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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.04.2019, RV/5101457/2017

Haftung für Lohnsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache BF, vertreten durch StB, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Linz vom zu StNr., mit dem der Beschwerdeführer gemäß §§ 9, 80 BAO für aushaftende Lohnsteuer 03/2014 der Firma M GmbH in Höhe von 25.508,39 € in Anspruch genommen wurde, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

1) Primärschuldnerin

Die im Firmenbuch zu FN protokollierte Firma M GmbH (Primärschuldnerin) war mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet worden. Gesellschafter waren zuletzt A und B. Der Beschwerdeführer war seit selbständig vertretungsbefugter und im haftungsrelevanten Zeitraum alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft, die im Bereich Arbeitskräfteüberlassung tätig war.

Die laufenden Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft wurden bis März 2014 entrichtet. Die am fällig gewesenen Lohnabgaben 03/2014 (Lohnsteuer 39.560,26 €; Dienstgeberbeitrag 15.564,44 € und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 1.245,16 €) wurden dagegen dem Finanzamt ebenso wie die am selben Tag fällig gewesene Umsatzsteuer 02/2014 in Höhe von 77.985,54 € zwar bekannt gegeben, jedoch nicht entrichtet.

In einem elektronisch über FinanzOnline eingebrachten Zahlungserleichterungsansuchen vom wurde um Stundung dieser Abgabenschuldigkeiten bis ersucht. Schleppende Zahlungseingänge der Kunden hätten zu einem kurzfristigen Engpass geführt. Die Einbringlichkeit sei durch den Aufschub nicht gefährdet.

Das Finanzamt wies dieses Zahlungserleichterungsansuchen mit Bescheid vom ab.

Am beantragte die Primärschuldnerin die Eröffnung des Konkursverfahrens, welches mit Beschluss vom selben Tag vom Landesgericht Linz auch eröffnet wurde.

Im Zuge einer anlässlich des Konkursverfahrens durchgeführten Lohnsteuerprüfung betreffend den Zeitraum bis zur Konkurseröffnung wurde unter anderem festgestellt, dass die Löhne und Gehälter bis einschließlich März 2014 ausbezahlt worden sind.

Nach Verteilung einer Quote von 27,746 % wurde dieses Insolvenzverfahren mit Beschluss vom wieder aufgehoben.

2) Haftungsverfahren

In einem Vorhalt vom wies das Finanzamt den Beschwerdeführer auf die Ergebnisse des Insolvenzverfahrens, seine haftungsrechtliche Verantwortung als Geschäftsführer seit und den Umstand hin, dass bei der Primärschuldnerin näher aufgegliederte Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt 130.445,84 €, welche vor Konkurseröffnung fällig gewesen wären, unberichtigt aushaften würden. Unter Abzug der Konkursquote würden sich diese Abgaben auf 94.252,34 € reduzieren, wovon ein Teilbetrag von 25.508,39 € auf die am fällig gewesene Lohnsteuer 03/2014 entfalle. Er möge darlegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen habe können, dass die Abgaben entrichtet wurden (z.B. Fehlen ausreichender Mittel, Zessionsvereinbarung, Einstellung der Überweisungen durch die Hausbank, Weisungen der Gesellschafter usw.). Die entsprechenden Unterlagen zum Beweis seiner Rechtfertigung wären vorzulegen. Falls vorhandene Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden wären, sei dies durch geeignete Unterlagen zu belegen. Schließlich wurde der Beschwerdeführer um Darstellung seiner persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse ersucht.

