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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.07.2019, RV/1100080/2017

Drittelbegünstigung einer Pensionskassenleistung (Vorbezug für Wohnungseigentum zum eigenen Bedarf)?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. W in der Beschwerdesache der Bf., Gde X, N-Straße-xx, vertreten durch die XY Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, GDe Y, G-Straße-xy, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Z, Gd Z, S-Straße-zz, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unver ändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Die im Streitjahr in Österreich wohnhafte und als Grenzgängerin bei der Fa. ABC AG in der Schweiz (Ge N, F-Straße-nn) unselbständig beschäftigte Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) bezog im Jahr 2015 neben ihrem (Aktiv-)Bezug auch einen Vorbezug im Sinne der Wohneigentumsförderung in Höhe von 21.260,00 CHF (= 19.609,61 €) von der schweizerischen betrieblichen Pensionskasse.

Mit Bescheid vom veranlagte das Finanzamt die Bf. zur Einkommensteuer für das Jahr 2015; dabei versagte es im Hinblick auf diesen WEF-Vorbezug die Drittelbegünstigung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 und unterzog diesen zur Gänze der Einkommensteuer.

Mit der dagegen erhobenen Beschwerde (elektronisch eingelangt am ) wandte sich die steuerliche Vertretung im Namen und Auftrag der Bf. gegen die Nichtberücksichtigung der Drittelbegünstigung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988, beantragte eine mündliche Verhandlung vor dem gesamten Senat und brachte - nach entsprechender Sachverhaltsdarstellung und Darstellung der Grundzüge der beruflichen Vorsorge im Schweizer Recht - unter Verweis auf die Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenates ( RV/0165-I/11; RV/0044-F/03; RV/0468-F/08; RV/0320-F/08; RV/0181-F/03; RV/0120-F/05), des Verwaltungsgerichtshofes (; ) und einem Schreiben des Bundesministers für Finanzen vom zusammengefasst (auf die entsprechenden Ausführungen der steuerlichen Vertretung im Gesamten wird an dieser Stelle verwiesen) dazu vor, dass die Versagung der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG gesetzeswidrig sei. In allen angeführten Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenat und des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes sei die Steuerbefreiung auch dann gewährt worden, wenn der Abgabenpflichtige ein Wahlrecht zwischen Abfindung und Rentenleistung gehabt habe.
Ursprünglich seien ausländische Pensionsabfindungen, soweit sie nicht mit 6% zu besteuern worden seien, mit dem halben Belastungsprozentsatz besteuert worden. Seit dem Kalenderjahr 2001 seien aus der 2. Säule der Schweiz bzw. Liechtenstein stammende Pensionsabfindungen gemäß § 124b Z 53 EStG zu einem Drittel steuerfrei.
Ohne gesetzliche Änderung lägen nunmehr mehrere von den Finanzämtern erlassene Bescheide sowie drei Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes vor, in welchen die Rechtsansicht vertreten werde, dass die Begünstigung des § 124b Z 53 EStG nur dann zustünde, wenn der Abgabenpflichtige keine andere Möglichkeit habe, als das Guthaben in Form einer Pensionsabfindung zu beziehen. Sobald der Abgabenpflichtige das Wahlrecht habe, das Altersguthaben aus der 2. Säule entweder in Form einer Pensionsabfindung oder in Rentenform zu beziehen, stünde nach dieser Rechtsauffassung die Begünstigung gemäß § 124b Z 53 EStG nicht mehr zu.
Diese entgegen der langjährigen Verwaltungspraxis nunmehr geäußerte Rechtsansicht sei ihrem Erachten nach falsch, da sie weder im Gesetzestext noch in den Erläuterungen zum Gesetzestext Deckung finde. Wenn die derzeit vom BMF, den Abgabenbehörden und in drei Entscheidungen des BFG vertretene Rechtsansicht richtig sei, dann würde man dem BMF, den Abgabenbehörden, den steuerlichen Vertretern und den mit der Frage befassten Gerichten unterstellen, dass die Regelung des § 124b Z 53 EStG in den letzten 14 Jahren konsequent falsch angewendet worden sei.
Bereits zum Zeitpunkt der Einführung des § 124b Z 53 EStG im Jahre 2001 hätten alle in die Schweiz oder nach Liechtenstein auspendelnden Grenzgänger, die bis zum Erreichen des regulären Pensionsalters in der Schweiz oder in Liechtenstein arbeiteten, ein Wahlrecht gehabt, entweder eine auf Lebensdauer zu beziehende Rente oder eine einmalige Barauszahlung der Austrittsleistung zu beziehen. Aber auch jene Versicherten, welche aus der Vorsorgeeinrichtung vor dem Eintritt des Versicherungsfalles ausgeschieden seien, hätten die Austrittsleistung in eine Freizügigkeitspolice übertragen lassen und das Kapital als Rente beziehen können.


