Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.04.2019, RV/5100210/2016

DBA China - Rückerstattung Kapitalertragsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. NN in der Beschwerdesache BF, Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt XYZ vom , StNr, betreffend Kapitalertragsteuer 2009 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird insofern abgeändert, als 3.927,40 € an Kapitalertragsteuern 2009 rückerstattet werden. 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt/Verfahren

Angefochten ist der Kapitalertragsteuerbescheid 2009.

Der Beschwerdeführer beantragte die Erstattung von 7.511,01 € an Kapitalertragsteuern für Zinsen des Jahres 2009 (Formular E3 vom ). Diesem Antrag gab das Finanzamt statt (Rückzahlungsbescheid für im Abzugswege entrichtete Abgaben vom ).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Beschwerde und beantragte zusätzlich zu den erstatteten Kapitalertragsteuern die Berücksichtigung von Anspruchszinsen; auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift wird verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde wegen verspäteter Einbringung (Ablauf der Rechtsmittelfrist am ) gemäß § 260 BAO zurück.

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Beschwerdeführer, in der Entscheidung über die Beschwerde die Anspruchszinsen zu berücksichtigen; weiters wies er darauf hin, dass die Zustellung des Bescheides erst am erfolgt und damit die Beschwerde rechtzeitig eingebracht worden sei. Auf die näheren Ausführungen wird verwiesen.

In weiterer Folge legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Festgestellter Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war im beschwerdegegenständlichen Jahr in China ansässig. In Österreich bezog er außer Kapitaleinkünften keine anderen Einkünfte.

Der Erstattungsantrag für Kapitalertragsteuern 2009 betrifft inländische Zinseinkünfte, die vorwiegend auf Termingelder, zum Teil jedoch auf Sparbücher bei inländischen Banken entfallen. Auf die dem Erstattungsantrag beigeschlossene Aufstellung "Kapitalerträge und darauf entfallende KESt für das Jahr 2009" wird verwiesen. Die davon einbehaltene Kapitalertragsteuer beträgt insgesamt 7.511,01 €.

Der Beschwerdeführer nahm bei den endfälligen Termingeldern eine jahresweise Abgrenzung der am Ende der Laufzeit ausbezahlten Zinsen und Kapitalertragsteuern vor.

Die Zustellung des angefochtenen Bescheides vom erfolgte am in China.

Beweiswürdigung

Die Ansässigkeit in China ist durch die umfangreichen Sachverhaltsermittlungen des Finanzamtes erwiesen. Der Beschwerdeführer besitzt zwar im Haus der Schwiegereltern in O eine Wohnung, diese hat er 2009 jedoch – nach eigenen Angaben – nur für maximal 14 Tage genützt. Diese Aussage ist glaubwürdig.

Die Zustellung des angefochtenen Bescheides vom wurde erst durch die erfolgreiche Zustellung im Zuge der Nachsendung nach China bewirkt. Mangels Vorliegens von anderen Anhaltspunkten ist den Ausführungen des Abgabepflichtigen, wonach ihm der Bescheid erst am zugestellt worden sei, Glauben zu schenken.

Rechtslage

Gemäß § 198  Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes vorgeschrieben ist, die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen.

Gemäß § 198  Abs. 2 1. Satz BAO haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten.

Gemäß § 240 Abs. 1 BAO ist der Abgabepflichtige bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.

Gemäß § 240 Abs. 3 BAO idF BGBl I 142/2000 hat auf Antrag des Abgabepflichtigen (Abs. 1) die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht

  • eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs. 1 erfolgt ist,

  • ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,

  • ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.

Der Antrag kann bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden. Für das Verfahren über die Rückzahlung ist die Abgabenbehörde zuständig, der die Erhebung der betroffenen Abgabe obliegt. Betrifft der Antrag im Einkommensteuerrecht geregelte Abzugsteuern, so ist das Finanzamt für das Verfahren über die Rückzahlung örtlich zuständig, dem die Erhebung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer des Antragstellers obliegt.

Rechtliche Erwägungen

Rechtzeitigkeit

Die am beim Finanzamt eingelangte Beschwerde ist als rechtzeitig eingebracht zu werten. Die Zurückweisung der Beschwerde erfolgte daher zu Unrecht.

Beschwerdebegehren

Da die Durchführung eines Veranlagungsverfahrens mangels eines Besteuerungsrechtes Österreichs an den betreffenden Einkünften nicht möglich ist, wertete das Finanzamt die Erklärung als Antrag auf Rückzahlung der Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO und führte die Rückerstattung antragsgemäß durch.

Der Beschwerdeführer begehrt nunmehr die Festsetzung von Anspruchszinsen aus den rückerstatteten Kapitalertragsteuern in Höhe von 7.511,01 € im Rückzahlungsbescheid.

Anspruchszinsen sind gemäß § 198 BAO mit Abgabenbescheid festzusetzen, wobei Bemessungsgrundlage die jeweilige Nachforderung oder Gutschrift ist.

Abgabenbescheide sind alle Bescheide, die eine Leistungsgebot in Bezug auf die Erbringung einer abgabenrechtlichen Geldleistung enthalten (Stoll, BAO, 2073). Es kann daher in einem Rückzahlungsbescheid nicht über Anspruchszinsen abgesprochen werden.

