Vorbereitungskurs für Studienzulassungsprüfung als Berufsausbildung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter D in der Beschwerdesache S-R, über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde, Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für Juli 2016 bis September 2017, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt:
Die im Dezember 1997 geborene Tochter der Beschwerdeführerin (Bf.) hat im Juni 2016 maturiert.
Für das Studiensemester 2016/2017 hat diese die Studienrichtung Ernährungswissenschaften inskribiert das Studium jedoch nie betrieben. Die Bf. gibt dazu an, ihre Tochter hätte das Studium parallel zur Vorbereitung auf das Medizinstudium absolvieren wollen. Diese hat das Studium abgebrochen um einen Ganzjahreskurs zur Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung für das Medizinstudium (MedAT) zu besuchen.
Dieser zweisemestrige Abendkurs (Kurse beginnen jeweils um 17 Uhr) fand dreimal wöchentlich statt, dauerte rund acht Monate, von bis und umfasste insgesamt 274 Unterrichtseinheiten (UE) á 60 Minuten. Die durchschnittliche Wochenunterrichtszeit betrug ca. 8,5 Stunden. Das erste Semester, das 172 UE umfasst, diente der Vorbereitung auf den ersten Studienabschnitt. Der zweite Abschnitt diente mit 101 UE der Vorbereitung auf die Zulassungsprüfung.
Die Aufnahmeprüfung an der Medizinischen Universität Wien, am hat die Tochter nicht bestanden. Der nächste mögliche Antrittstermin war März 2018.
Ab dem Wintersemester 2018/2019 ist die Tochter an einer Privatuniversität für das Bachelorstudium Health Sciences angemeldet.
Das Finanzamt forderte mit Bescheid vom Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Juli 2016 bis September 2017 zurück.
Das Finanzamt vertrat, gestützt auf die einschlägige Judikatur, die Ansicht, dass keine Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes vorläge. Dies insbesondere deshalb, weil der erforderliche Zeitaufwand nicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nähme.
Die Bf. erhob sowohl gegen diesen Bescheid, als auch gegen die Beschwerdevorentscheidung fristgerecht Rechtsmittel. Die Bf. wendete im Wesentlichen ein, dass sich ihre Tochter im Ausbildungsjahr für die Aufnahmeprüfung für das Studium der Humanmedizin befunden habe und da sie die Prüfung im Juli 2017 nicht bestanden habe, erst wieder im März 2018 erneut antreten könne.
Zu den Ausführungen des Finanzamtes, wonach der quantitative Aufwand für eine Berufsausbildung die ganze Zeit des Kindes in Anspruch nehmen müsse und der Aufwand für ein Vollzeitstudium 20 bis 25 Wochenstunden zuzüglich weiterer Stunden für Hausübungen betrage, wohingegen der Zeitaufwand der Tochter lediglich 8,5 Stunden zuzüglich möglicher Hausübungen betragen habe, hat die Bf. keine Einwendungen erhoben.
Rechtsgrundlagen und Würdigung:
Nach § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf FB für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit d FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.
Nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG 1967 FB gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der FB ein KAB von monatlich € 58,40 für jedes Kind zu. Wurden KAB-e zu Unrecht bezogen, ist § 26 des FLAG 1967 anzuwenden.
Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige, der FB zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Das Studium Ernährungswissenschaften wurde zwar inskribiert, jedoch nie betrieben und abgebrochen. Es ist also insoweit keine Berufsausbildung im Sinne der Judikatur gegeben.
Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (jedenfalls) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Zur Qualifikation als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 kommt es nicht nur auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (z.B. ).
Zur Frage, ob Vorbereitungszeiten (z.B. Kursbesuche) zur Ablegung von verpflichtenden Aufnahmeprüfungen bzw. Tests – hier der Zulassungstest zum Medizinstudium – als Berufsausbildung iSd FLAG anzuerkennen sind, hat der Unabhängige Finanzsenat (UFS) bzw. das BFG in ständiger Judikatur schon mehrfach ausgesprochen, dass dies unter bestimmten Voraussetzungen zutrifft (siehe UFS Zlen. RV/0584-L/09 vom , RV/1460-W/11 vom und BFG-Zl. RV/7102450/2011 vom jeweils unter Hinweis auf das Erkenntnis des ).
Im angeführten Erkenntnis des VwGH ist der Gerichtshof davon ausgegangen, dass die Vorbereitungszeit auf eine Aufnahmeprüfung dem Grunde nach als Berufsausbildung anzusehen ist. Er hat jedoch beanstandet, dass die belangte Behörde keine Feststellungen darüber getroffen hat, ob die Berufsausbildung auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch genommen hat.
Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die Vorbereitung auf den ersten Studienabschnitt des Medizinstudiums keine Berufsausbildung darstellt. Dieser Vorbereitungskurs befähigt nicht zur Ausübung eines Berufes. Auf wenn das Gericht nicht verkennt, dass die Vermittlung fachspezifischer Kenntnisse für ein geplantes Studium von Vorteil ist, so ist dieser Kurs dennoch nicht Teil des Medizinstudiums bzw. für dieses anrechenbar. Für die Dauer dieses ersten Kursteiles liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht vor. Wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt, konnte das Gericht hier davon absehen exakt festzustellen, wann dieser Kursteil endete und die Vorbereitung auf die Zugangsprüfung begann.
Was den zweiten Kursteil anlangt, so diente dieser der Vorbereitung auf die für die Aufnahme eines Medizinstudiums zwingende Zulassungsprüfung und ist dem Grunde nach als Teil der Berufsausbildung anzusehen.
Allerdings muss, nach ständiger Judikatur des VwGH, die Berufsausbildung weiters die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen. Ob dies nun, wie bei der dualen Ausbildung, 40 oder sogar deutlich mehr Wochenstunden sind oder ob wie bei einem Vollzeitstudium von 20 bis 25 Wochenstunden, zuzüglich Hausaufgaben und Selbststudium, also durchschnittlich mehr als 30 Wochenstunden (siehe ), auszugehen ist, kann für den gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben.
Es handelt sich auch beim zweiten Kursteil lediglich um einen, dreimal wöchentlich stattfindenden Abendkurs, die durchschnittliche Wochenstundenzahl liegt unstrittig bei lediglich durchschnittlich 8,5 Stunden. Der gesamte Kurs ist nach Intensität (lediglich 3 mal wöchentlich), Beginn der Kurse abends um 17 Uhr und der vergleichsweise geringen Wochenstundenzahl ganz klar auf einen Personenkreis ausgerichtet der die Vorbereitung nebenberuflich betreibt und dem nicht ausreichend Zeit zur Verfügung steht, sich Vollzeit mit der Vorbereitung auf die Zulassungsprüfung zu befassen.
Die Bf. tritt der Feststellung des Finanzamtes, wonach der Kurs, selbst bei Berücksichtigung von zusätzlichen Zeiten für Hausübungen u.ä. nicht die volle Zeit der Tochter in Anspruch nimmt, nicht entgegen. Wie oben ausführlich dargestellt, ist dem Akt nichts zu entnehmen, dass das Gericht zur Annahme bringen könnte, die diesbezügliche Feststellung des Finanzamtes sei unzutreffend.
Damit kommt das Gericht zur Überzeugung, dass der zweite Kursteil zwar grundsätzlich einer Berufsausbildung gleich zu halten wäre, allerdings der hierfür erforderliche Zeitaufwand ganz deutlich unter jenem liegt, der einer vollen Zeitauslastung entspricht, wie sie bei einer Berufsausbildung üblicher Weise vorliegt. Deshalb war auch hinsichtlich des zweiten Teils des Vorbereitungskurses nicht von einer Berufsausbildung auszugehen und insoweit spruchgemäß zu entscheiden.
Was die nach dem Ende des Kurses am bzw. nach der nicht bestanden Zulassungsprüfung () liegenden Zeiträumen anlangt, so lässt sich dem Akt lediglich entnehmen, dass die Tochter im Wintersemester 2018/2019 ein Bachelorstudium aufgenommen hat. Die Bf. behauptet nicht einmal, dass die Tochter bis dahin eine Berufsausbildung absolviert habe. Es bleibt auch offen, ob ein erneuter Antritt zur Zulassungsprüfung im März 2018 erfolgte. Was in den nach September 2017 gelegenen Zeiträumen geschehen bzw. unterblieben ist, kann jedoch dahingestellt bleiben, da der vom Gericht zu beurteilende Zeitraum mit September 2017 endet. Zur Frage des Familienbeihilfenanspruchs nach nicht bestandener Zulassungsprüfung hat das BFG (wie auch zuvor der UFS) wiederholt judiziert, dass dann, wenn ein angestrebtes Studium wegen bestehender Zugangsbeschränkung oder - wie hier - wegen Nichtbestehen der Zugangsprüfung, nicht begonnen werden kann und auch keine andere Berufsausbildung (etwa ein „Ersatz- oder Ausweichstudium“ d.h. ein anderes, als das ursprünglich geplante Studium) zum „frühestmöglichen Zeitpunkt“ tatsächlich begonnen wird, der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit d FLAG 1967 nicht erfüllt ist und somit kein FB-Anspruch besteht (siehe z.B. RV/0582-S/07 vom , RV/3278-W/11 vom und RV/0833-G/11 vom ).
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Der Entscheidung liegt keine derartige Rechtsfrage zu Grunde. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105463.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at