Wenn man davon ausgehe, dass ein bestehendes Wahlrecht zwischen Rentenbezug und Barauszahlung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung gem. § 124b Z 53 EStG schädlich sei, dann wäre die Einführung der Steuerbefreiung sinnlos gewesen, da es dafür praktisch keine Anwendungsfälle gegeben hätte. In allen Fällen sei bereits damals entweder ein Rentenbezug aus der Vorsorgeeinrichtung oder ein Rentenbezug aus einer Freizügigkeitspolice möglich gewesen. Lediglich in jenen Fällen, in denen die Austrittsleistung auf ein Freizügigkeitskonto übertragen worden sei, sei ein Rentenbezug nicht möglich.
Durchleuchte man die Norm im Wege einer teleologischen Interpretation, gelange man zu dem Ergebnis, dass mit § 124b Z 53 EStG der durch die Zusammenballung von Bezügen entstandene Progressionseffekt gemildert hätte werden sollen ( RV/0468-F/08). Sinn und Zweck der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG sei somit insbesondere die Ermäßigung der Progression für die betroffenen Grenzgänger. Die Altersguthaben könnten nicht in eine inländische Pensionskasse übertragen werden. Die betroffenen Grenzgänger scheuten oft das Währungsrisiko und würden aus diesen Gründen das Altersguthaben als Abfindung beziehen (vgl.  RV/0320-F/08).
Mit Schreiben vom habe das Bundesministerium für Finanzen alle erfassten Grenzgänger - wie folgt - darüber informiert, dass aufgrund des Ministerratsbeschlusses vom ein Drittel der Pensionsabfertigungen aus Liechtenstein oder der Schweiz steuerfrei bleibe (vgl. ):
"Pensionsabfindungen, die Sie als Grenzgänger auf Grund der Schweizer oder liechtensteinischen Bestimmungen von einer Pensionskasse beziehen, sollen im Hinblick auf die herangezogene Bemessungsgrundlage nur zu zwei Dritteln besteuert werden.
Ein Drittel bleibt daher steuerfrei!
Dadurch ergibt sich ein Durchschnittsteuersatz von rd. 30% für den jeweils steuerpflichtigen Grenzgänger.
Diese Regelung bedeutet auch, dass eine solche Pensionsabfindung im Regelfall gleich hoch besteuert wird wie eine entsprechende Rentenzahlung, die später neben einer gesetzlichen Alterspension (AHV-Pension, inländische-ASVG-Pension, usw.) bezogen würde."

Der Bescheid sei aber auch schon alleine deswegen rechtswidrig ergangen, da der Grundsatz von Treu und Glauben verletzt worden sei. Die Bf. habe sich nur deswegen für den Vorbezug entschieden, weil sie davon ausgegangen sei, dass die durchschnittliche Steuerbelastung maximal 30 Prozent betragen werde. Das habe das BMF im Kalenderjahr 2001 bei Einführung der Steuerbefreiung schriftlich mitgeteilt und sei auch mehr als 10 Jahre lange gängige Verwaltungspraxis und Judikatur.
Rund drei Jahre nachdem der Verwaltungsgerichtshof in der Entscheidung vom , 2009/15/0188, im Zusammenhang mit einer inländischen Pensionsabfindung an einen Steuerberater die bereits bekannte Feststellung wiederholt

habe, dass eine Pensionsabfindung nur dann vorläge, wenn kein Wahlrecht zwischen Rentenbezug und Abfindung bestehe, habe das BMF ohne Vorwarnung die im Kalenderjahr 2001 schriftlich erteilte Rechtsauskunft überfallsartig ohne Vorwarnung abgeändert.

