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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.08.2018, RV/4100272/2013

Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung - vorübergehende doppelte Haushaltsführung Zinsen für ein Studienbeitragsdarlehen stellen Werbungskosten dar

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf, Anschrift, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Innsbruck vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2011 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Übergang der Zuständigkeit vom UFS auf das BFG:

Eingangs wird darauf hingewiesen, dass gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG mit der Unabhängige Finanzsenat (UFS) aufgelöst wurde. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren ging auf das Bundesfinanzgericht (BFG) über.

Somit sind die streitgegenständlich beim UFS als Abgabenbehörde zweiter Instanz am bereits anhängig gewesenen Berufungen nach § 323 Abs. 38 Bundesabgabenordnung (BAO) vom BFG als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Aus diesem Grunde wird auch im nachfolgenden Entscheidungstext bereits die der neuen Rechtslage entsprechende Terminologie verwendet.

2. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf), eine deutsche Staatsbürgerin, welche im Streitjahr 2011 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus zwei Dienstverhältnissen in Österreich bezog, hat in ihrer am elektronisch eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung unter anderem die Berücksichtigung von Werbungskosten iHv € 1.174,30 (= Reisekosten: € 394,30, Kosten für doppelte Haushaltsführung: € 740,00, sonstige Aufwendungen: € 40,00) beantragt.

Mit Bescheid vom erfolgte von Seiten des Finanzamtes eine erklärungsgemäße Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2011. Die Berechnung der Einkommensteuer für das Jahr 2011 ergab für die Bf auf Grundlage eines ermittelten Einkommens in Höhe von € 24.232,08, eine Einkommensteuerfestsetzung im Betrag von € 1.081,00 (Abgabennachforderung).

In der dagegen elektronisch erhobenen Beschwerde vom , beantragte die Bf sinngemäß eine Neuberechnung der Einkommensteuer für 2011 mit der Begründung, dass Aufwendungen für Ausbildungskosten iHv € 600,00, auf deren Geltendmachung sie vergessen habe, als zusätzliche Werbungskosten zu berücksichtigen seien.

Mit Vorhalt vom wurde die Bf vom Finanzamt - unter Bezugnahme auf die eingebrachte Beschwerde - im Wesentlichen aufgefordert über die beantragten Kosten eine detaillierte Aufstellung zu erstellen und die entsprechenden Belege dafür vorzulegen sowie die Notwendigkeit der doppelten Haushaltsführung unter Mitvorlage von Kopien der beiden Wohnungen näher zu begründen und im Falle einer dauernden doppelten Haushaltsführung den Lohnzettel des Ehepartners vorzulegen.

Mit Eingabe vom teilte die Bf dem Finanzamt sinngemäß mit, dass sie nach Erstellung der Einkommensteuererklärung von ihrem Mann auf die Absetzbarkeit von Kosten für  „Aus- und Fortbildung sowie Umschulung Rz 358-366“ aufmerksam gemacht worden sei und aus diesem Grunde die Beschwerde mit der Geltendmachung des Studienbeitrages als Werbungskosten eingebracht habe. Erläuternd führte die Bf aus, dass sie sich nach ihrem Abitur am Gymnasium in Köln für eine kaufmännische Ausbildung entschieden habe und sich über das absolvierte VWL-Studium für ihren jetzigen Job als Controllerin bei der FirmenN. rüsten habe können. Da ihr VWL-Studienabschluss Voraussetzung für das jetzige Dienstverhältnis gewesen sei, sei die von ihr im Jahr 2011 geleistete Studienbeitragsdarlehensrückzahlung als Ausbildungskosten beantragt worden. Als Nachweis der Ausgabe werde in der Anlage der Kontoauszug des Studienbeitragsdarlehens zum Stichtag vorgelegt.
Des Weiteren teilte die Bf mit, dass es sich bei den geltend gemachten Sonderausgaben um die Summe der Beiträge zur privaten Krankenversicherung (Beleg beiliegend) handle. Bei den von ihr unter dem Titel Reisekosten geltend gemachten Aufwandsbetrag handle es sich einmalig um die km-Pauschale für eine PKW-Fahrt von Köln nach WohnortDHHF, welche mit ihrem Arbeitsantritt im Jänner 2011 im Zusammenhang stehe. Für diese Fahrtkosten habe sie keinerlei Zuschuss, Beihilfe oder Kostenbeteiligung des Arbeitgebers erhalten.
Zur „Notwendigkeit der doppelten Haushaltsführung“ führte die Bf aus, dass ihr Arbeitsverhältnis bei der FirmenN. im Jänner 2011 zunächst auf einen Probemonat und danach auf weitere 5 Monate vorerst befristet abgeschlossen worden sei (siehe Beilagen). Daher sei es ihr noch nicht möglich und zumutbar gewesen, den Haushalt in Köln aufzulösen und habe aus diesem Grunde 2 Bruttomonatsmieten iHv 2 x € 370,00 für das Jahr 2011 als vorübergehende doppelte Haushaltsführung geltend gemacht. Da in den Lohnsteuerrichtlinien für alleinstehende Arbeitnehmer ein Zeitraum von sechs Monaten als angemessen angeführt werde und ihr Dienstverhältnis genau 6 Monate befristet gewesen wäre, ersuche sie nunmehr um die Berücksichtigung der Ausgaben für die vorübergehende doppelte Haushaltsführung in Höhe von 6 Bruttomonatsmieten von je € 370,00 = € 2.200,00 für das Jahr 2011. In WohnortDHHF sei sie zu ihrem Freund gezogen und habe sich anteilig ab an der Wohnungsmiete beteiligt. Für die Wohnungskosten habe sie keinerlei Zuschuss, Beihilfe oder Kostenbeteiligung des Arbeitgebers erhalten. Für Heimfahrten seien von ihr keine Kosten geltend gemacht worden.

