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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.05.2019, RV/7103675/2015

Abrechnungsbescheid, Haftungsschuld durch anderen Gf. beglichen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache A, vertreten durch Kaubek und Partner Wirtschaftstreuhand/Steuerberatungsgesellschaft, Hauptplatz 26, 2700 Wiener Neustadt über die Beschwerde vom gegen den Abrechnungsbescheid der belangten Behörde Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt vom , StNr. zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Feststellungsbescheid wird abgeändert:

Es wird festgestellt, dass d ie Entrichtungsverpflichtung der Bf. aus der Haftungsinanspruchnahme für offene Abgabenschuldigkeiten der K.GmbH als deren ehemalige Geschäftsführerin mit Haftungsbescheid vom  in Folge Tilgung der Schuld durch den weiteren zur Haftung herangezogenen Geschäftsführer erloschen ist.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) die Ausstellung eines Abrechnungsbescheides nach § 216 BAO über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen sei, da das Finanzamt Neunkirchen Wiener Neustadt mit Haftungsbescheid vom die Bf. zur Haftung über € 36.927,95 herangezogen habe, jedoch in der Zwischenzeit Zahlungen auf das Abgabenkonto geleistet worden sein sollten.

*****

In Beantwortung eines Auskunftsersuchens des Finanzamtes vom , welche Zahlungen von ihr auf das Abgabenkonto geleistet worden seien, wobei die diesbezüglichen Einzahlungsbelege beizulegen seien, teilte die Bf. mit Schreiben vom mit, dass das Finanzamt mit Bescheid vom „verkündet“ habe, dass durch die Bezahlung des gegenständlichen Haftungsbetrages kein Rückstand auf dem Abgabenkonto StNr. mehr offen sei.

Die Zahlungsverpflichtung sei durch Erfüllung des Tilgungstatbestandes erloschen, was wie angeführt konkretisiert worden sei.

Weiters bestehe der Verdacht, dass die Finanzverwaltung die Zahlungen aus dem Insolvenzverfahren und aus dem Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds nicht oder nicht richtig verbucht habe. Zuschläge seien ohne entsprechenden Beleg verbucht worden.

Im Jahre 2009 seien Soll-Umsätze in der Umsatzsteuer gebucht worden. Obwohl die verbuchten Beträge nicht einbringlich gemacht worden seien, sei die Berichtigung der Umsatzsteuer nicht durchgeführt worden.

Im Haftungsverfahren sei mehrmals die Rechtmäßigkeit der Bescheide vom und bestritten worden. Das Zustandekommen der Bescheide wäre als Vorfrage abzuklären.

*****

Mit Abrechnungsbescheid vom stellte das Finanzamt fest, dass die Verpflichtung zur Zahlung der nachstehend angeführten Abgaben im Gesamtbetrag von € 36.927,95 nicht erloschen sei:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
2007
10.686,77
Umsatzsteuer
12/2008
617,46
Umsatzsteuer
02/2009
701,77
Umsatzsteuer
03/2009
1.274,35
Umsatzsteuer
05/2009
3.757,47
Umsatzsteuer
06/2009
1.085,44
Umsatzsteuer
08-12/2009
3.663,80
Lohnsteuer
2007
2.403,65
Körperschaftsteuer
2007
3.145,65
Körperschaftsteuer
04-06/2009
437,00
Körperschaftsteuer
07-09/2009
437,00
Körperschaftsteuer
10-12/2009
439,00
Dienstgeberbeitrag
2007
4.184,05
Dienstgeberbeitrag
2008
143,99
Dienstgeberbeitrag
04/2009
67,50
Dienstgeberbeitrag
05/2009
67,50
Dienstgeberbeitrag
06/2009
112,50
Dienstgeberbeitrag
07/2009
67,50
Dienstgeberbeitrag
08/2009
67,50
Dienstgeberbeitrag
09/2009
67,50
Dienstgeberbeitrag
10/2009
67,50
Dienstgeberbeitrag
11/2009
112,50
Dienstgeberbeitrag
12/2009
67,50
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2007
390,51
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2008
10,55
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
04/2009
6,15
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
05/2009
6,15
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
06/2009
10,25
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
07/2009
6,15
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
08/2009
6,15
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
09/2009
6,15
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
10/2009
6,15
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
11/2009
10,25
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
12/2009
6,15
Verspätungszuschlag
05/2009
464,25
Anspruchszinsen
2007
105,55
Pfändungsgebühr
2009
465,02
Pfändungsgebühr
2009
6,40
Säumniszuschlag 1
2004
520,00
Säumniszuschlag 1
2005
80,00
Säumniszuschlag 1
2007
83,68
Säumniszuschlag 1
2008
213,74
Säumniszuschlag 1
2009
116,06
Säumniszuschlag 2
2004
260,00
Säumniszuschlag 2
2008
106,87
Säumniszuschlag 3
2004
260,00
Säumniszuschlag 3
2008
106,87