Rückerstattung KESt

Die Zuständigkeit für die Rückerstattung von zu Unrecht einbehaltener Beträge richtet sich grundsätzlich nach der Zuständigkeit zur Erhebung der betroffenen Abgabe. Eine Ausnahme hievon sieht der letzte Satz des § 240 Abs. 3 (idF BGBl I 9/2010) vor, wonach sich die Zuständigkeit für die Rückzahlung im Einkommensteuerrecht geregelter Abzugsteuern (insbesondere Lohnsteuer, KESt) nach der Zuständigkeit für die Erhebung der Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer des Antragstellers richtet. Nach der Neufassung durch BGBl I 142/2000 ist § 240 Abs. 3 unter anderem insoweit nicht anwendbar, als ein Ausgleich im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte. Daher ist für die Anwendbarkeit des § 240 Abs. 3 bedeutsam, ob einbehaltene Steuerbeträge (insbesondere Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer) im Veranlagungsverfahren gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 angerechnet werden dürfen (Ritz, BAO6, § 240 Tz 9, Tz 10).

Im gegenständlichen Fall ist eine Anrechnung der einbehaltenen Kapitalertragsteuern in einem Veranlagungsverfahren nicht möglich, da Österreich kein Besteuerungsrecht an den betreffenden Einkünften zukommt.

§ 240 Abs. 3 BAO ist nicht anwendbar, wenn die Einbehaltung aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens zu erfolgen hat (bei zweistufigen Entlastungsverfahren); hier ist die Rechtsgrundlage für die „Rückerstattung“ in der jeweiligen Bestimmung des Doppelbesteuerungsabkommens gelegen (Ritz, BAO6, § 240 Tz 9, Tz 14).

Die im gegenständlichen Fall anzuwendende Bestimmung des Doppelbesteuerungsabkommens mit China lautet:

Art 11 DBA China

  • Zinsen, die aus einem Vertragsstaat stammen und an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person gezahlt werden, dürfen im anderen Vertragsstaat besteuert werden.

  • Diese Zinsen dürfen jedoch auch in dem Vertragsstaat, aus dem sie stammen, nach dem Recht dieses Vertragsstaates besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn der Empfänger der Zinsen der Nutzungsberechtigte ist, 10 vom Hundert des Bruttobetrages der Zinsen nicht übersteigen.

Die vom Finanzamt vorgenommene Erstattung der gesamten einbehaltenen Kapitalertragsteuer entspricht nicht oben angeführter Bestimmung. Es sind lediglich die 10 % des Bruttobetrages übersteigenden Zinsen zu Unrecht einbehalten worden.

Zufluss/Abgrenzung der Zinsen

Die vom Beschwerdeführer durchgeführte pauschale jahresweise Abgrenzung der Zinsen und Kapitalertragsteuern ist aus nachstehenden Gründen unrichtig:

Der Zufluss von Sparbuchzinsen erfolgt nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken am Ende des jeweiligen Kalenderjahres bzw. im Zeitpunkt der Auflösung des Sparbuches (). Hingegen sind Zinsen, die vereinbarungsgemäß dem Kapital zugeschlagen werden, mit dem Ende der jeweiligen Zinsperiode durch Auszahlung oder Gutschrift, zugeflossen (). Bei Sparbriefen, Kapitalsparbüchern, Termineinlagen und Festgeldern liegen die Früchte des hingegebenen Kapitals im Unterschiedsbetrag zwischen der geleisteten Einlage und dem Ende der Laufzeit zurückerhaltenen (höheren) Betrag. Dieser Unterschiedsbetrag stellt Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Der Zufluss erfolgt erst am Ende der Laufzeit bzw. im Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung der Einlage.

Entsprechend den obigen Vorgaben (10 %-Grenze, Abfluss 2009) sind entgegen der beantragten 7.511,01 € lediglich 3.927,40 € an Kapitalertragsteuern zu Unrecht iSd § 240 Abs. 3 BAO lt. nachstehender Aufstellung einbehalten worden.


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Termingeld
Nr.
Zufluss
Zinsen 2009
25 % KESt
Lt. DBA 10 %
für Ö
Zu Unrecht
iSd § 240 (3) BAO
Abfluss-
zeitpunkt
1
9.242,57 €
2.310,64 €
924,26 €
1.386,38 €
3
2.734,65 €
683,66 €
273,47 €
410,40 €
5
5.151,00 €
1.287,75 €
515,10 €
772,65 €
7
3.810,34 €
952,59 €
381,03 €
571,56 €
9
2.604,80 €
651,20 €
260,48 €
390,72 €
11
2.639,33 €
659,83 €
263,93 €
395,90 €
 
 
 
 
3.927,40 €
 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage der Rückerstattung von zu Unrecht einbehaltenen Kapitalertragsteuern liegt eine einheitliche Rechtsprechung vor. Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von im Streitfall ausschließlich einzelfallbezogenen Sachverhaltsfragen ab. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 240 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 240 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 11 DBA RC (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen China (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 679/1992
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100210.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at