Mit Einkommensteuerbescheid 2015 (Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO) vom wies die Abgabenbehörde das Beschwerdebegehren als unbegründet ab und führte dazu Folgendes (wörtlich) aus:

""Gemäß § 124b Z 53 EStG sind Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen.
In seiner Entscheidung 2007/15/0026 vom führte der VwGH aus, dass es sich bei einer Auszahlung als Einmalzahlung, die auf Grund eines Wahlrechts anstatt einer Rentenzahlung bezogen werden kann, nicht um eine Abfindung des Pensionsanspruches im Sinne des § 124b Z 53, sondern um einen davon getrennten, eigenständigen Anspruch handle und daher die Drittelbegünstigung nicht zur Anwendung komme. Diese Rechtsansicht wurde durch den VwGH im Erkenntnis 2009/15/0188 vom bestätigt. Diesem Erkenntnis zufolge liegt keine "Abfindung" vor, wenn bei einer sogenannten obligatio alternativa (Wahlschuld iSd § 906 ABGB) dem Gläubiger das Wahlrecht eingeräumt ist und er seine freie Wahl zwischen mehreren gleichwertigen (primären, aber alternativen) Ansprüchen trifft.
Gemäß Art. 37 des Schweizer Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) werden die Leistungen grundsätzlich als Renten ausgerichtet, jedoch kann die Vorsorgeeinrichtung in ihrem Reglement vorsehen, dass die Anspruchsberechtigten eine Kapitalabfindung an Stelle einer Alters-, Hinterlassenen- oder Invalidenrente wählen können. Der im gegenständlichen Fall ausgezahlte Betrag stellt somit keine Pensionsabfindung iSd § 124b Z 53 EStG dar. Die bestehende Möglichkeit der Auszahlung eines Einmalbetrages anstelle einer monatlichen Rente lassen erkennen, dass keine Abfindung gesetzlicher Rentenansprüche vorliegt. Die Auszahlung beruht auch nicht auf einer sekundären Rechtsgrundlage, die an die Stelle der eigentlich vorgesehenen primären Rechtsgrundlage tritt, sondern wurde die Wahl zwischen gleichwertigen primären Ansprüchen getroffen, indem die Möglichkeit, die gegenständliche Zahlung ohne weiteres als Einmalbetrag zu beanspruchen, genutzt wurde.
Im Hinblick auf die angeführte neuere Rechtsprechung des VwGH liegt daher aufgrund des im gegenständlichen Fall ausgeübten Wahlrechtes keine Pensionsabfindung vor, weshalb § 124b Z 53 EStG nicht zur Anwendung kommen kann und der Kapitalbezug zur Gänze (ohne Belassung eines Drittels als steuerfrei) zu erfassen ist.""

Die steuerliche Vertretung beantragte in der Folge im Namen und Auftrag der Bf. mit Schreiben vom , die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur

Entscheidung vorzulegen, womit die Beschwerde wiederum als unerledigt galt. Dabei begehrte sie wiederum eine mündliche Verhandlung vor dem gesamten Senat, weiters dass der angefochtene Bescheid als gesetzwidrig aufgehoben wird, da der Bescheid gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße, und ersatzweise, dass die aufgrund der nicht gewährten Steuerbegünstigung angefallene Steuer (3.347,00 €) gemäß § 236 BAO nachgesehen werde; begründend brachte die steuerliche Vertretung - unter zusätzlichem Verweis auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/1100654/2015 - ergänzend zum oben dargestellten zusammengefassten Beschwerdevorbringen noch vor, dass zur Feststellung der Abgabenbehörde (Seite 3 der BVE), dass es in der Vergangenheit Fälle gegeben habe, in denen Pensionskassen an Grenzgänger nur Einmalerläge bezahlt hätten - dass also ein Pensionsbezug gar nicht möglich (teilweise - hin und wieder) gewesen sei (Hinweis auf den Leserbrief von RA Dr. FB vom 24. und ) angemerkt werde, dass ihr keine derartigen Fälle bekannt seien und dass eine derartige Vorgangsweise der Schweizer Pensionskasse im Schweizer Recht nicht vorgesehen gewesen und auch nicht vorgesehen sei. Die Einführung des § 124b Z 53 EStG sei daher - wie bereits in der Beschwerde angemerkt worden sei - sinnlos gewesen, wenn die Progressionsermäßigung nicht auch bei Inanspruchnahme eines Wahlrechts zwischen Einmalabfindung und Rentenbezug gewährt würde. Sowohl der Verwaltungsgerichtshof als auch die Bundesfinanzgerichte/Unabhängigen Finanzsenate hätten dies in der Vergangenheit so gesehen, aber auch das BMF und die Abgabenverwaltung hätten dies zumindest bis zum Frühjahr 2015 so gesehen.
Nunmehr versuche die Abgabenverwaltung nach 15 Jahren unter Hinweis auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (; ; ) ihre neue Sichtweise der Dinge zu begründen und negiere die Aussagen/Feststellungen des VwGH bzw. der Bundesfinanzgerichte und der Unabhängigen Finanzsenate. Angemerkt sei noch, dass diese Entscheidungen des VwGH nicht mit dem gegenständlichen Sachverhalt vergleichbar seien.
Im gegenständlichen Fall gehe es nicht um eine einzelvertraglich zugesagte Pensionsabfindung - die Progressionsermäßigung iSd § 124b Z 53 EStG stehe nur bei Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen zu. Der Hinweis auf die gesetzliche Regelung meine offensichtlich das BVG - mit dem Hinweis auf die statutenmäßige Regelungen seien die überobligatorischen Bestimmungen in den jeweiligen Statuten der (ausländischen) Pensionskassen gemeint.
"Aus obiger Darstellung der Gesetzes- und Reglementslage geht hervor, dass Vereinbarungen über Schweizer Pensionsabfindungen einem so straffen Regelungskorsett unterworfen sind, dass missbräuchliche Gestaltungen, wie sie das BMF wohl in der Art nicht ernst gemeinter Pensionsvereinbarungen kurz vor Pensionsantritt mit dem Effekt einer begünstigt besteuerten Pensionsabfindung vor Augen hatte, unwahrscheinlich sind (vgl.  RV/0468-F/08)."

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die in Rede stehende Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und erklärte, dass gemäß § 124b Z 53 dritter Satz EStG 1988 Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen seien. Bei dieser Begünstigung werde darauf abgestellt, dass den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2009/15/0188, ausgeführt habe, liege keine "Abfindung" vor, wenn der Gläubiger seine freie Wahl zwischen mehreren gleichwertigen (primären, aber alternativen) Ansprüchen treffe, diesem also im Rahmen einer obligatio alternativa (Wahlschuld iSd § 906 ABGB) ein Wahlrecht (einmalige Auszahlung oder monatliche/jährliche Renten) eingeräumt werde. Da bei den ausländischen Pensionskassen ein entsprechendes Wahlrecht bestehe, sei die Drittelbegünstigung nach § 124b Z 53 EStG 1988 im Falle der Auszahlung der Rente mit Einmalzahlung nicht anzuwenden.

Mit Schreiben vom zog die steuerliche Vertretung des Bf. nach entsprechender Vorhaltung durch das Bundesfinanzgericht ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat zurück.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerde erwogen:

1) Drittelbegünstigung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988:

Im vorliegenden Beschwerdefall besteht Streit darüber, ob der von der schweizerischen betrieblichen Pensionskasse ausbezahlte Vorbezug (21.260,00 CHF bzw. 19.609,61 €) für Wohnungseigentum zum eigenen Bedarf - wie von Seiten der Bf. vertreten wird - ("nur") mit zwei Dritteln der Besteuerung zu unterziehen oder ob der in Rede stehende Vorbezug - wie die Abgabenbehörde der Ansicht ist - zur Gänze im Inland steuerpflichtig ist.

Aufgrund der Aktenlage wird der Entscheidung folgender (unstrittiger) Sachverhalt als entscheidungswesentlich zugrundgelegt:

Die am abcde geborene Bf. ist ccc Staatsbürgerin und hatte ihren Wohnsitz im Beschwerdejahr unstrittig in Österreich (vgl. auch entsprechende Anfrage aus dem Zentralen Melderegister); außer Streit stand in diesem Zusammenhang, dass sie im Inland ansässig war.

