Zufluss rückgestellter Geschäftsführervergütungen bei mehrheitlich beteiligtem Gesellschafter
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Dr.MV, Rechtsanwalt in Adr.**, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der X-GmbH, Adr.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom betreffend die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für den Zeitraum bis zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Anlässlich einer den Zeitraum bis umfassenden Außenprüfung (betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag) gelangte der Prüfer im Bericht vom u.a. zu folgenden Feststellungen:
„ Nachrechnung lt. BH-Kto „ GF-Bezug variabel" für 2011".
Das Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers und setzte mit Abgabenbescheid vom gegenüber der Y-GmbH (in der Folge X-GmbH) den Dienstgeberbeitrag in der Höhe von 36.554,89 Euro fest, wodurch sich eine Abgabennachforderung im Ausmaß von 9.000,00 Euro ergab.
Dagegen richtete sich die Beschwerde vom , in der als Begründung im Wesentlichen angeführt ist:
„ An der X-GmbH ist Herr GF zu 80 % und die AA Holding mbH zu 20 % beteiligt. In der Generalversammlung vom wurde beschlossen, dass keine Ausschüttungen bzw. Prämienzahlungen an die Gesellschafter erfolgen, bis sämtliche Darlehen in Verbindung mit dem Bau und der Finanzierung von Bürogebäude und Produktion vollständig abbezahlt sind (Protokoll der Generalversammlung wurde von Herrn GF und Herrn EE (AA Holding mbH) unterschrieben).
Weiters besteht eine Belassungs- und Entnahmeverzichtserklärung zwischen der X-GmbH und der X-Bank (unterzeichnet von Herrn GF als Geschäftsführer am ). In dieser Vereinbarung werden den Gesellschaftern „vermögensmäßige Zuwendungen“ aus der Gesellschaft über die Laufzeit des Kredites für den Bau des Produktions- und Verwaltungsgebäudes untersagt.
Diese Unterlagen wurden im Zuge der Betriebsprüfung der X-GmbH im Zeitraum Mitte 2013 bis Anfang 2014 durch die Großbetriebsprüfung Salzburg an den Prüfer Herrn Mag.CC übergeben.
Eine Sondervereinbarung zum Geschäftsführervertrag von Herrn GF sieht - abhängig vom Gewinn der oben angeführten Gesellschaft - eine Prämie von jährlich maximal € 200.000,00 vor. Im Jahr 2011 hätte sich aus dieser Vereinbarung der maximaler Bonus für Herrn GF iHv € 200.000,00 ergeben.
Da - aufgrund dieser Vereinbarungen - Herr GF bis zur Tilgung der Kredite keine Verfügungsmacht über den Betrag iHv € 200.000,00 hat und dieser Betrag somit auch als nicht zugeflossen gilt, wurde der Betrag als Rückstellung im Jahresabschluss 2011 verbucht.
Laut Doralt führt das Stehenlassen des Arbeitslohnes im Interesse des Arbeitgebers wegen Zahlungsschwierigkeiten zu keinem Zufluss (vgl. Doralt, Einkommensteuerkommentar Band II, § 19 Seite 25).
Herr Mag.CC von der Salzburger Großbetriebsprüfung hat diesen Sachverhalt bei der
Betriebsprüfung der X-GmbH nach Übergabe der angesprochenen
Unterlagen genau so beurteilt wie wir und in diesem Zusammenhang keine Feststellung getroffen.
Herr HH hat im Zuge der GPLA der Jahre 2008 bis 2013 diese in der Bilanz 2011 rückgestellte Prämie als an Herrn GF zugeflossen angesehen. Eine Begründung für diese Rechtsansicht hat der Prüfer nicht abgegeben. Laut Doralt kann allerdings eine erst zugesagte Prämie nicht als zugeflossen angesehen werden, wenn beim Dienstgeber dafür höchstens eine Rückstellung gebildet werden kann (vgl. Doralt, Einkommensteuerkommentar Band II, § 19 Seite 25).
Weiters beziehe ich mich in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des BFG (Senat) vom , RV/4100477/2011. In diesem sehr ähnlich gelagerten Fall entschied das BFG zu Gunsten der Steuerpflichtigen. Laut BFG kann von keinem Zufluss ausgegangen werden, wenn aufgrund von Gesellschafterbeschlüssen (aufgrund strapazierter Liquidität) die Geschäftsführervergütung unter dem Titel Rückstellung verbucht wird und nicht bereits auf dem Verrechnungskonto gutgeschrieben wird."
Das Finanzamt wies in der Folge die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.
Mit der fristgerechten Einbringung des Vorlageantrages vom gilt die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO).