Begründend wurde vorgebracht, dass für die gegenständlichen Abgaben am ein Haftungsbescheid für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der K.GmbH erlassen worden sei, der mit Berufungsentscheidung vom durch den Unabhängigen Finanzsenat bestätigt worden sei.

In ihrem Antrag auf Ausstellung eines Abrechnungsbescheides vom werde eingewendet, dass in der Zwischenzeit Zahlungen auf das Abgabenkonto geleistet worden sein sollten. Mangels einer diesbezüglichen konkreten Darstellung sei im Ersuchen um Ergänzung vom um Mitteilung ersucht worden, welche Zahlungen von der Bf. geleistet worden seien. Weiters sei um Vorlage von Kopien der Einzahlungsbelege ersucht worden.

Im Antwortschreiben vom sei weder dargelegt worden, dass von der Bf. Zahlungen geleistet worden seien, noch seien Einzahlungsbelege vorgelegt worden. Es sei nur dargelegt worden, dass die Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung des Tilgungstatbestandes erloschen sei.

Diesbezüglich sei festzustellen, dass aufgrund eines weiteren Haftungsverfahrens (E.A.) zwar Zahlungen auf das Konto der K.GmbH geleistet worden seien, aufgrund der Aufhebung des zugrunde liegenden Haftungsbescheides jedoch der Tilgungstatbestand nicht eingetreten sei. Die Zahlungsverpflichtung der Bf. sei sohin nicht erloschen, der Tilgungstatbestand nicht eingetreten. Hingewiesen werde, dass Einwände solcher Art bereits in einem Beschwerdeverfahren gegen den Haftungsbescheid geltend zu machen seien.

Dem Einwand des Insolvenzverfahrens sei zu entgegnen, dass das Konkursverfahren der GmbH mit Beschluss des Gerichtes vom Datum**** aufgehoben worden sei, sodass allfällige Zahlungen im Konkursverfahren vor diesem Zeitpunkt erfolgt seien.

Aus § 216 BAO folge, dass die Partei im Abrechnungsverfahren die Behauptungslast und Konkretisierungspflicht hinsichtlich der Frage der strittigen Verrechnungsvorgänge und Gebarungskomponenten treffe.

Das weitere Vorbringen genüge diesem Bestimmtheitsgebot nicht, da es Obliegenheit der Bf. gewesen wäre, im Antrag die Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes darzulegen.

*****

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde brachte die Bf. nach Anführung des Sachverhaltes und Ausführungen zur Zulässigkeit der Beschwerde vor , dass sie sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem einfachgesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Unterbleiben nicht gesetzeskonformer Abgabenvorschreibungen, insbesondere in ihrem Recht auf „Fassung eines inhaltlich richtigen Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO“ verletzt erachte, wobei der angefochtene Bescheid über die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme sowohl mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit und als auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet sei.

5. Beschwerdegründe

5.1. Rechtswidrigkeit des Inhalts

Es bestünden zwischen Bf. und der Abgabenbehörde Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen sei. Hierüber habe die Abgabenbehörde gemäß § 216 BAO mit Abrechnungsbescheid zu entscheiden. Fragen der Abgabenverrechnung durch die Abgabenbehörde seien nicht Gegenstand eines Rückzahlungsverfahrens, sondern nur in einem allenfalls vorangehenden Verfahren mittels Erlassung eines Abrechnungsbescheides zu klären.

Es gehe bei dieser Bestimmung nicht nur um das Erlöschen einer Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung. Es könne auch die Prüfung und Darstellung der Ergebnisse verlangt werden, ob die rechnungsmäßige Anlastung der Abgabenfestsetzung (nicht aber die Abgabenfestsetzung selbst) und die entsprechenden Gutschriften bei verminderten Festsetzungen kassenmäßig ihren richtigen Ausdruck gefunden hätten. Mit dem Abrechnungsbescheid sei über umstrittene abgabenbehördliche Gebarungsakte schlechthin zu entscheiden (vgl. dazu Stoll, BAO, 2314, und das Erkenntnis des ).