Aus der aktenkundigen Abfrage des Finanzamtes aus dem Zentralen Melderegister vom geht hervor, dass die Bf die deutsche Staatbürgerschaft besitzt (Geburtsort: Köln), aus Deutschland zugezogen ist und seit unter der Wohnadresse in Adresse, Unterkunftgeber: NN, mit Hauptwohnsitz gemeldet ist.

Mit Ergänzungsvorhalt vom wurde die Bf vom Finanzamt aufgefordert, die beantragten Kosten der doppelten Haushaltsführung belegmäßig nachzuweisen und dafür die Zahlungsbelege der Miet- und Betriebskosten betreffend die Wohnung am Wohnort (Köln) und am Beschäftigungsort (WohnortDHHF) für den beantragten Zeitraum vorzulegen. Des Weiteren wurde die Bf ersucht, die in Höhe von € 40,00 geltend gemachten sonstigen Werbungskosten belegmäßig nachzuweisen.

Mit Antwortschreiben vom übermittelte die Bf dem Finanzamt als Nachweis für das Erwachsen von Kosten doppelter Haushaltsführung für das Streitjahr 2011 die Überweisung der 6 Bruttomonatsmieten (a`€ 370,40) für die Wohnung in Köln in Form von Kopien der Kontoauszüge einer Kölner Bank, samt Umsatzübersichten für Jänner und Feber 2011 jeweils betreffend KtoNr.: 123, lautend auf die Bf sowie eine Bestätigung ihres Ehegatten AA, dat. mit folgenden Inhalts:
„Miete Wohnung in WohnortDHHF, Straße
Sehr geehrte Damen und Herren, anbei finden Sie die Kontoauszüge, die ich bei meiner Hausbank kostenpflichtig angefordert habe. Dort sind die monatlichen Überweisungen in Höhe von EUR 620,00 für die Wohnung in Adresse ersichtlich.
Hiermit bestätige ich, dass mir die Hälfte dieser Kosten im Zeitraum vom bis von meiner damaligen Freundin (jetzigen Frau) BB in bar ausbezahlt bzw. ersetzt wurden.“

Anzumerken gilt, dass von Seiten der Bf bezüglich der von ihr beantragten Aufwendungen iHv € 40,00, im Rahmen dieser Vorhaltsbeantwortung, kein Nachweis geführt worden war.

Einem weiteren Ergänzungsersuchen des Finanzamtes folgend legte die Bf mit Eingabe vom eine Kopie der Umsatzübersichten zu KtoNr.: 123 über den Zeitraum 01.03. – (erstellt am ) vor, aus welchen hervorgeht, dass von ihrem Kölner Bankkonto mittels Dauerauftrag eine monatliche Mietzahlung iHv € 370,40 abgebucht worden war.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die gegenständliche Beschwerde unter verbösernder Abänderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides - in welchem lediglich der Pauschbetrag für Werbungskosten iHv € 132,00 bei der Berechnung der Einkommensteuer zum Ansatz gebracht wurde - mit nachfolgender Begründung ab:

„An Sie wurde ein durch das Bundesrechenzentrum ausgefertigter Bescheid Einkommensteuer 2011, Berufungsvorentscheidung gemäß § 276 BAO am abgefertigt.
Die Erledigung weicht von Ihrem Begehren aus folgenden Gründen ab:
Nach § 119 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. In diesem Zusammenhang sieht § 138 Abs. 1 BAO vor, dass die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen, sowie dessen Richtigkeit zu beweisen haben. § 138 Abs. 1 BAO betrifft vor allem die Feststellung solcher Verhältnisse, die für die Abgabenbehörde nur unter Mithilfe des Abgabepflichtigen aufklärbar sind, also Umstände, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung näher steht als die Abgabenbehörde.
Nachdem der mit Vorhalt vom und 22. August angeforderte belegmäßige Nachweis betreffend die beantragten sonstigen Werbungskosten nicht nachgereicht wurde, konnten diese nicht anerkannt werden.
Studienbeitragsdarlehen:
Nach § 16 Abs 1. EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten.
Weiters bestimmt § 19 Abs 2 EStG 1988, dass Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet wurden. Da der für die zeitliche Zuordnung von Ausgaben im Gesetz verwendete Begriff „leisten“ im Sinne von „übertragen“ der tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsmacht über Geld oder Geldeswert zu verstehen ist, kann die Rückzahlung von Fremdmitteln, welche zur Finanzierung von Werbungskosten aufgenommen wurden, keinen Werbungskostenabzug vermitteln. Die geltend gemachten Aufwendungen betreffend Studienbeitragsdarlehen konnten daher nicht zum Abzug gebracht werden.
Kosten für doppelte Haushaltsführung:
Laut Sachverhaltsdarstellung hat die Berufungswerberin mit ihren Familienwohnsitz in Österreich begründet.
Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem
- ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder
- ein Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner (auch ohne Kind) oder
- ein allein stehender Steuerpflichtiger mit einem minderjährigen Kind im Sinne des § 106 Abs 1 EStG 1988
einen gemeinsamen Hausstand unterhält der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet.
Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung können immer nur so lange vorliegen, bis der Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort verlegt wurde.
Da sowohl die Beibehaltung des Wohnsitzes in Deutschland, als auch die Begründung des Familienwohnsitzes in Österreich privat veranlasst sind, liegt keine beruflich bedingte doppelte Haushaltsführung vor und die diesbezüglichen Aufwendungen können nicht in Abzug gebracht werden.
Die bereits bescheidmäßig unter dem Titel Reisekosten in Abzug gebrachten Fahrtkosten zum Arbeitsort können aufgrund obiger Ausführungen nicht als „Kosten für doppelte Haushaltsführung“ berücksichtigt werden. Eine allenfalls als Umzugskosten in Betracht kommende Berücksichtigung ist nicht möglich, da eine „Umzug“ voraussetzt, dass der bisherige Wohnsitz aufgegeben wird.“

