Weitergabe zugeflossener Pensionseinkünfte als Einkommensverwendung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard Renner in der Beschwerdesache XY über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf, vertreten durch Mag. Mag. Patric Flament, vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für 2015 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensablauf
Der Beschwerdeführer (im Folgenden Bf) ist Pensionist und machte die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung ohne Geltendmachung von Frei- oder Absetzbeträgen geltend, wobei er nur eine bezugsauszahlende Stelle ("PV") angab. Der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid für 2015 vom erging lediglich unter Berücksichtigung einer inländischen privaten Zusatzpension ("Bundeskammer Architekten Wohlfartsfonds").
Die in der Folge vorgenommene Übermittlung des Lohnzettels der Pensionsversicherungsanstalt an die Finanzverwaltung führte am zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen und zur Erlassung eines neuen Einkommensteuerbescheides 2015, bei dem die beiden inländischen Pensionsbezüge zur Berechnung der Einkommensteuer 2015 herangezogen wurden.
In der vom Bf lediglich gegen den zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheid 2015 am erhobenen Beschwerde wandte dieser ein, dass der private Pensionsbezug des Wohlfahrtsfonds der Bundeskammer der Architekten wirtschaftlich eine Rücklage des sogenannten "Sterbefonds" darstelle, der laut Statuten für die Angehörigen im Fall des Ablebens an diese auszuzahlen wäre. Daher habe er sich entschlossen, den Betrag aus dieser privaten Pension "treuhändig" seiner Tochter zu übergeben.
Das Finanzamt wies die Beschwerde am mittels Beschwerdevorentscheidung mit der Begründung ab, dass es sich bei der Weitergabe der von der Interessensvertretung ausbezahlten Rücklage des Sterbekassenfonds an die Tochter des Bf um eine Verwendung eines Einkommens, welches dem Bf zugeflossen und an seine Tochter weitergegeben worden sei, handle. Einkommensverwendungen stellten jedoch weder Werbungskosten noch Sonderausgaben noch außergewöhnliche Belastungen dar und könnten somit nicht steuermindernd berücksichtigt werden.
Am brachte der Bf ohne weitere Begründung einen Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung ein.
Im Zuge der Bearbeitung des Vorlageantrages stellte das bescheiderlassende Finanzamt an Hand des automatisierten Informationaustausches im Rahmen der EU-Amtshilfe fest, dass der Bf auch noch über einen in Deutschland einkommensteuerpflichtigen, in Österreich dem Progressionsvorbehalt unterliegenden, Pensionsbezug aus Deutschland seitens der deutschen Rentenversicherung Bund iHv € 1.775,58 verfügt.
Im auch dem Bf zugestellten Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht beantragte das Finanzamt die Abweisung der Beschwerde sowie die Neuberechnung der Einkommensteuer 2015 unter Berücksichtigung der deutschen Pension für den Progressionsvorbehalt.
Sachverhalt
Der Bf, Pensionist, bezog im Streitjahr Einkünfte (Pensionen) seitens der Pensionsversicherungsanstalt, des Wohlfartsfonds der Architekten sowie eine deutschen, in Österreich nicht steuerpflichtigen und nur für den Progressionsvorbehalt zu berücksichtigenden deutschen Bundesrente. Der Bf gab den seitens des Wohlfartsfonds erhaltenen Pensionsbezug an seine Tochter weiter. Weder im strittigen Einkommensteuerbescheid noch in der Beschwerdevorentscheidung gelangte die deutsche Pension progressionserhöhend zum Ansatz.
Beweiswürdigung
Der unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt der seitens der belangten Behörde, dem Bundesfinanzgericht sowie dem Bf bekannten, Unterlagen.
Rechtslage
Gemäß § 19 Abs 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.
Gemäß § 20 Abs 1 Z 4 EStG 1988 sind freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen nicht abzugsfähig.
Gemäß Art 18 Abs 1 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet vom Einkommen und vom Vermögen (BGBl III 2002/182 idF BGBl III 2012/32) dürfen Ruhegehälter oder ähnliche Vergütungen oder Renten, die ein in einem Vertragsstaat ansässige Person aus dem anderen Vertragsstaat erhält, nur im erstgenannten Staat besteuert werden. Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat nsässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Staates erhält dürfen gem Abs 2 leg cit abweichend davon nur in diesem anderen Staat besteuert werden.
Gemäß Art 19 Abs 2 dieses Doppelbesteuerungsabkommens dürfen Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts dieses Staates, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts geleistete Dienste gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.
Gemäß § 23 Abs 2 des Doppelbesteuerungsabkommens wird eine Doppelbesteuerung einer in Österreich ansässigen Person dadurch vermieden, dass Österreich jene Einkünfte, die in Deutschland versteuert werden dürfen von der Besteuerung ausnimmt (lit a). Derartige Einkünfte dürfen aber in Österreich bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das übrige Einkommen einbezogen werden (lit d).