Ausgehend von dieser Rechtslage hätte im Abrechnungsbescheid auch auf die kassenmäßige Vollziehung des offenkundig zu einer Gutschrift führenden stattgebenden, rechtkräftigen und nicht widerrufenen Bescheides des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt vom Bedacht genommen werden müssen. Denn in dortiger Bescheidbegründung sei rechtskräftig angeführt worden, dass „infolge Bezahlung des gegenständlichen Haftungsbetrages durch den Haftungspflichtigen E.A. Haftungsbetrag weder ausgesetzt noch eingehoben werden kann“.

Nachdem dem Abrechnungsbescheid ein rechtskräftiger Bescheid vom vorangehe, sei die Behörde nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes daran gebunden und habe sich in der Entscheidung grundsätzlich daran zu halten.

Die Abgabenbehörde könne sich im Abrechnungsbescheid hinsichtlich bescheidmäßig festgesetzter Abgaben nur auf rechtskräftige Bescheide stützen, ohne dabei das rechtmäßige Zustandekommen oder das rechtmäßige Bestehen dieser Bescheide überprüfen zu dürfen (vgl. das Erkenntnis des ).

Warum der angesprochene Bescheid zu diesen Ausführungen gekommen sei, sei bei dem auf die Rechtmäßigkeit der Buchungsvorgänge beschränkten Inhalt eines Abrechnungsbescheides nicht von Relevanz.

Da dies die Abgabenbehörde I. Instanz offensichtlich verkannt habe, sei der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Es komme der Grundsatz der Akzessorietät von Haftungen zum Tragen, der es generell nicht zulasse, eine Haftung für eine nicht mehr bestehende Abgabenschuld konstitutiv auszusprechen. Der angefochtene Abrechnungsbescheid sei rechtswidrig, da die Forderung, für die gehaftet werden solle, nicht mehr dem Rechtsbestand angehöre (vgl. das Erkenntnis des ). Die Geltendmachung abgabenrechtlicher Haftungen setze voraus, dass eine Abgabenschuld entstanden und noch nicht durch Entrichtung erloschen sei (vgl. das Erkenntnis des ).

5.2. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften

Die Abgabenbehörde habe bei Erlassung des angefochtenen Bescheides Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anders lautenden – für die Bf. günstigeren – Bescheid hätte kommen können.

5.2.1. Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts und wesentliche Verfahrensmängel

Das Erlöschen einer Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines Tilgungstatbestandes werde durch die Bf. im Abgabenabrechnungsverfahren behauptet und u.a. wie folgt konkretisiert.

Die Bekanntgabe des Abgabenanspruches an die Bf. sei nicht durch die notwendige Zusendung einer Ablichtung der Durchschrift des Abgabenbescheides erfolgt. Weder beim Haftungsbescheid noch beim Abrechnungsbescheid seien die zugrunde liegenden Abgabenbescheide vorgelegt worden.

Dies betreffe folgende Bescheide:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Umsatzsteuer
08-12/2009
4.579,77
Umsatzsteuer
2007
10.686,77
Lohnsteuer
2007
2.403,65
Körperschaftsteuer
2007
3.145,65
Dienstgeberbeitrag
2007
4.184,05
Dienstgeberbeitrag
2008
143,99
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2007
390,51
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2008
10,55
Verspätungszuschlag
05/2009
464,25
Anspruchszinsen
2007
105,55
Pfändungsgebühr
2009
465,02
Pfändungsgebühr
2009
6,40
Säumniszuschlag 1
2004
520,00
Säumniszuschlag 1
2005
80,00
Säumniszuschlag 1
2007
83,68
Säumniszuschlag 1
2008
213,74
Säumniszuschlag 1
2009
116,06
Säumniszuschlag 2
2004
260,00
Säumniszuschlag 2
2008
106,87
Säumniszuschlag 3
2004
260,00
Säumniszuschlag 3
2008
106,87

Es seien die angeführten, mit Bescheid festgesetzten Abgaben, Verspätungszuschläge und Säumniszuschläge zu stornieren und auf Null zu stellen.