In einer umfangreichen Stellungnahme vom , der insgesamt zehn Beilagen angeschlossen waren, stellte der Beschwerdeführer eingehend die Ursachen für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Primärschuldnerin dar. Auf Druck des Gesellschafters A habe sechs Monate vor Konkurseröffnung das Firmengebäude an eine von diesem Gesellschafter gegründete Schwestergesellschaft verkauft werden müssen. Als Folge dessen hätten alle Forderungen der Primärschuldnerin an die Hausbank zediert werden müssen. Einem vorgelegten Protokoll vom über eine Besprechung, an welcher der Beschwerdeführer, der genannte Gesellschafter, der Steuerberater der Gesellschaft und ein Wirtschaftsprüfer teilnahmen, ist zu entnehmen, dass dabei der Bilanzentwurf 2013 analysiert wurde. Diese Besprechung wird auch im vorgelegten Konkursantrag erwähnt. Demzufolge habe dieser Jahresabschluss ein negatives Eigenkapital in der Höhe von 716.309,92 € und einen operativen Verlust von 181.570,35 € ausgewiesen. Eine erstellter Status zu Liquidationswerten habe eine rechnerische Überschuldung von 1,005.544,41 € ausgewiesen. Die Mitte Juni 2014 fälligen Sonderzahlungen inklusive Lohnnebenkosten im Ausmaß von zumindest 310.000,00 € hätten nicht mehr finanziert werden können. Im Besprechungsprotokoll wird daher festgehalten, dass eine Zahlungsunfähigkeit spätestens mit dem Urlaubsgeld zu erwarten sei. Es werde daher Dr. Z beauftragt, den Insolvenzantrag gemeinsam mit dem genannten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer innerhalb der nächsten 60 Tage „ab heute“ () zu formulieren und bei Gericht einzubringen. Ferner wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass er in seiner Funktion als Geschäftsführer den Konkurs ordentlich abgewickelt habe und den Masseverwalter in allen Belangen bestens unterstützt habe, was dieser auch bestätigte. Auf Anregung des Masseverwalters habe er ein eigenes Unternehmen gegründet, in welchem viele ehemalige Mitarbeiter der Primärschuldnerin wieder Beschäftigung gefunden hätten. Zur Frage der Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes wurden ein Vermögensverzeichnis der Primärschuldnerin nach § 100a IO und ein Schreiben des ehemaligen Masseverwalters vorgelegt, demzufolge dieser den Beschwerdeführer aus dem Titel der Geschäftsführerhaftung in Anspruch genommen habe. Der Beschwerdeführer habe vergleichsweise einen Pauschalbetrag von 80.000,00 € an die Insolvenzmasse bezahlt. Dieser Vergleich sei zum einen Voraussetzung gewesen, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Abfertigungsansprüche anerkannt wurden, zum anderen habe die Zahlung auch als „Ablöse“ für die übernommenen Mitarbeiter gedient. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse stellte der Beschwerdeführer in der Beilage 10 eingehend dar. Er sei seit 1999 als selbständiger Berater und Trainer im Personalbereich tätig, betreibe seit 2002 einen kleinen Gewerbebetrieb als Schnapsbrenner, sei seit 2009 WKO-Sprecher der Personaldienstleister. Das in seinem Alleineigentum stehende Wohnhaus mit einem Verkehrswert von rund 450.000,00 € sei noch mit rund 250.000,00 € belastet. Es wären monatliche Rückzahlungen von rund 2.730,00 € zu leisten. Sein Konto sei mit rund 80.000,00 € belastet. Sein monatliches Einkommen betrag rund 6.000,00 € brutto. Ergänzend beziehe er noch Einkünfte aus Prüfungs- und Beratungstätigkeiten sowie aus seiner Schnapsbrennerei in Höhe von gesamt rund 1.000,00 € pro Monat.

In einem weiteren Vorhalt vom wies das Finanzamt darauf hin, dass die behauptet Gleichbehandlung des Abgabengläubigers bisher nicht ausreichend dargestellt worden sei. Es mögen die Abläufe zwischen der Besprechung am und der Konkurseröffnung am näher dargestellt werden; insbesondere wären die in diesem Zeitraum getätigten Zahlungen sowie die fälligen Verbindlichkeiten aufzuschlüsseln und nachzuwiesen. Schließlich wies das Finanzamt darauf hin, dass die Lohnsteuer nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom Gleichbehandlungsgebot ausgenommen sei.

In seiner Stellungnahme vom verwies der Beschwerdeführer auf seine Versuche, eine Insolvenz doch noch abzuwenden. Die Kundenforderungen hätten an die Sparkasse zediert bzw. die Faktoring Bank SVEA abgetreten werden müssen. Vorgelegten OP-Listen der Kundenkonten per tragen allerdings einen Zessionsvermerk „Zediert an Allg. Sparkasse GZV “, was auf einen Generalzessionsvertrag bereits aus dem Jahr 1995 hindeutet. Ferner wurde auf das oben unter Punkt 1) zitierte Zahlungserleichterungsansuchen hingewiesen. Da schon öfters Erfahrungen mit Stundunden gemacht worden seien, habe er gewusst, dass die Reaktionszeit des Finanzamtes zwei bis drei Wochen betrage. Er sei zuversichtlich gewesen, die offenen Abgaben innerhalb dieser Frist bezahlen zu können. Es wären bis zuletzt Bankgespräche geführt worden. Am habe er die Absage der letzten Bank erhalten; die Konsequenz sei dann der Konkursantrag vom gewesen.

Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt den Beschwerdeführer lediglich hinsichtlich der Lohnsteuer 03/2014 in Höhe von 25.508,39 € in Anspruch und verwies in der Bescheidbegründung darauf, dass die Lohnsteuer nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom Gleichbehandlungsgebot ausgenommen sei. Stünden nur mehr beschränkte Mittel zur Verfügung, sei vor Durchführung der Lohnzahlung sicherzustellen, dass die auf die Löhne entfallende Lohnsteuer einbehalten und abgeführt werden könne. Die Löhne seien bis einschließlich März 2014 ausbezahlt worden. Da die Lohnsteuer vom Gleichbehandlungsgebot ausgenommen sei, hafte der Beschwerdeführer für diese Abgabe. Die Haftung sei eine geeignete Maßnahme um den Abgabenausfall zu verhindern. Auf Grund der Vermögenslage des Beschwerdeführers könne davon ausgegangen werden, dass die Abgabe bei ihm einbringlich sei.

Gegen diesen laut Anmerkungen des Finanzamtes im B-Verfahren erst am durch Hinterlegung zugestellten und laut Beschwerdevorbringen am bei der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers eingelangten Bescheid richtet sich die Beschwerde vom . Diese wurde wie folgt begründet:

„Herr Bf. war im Jahr 2014 handels- und gewerblicher Geschäftsführer der M GmbH.

Am wurde über das Vermögen der Fa. M GmbH mit Beschluss des Landesgericht Linz ein lnsolvenzverfahren eröffnet. Die Löhne wurden bis einschließlich März 2014 ausbezahlt. Für die am fällige Lohnsteuer wurde am beim Finanzamt Linz ein ZahIungserleichterungsansuchen bis gestellt (siehe Beilage). Bis zu diesem Zeitpunkt war die Fa. M GmbH noch nicht im Insolvenzverfahren. Aufgrund von positiven Planungsrechnungen war mit einem Insolvenzverfahren auch für Herrn Bf. nicht zu rechnen.

Erst nach einem negativen Bankgespräch am wurde von den Gesellschaftern dem Fremdgeschäftsführer Bf. mitgeteilt, dass auch die Gesellschafter keine weiteren Zahlungsmittel mehr für die Gesellschaft bereitstellen, was letztendlich die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zur Folge hatte.

Herr Bf hat somit keine schuldhafte Pflichtverletzung für die uneinbringliche Abgabenschuld als Geschäftsführer begangen und ist daher auch nicht als Haftungspflichtiger in Anspruch zu nehmen.“

Diese Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und führte in der Begründung aus:

„Gem. § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 90 ff (richtig: 80 ff) bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eigebracht werden können.

Gem. § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Die haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen gegen die Primärschuldnerin sind im vorliegenden Fall unstrittig, und resultieren ausschließlich aus Selbstbemessungsabgaben (Lohnsteuer 03/2014), die von der Gesellschaft dem Finanzamt Linz zwar bekannt gegeben, aber nicht entrichtet wurden.

Ebenso unstrittig ist die Tatsache, dass der Beschwerdeführer als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer (Fremdgeschäftsführer) im haftungsrelevanten Zeitraum für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft verantwortlich war.

Hinsichtlich der Uneinbringlichkeit gegenständlicher Abgabenforderungen ist auf das zwischenzeitig abgeschlossene Konkursverfahren der Primärschuldnerin zu verweisen. Die Konkursgläubiger haben eine Verteilungsquote in Höhe von 27,746 % erhalten, welche von den haftungsrelevanten Abgabenverbindlichkeiten in Abzug zu bringen war.

Es ist Aufgabe des Geschäftsführers, darzulegen, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen habe, insbesondere nicht habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf.

In diesem Zusammenhang ist auf das Vorhalteverfahren, die Eingabe des Beschwerdeführers vom , die informelle Besprechung am , eines weiteren Ersuchens um Ergänzung vom bzw. dessen Beantwortung per sowie auf den gegenständlichen Haftungsbescheid verwiesen.