Mit Eingabe vom wurde seitens der Bf form- und fristgerecht ein Vorlageantrag gestellt und den Feststellungen sowie getroffenen rechtlichen Schlussfolgerungen des Finanzamtes Folgendes entgegnet:

„Betreff: Vorlageantrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Berufung gegen meinen Einkommensteuerbescheid vom )
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 vom erhebe ich Berufung.
Die Arbeitnehmerveranlagung 2011 wurde durchgeführt und dabei an Werbungskosten EUR 394,30 Reisekosten, EUR 740,00 Kosten für doppelte Haushaltsführung (2 Monate) und EUR 40,10 für sonstige Werbungskosten geltend gemacht. Dementsprechend erging auch der Einkommensteuerbescheid.
Gegen den Bescheid wurde Berufung eingebracht, mit dem Hinweis, dass die Rückzahlung für Ausbildungskosten in Höhe von EUR 600,00 vergessen wurde. (Die restlichen Werbungskosten unverändert). Daraufhin hat das Finanzamt um Ergänzung (Belegnachweise für alle Werbungskosten) ersucht. Im Zuge der Recherchen wurde von mir festgestellt, dass für doppelte Haushaltsführung gemäß den Lohnsteuerrichtlinien grundsätzlich für allein stehende Arbeitnehmer ein Zeitraum von 6 Monaten als angemessen angeführt wird.
Nun hat das Finanzamt die Kosten für die doppelte Haushaltsführung sowie die einmalige km-Pauschale für die „Dienstantrittsfahrt“ von D nach Ö nicht anerkannt (mit dem Hinweis“ auf private Veranlassung). Daher stelle ich hiermit einen Vorlageantrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Anerkennung folgender Werbungskosten für den Veranlagungszeitraum 2011:
1. Für vorübergehend doppelte Haushaltsführung EUR 2.220,00
2. Reisekosten in Höhe von EUR 300,21
3. Ausbildungskosten in Höhe von EUR 600,00
Zum Sachverhalt:
Ich war nach Beendigung meines Studiums bis zum Jahr 2010 befristet in Deutschland beschäftigt. Da ich mich jedenfalls beruflich verändern musste und im Rahmen meines Auslandsstudienjahres in Innsbruck Erfahrung in Österreich gesammelt habe, habe ich mich in Österreich um Jobs beworben.
Erfreulicherweise habe ich eine Anstellung erhalten.
Da das Dienstverhältnis 6 Monate befristet abgeschlossen wurde und in dieser Frist "von jedem Vertragsteil ohne Begründung gelöst werden" konnte, war die zukünftige Sicherung der Einkünfte sowie meine berufliche Zukunft insgesamt unsicher und deshalb war es unzumutbar in Österreich bereits in den Probemonaten einen fixen Wohnsitz zu begründen und den Wohnsitz in Deutschland aufzugeben, da ich allenfalls innerhalb dieser 6 Monaten wieder zum Wohnsitz nach Deutschland zurückkehren hätte müssen. Deshalb habe ich natürlich den Wohnsitz in Deutschland weiter beibehalten.
Für Zwecke der Berufsausübung musste ich mir eine Wohnmöglichkeit in Österreich schaffen. lch konnte ja nicht täglich hin und her pendeln da die tägliche Heimfahrt zwischen dem Dienstort ZZ und dem Heimatort Köln nicht zumutbar bzw. möglich ist. Der wahrheitsgemäß angegebene Umstand, dass ich zu meinem damaligen Freund gezogen bin, kann nicht als private Veranlassung ausreichen, da wir lediglich eine Wohngemeinschaft gegründet haben. Die 3-Zimmer Mietwohnung in WohnortDHHF wurde auch vorher schon als Studenten-WG geführt und in diesem Zusammenhang ist auch nicht von einer eheähnlichen Gemeinschaft „nach dem äußeren Erscheinungsbild eines Zusammenlebens“ auszugehen, wie es unter Ehegatten unter den gleichen Bedingungen zu erwarten wäre. Dass lediglich die Mietkosten hälftig aufgeteilt wurden und alle sonstigen Ausgaben, wie z.B. Lebensmittel und Toilettenartikel usw. getrennt getätigt wurden belegt, dass darüber hinaus keine Wirtschaftsgemeinschaft sondern eben nur eine Wohngemeinschaft bestand und ich unabhängig mein Leben geführt habe. Somit habe ich sowohl am Heimatort als auch am Beschäftigungsort einen eigenen Hausstand geführt und vorübergehend finanzieren müssen.
Eine berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten liegt in diesem Fall vor, weil mir die Aufgabe des Wohnsitzes am Heimatort sowohl aus der Unsicherheit meiner beruflichen Zukunft als auch aus wirtschaftlichen Gründen vorübergehend nicht zumutbar war.
Die Aufrechterhaltung des Haushaltes in Deutschland ist ausschließlich beruflich veranlasst und daher auch gleichlautend mit der Befristung vorübergehend. Hinzu kommt, dass aus wirtschaftlichen Gründen die Wohnung in Köln während der unsicheren Zeit der Befristung beibehalten werden musste, da die Wohnung öffentlich gefördert wurde und der Mietzins außerordentlich günstig war, da er auf Grund der Regelungen des Wohnungsbindungsgesetzes und der Mietpreisbindung für öffentlich geförderten Wohnraum sowie in weiterer Folge der Kappungsgrenze für die Erhöhung der Nettomiete berechnet wurde. Somit wäre mir ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil entstanden, weil ich im Falle einer notwendigen Rückkehr in meine Heimat keine öffentlich geförderte Wohnung mehr mieten hätte können.
Der Vollständigkeit halber möchte ich anmerken, dass ich für die Kosten keinerlei Zuschuss, Beihilfe oder Kostenbeteiligung des Arbeitgebers erhalten. Für Heimfahrten wurden von mir keine Kosten geltend gemacht.
Zusammenfassend ist der Heimatort Köln vom Beschäftigungsort ZZ so weit entfernt, dass eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann bzw. möglich ist. Außerdem sind die Kosten für die vorübergehende doppelte Haushaltsführung beruflich veranlasst, da sie eindeutig in Zusammenhang mit der Anstellung in Österreich stehen und lediglich vorübergehend gleichlautend zum Zeitraum der Befristung geltend gemacht werden. Somit sind diese Werbungskosten in Zusammenhang mit der Anstellung in Österreich erwachsen und somit auch bei diesen Einkünften 6 x EUR 370,00 = EUR 2.220,00 für 2011 als vorübergehend doppelte Haushaltsführung abzuziehen. (Bei der ersten Erklärung irrtümlich nur 2 Monate, hiermit 6 Monate - entsprechend den Richtlinien für alleinstehende bzw. nicht verheiratete Steuerpflichtige).
lm Zuge dieses Vorlageantrages möchte ich lediglich die Berücksichtigung des amtlichen Kilometergeldes in Höhe von EUR 300,21 für meine Reisekosten beantragen. Es handelt sich hierbei um das amtliche Kilometergeld für die einmalige Fahrt mit dem PKW von Köln zum Dienstort ZZ zum Arbeitsantritt im Januar 2011.
Für die Kosten habe ich keinerlei Zuschuss, Beihilfe oder Kostenbeteiligung des Arbeitgebers erhalten. Beantragt wird die Kosten für die einmalige Anreise zum Dienstort als Werbungskosten zu berücksichtigen, da der (zeitlich befristete) Arbeitsplatz so weit weg vom Heimatort liegt, dass eine tägliche An- und Abreise nicht möglich ist und diese Fahrt ausschließlich aus rein beruflichen Gründen durchgeführt werden musste und daher objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufes getätigt wurden.
Die steuerlich anzuerkennenden Kosten der einmaligen Anreise zum Dienstort errechnen sich wie folgt:
Entfernung zwischen dem Heimatort Köln und dem Dienstort ZZ (gemäß ÖAMTC-Routenplaner): 714,8 km;
714,8 km x 0,42." (amtliches Kilometergeld): EUR 300,21.
Weiters beantrage ich die Berücksichtigung der Zahlung der Studienbeiträge als Werbungskosten.
Von mir privat aufgenommene Darlehen sind nicht absetzbar. In diesem Fall ist die Situation jedoch so, dass die Vorschreibung der Gebühren an die öffentliche Hand ja in genau dem Zeitpunkt der „Darlehensrückzahlung“ erfolgte. Auch der Umstand, dass die Studiengebühren auf Antrag im Studiensekretariat gemäß den gesetzlichen Vorschriften zur Erhebung von Hochschulabgaben und ohne Bonitätsprüfung, Sicherheiten, Schufa-Auskunft und Abschlussgebühren gestundet bzw. vorgeschrieben werden belegt, dass es sich hier um kein übliches Darlehen handelt. D.h. man könnte auch sagen, das war wirtschaftlich betrachtet kein Darlehen, sondern eine Vorschreibung der Studienbeiträge in den folgenden Zeiträumen. Somit werden die ab Juli 2011 monatlich vorgeschriebenen und überwiesenen Beiträge in Höhe von insgesamt EUR 600,00 als Ausbildungskosten geltend gemacht.
Somit ersuche ich vorgenannte Werbungskosten als Grundlage zur dauerhaften Erzielung meiner Einkünfte in Österreich anzuerkennen und verbleibe mit freundlichen Grüßen.“