Mit Beschluss des Landesgerichtes LG vom **.**.****, ******, wurde über das Vermögen der X-GmbH das Insolvenzverfahren in Form eines Konkursverfahrens eröffnet und Dr.MV, Rechtsanwalt in Adr.**, zum Masseverwalter bestellt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 (Familienlastenausgleichsgesetz 1967) haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Nach § 41 Abs. 2 FLAG 1967 sind Dienstnehmer u.a. alle Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1088 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.
Der Beitrag ist von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind u.a. Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 (§ 41 Abs. 3 FLAG 1967).
Gemäß § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 fallen unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25 % beträgt. Die Beteiligung durch Vermittlung eines Treuhänders oder einer Gesellschaft steht einer unmittelbaren Beteiligung gleich.
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.
In der beim Bundesfinanzgericht anhängigen Beschwerdesache geht es um die Frage, ob im Jahr 2011 eine rückgestellte Prämie in der Höhe von 200.000,00 Euro an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer der X-GmbH im Sinne des § 19 EStG 1988 zugeflossen ist und damit in die Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einzubeziehen ist.
Im Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom (anwesend: Herr GF als Gesellschafter-Geschäftsführer, der zu 80 % am Stammkapital der GmbH beteiligt ist, sowie Frau JJ als Protokollführerin) ist festgehalten, dass Herr GF für die nächsten fünf Jahre neben seinem Gehalt von monatlich 10.000,00 Euro zusätzlich eine Prämie im Ausmaß von 30 % des jeweils erzielten Jahresgewinnes vor Steuern erhält. Herrn GF steht es diesem Beschluss zufolge frei, den Anspruch vorläufig zur Liquiditätsverbesserung im Unternehmen zu lassen, kann sich diese Beträge aber jederzeit nach eigenem Wunsch auszahlen lassen.
Für den Zufluss beim Allein- oder Mehrheitsgesellschafter kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob ein Betrag fällig und die Gesellschaft zahlungsfähig ist, da es der Gesellschafter sonst in der Hand hätte, bei der Gesellschaft Gewinne zu kürzen, ohne selbst die entsprechenden Beträge versteuern zu müssen. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner objektiv generell mangels bereiter Mittel nicht nur vorübergehend außerstande ist, fällige Geldschulden regelmäßig zu erfüllen. Hingegen ist es nicht von Bedeutung, ob die Gesellschaft über hinreichend liquide Mittel verfügt, wenn sie in der Lage war, sich derartige Mittel auf dem Kreditwege beschaffen zu können (vgl. etwa ; ). Im Übrigen fließen etwa einem Alleingesellschafter bzw. einem beherrschenden Gesellschafter auch Gewinnansprüche bereits mit der Beschlussfassung über die Gewinnverteilung zu ().
Erfolgt kein Zufluss einer Geschäftsführervergütung gem. § 19 Abs. 1 EStG 1988 an einen an einer GmbH allein- oder mehrheitlich beteiligten Gesellschafter im „klassischen Sinn“ (Barauszahlung, Überweisung auf ein seiner Verfügungsmacht unterliegendes Konto, Verbuchung einer Gutschrift zu seinen Gunsten auf dem Verrechnungskonto), kann angesichts dessen Dominanz als beherrschender Gesellschafter dennoch ein steuerlich relevanter Zufluss als „Ausnahme von dieser Regel“ zum Tragen kommen, wenn sein Anspruch auf die Vergütung eindeutig, unbestritten und fällig ist und sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet. Der beherrschende Gesellschafter (Alleingesellschafter) hat es nämlich der Hand, sich die geschuldeten Beträge auszahlen zu lassen oder auf die faktische Auszahlung zu verzichten (vgl. BFH , VI R 66/09; ).
Im Beschwerdeschriftsatz wird im Wesentlichen unter Bezugnahme auf ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts, , die Auffassung vertreten, dass ein Zufluss an den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht vorliege.
Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass das angesprochene BFG-Erkenntnis einen wesentlich (im Sinne des § 22 Z. 2 EStG 1988), jedoch nicht mehrheitlich beteiligten, das heißt nicht beherrschenden Anteilseigner, betraf. Ein - wie im vorliegenden Fall - beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer hat es hingegen (allein) in der Hand, sich von „seiner“ GmbH geschuldete Beträge auszahlen zu lassen oder auf eine faktische Auszahlung (Barauszahlung, Überweisung oder Verbuchung auf dem Verrechnungskonto) zu verzichten (vgl. zu dieser Differenzierung Renner in BFGjournal 2014, 268 zum Zufluss rückgestellter Geschäftsführervergütungen bei nicht mehrheitlich beteiligtem Gesellschafter).
Dass im Übrigen der Betrag nicht fällig und die Gesellschaft nicht zahlungsfähig gewesen sei, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Das Bundesfinanzgericht konnte sich bei den erheblichen Rechtsfragen auf die in den rechtlichen Erwägungen des Erkenntnisses wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen.
Die Revision ist daher gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 19 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 22 Z 2 TS 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101848.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at