Auszuführen ist insbesondere, dass in Würdigung der anlässlich der oben angeführten Vorhalteverfahren eingereichten Stellungnahmen und Unterlagen die Haftungsinanspruchnahme von ursprünglich im Raum stehenden Abgabenverbindlichkeiten der Primärschuldnerin in Höhe von gesamt EUR 94.252,34 (vgl. dazu das Ersuchen um Ergänzung vom ) auf nunmehr gegenständliche unberichtigte Abgabenverbindlichkeiten der Primärschuldnerin in Höhe von EUR 25.508,39 (ausschließlich betreffend der Lohnsteuer 03/2014) eingeschränkt wurde.

Die Haftungsinanspruchnahme betreffend der Lohnsteuer 03/2014 begründet sich wie folgt:

Die Lohnsteuer ist vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen. Reichen die einem Vertreter zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die Entrichtung der auf die ausbezahlten Löhne entfallenden Lohnsteuer aus, darf der Geschäftsführer gem. § 78 Abs. 3 EStG nur einen entsprechend niedrigeren Betrag zur Auszahlung bringen, sodass die davon einbehaltene Lohnsteuer auch abgeführt werden kann. Wird dagegen die auf ausbezahlte Löhne entfallende Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Die Verpflichtung eines Vertreters nach § 80 BAO geht hinsichtlich der Lohnsteuer über das Gebot der gleichmäßigen Behandlung aller Schulden (bzw. aller Gläubiger) hinaus (vgl. zB. ).

Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde selbst vor, dass die Löhne bis einschließlich März 2014 ausbezahlt wurden. Es ist daher bezüglich der Nichtentrichtung der auf die ausbezahlten (Netto)Löhne des Monats März 2014 entfallende Lohnsteuer von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers auszugehen.

Hinsichtlich des Arguments, dass für die am fällige Lohnsteuer (für den Monat 03/2014) am beim Finanzamt Linz ein Zahlungserleichterungsansuchen bis gestellt wurde ist wie folgt auszuführen:

Nach der Rechtsprechung des VwGH ändert ein nach Fälligkeit von Abgaben eingebrachtes Ratenansuchen nichts daran, dass bei Unterlassung der Zahlung ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Abgabenentrichtung vorliegt (vgl. ).

Aus dem Sachverhalt ergibt sich weiters, dass aufgrund der Abweisung des Zahlungserleichterungsansuchens mit im Zeitpunkt der Konkurseröffnung keine Zahlungserleichterung aufrecht war.

Hinsichtlich des Vorbringens, dass erst nach einem negativen Bankgespräch am dem Beschwerdeführer als Fremdgesellschafter mitgeteilt wurde, dass auch die Gesellschafter keine weiteren Zahlungsmittel mehr für die Gesellschaft bereit stellen, ist auszuführen, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH für die Haftung nach § 9 BAO ohne Bedeutung ist, ob den Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft (vgl. ).

Unabhängig davon geht aus den vom Beschwerdeführer im Zuge der Beantwortung des Ergänzungsersuchens übermittelten Unterlagen hervor, dass bereits anlässlich einer im Beisein des Beschwerdeführers durchgeführten Besprechung am der Auftrag zur Erstellung und Einbringung eines Eigenantrages zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erteilt wurde (vgl. dazu Beilage 3 der Eingabe vom , Besprechungsprotokoll vom ).

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung ist davon auszugehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabe war.

Die Geltendmachung der Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Die Geltendmachung der Haftung stellt die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, überwiegt bei der vorzuwerfenden Pflichtverletzung meist auch allfällige Billigkeitsgründe, welche jedoch nicht vorgebracht wurden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.“

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom , in dem auf die Ausführungen in der Beschwerde und zusätzlich darauf verwiesen wurde, dass in der „Berufungsvorentscheidung“ keine Begründung der Ermessensübung angeführt sei.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und steht aufgrund der zitierten Aktenteile fest. Zu klären ist im vorliegenden Fall allein die Rechtsfrage, ob die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO für eine Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung für die bei der Primärschuldnerin uneinbringlich Lohnsteuer 03/2014 vorlagen.

Rechtslage und Erwägungen

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO wurde bereits vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung eingehend dargestellt. Auf die dortigen und oben wörtlich zitierten Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verweisen.