Das Finanzamt legte mit Vorlagebericht vom die Beschwerde gegen den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2011 dem Bundesfinanzgericht (vormals Unabhängiger Finanzsenat) zur Entscheidung vor.

Unter Bezugnahme auf ein Telefonat mit dem zuständigen Richter übermittelte die Bf mit E-Mailanhang vom dem Bundesfinanzgericht das Arbeitszeugnis über ihre Vollzeitbeschäftigung bei der Stadt Köln, welches mit beendet worden war und des Weiteren das Schreiben der FirmenN. dat. mit aus welchem der Umstand der Befristung ihres Angestelltenverhältnisses zur FirmenN. auf den Zeitraum von 6 Monate klar hervorgehe.
 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

3. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verfahrensablaufes und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

3.1. Fakt ist, dass die Bf am durch Zeitablauf ihr befristet eingegangenes Verwaltungsangestelltendienstverhältnis zur Stadt Köln am bisherigen Berufs-und Heimatwohnsitz in Köln (Deutschland) beendet hat (siehe Zeugnis der Stadt Köln vom ).

3.2. Evident ist die Tatsache, dass die Bf bereits seit über eine (eigene) Mietwohnung in Wohnanschrift (siehe Mietvertrag vom ; Gesamtwohnnutzfläche: ca. 40 m²,), verfügte und dieser sog. „Heimatwohnsitz“ in Köln (Deutschland) unter Beachtung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen (Staatszugehörigkeit, Geburt, Familienstand, Freunde, Arbeitsplatz, etc.) insoweit auch den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen darstellte.

3.3. Unstrittig ist, dass die Bf für ihre Mietwohnung in Köln nachweislich mittels Dauerauftrag (Anmerkung: Kontoführung bei einer Bank in Köln) einen monatlichen Mietzins von € 370,40 (= Bruttomieterhöhung ab dem , laut Schreiben der Hausverwaltung vom ) bis inkl. Juni 2011, also für 6 Monate des Streitjahres 2011, überwiesen bzw. bezahlt hat (siehe Umsatzübersichten zu Kto. 123 über den Zeitraum ).