Erwägungen des Bundesfinanzgerichts
1. Pension des Wohlfahrtsfonds der Architekten
Eine Einnahme ist dann zugeflossen bzw „bezogen“, iSD § 19 Abs 1 Satz 1 EStG 1988, sobald der Empfänger über sie tatsächlich und rechtlich () bzw rechtlich und wirtschaftlich () verfügen kann. Die Vereinnahmung bzw Verausgabung eines Betrags durch einen Bevollmächtigten führt zu einem Zufluss bzw Abfluss beim Machtgeber ().
Freiwillige Zuwendungen in Form von Ausgaben an nicht gesetzlich Unterhaltsberechtigte, denen keine wirtschaftliche Gegenleistung gegenübersteht und die ohne zwingende rechtliche Verpflichtung des Gebers getätigt werden sind nicht abzugsfähig. dies gilt selbst dann, wenn sie im Einzelfall durch betriebliche oder berufliche Erwägungen mitveranlasst sind oder freiwillig eine verpflichtende Vereinbarung eingegangen wurde.
Eine Vielzahl nichtabzugsfähiger freiwilliger Zuwendungen hat ihre Wurzeln in persönlichen oder familiären Verhältnissen , obwohl keine Unterhaltsverpflichtung besteht (Doralt/Kofler in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG11 § 20 Tz 109).
Im gegenständlichen Fall hat der Bf eine Zahlung aus einem Wohlfahrtsfonds seiner Berufsgruppe erhalten und den Betrag offenkundig an seine nicht unterhaltsberechtigte Tochter weitergegeben. Selbst wenn Ziel der vormaligen Einrichtung dieses Wohlfahrtsfonds tatsächlich die Unterstützung hinterbliebener Angehöriger gewesen sein sollte, ändert dies nichts daran, dass dieser Betrag im beschwerdegegenständlichem Jahr als Einkommen dem Bf unmittelbar zugeflossen ist. Die nachmalige Weitergabe an seine Tochter ist somit nur mehr eine steuerneutrale Verwendung eines seitens des Bf bereits bezogenen Einkommens, mag sie auch aus seiner Sicht bestimmungsgemäß erfolgt sein. Im übrigen bedeutet der beschwerdegegenständliche Einwand des Bf, er habe sich entschlossen, den strittigen Betrag aus dieser privaten Pension "treuhändig" seiner Tochter zu "übergeben" im Ergebnis nichts anderes, als dass er diesen Betrag zunächst bezogen hat und er ihn dann seiner Tochter zukommen hat lassen.
Die Beschwerde war daher insoweit abzuweisen.
2. Deutsche Pension
Aus den oben zitierten Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet vom Einkommen und vom Vermögen ergibt sich, dass die vom Bf bezogene, seinerseits gegenüber der belangten Behörde nicht offengelegten, deutsche Rente in Deutschland und somit nicht in Österreich steuerpflichtig ist. Allerdings kann Österreich diese Einkünfte insoweit bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das übrige Einkommen einbeziehen, als sie im Rahmen des sogenannten "Progressionsvorbehaltes" dahingehend Berücksichtigung finden, dass die steuerpflichtigen Einkünfte dadurch mit einem höheren Steuersatz belegt werden (Jakom/Marschner, EStG10, § 1, Rz 17 mit Verweis auf -F/12).
Im gegenständlichen Fall war daher, dem - dem Bf bekanntgegebenen - Antrag der belangten Behörde folgend, die deutsche, in Österreich zwar nicht steuerpflichtige, jedoch für den Progressionsvorbehalt zu berücksichtigende deutschen Bundesrente im Rahmen dieses Erkenntnisses miteinzubeziehen und der angefochtene Einkommensteuerbescheid gemäß § 279 Abs 1 zweiter Satz BAO entsprechend abzuändern.
Berechnung der laut Erkenntnis festgesetzten Einkommensteuer
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtbetrag der Einkünfte | 21.244,71 € |
Pauschbetrag für Sonderausgaben | - 60,00 € |
Einkommen | 21.184,71 € |
Steuerfreie Ausländische Einkünfte | 1.775,58 € |
Bemessungsgrundlage für den Durchschnittssteuersatz | 22.960,29 |
Durchschnittssteuersatz 19,01 5 von 22.184,71 | 4.027,21 € |
Verkehrsabsetzbetrag | - 291,00 € |
Arbeitnehmerabsetzbetrag | - 54,00 € |
Steuer nach Abzug der Steuerabsetzbeträge | 3.682,21 € |
Steuer für sonstige Bezüge | 176,57 € |
Einkommensteuer | 3.858,78 € |
Anrechenbare Lohnsteuer | - 2.128,84 € |
Rundung gemäß § 39 Abs 3 EStG 1988 | 0,06 € |
Festgesetzte Einkommensteuer laut Erkenntnis | 1.730,00 € |
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall entspricht die angenommene Zufluss der Pension aus dem Wohlfahrtsfonds an den Bf der einhelligen Judikatur und Literatur bzw ergibt sich die progressionserhöhende Wirkung der deutschen Pension unmittelbar aus dem Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet vom Einkommen und vom Vermögen, sodass eine ordentliche Revision gegen das Erkenntnis nicht zulässig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7102584.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at