ist und aus derartigen Funktionen erwachsende Aufwendungen nicht zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus dem Bezug habenden Dienstverhältnis dienen (vgl. ; , 89/14/0212; , 92/13/0298; , 95/14/0070; , 99/13/0174; -G/06; , RV/0834-L/09).

Im gegenständlichen Fall behauptet die Bf, insbesondere in ihrem Antrag auf Vorlage der Beschwerde, dass sie die Gewerkschaftsschule nicht in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Betriebsrates besucht hätte, sondern um im schon ausgeübten Beruf jene Fähigkeiten weiterzuentwickeln, auf welche sie in bei ihrer beruflichen Tätigkeit, insbesondere in der Kommunikation mit externen Kunden, angewiesen wäre. Es würde sich daher um eine Fortbildungsmaßnahme handeln, weshalb die geltend gemachten Kosten als Werbungskosten abzugsfähig wären.

Somit ist die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen von einem Fortbildungsaufwand gesprochen werden kann: 
Fortbildungsaufwand liegt vor, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Wesentlich ist hierbei, dass ein Zusammenhang mit dem bereits ausgeübten Beruf besteht. Wesentlich ist weiters, dass das durch das Studium vermittelte Wissen in einem wesentlichen Umfang im Rahmen der ausgeübten beruflichen Tätigkeit verwertet werden kann.

Es ist also der entscheidungswesentliche Sachverhalt dahingehend zu beurteilen, ob die Bf die Inhalte des in der Gewerkschaftsschule vermittelten Wissens unmittelbar und in wesentlichem Umfang im Rahmen der ausgeübten beruflichen Tätigkeit verwertet bzw. verwerten kann.
Wie unter Punkt 2. - Beweiswürdigung - festgehalten wurde, geht aus dem Stundenplan der Gewerkschaftsschule eindeutig hervor, dass der Vermittlung von Rhetorik eine eindeutig untergeordnete Rolle zugedacht wurde und die von der Bf ebenfalls angesprochenen Themen Konfliktmanagement, Grundlagen der Kommunikation und Beratungskompetenz überhaupt keinen Eingang in den Stundenplan fanden. 
Nur das Fach Rhetorik wurde unterrichtet; jedoch im gesamten Semester nur ein einiges Mal, während Fächer wie: "Staat - Recht - Verfassung", "Wir in der Gesellschaft", "Arbeitnehmerinnen - Geschichte", "Gewerkschaftskunde und Interessensvertretung", "Arbeit und Gesundheit", "Arbeitsrecht", "Betriebliche Interessensvertretung" und "Entwicklung" mehrmals, nämlich an drei verschiede Unterrichtstagen gelehrt wurden; sie fanden damit einen wesentlich breiteren Eingang in die Wissensvermittlung durch die Gewerkschaftsschule.

Aufgrund dieser Tatsache ist festzuhalten, dass das in der Gewerkschaftsschule vermittelte Wissen weder unmittelbar noch in wesentlichem Umfang in der von der Bf ausgeübten beruflichen Tätigkeit verwertet bzw. eingesetzt werden konnte.
Für das erkennende Gericht ist nicht glaubwürdig, dass externen Kunden an Themen wie "Gewerkschaftskunde und Interessensvertretung", "Arbeit und Gesundheit", "Arbeitsrecht", "Betriebliche Interessensvertretung" und "Entwicklung" im Zusammenhang mit der Abwicklung ihrer Geschäfte interessiert sind bzw. daraus für die Abwicklung ihrer Geschäfte mit dem Unternehmen, in dem die Bf beschäftigt ist, etwas gewinnen bzw. davon profitieren können.
Ein Einsatz und eine Verwertung des an der Gewerkschaftsschule im Wesentlichen vermittelten Wissens im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Bf ist daher nicht gegeben.
Vielmehr sind dies Themen, die für die Bf in erheblichem Umfang für ihre Tätigkeit als Mitglied des Betriebsrates notwendig und wesentlich sind.
Da, wie obenstehend bereits ausgeführt, die Tätigkeiten als Personalvertreter bzw. Betriebsrat von der Tätigkeit als Dienstnehmer klar zu unterscheiden sind, stellen auch im gegenständlichen Beschwerdefall die für den Besuch der Gewerkschaftsschule und die Anschaffung des für den Schulbesuch erforderlichen iPads geltend gemachten Aufwendungen  keine Kosten für Fortbildung im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 10 EStG dar; sie sind somit nicht als Werbungskosten abzugsfähig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden ist.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da dies gegenständlich nicht der Fall ist, war die Revision nicht zuzulassen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100033.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at