Sie war im Streitjahr als Grenzgängerin bei der Fa. ABC AG in der Schweiz (Ge N, F-Straße-nn) beschäftigt und bezog auf entsprechenden Antrag per aus ihrer Firmenpensionskasse (II. Säule), der PK, GDE L, B-Straße-ll, einen Vorbezug für Wohneigentum

zum eigenen Bedarf iHv 21.260,00 CHF (= 19.609,61 €), von dem Quellensteuer in Höhe von 1.260,00 CHF (= 1.162,19 €) einbehalten und an die Eidgenössische Steuerverwaltung abgeführt wurde; nach Abzug der Schweizer Quellensteuer betrug der Auszahlungsbetrag damit 20.000,00 CHF bzw. 18.447,42 €.

Die Bf. hat in der Folge die Rückerstattung der Quellensteuer von Seiten der Schweizer Steuerverwaltung beantragt (vgl. diesbezüglichen Antrag vom ).

Zur Frage, ob der gegenständliche Vorbezug für Wohneigentum gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 zu einem Drittel steuerfrei zu belassen ist, ergibt sich rechtlich Folgendes:

§ 124b Z 53 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 54/2002, lautet:

"Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, sind gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen."

Das Bundesfinanzgericht hat bereits wiederholt in der gegenständlichen Beschwerdesache vergleichbaren (auch das Veranlagungsjahr 2015 betreffenden) Beschwerdefällen unter Bedachtnahme auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung die strittige Frage abschlägig beurteilt (vgl. ; ; ; ; ; ; ; ; siehe dazu unter https://findok.bmf.gv.at/findok?execution=e2s1).

Es hat dabei mit Entscheidung vom , RV/1100482/2016, ua. streitwesentlich Folgendes festgestellt:

""Voraussetzung für die Anwendung der Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 ist ua., dass eine Zahlung für Pensionsabfindung vorliegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen Pensionsabfindungen dann vor, wenn Zahlungen in Abgeltung eines auf Renten lautenden Rentenanspruches oder einer Rentenanwartschaft geleistet werden (vgl. ; ; ; ; ; ). Zusätzlich fordert der Verwaltungsgerichtshof, dass die Pensionsabfindung nach bzw. in Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses vereinbart wird, sodass ein “potentieller Versorgungsfall“ vorliegt (vgl. zB ; ; ).


Bei dem in Rede stehenden Vorbezug handelt es sich nach Ansicht des Gerichtes schon deshalb nicht um eine Pensionsabfindung iSd § 124b Z 53 EStG 1988, weil er nicht nach bzw. in Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses des Bf. mit der Y. AG ausbezahlt wurde. Die Auszahlung des Vorbezugs erfolgte vielmehr aufgrund der Geltendmachung eines Anspruchs, der sich direkt aus dem BVG ergab und ausdrücklich nur vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistung und unabhängig von einer beabsichtigten Beendigung eines Dienstverhältnisses bestand. Zweck des Vorbezuges ist es, schon während der aktiven Dienstzeit Wohneigentum zu erwerben. Damit mag zwar im weiteren Sinn auch eine Vorsorge für den Ruhestand getroffen worden sein, von einem "potentiellen Versorgungsfall" im Sinne der Rechtsprechung des VwGH kann aber nicht gesprochen werden.