3.4. Fest steht die Tatsache, dass die Bf ihre berufliche Tätigkeit bei der FirmenN. in Österreich am im Rahmen eines befristeten Anstellungs(vertrags)verhältnisses - die Anstellung erfolgte vorerst 6 Monate auf Zeit mit Kündigungsmöglichkeit ohne Begründung - aufgenommen hat. Evident ist, dass durch die arbeitsvertraglich ausdrücklich vereinbarte Kündigungsmöglichkeit durch die Arbeitgeberseite das Faktum "der Ungewissheit einer Weiterbeschäftigung" für die Bf erst nach Zeitablauf der Befristung weggefallen war.

3.5. Aus dem Gesamtbild der im Beschwerdeverfahren offengelegten engsten, persönlichen wirtschaftlichen Lebensverhältnisse durch die Bf erweist sich als zutreffend, dass die Bf im Streitjahr 2011 bedingt durch ihr (vorerst befristetes) Vollzeitbeschäftigungsverhältnis zu einem österreichischen Arbeitgeber von Deutschland nach Österreich zuzog und aus diesem Grunde auch einen „berufsbedingten Wohnsitz“ in der Nähe ihres zukünftigen Arbeitsortes „erstmalig neu“ begründen musste.

3.6. Fest steht die Tatsache, dass die Bf im Streitjahr 2011 durch Begründung einer Wohngemeinschaft mit ihrem Freund und späteren Ehegatten (Anmerkung: Verehelichung erfolgte am ) eine Unterkunft (3-Zimmerwohnung mit ca. 66 m² Wohnfläche in Adresse), in der Nähe ihres Arbeitsortes genutzt hat und sie dafür hälfteanteilig einen Beitrag zum monatlichen Mietzins iHv € 310,00 an ihren Freund, dem Mieter dieser Wohnung, glaubhaft entrichtet hat (siehe Bestätigung des Ehegatten der Bf vom ; sowie dessen Mietvertrag vom ; Dauerauftrag der mtl. Mietzahlung von € 620,00).

3.7. Aus der aktenkundigen Abfrage des Finanzamtes aus dem Zentralen Melderegister geht ua hervor, dass die Bf aus Deutschland zugezogen ist und seit unter der Wohnadresse in Adresse, Unterkunftgeber: NN, mit „Hauptwohnsitz“ gemeldet ist.

3.8. Evident ist, dass aufgrund der Kostentragung für die Mietwohnung in Köln (mtl. € 370,40) sowie die Wohnungsnutzung am Beschäftigungsort in WohnortDHHF (mtl. € 310,00) der Bf ein sog. „doppelter Haushaltsführungsmehraufwand“ im Streitjahr 2011 tatsächlich erwachsen war. Aus der von der Bf im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Bestätigung ihres (nunmehrigen) Ehegatten AA vom geht zudem schlüssig und nachvollziehbar hervor, dass die Bf im Zeitraum vom bis an Kosten für die Unterkunft am Beschäftigungsort einen Betrag iHv € 1.860,00 (= € 310,00 x 6) bezahlt hat.

3.9. Im vorliegenden Fall hat die Bf ihre finanzielle Beteiligung an den sonstigen Kosten des Haushaltes ihres Freundes in WohnortDHHF, woraus auf eine gemeinsame Haushaltsführung geschlossen werden könne, in den ersten 6 Monaten des Streitjahres 2011 verneint. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist dieser Einwand in Anbetracht der zu würdigenden Sach- und Aktenlage durchaus glaubwürdig und steht mit der allgemeinen Lebenserfahrung auch nicht in Widerspruch.

3.10. Aus dem Vorbringen der Bf ergibt sich unzweifelhaft, dass der von ihr unter dem Titel „Reisekosten“ beantragten Fahrtaufwand in Form des amtlichen Kilometergeldes iHv € 300,21 (= 714,8 km x € 0,42) aus der einmalige Fahrt mit dem PKW von Köln zum Dienstort ZZ zum Arbeitsantritt im Januar 2011 resultiere. Des Weiteren wurde von der Bf in diesem Zusammenhang sinngemäß auch berechtigt eingewandt, dass der (zeitlich befristete) Arbeitsplatz in Österreich so weit weg von ihrem Heimatort (Köln) liege, dass eine tägliche An- und Abreise an diesen nicht möglich gewesen sei und folglich der geltend gemachte Fahrtaufwand zur Erwerbung zukünftiger Lohneinkünften einmalig angefallen sei.

3.11. Fest steht, dass nach der zu beurteilenden Sach- und Aktenlage im Beschwerdefall nicht die Rede davon sein könne, dass die Bf bereits im Zeitraum des ersten Halbjahres 2011 ihren Heimatwohnsitz in Köln (Deutschland) - etwa durch Umzug - an ihren (neuen) Hauptwohnsitzort in WohnortDHHF (Österreich) wegverlegt hat (siehe dazu auch die Begründungsargumentation des Finanzamtes laut Berufungsvorentscheidung vom ).

3.12. An Hand der aktenkundigen Unterlagen gilt als erwiesen, dass sich die Gesamthöhe des strittigen Rückzahlungsbetrages von € 600,00 des Studienbeitragsdarlehens (Darlehensbetrag: € 1.500,00) der Bf für das Jahr 2011 aus den Beträgen für „Darlehenstilgung iHv € 307,29“ und aus „Zinszahlungen iHv € 292,71“ zusammensetzt (siehe Kontoauszug vom ; Darlehenssaldo per : € 1.192,71).

4. Rechtsgrundlagen:

§ 16 EStG 1988 lautet (auszugsweise):

(1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. …
Werbungskosten sind auch:

1. Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. …

10. Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. …

§ 19 EStG 1988 lautet (auszugsweise):

(2) Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. …

Gemäß § 20 Abs 1 Z. 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a leg. cit. auch für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung gilt, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

5. Beweis- und rechtliche Würdigung:

Die vorstehend unter Punkt 3. als erwiesen angeführten Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den vom Finanzamt übermittelten Akteninhalten, vor allem aus den Erläuterungen der Bf in ihren Schriftsätzen (Vorhaltsbeantwortungen, Beschwerde und Vorlageantrag) sowie den dazu übermittelten Unterlagen.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach der ständigen Rechtsprechung genügt es dabei, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. Ritz, BAO6, § 167 Tz 8 mit Judikaturnachweisen).