Dies deshalb, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des ) infolge unvollständiger Information ein Mangel des Verfahrens vorliege, der im Verfahren über die Berufung gegen den Haftungsbescheid nicht sanierbar sei, wenn der zur Haftung Herangezogene nicht rechtzeitig darüber aufgeklärt werde, dass die Abgaben schon bescheidmäßig festgesetzt worden seien.

Gemäß § 238 (1) BAO verjähre das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden sei. Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, betrage gemäß § 207 (2) BAO bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.

Da die erstmalige Festsetzung mit Haftungsbescheid vom erfolgt sei, seien die Säumniszuschläge 1, 2 und 3 für die Jahre 2004 und 2005 bereits verjährt und dürften nicht „ausgeworfen“ werden.

Im Abrechnungsbescheid gehe es um die Klärung umstrittener abgabenbehördlicher Gebarungsakte schlechthin und nicht nur um das Erlöschen einer Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung. Es werde also auch die Prüfung und Darstellung der Ergebnisse verlangt, ob die rechnungsmäßige Anlastung der Abgabenfestsetzung (nicht aber die Abgabenfestsetzung selbst) und die entsprechenden Gutschriften bei verminderten Festsetzungen kassenmäßig ihren richtigen Ausdruck gefunden hätten.

Mit dem Abrechnungsbescheid solle auch – und das vornehmlich – darüber entschieden werden, ob aufgrund der Verrechnung eine bestimmte Verpflichtung erloschen sei, als wirksam getilgt, gezahlt, aufgerechnet, überrechnet oder umgebucht, erlassen (abgeschrieben) oder verjährt zu gelten habe, also vor allem, ob rechnungsmäßig richtig vollzogen sei, was sich im Bereich des tatsächlichen Zahlungsverkehrs ereignet habe (vgl. das Erkenntnis des ).

Meinungsverschiedenheiten darüber, welche Gutschriften die Abgabenbehörde durchführen hätte müssen, könnten ebenfalls Gegenstand eines Abrechnungsbescheides sein (vgl. das Erkenntnis des ; ). Die Bestimmungen des § 216 BAO böten nach der Judikatur des VwGH die Möglichkeit, die Richtigstellung unrichtiger Gebarungsvorgänge zu bewirken (vgl. das Erkenntnis des ).

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid würden dessen inhaltliche Unrichtigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Bf. erachte sich in ihrem Recht auf materielle Behandlung ihrer Beschwerde unter Berücksichtigung aller Ausführungen verletzt. Dem Antrag auf Aufhebung wäre nachzukommen.

Aus den angeführten Gründen richte die Bf. an das Bundesfinanzgericht die Anträge

1. auf Überprüfung der Richtigkeit der Gebarungsvorgänge

2. auf Streichung der unter Punkt 5.2.1. angeführten Beträge, die widerrechtlich ohne Vorlage von Abgabenbescheiden angesetzt worden seien,

3. auf Streichung der Säumniszuschläge 1, 2 und 3 für die Jahre 2004 und 2005, für welche bereits Verjährung eingetreten sei,

4. nachdem die Unzulässigkeit der Verrechnung gemäß §§ 19 und 20 KO behauptet worden sei, wäre darüber als Vorfrage zu befinden,

5. auf Feststellung, dass infolge Bezahlung des gegenständlichen Haftungsbetrages durch den Ersthaftungspflichtigen keine Forderung am Abgabenkonto mehr bestehe,

6. den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts in eventu wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, und zwar weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung bedürfe und Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden seien, bei deren Einhaltung die Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, seinem gesamten Umfang nach aufzuheben.

*****

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da gemäß § 216 BAO mit Abrechnungsbescheid über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen wäre, auf Antrag des Abgabepflichtigen abzusprechen wäre.

Die Rechtmäßigkeit einer Abgabenfestsetzung sei allein in dem zur Erlassung des Abgabenbescheides führenden Verfahrens zu prüfen. Die in der Beschwerdebegründung ins Treffen geführten Einwände, dass Durchschriften der Abgabenbescheide weder beim Haftungsbescheid noch beim Abrechnungsbescheid zugesandt worden seien, dass Verspätungs- und Säumniszuschläge zu sanieren und auf Null zu stellen seien, dass Verjährung eingetreten sei, Zuschläge ohne entsprechenden Beleg verbucht worden seien und Berichtigungen der Umsatzsteuer nicht durchgeführt worden seien, gingen sohin ins Leere.