Ergänzend wird noch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2016/16/0097 hingewiesen. Demzufolge trifft den Vertreter nach § 80 BAO die Verpflichtung, die Lohnsteuer einerseits einzubehalten und andererseits – ungeachtet wirtschaftlicher Schwierigkeiten und des Gleichbehandlungsgebotes – zur Gänze dem Finanzamt zum Fälligkeitstag abzuführen. Selbst eine nach Auszahlung der Löhne eingetretene Zahlungsunfähigkeit der Primärschuldnerin vor dem Fälligkeitstag, zu dem die Lohnsteuer abzuführen gewesen wäre, kann keinen Umstand darstellen, welche die Primärschuldnerin und damit deren Geschäftsführer von der Verpflichtung enthoben hätte, die einbehaltene Lohnsteuer auch abzuführen.

Die Geltendmachung der Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff „Billigkeit“ ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff „Zweckmäßigkeit“ die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlich vorgesehenen Mitteln und Möglichkeiten" beizumessen.

Die Geltendmachung der Haftung stellt regelmäßig die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel dann ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Kommen mehrere Haftungspflichtige in Betracht, so ist die Ermessensentscheidung, wer von ihnen in Anspruch genommen wird, entsprechend zu begründen (z.B. ). Eine solche Mehrheit potenzieller Haftungsschuldner lag im gegenständlichen Fall aber nicht vor.

Dem Einwand im Vorlageantrag, dass die Beschwerdevorentscheidung keine Begründung zur Ermessensübung enthalte, ist entgegen zu halten, dass sowohl der angefochtene Erstbescheid als auch die Beschwerdevorentscheidung im jeweils letzten Absatz eine entsprechende Begründung enthalten.

Im Erstbescheid wurde festgestellt, auf Grund der dargestellten Vermögenslage des Beschwerdeführers könne davon ausgegangen werden könne, dass die Abgabe bei ihm einbringlich sei. Dieser Feststellung trat der Beschwerdeführer weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag entgegen. Angesichts der Einkünfte des Beschwerdeführers (im Einkommensteuerbescheid 2016 vom wird ein steuerpflichtiges Einkommen von 91.968,61 € ausgewiesen, im Einkommensteuerbescheid 2017 vom wird das steuerpflichtige Einkommen mit 94.405,01 € angegeben) erweist sich die Feststellung des Finanzamtes auch unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer dargestellten Zahlungspflichten als schlüssig. Abgesehen davon stehen die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Haftungsschuldner nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung, zumal es selbst eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit nicht ausschließen würde, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können (z.B. mwN).

Das Bundesfinanzgericht verkennt nicht, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Primärschuldnerin stets um eine Bedienung der Abgabenschulden bemüht war und auch die Selbstbemessungsabgaben bis einschließlich jener, die am fällig waren, entrichtet wurden. Der haftungsrelevante Zeitraum ist daher im vorliegenden Fall ein sehr kurzer und umfasst lediglich den Zeitraum (Fälligkeit) bis (Konkurseröffnung). Diesem Umstand trug aber schon das Finanzamt insofern Rechnung, als die Haftungsinanspruchnahme auf die Lohnsteuer 03/2014 beschränkt wurde (vgl. dazu die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung, Absatz 10), obwohl auch in der Stellungnahme vom zum zweiten Vorhalt vom ein Nachweis für die Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes bei der Verfügung über die Gesellschaftsmitteln nicht erbracht worden war. Die Vorlage von Saldenlisten per und Offene-Postenlisten per allein genügt dazu ebenso wenig wie die vorgelegte Ertragsplanung 2014 sowie die Fortführungsrechnung Mai bis Juli 2014, da daraus nicht zu entnehmen ist, ob die Gesellschaftsmittel im haftungsrelevanten Zeitraum für eine gleichmäßige Bedienung aller Gläubiger verwendet wurden. Die Tatsache, dass sich die schuldhafte Pflichtverletzung nur über einen kurzen Zeitraum erstreckt hat, bietet aber allein keinen Anlass für einen noch weitergehenden Verzicht betreffend Geltendmachung der Haftung (Beschränkung etwa auf nur einen Teil der Lohnsteuer) oder gar einen gänzlichen Verzicht.

Insgesamt lagen daher die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Geltendmachung der Haftung vor und erweist sich auch die Ermessensübung des Finanzamtes nicht als rechtswidrig, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101457.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at