5.1. Kosten für eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung

Im vorliegenden Beschwerdepunkt gilt es vorrangig das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für die Anerkennung von Werbungskosten aus dem Titel „Aufwendungen oder Kosten für eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung“ zu überprüfen.

Eine berufliche und damit zu Werbungskosten der betroffenen Aufwendungen führende Veranlassung einer doppelten Haushaltsführung liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn einem Arbeitnehmer die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei eine solche Unzumutbarkeit die unterschiedlichsten Ursachen haben kann (vgl. ; ; ).

Der Begriff „Familienwohnsitz“ stellt in der Einzelfallbetrachtung auf die für den Zeitraum der doppelten Haushaltsführung bestehenden Sachverhaltsumstände ab.
Auch ein allein stehender Arbeitnehmer kann einen „Familienwohnsitz“ haben. Dies ist jener Ort, an dem er seine engsten persönlichen Beziehungen (zB. Eltern, Freunde) hat. Voraussetzung ist jedoch, dass der alleinstehende Steuerpflichtige an diesem Heimatort über eine eigene Wohnung (Haushalt) verfügt. (siehe dazu auch Lenneis  in Jakom EStG10, § 16, Rz 56, Stichwort "Doppelte Haushaltsführung").

Im Allgemeinen sieht der Verwaltungsgerichtshof die Verlegung des Heimatwohnsitzes bei Alleinstehenden lediglich "für eine gewisse Übergangszeit" als unzumutbar an. Die Dauer dieser Übergangsphase wird von den Verhältnissen des Einzelfalls bestimmt (abhängig etwa davon, ob die auswärtige Tätigkeit befristet oder dauerhaft angelegt ist). Während dieser Zeit können die Kosten der Zweitunterkunft am Arbeitsort auch bei Alleinstehenden Werbungskosten darstellen. Dies gilt allerdings nicht, wenn es bereits zu einer dauernden Verlegung des (Familien/Heimat)Wohnsitzes an den Arbeitsort gekommen ist. Von einer solchen geht der Verwaltungsgerichtshof aus, wenn am Beschäftigungsort eine den Wohnbedürfnissen des allein stehenden Dienstnehmers entsprechende Wohngelegenheit zur Verfügung steht (z.B. ; ; ).

Zur Fragenbeurteilung der Zumutbarkeit einer Familienwohnsitzverlegung ist aber auch die Qualifizierung des Mittelpunktes der familiären Lebensinteressen einer Person von wesentlicher Bedeutung und an den Sachverhaltsumständen des jeweiligen Einzelfalles zu erforschen.

Im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Person zwar mehrere Wohnsitze, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen haben. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bestehen im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort, an dem man regelmäßig gemeinsam mit seiner Familie lebt. Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemanden aus in seiner Person liegenden Gründen auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, mit anderen Worten nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an einen bestimmten Ort binden.

Auch ist das Tatbestandsbild der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. ; ; ; ). Und es ist Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er das Aufgeben des (bisherigen) Familienwohnsitzes als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (vgl. ).

Auf den gegenständlichen Fall bezogen, bedeuten obige Ausführungen Folgendes:

Wie die Bf im Beschwerdeverfahren klar und auch nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes zutreffend zu erkennen gab, bildeten das von ihr arbeitsvertraglich auf 6 Monate zeitlich befristet abgeschlossene Dienstverhältnis zur FirmenN., mit Tätigkeitsbeginn am , sowie ihre günstige private Wohnsituation am Heimatort in Köln, wo sie zuvor gelebt und beruflich tätig gewesen war, die zwingenden Gründe dafür, aus denen sie die Wegverlegung ihres bisherigen Familienwohnsitzes aus Deutschland an den Ort ihrer Beschäftigung in Österreich im Streitjahr 2011 - als vorübergehend für einen Zeitraum von 6 Monaten - als unzumutbar angesehen hat.

Der Tatumstand, dass die Bf ihren „Heimatwohnsitz“ in Köln (Deutschland), wo sie bisher gelebt und gearbeitet hat zu Folge des (vorerst) befristet eingegangen Angestelltenverhältnisses in Österreich nicht sofort aufgegeben bzw. aufgelöst hat, spricht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes als klares Indiz dafür, dass diese den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Deutschland, zumindest für einen vorübergehenden Zeitraum von 6 Monaten des Streitjahres 2011 weiterhin beibehalten hat. Folglich wird auch die Hauptwohnsitzmeldung (§ 1 Abs 7 MeldeG) der Bf vom als Indiz mit Absichtsbekundung dafür gesehen, wonach die Bf in Zukunft beabsichtigte den österreichischen Wohnsitz in WohnortDHHF zum „Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehung“ zu machen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , 92/15/0212, ausgeführt hat, stellt das Gesetz mit dem Tatbestandsmerkmal der eheähnlichen Gemeinschaft auf das Zusammenleben in einer Lebensgemeinschaft ab, wozu im allgemeinen eine Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft gehört. Dabei kann aber das eine oder andere dieser aufgezählten Merkmale fehlen. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalles an. Eine Lebensgemeinschaft (Partnerschaft) im Sinne einer eheähnlichen Gemeinschaft ist anzunehmen, wenn nach dem äußeren Erscheinungsbild ein Zusammenleben erfolgt, wie es bei Ehegatten unter den gleichen Bedingungen zu erwarten wäre.