Diesbezüglich sei darauf hinzuweisen, dass ein rechtskräftiger Haftungsbescheid vorliege (Berufungsentscheidung des ).

Der nach § 216 BAO ergehende Abrechnungsbescheid habe vom Abgabenbescheid, im Falle des Ergehens eines Haftungsbescheides gegenüber einem Haftungspflichtigen von diesem auszugehen und den das Abgabenverhältnis konstitutiv gestaltenden Bescheid auch nicht im Wege einer Vorfragenbeurteilung zu hinterfragen.

Diesbezüglich sei auch darauf hinzuweisen, dass das Konkursverfahren der K.GmbH mit Beschluss des Gerichtes vom Datum**** aufgehoben worden sei, sodass allfällige Zahlungen im Konkursverfahren bereits vor diesem Zeitpunkt erfolgt seien.

Der Einwand, dass die haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bereits durch Herrn E.A. entrichtet worden wären, gehe ins Leere, zumal durch die Aufhebung des dem Herrn E.A. zugrunde liegenden Haftungsbescheides der Tilgungstatbestand nicht eingetreten sei. Ergänzend sei dazu noch auszuführen, dass der genannte Bescheid vom die Abweisung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung betreffe und ein Aussetzungsantrag weder einen Tilgungstatbestand darstelle noch am Abgabenkonto zu verbuchen sei.

*****

Fristgerecht beantragte die Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte nach Anführung des Sachverhaltes und Ausführungen zur Zulässigkeit der Beschwerde ergänzend vor, dass die in der Bescheidbeschwerde vom unter Punkt 5.2.1. (Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts und wesentliche Verfahrensmängel) angeführten Mängel könnten durch Stattgebung der Anträge auf Wiedereinsetzung vom respektive auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom geheilt werden könnten. Diese beiden Verfahren seien noch offen. Der Ausgang derselben sei bestimmend für die Zahlungsverpflichtung der Bf. und wäre von der Abgabenbehörde als „Vorfrage“ zu klären.

Da dies die Abgabenbehörde I Instanz offensichtlich verkannt habe, sei der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben (Punkt 5.1. Rechtswidrigkeit des Inhalts).

Beschwerdevorentscheidungen seien Erledigungen iSd § 96 BAO und Bescheide iSd § 93 BAO. Sie hätten den dort genannten Erfordernissen zu entsprechen. Gemäß § 93 Abs. 2 BAO sei jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen. Die angefochtene Beschwerdevorentscheidung vom sei entgegen der zitierten gesetzlichen Bestimmung nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet worden und sei daher als Folge der Nichtbeachtung der §§ 93 und 96 BAO nichtig (Punkt 5.2. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften).

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH führe die Verjährung zur sachlichen Unzuständigkeit der Behörde (vgl. das Erkenntnis des ) und löse somit einen Wiederaufnahmegrund aus. Aus diesem Grunde sei in einem parallel laufenden Verfahren die Wiederaufnahme des Verfahrens mit Schreiben vom beantragt worden.

Mangels Kenntnis der Bescheide über den Haftungsanspruch habe seinerzeit nicht ersehen werden können, dass „Nichtbescheide am respektive “ erlassen worden seien und bereits Verjährung der Festsetzung einer Abgabe bei Ausstellung des Haftungsbescheides eingetreten gewesen sei.

Mit dem rechtskräftigen und nicht widerrufenen Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt vom ergebe sich eine juristische Diskrepanz. Denn in dortiger Bescheidbegründung sei rechtskräftig angeführt worden, dass „infolge Bezahlung des gegenständlichen Haftungsbetrages durch den Haftungspflichtigen  E.A. der Haftungsbetrag weder ausgesetzt noch eingehoben werden kann“.

Der Konkursantrag der K.GmbH sei am , nach Räumung des Geschäftslokals, gestellt worden. Ab diesem Zeitpunkt sei diese Gesellschaft nicht mehr handlungsfähig und seien auch von ihr erteilte Steuervollmachten nicht mehr rechtsgültig. Mangels Handlungsfähigkeit und mangels Zustelladresse (K.GmbH sei ab keine Abgabestelle im Sinne des § 2 Z 5 ZustG mehr gewesen) sei nur mehr M.H., Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, welcher die Masseabwicklung eingeleitet und durchgeführt habe, für die GmbH handlungsfähig gewesen. Es habe sich nachträglich herausgestellt, dass die Abgabenbehörde, in Kenntnis des Konkursverfahrens, am „Nichtbescheide“ erlassen und an die K.GmbH gerichtet habe. Diese „Nichtbescheide“ seien weder der GmbH, respektive ihrem Vertreter M.H., noch dem vom Gericht eingesetzten Masseverwalter G.Y zugegangen.

