Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.06.2019, RV/1100480/2017

Steuerliche Beurteilung eines Fruchtgenussvertrages zwischen Ehegatten im Beschwerdeverfahren betreffend den abgeleiteten Einkommensteuerbescheid.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache Bf. über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer 2016 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang, Sachverhalt

Mit Einkommensteuererklärung 2016 erklärte die Bf. Einkünfte aus der Vermietung einer Eigentumswohnung in der x-straße 48/1 in Plz Stadt in Höhe von 5.193,67. Diese Wohnung stand zur Hälfte in ihrem Eigentum, Eigentümer an der anderen Hälfte war ihr Ehegatte DI B. Y..

Mit Fruchtgenussvertrag vom räumte DI B. Y. seiner Ehefrau im Wege der Schenkung rückwirkend zum ein Fruchtgenussrecht gemäß § 509ff ABGB ein. Aufgrund dieses Fruchtgenussrechtes sollten sämtliche Erträge aus der Wohnung, insbesondere die Mieterträge, der Bf. zufließen. Dementsprechend erklärte die Bf. die gesamten Einkünfte aus der Wohnungsvermietung, ihr Ehegatte DI B. Y. hingegen keine.

Mit dem angefochtenen Bescheid rechnete das Finanzamt die Hälfte der Mieteinkünfte (2.536,84 Euro) als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Bf. zu, während es die andere Hälfte mit Einkommensteuerbescheid vom dem Ehegatten zuwies. Zur Begründung gab es unter Verweis auf die Entscheidung des an, der Fruchtgenussvertrag sei nicht anzuerkennen, weil er unter der auflösenden Bedingung geschlossen worden sei, dass das eingeräumte Fruchtgenussrecht erlösche, wenn die Ehe zwischen DI B. Y. und der Bf. rechtskräftig aufgelöst werde. Damit fehle es der Bf. aber an der für die steuerliche Anerkennung eines Fruchtgenussrechtes erforderlichen rechtlich abgesicherten Position, denn diese auflösende Bedingung könne jederzeit eintreten und vom Fruchtgenussbesteller auch alleine  herbeigeführt werden.

Die Beschwerde vom , mit der sich die Bf. durch ihre Steuervertretung gegen die Aberkennung des Fruchtgenussrechtes und die Zurechnung der Hälfte der Mieteinkünfte an sie wandte, wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Am stellte die Bf. durch ihre Steuervertretung den Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor.

Am reichte die Y. A. und Mitbes, x-straße 48/1, Plz Stadt, beim Lagefinanzamt Stadt-Stadt eine Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften 2016 mit erklärten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 5.193,67 Euro ein.

Mit Bescheid vom stellte dieses Finanzamt die Einkünfte der Y. A. und Mitbes erklärungsgemäß mit 5.193,67 Euro fest und verteilte die Einkünfte auf die Miteigentümer DI Y. B. und Y. A. nach dem Verhältnis ihrer Anteile am Miteigentum mit Beträgen von je 2.596,84 Euro.

Gegen diesen Bescheid wurde am Beschwerde erhoben.

II. Rechtslage und rechtliche Würdigung

Aus Gründen der Verfahrensökonomie sieht die Bundesabgabenordnung (BAO) ein System vom Grundlagenbescheiden und abgeleiteten Bescheiden vor. Im Grundlagenbescheid werden die wesentlichen Feststellungen getroffen, die dann für die abgeleiteten Bescheide bindend sind. Ein solches System sieht etwa § 188 BAO vor.

Gemäß § 188 Abs. 1 BAO werden festgestellt u.a. die Einkünfte (der Gewinn oder der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten) aus Vermietung und Verpachtung, wenn an den Einkünften derselben Einkunftsarten mehrere Personen beteiligt sind. Gegenstand der Feststellung ist gemäß § 188 Abs. 2 BAO auch die Verteilung des festgestellten Betrages auf die Teilhaber.

In einem Bescheid enthaltene Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, Meßbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, werden gemäß § 192 BAO diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig ist.

Abgeleitete Bescheide dürfen auch vor Ergehen des Grundlagenbescheides erlassen werden (vgl. Ritz, BAO6, § 185 Tz 3, mit der dort zitierten Literatur). Dies ergibt sich u.a. aus der Bestimmung des § 295 Abs. 1 und 2 BAO über die Anpassung an nachträgliche Grundlagenbescheide.

Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er gemäß § 295 Abs. 1 BAO ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Änderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist.

Nach Ritz, BAO6, § 295 Tz 9, folgt aus dem zweiten Satz des § 295 Abs. 1 (Argument „Änderung und Aufhebung“), dass ein aus § 295 Abs. 1 gestützter Bescheid nur zu erlassen ist, wenn hierdurch ein abgeleiteter Bescheid aufgehoben oder geändert wird. Würde die nachträgliche Erlassung eines Grundlagenbescheides zu keiner Änderung des abgeleiteten Bescheides führen, so ist kein auf § 295 Abs. 1 gestützter unveränderter Bescheid zu erlassen.

Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann gemäß § 252 Abs. 1 BAO der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind. Werden Einwendungen gegen den Feststellungsbescheid in der Beschwerde gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen (vgl. Ritz, BAO6, § 252 Tz 3; ).

Daraus folgt für den Beschwerdefall:

Mit dem angefochtenen Bescheid ist das Finanzamt davon ausgegangen, dass hinsichtlich der Vermietung der Eigentumswohnung in Stadt gemeinschaftliche Einkünfte der Bf. und ihres Ehegatten vorliegen. Solche Einkünfte sind zwingend gemäß § 188 BAO festzustellen. Zwar lag im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides noch kein solcher Feststellungsbescheid vor, das Finanzamt war aber berechtigt, den abgeleiteten Einkommensteuersteuerbescheid bereits vor Ergehen des Feststellungsbescheides zu erlassen (vgl. Ritz, BAO6, § 185 Tz 3). Der entsprechende Bescheid, mit dem die gemeinschaftlichen Einkünfte der Bf. und ihres Gatten festgestellt und auf diese verteilt wurden, erging nachträglich am durch das zuständige Lagefinanzamt Stadt-Stadt. Da dieser nachträgliche Feststellungsbescheid zu keiner inhaltlichen Änderung des abgeleiteten Bescheides führte, musste das Finanzamt keinen weiteren Einkommensteuerbescheid 2016 erlassen.

Die Einwendungen, die die Bf. gegen den angefochtenen Bescheid vorgebracht hat, betreffen ausschließlich die Feststellung gemeinschaftlicher Vermietungseinkünfte. Sie richten sich damit gegen den nachträglich erlassenen Feststellungsbescheid. Derartige Einwendungen sind aber gemäß § 252 Abs. 1 BAO im Beschwerdeverfahren gegen den Feststellungsbescheid und nicht gegen den abgeleiteten Bescheid vorzubringen. Ob bei der Vermietung der Eigentumswohnung in Stadt tatsächlich gemeinschaftliche Mieteinkünfte vorliegen oder nicht, ist in diesem Verfahren einheitlich für beide Miteigentümer zu entscheiden, im Fall der Verneinung von gemeinschaftlichen Einkünften, aufgrund der eingereichten Feststellungserklärung und des daraufhin erlassenen Feststellungsbescheides, durch einen Nichtfeststellungsbescheid (vgl. Ritz, BAO6, § 188 Tz 18).

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

III. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ab. Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 188 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100480.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at