Die von der Bf im Beschwerdeverfahren dargelegten (eingewandten) privaten Lebensumstände wie zB. das Nichteingehen einer Wirtschaftsgemeinschaft (keine gemeinsame Haushaltsführung), wie es bei Ehegatten unter den gleichen Bedingungen zu erwarten wäre (siehe Argumente laut Vorlageantrag vom ) sprechen auch nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes durchaus zutreffend gegen die Annahme bzw. das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft (Partnerschaft) zum Zeitpunkt der „berufsbedingten“ Wohnsitzbegründung der Bf in WohnortDHHF. Des Weiteren ist im Umstand, dass die Bf ihren Ledigenhaushalt in Köln (Deutschland) für einen Zeitraum von 6 Monaten aus privat- und wirtschaftlichen Überlegungen weiterhin aufrecht erhalten hat ein Tatbestandsmerkmal dafür zu erblicken, dass nach dem „äußeren Erscheinungsbild“ die privaten Lebensumstände und das Zusammenleben der Bf mit ihrem jetzigen Ehegatten (vormals Freund) in der Wohngemeinschaft in WohnortDHHF“ im ersten Halbjahr des Streitjahres 2011 „glaubhaft“ noch nicht durch einen starken familiären und wirtschaftlichen Zusammenhalt geprägt gewesen waren.

Für das Bundesfinanzgerichtes besteht in Anbetracht der erfolgten Sachverhaltsdarlegungen und Beweismittelvorlagen der Bf kein Zweifel daran, dass die Wohnsitzbegründung der Bf in WohnortDHHF am Ort ihrer Beschäftigung in Österreich daher nicht vordergründig aus privaten Beweggründen, nämlich auf Grund des Eingehens einer Partnerschaft mit ihrem Freund (Lebensgemeinschaft), wie das die belangte Behörde vermeint, sondern vielmehr durch berufliche Überlegungen, nämlich auf das Abzielen einer Vollerwerbstätigkeit der Bf, veranlasst gewesen war.
Folglich wird auch die Auffassung der belangten Behörde, dass die Bf ihren Familienwohnsitz ohnehin an den Ort der Beschäftigung verlegt habe, weil sie ebendort eine Unterkunft bei ihrem Freund und nunmehrigen Ehegatten genutzt habe, sodass die von ihr geltend gemachten Kosten der Haushaltsführung in WohnortDHHF dem Abzugsverbot des § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988 unterlägen, vom Bundesfinanzgericht nicht geteilt.

Dies deshalb nicht, da laut zu beurteilender Sach- und Aktenlage die entscheidungsrelevante Zwecknutzung des zweiten Haushaltes (Unterkunft) am Arbeitsort in Österreich durch die Bf ohne Zweifel beruflich veranlasst gewesen ist.
Bezüglich der zeitlichen Komponente der „Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung“ beruft sich die Bf im gegenständlichen Fall auch nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes zutreffend auf die Dauer der zeitlichen Befristung (6 Monate) ihres eingegangenen Dienstverhältnisses zur FirmenN..

Gestützt auf die vorstehend unter Punkt 3. aufgezeigten Sachverhaltsfeststellungen, ergibt sich nach dem Gesamtbild der engsten, persönlich familiären und wirtschaftlichen Lebensverhältnissen der Bf nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes in freier Beweiswürdigung nachvollziehbar und schlüssig, dass ihr auf Grundlage des zeitlich befristet angetretenen Dienstverhältnisses, zumindest für einen angemessenen Übergangszeitraum von 6 Monaten nicht zugemutet werden konnte, ihren bisherigen Familienwohnsitz in Köln aufzugeben. Auch aus steuerlicher Sicht war es der Bf auf Grundlage der zu beurteilenden Sach- und Aktenlage zuzubilligen, für einen Übergangszeitraum von 6 Monaten ihre Wohnung im Heimatort (Köln) beizubehalten.
Aktenkundige Ermittlungsfeststellungen darüber, die eine bereits durchgeführte bzw. erfolgte Wohnsitzverlegung der Bf innerhalb des ersten Halbjahres des Streitjahres 2011 von Deutschland nach Österreich schlüssig aufzeigen könnten, sind den vorgelegten Verwaltungsakten jedenfalls nicht zu entnehmen. Im Übrigen ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes für die Beurteilung der Frage der vorübergehenden Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nicht von Belang, dass die Bf ihren Freund, mit dem sie eine Wohngemeinschaft in WohnortDHHF gegründet hatte, im September 2011 geehelicht hat.

In Anbetracht der vorstehend angeführten Ausführung trifft das Bundefinanzgericht in freier Beweiswürdigung zusammenfassend die Feststellung, dass für die Bf für einen Zeitraum von 6 Monaten des Streitjahres 2011 objektive Gründe für eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzaufgabe in Köln bestanden haben und folglich die der Bf dadurch erwachsenen Mehraufwendungen für Unterkunftskosten am Beschäftigungsort in WohnortDHHF iHv € 1.860,00 (= € 310,00 x 6) als beruflich veranlasst zu werten sowie unter dem Titel "doppelter Haushaltsführung" als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Folglich war dem Beschwerdebegehren der Bf in diesem Punkte teilweise Folge zu geben.

5.2. Fahrtkosten

Die belangte Behörde versagte der Bf den gänzlichen Abzug der geltend gemachten Fahrtkosten im Zuge der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung im Wesentlichen mit den Begründungsargumenten, dass die im angefochtenen Bescheid bereits unter dem Titel Reisekosten als Werbungskosten zum Abzug gebrachten Fahrtkosten zum Arbeitsort abzuerkennen seien, da diese Fahrtkosten weder auf „sog. Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung“ noch auf „Umzugsfahrten“ beruhen würden. Ein „Umzug“ würde voraussetzen, dass der bisherige Wohnsitz aufgegeben worden wäre.