Eine Pensionsabfindung liegt im Beschwerdefall aber auch deshalb nicht vor, weil, wie der VwGH bereits mehrfach judiziert hat, "§ 124b Z 53 EStG 1988 voraussetzt, dass insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist" (vgl. ; ).
Die parlamentarischen Erläuterungen zur Regierungsvorlage 927 BlgNR 21. GP führen zu § 124b Z 53 EStG 1988 aus:
"Ausländische gesetzliche Regelungen bzw. die darauf beruhenden Statuten der ausländischen Pensionskassen sehen vielfach Pensionsabfindungen vor. Eine Übertragung des abzufindenden Barwertes in eine inländische Pensionskasse ist nicht möglich. Diese Problematik betrifft insbesondere Grenzgänger, die in diesen Fällen keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung haben. Es wäre daher unbillig, Pensionsabfindungen in diesen Fällen zur Gänze tarifmäßig zu besteuern".
Zweck der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 ist es demnach, die bei einer Pensionsabfindung infolge der Zusammenballung der Bezüge gegenüber einer Rente greifende höhere Progression und damit eintretende höhere Steuerlast durch die steuerliche Befreiung eines Drittels der Abfindung in jenen Fällen abzumildern, in denen der Anwartschaftsberechtigte keine andere Möglichkeit hat, als die Pension in Form einer Pensionsabfindung in Anspruch zu nehmen. Daher setzt § 124b Z 53 EStG 1988 voraus, dass ein Zwang zur Pensionsabfindung vorliegt.
Im Beschwerdefall erfolgte die Auszahlung des Vorbezugs auf Antrag des Bf. Mit diesem hat er freiwillig ein ihm durch das BVG eingeräumtes Recht, nämlich auf Inanspruchnahme eines Vorbezugs, geltend gemacht. Ein Zwang, an Stelle der Rentenanwartschaft den Vorbezug in Anspruch zu nehmen, hat nicht bestanden. Damit liegt aber auch keine Unbilligkeit vor, wenn der Vorbezug zur Gänze tarifmäßg besteuert wird.
Die Erkenntnisse des , vom , 2006/15/0258, und vom , Ra 2016/15/0025, sowie die in Entsprechung dieser Rechtsprechung ergangene Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom ,

RV/1100654/2015, sind auf den gegenständlichen Fall nicht übertragbar. In den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen ging es um Austrittsleistungen aufgrund des Freizügigkeitsgesetzes nach Beendigung der Dienstverhältnisse und damit verbundenem endgültigen Verlassen der Schweiz. Mit der Beendigung der Dienstverhältnisse wurden auch die Versorgungsverhältnisse mit den jeweiligen betrieblichen Pensionskassen ex lege beendet. Die Anspruchsberechtigten hatten gegenüber den Pensionskassen nur einen Anspruch auf eine Freizügigkeitsleistung. Die Möglichkeit, weiter in den betrieblichen Pensionskassen zu verbleiben und später eine Altersrente aus diesen Pensionskassen zu beziehen, bestand nicht. Nur deshalb schadete die "Freiwilligkeit der Entscheidung", sich die Austrittsleistung oder einen Teil davon auszahlen zu lassen, der Inanspruchnahme der Drittelbegünstigung nicht.
Ein solcher Fall liegt beschwerdegegenständlich nicht vor. Im vorliegenden Fall wurde das Versorgungsverhältnis mit der Pensionskasse durch den Vorbezug nicht beendet und hätte der Bf. auch die Möglichkeit gehabt, den Vorbezug nicht in Anspruch zu nehmen und dadurch weiter den vollen Pensionsanspruch gegenüber der Pensionskasse zu wahren.""

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes (siehe dazu ; ; ; ) kann von einer (teilweisen) "Abfindung" eines Pensionsanspruches und damit einem Anwendungsfall des § 124b Z 53 EStG 1988 auch insofern nicht ausgegangen werden, als der Pensionsanspruch des Versicherten im Umfang des Vorbezuges nicht endgültig verloren geht, sondern im Falle der Rückzahlung wieder auflebt.

Der erkennende Richter schließt sich - gerade auch unter Berücksichtigung jüngst ergangener höchstgerichtlicher Entscheidungen [vgl. , und ; siehe dazu im Übrigen auch Kirchmayr/Schaunig in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19, § 67 Tzen 134 und 145; Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar § 67 Abs. 8 Tz 33; Knechtl in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 67 (Stand , rdb.at), Anm. 160 und Anm. 165; Jakom/Lenneis EStG, 2018, § 67 Rz 35] - diesen Überlegungen und Einschätzungen an und kann vor diesem Hintergrund dem strittigen Beschwerdebegehren kein Erfolg beschieden sein, zumal sich in sachverhaltsbezogener Hinsicht gegenüber den vom Bundesfinanzgericht bereits beurteilten Sachverhalten nichts Ausschlaggebendes geändert hat.