Im Zuge des Vorlageantrages trug die Bf wiederholend und für das Bundesfinanzgericht durchaus schlüssig und glaubhaft den beachtenswerten Sachverhaltsumstand vor, dass die als Werbungskosten iHv € 300,21 (geschätzt durch Ansatz des amtlichen Kilometergeldes: 714,8 Km x € 0,42) beantragten Fahrtkosten ihr aus der einmaligen Fahrt im Jänner 2011 mit dem PKW von Köln (Heimatort), wo sie über eine eigene Mietwohnung verfügte, zum berufsbedingten Doppelwohnsitz in WohnortDHHF und zwecks Arbeitsantritt am Dienstort in ZZ erwachsen wären.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes sind Aufwendungen für beruflich veranlasste Fahrten mit dem eigenen PKW, die nicht als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte iSd § 16 Abs 1 Z 6 EStG 1988 zu werten sind, in ihrer tatsächlichen Höhe (idR geschätzt durch Ansatz des amtlichen Kilometergeldes) als Werbungskosten nach § 16 Abs 1 EStG 1988 zu berücksichtigen (vgl. ).

Die Bf wandte daher nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes zutreffend ein, dass diese einmalige Anreisefahrt von ihrem Heimatort (Köln) zum zeitlich befristeten Arbeitsplatz bzw. zukünftigen Dienstort (ZZ) aus ausschließlich rein beruflichen Gründen durchgeführt werden musste und daher der diesbezüglich geltend gemachte Fahrtaufwand zur Erwerbung der zukünftigen Arbeitslohneinkünfte erforderlich gewesen sei.

Die von der Bf glaubhaft gemachten Fahrtkosten iHv € 300,21, die mit dem erstmaligen Dienstantritt der Bf am am Arbeitsplatz in Österreich zusammenhängen, sind der Bf im Streitjahr 2011 beruflich veranlasst erwachsen und werden daher antragsgemäß in dieser Höhe als Werbungskosten berücksichtigt.

Der Beschwerde war in diesem Punkte stattzugeben.

5.3. Rückzahlung des Studienbeitragsdarlehens (Zinszahlungen) :

Studiengebühren für ein ordentliches Universitätsstudium stellen nach Maßgabe der Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 180/2004 (gemäß § 124b Z 107 in Kraft getreten ab der Veranlagung 2003) dem Grunde nach jedenfalls abzugsfähige Werbungskosten dar.

Daher gilt es im vorliegenden Streitpunkt zu beurteilen, ob die von der Bf im Streitjahr 2011 geltend gemachten Rückzahlungen für das Studienbeitragsdarlehen (Darlehensbetrag: € 1.500,00) iHv € 600,00 (von diesem Betrag entfallen € 307,29 auf Darlehensschuldtilgung und € 292,71 auf Zinsenzahlungen) unter Beachtung der Zuordnungsregel des § 19 EStG 1988 - dem sog. Abflussprinzip zur zeitlichen Berücksichtigung von Ausgaben - als Werbungskosten anzuerkennen sind.

Dem Finanzamt ist darin zuzustimmen, dass unter Berücksichtigung des Abflussprinzips des § 19 Abs 2 EStG 1988 Ausgaben für Werbungskosten für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet werden.
Dies deshalb, da der für die zeitliche Zuordnung von Ausgaben im Gesetz verwendete Begriff "leisten" im Sinn von Übertragen der tatsächlichen und rechtlichen (besser wirtschaftlichen) Verfügungsmacht über Geld oder Geldeswert zu verstehen ist. Dabei ist unbeachtlich, aus welchen Mitteln die verausgabten Leistungen bestritten werden; bei fremdfinanzierten Aufwendungen erfolgt daher der Abfluss bereits im Zeitpunkt der Zahlung, nicht erst bei Rückzahlung des Kredites (vgl. Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19, § 19 Tz 31 mit Judikaturhinweisen). Es kommt demnach nicht darauf an, in welches Kalenderjahr die Ausgaben wirtschaftlich fallen (; ; ; ).

Werden daher Ausgaben für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen iSd § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 aus Darlehensmitteln geleistet, so führt bereits der Abfluss iSd § 19 Abs 2 EStG 1988 der eingesetzten Fremdmittel, also im Zeitpunkt der Leistung zu Werbungskosten und nicht erst die Tilgung der Darlehensschuld.

Da die Studiengebühren von der Bf unstrittig bereits vor dem Kalenderjahr Jahr 2011 mittels Fremdmitteln finanziert worden waren, sind sie bereits zum Zeitpunkt der Leistung der Ausgabe aus der Verfügungsmacht der Bf ausgeschieden und es stellen folglich die Aufwendungen für die Rückzahlung des Studienbeitragsdarlehens insoweit davon „Kapitalschuldtilgungen iHv € 307,29“ betroffen sind unter Beachtung des Abflussprinzips iSd § 19 EStG 1988 keine abzugsfähigen Werbungskosten für das Streitjahr 2011 dar.

Sehr wohl sind die von der Bf im Rahmen der Studienbeitragsdarlehenstilgung im Streitjahr 2011 „geleisteten Zinszahlungen“ iHv € 292,71 sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach als Werbungskosten zu berücksichtigen, da diese dem Darlehensgrund nach eindeutig dem beruflichen Bereich der Bf und mit Werbungskostencharakter zuzuordnen sind und folglich im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Bf stehen.

In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen war dem Beschwerdebegehren der Bf in diesem Streitpunkt daher teilweise stattzugeben.

6. Zusammenfassung und Neuberechnung der Werbungskosten 2011

In Ansehung der Ausführungen unter Punkt 5 des Erkenntnisses ergeben sich für das Streitjahr 2011 zu berücksichtigende Werbungskosten im Gesamtbetrag von € 2.452,92 (Pkt. 5.1. Kosten für eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung: € 1.860,00; Pkt. 5.2. Fahrtkosten: € 300,21; Pkt. 5.3. Zinszahlungen: € 292,71).

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer für das Kalenderjahr 2011 sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen.

7. Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall waren keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen. Das Bundesfinanzgericht folgte in rechtlicher Hinsicht der in seiner Entscheidung dargestellten höchstrichterlichen Judikatur. Darüber hinaus waren lediglich einzelfallbezogene Sachverhaltsfragen in freier Beweiswürdigung zu beurteilen. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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