An dieser Stelle wird auf die umfangreichen begründenden Ausführungen in den oben bezeichneten Beschwerdeentscheidungen des Bundesfinanzgerichtes verwiesen, welche insoweit auch einen integrierenden Bestandteil dieser Entscheidung bilden.

Auch wenn es zutreffen mag, dass es die Wahlmöglichkeit zwischen dem Bezug einer Rente und einer einmaligen Kapitalauszahlung auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 124b Z 53 EStG 1988 gab und entsprechende Kapitalauszahlungen trotz bestehendem Wahlrecht über Jahre hinweg begünstigt besteuert wurden, kann aus einer solchen, sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Nachhinein als unrichtig darstellenden Vorgangsweise ein Rechtsanspruch für die Beibehaltung dieser Verwaltungspraxis nicht abgeleitet werden. Der Umstand, dass eine gesetzwidrige Vorgangsweise nicht mehr aufrechterhalten wird, stellt für sich allein keine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben dar (vgl. ; siehe zB auch ; ).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schützt der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer allenfalls auch unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit; die Behörde ist vielmehr verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen (vgl. zB , ; ). Nicht nur, dass besondere Umstände vorliegen müssen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Abgabenbehörde unbillig erscheinen lassen, wie dies etwa der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit derselben herausstellt, wovon im konkreten Fall nicht auszugehen war bzw. von Seiten der Bf. auch nicht behauptet wurde, kann der Grundsatz von Treu und Glauben zudem nur insoweit Auswirkungen zeitigen, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl. zB ; ; ). Ein Vollzugsspielraum in diesem Sinne bestand bei der Beurteilung der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 aber nicht.
Nichts zu gewinnen war in diesem Zusammenhang auch mit den Ausführungen von Seiten der Bf. betreffend das an alle Grenzgänger versandte Schreiben des damaligen Finanzministers vom . Abgesehen davon, dass es sich dabei um keine Auskunft der zuständigen Abgabenbehörde handelt, dieses noch vor der Veröffentlichung der geänderten Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 im BGBl. I Nr. 54/2002 (Datum der Kundmachung: ) und auch vor der parlamentarischen Behandlung verschickt wurde und offensichtlich parteipolitischen Zwecken diente, kommt diesem weder die Eigenschaft einer von der Rechtsprechung zu beachtenden Rechtsnorm noch einer authentischen Interpretation des Willens des Gesetzgebers zu (vgl. dazu auch ).

2) Antrag auf Nachsicht:

Gemäß § 236 BAO können auf Antrag des Abgabepflichtigen Abgabenschuldigkeiten ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Nach § 13 Abs. 1 Z 1 AVOG obliegt die Erhebung der Abgaben [gemäß § 49 Abs. 2 BAO sind unter Erhebung alle der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen zu verstehen; dazu gehören alle der Durchsetzung

von Abgabenansprüchen dienenden behördlichen Maßnahmen, die die Ermittlung, Festsetzung, Einhebung (einschließlich Rückzahlung und Nachsicht) und zwangsweise Einbringung zum Ziel haben, vgl. dazu auch Ritz, BAO6, § 49 Rz 6] grundsätzlich (soweit diese nicht durch Abgabenvorschriften anderen Behörden übertragen ist) den Finanzämtern mit allgemeinem Aufgaben für ihren Amtsbereich.
Die Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes ist durch die Sache des Beschwerdeverfahrens begrenzt; Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (siehe dazu Ritz, BAO6, § 279 Tz 10 ff, mwN).

Ein Antrag auf Nachsicht ist ein Anbringen iSd § 85 Abs. 1 BAO und unterliegt der Entscheidungspflicht. Zur Entscheidung über die Nachsicht ist entsprechend den obigen Ausführungen das Finanzamt zuständig; dem Bundesfinanzgericht ist es verwehrt, erstmals über diesen Antrag zu entscheiden (siehe dazu auch ). Der diesbezügliche Antrag der Bf. ist daher dem Finanzamt "formlos" zur Entscheidung zurückzuleiten. Es bestand - auch aus Gründen des Rechtsschutzes - kein Erfordernis, dass das Bundesfinanzgericht darüber einen Unzuständigkeitsbeschluss fasst.

3) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100080.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at