Die als Bescheid vom respektive bezeichneten Dokumente stellten einen nichtigen Verwaltungsakt (Nichtbescheid) dar und entfalteten als solcher keine Rechtswirkungen.

Der Haftungsbescheid vom leite sich von den „Nichtbescheiden vom respektive “ ab. Der Spruch des Haftungsbescheides sei ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten sei, abzuändern oder aufzuheben. Denn der Spruch dieses Bescheides hätte anders lauten müssen oder dieser Bescheid hätte nicht ergehen dürfen, wären bei seiner Erlassung die angeführten Nichtbescheide bereits abgeändert oder aufgehoben gewesen.

Eine Bescheidbeschwerde, die gegen einen nach § 295 Abs. 1 BAO geänderten Bescheid eingebracht worden sei, dem kein rechtswirksam erlassener Grundlagenbescheid (Nichtbescheid) zugrunde liege, stelle nach herrschender Ansicht einen Anwendungsfall einer Aufhebung iSd § 279 Abs. 1 BAO dar (Ritz, BAO5, § 279 Tz 6 mit Verweis auf ; ).

Nach § 302 Abs. 1 BAO sei die Abänderung, Zurücknahme und Aufhebung von Bescheiden nach § 295 BAO nur bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zulässig. Die Verjährungssperre nach § 209a Abs. 2 BAO (wonach die Verjährung auch solchen Abgabenfestsetzungen nicht entgegenstehe, die von der Erledigung eines Grundlagenbescheides abhängig seien) komme nach der Rechtsprechung in Fällen, in denen die Zurückweisung einer Beschwerde gegen einen Feststellungsbescheid erfolge, weil dieser einen Nichtbescheid darstelle, nicht zur Anwendung ( und 2008/13/0084).

Bescheidbeschwerden gegen abgeleitete Abgabenfestsetzungsbescheide, die sich gegen die getroffenen Feststellungen im Grundlagenbescheid richteten, seien daher nach ständiger Judikatur nicht als unbegründet abzuweisen, wenn der Grundlagenbescheid (im gegenständlichen Fall „Nichtbescheide vom respektive “) dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber nicht wirksam geworden sei (Ritz, BAO5, § 252 Tz 3 mit Verweis auf ).

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid würden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Bf. erachte sich in ihrem Recht auf materielle Behandlung ihrer Beschwerde unter Berücksichtigung aller Ausführungen verletzt.

Aus all den angeführten Rechtsstandpunkten und Tatsachen sei es unvermeidbar, die beantragte Wiedereinsetzung respektive Wiederaufnahme des Haftungsverfahrens durchzuführen. Mit Vorlageanträgen vom sei die Zuständigkeit der Entscheidung hierüber an das BFG übergegangen. Dieses möge nach Prüfung die Verfahren zusammenziehen und den Anträgen auf Wiedereinsetzung / Wiederaufnahme im Sinne der Verfahrensökonomie stattgeben und das Verfahren nach § 216 BAO bis zur Entscheidung aussetzen (Punkt 5.2.1. Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts und wesentliche Verfahrensmängel).

Aus den angeführten Gründen richte die Bf. an das Bundesfinanzgericht den Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts in eventu wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, und zwar weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung bedürfe und weil Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden seien, bei deren Einhaltung die Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, seinem gesamten Umfang nach aufzuheben und die Beschwerdevorentscheidung vom als Folge der Nichtbeachtung der §§ 93 und 96 BAO nichtig zu erklären.

Weiters stelle sie den Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides und der Beschwerdevorentscheidung unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde zur Erledigung der unterlassenen Ermittlungen durch Wiedereinsetzung / Wiederaufnahme des Haftungsverfahrens, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung unterbleiben können.

In eventu werde die Berichtigung nach § 293b BAO beantragt.

Die gegenständliche Beschwerde gegen den Abrechnungsbescheid wurde der erkennenden Richterin mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom im Zuge einer Umverteilung eines Altaktenpaketes zur Erledigung übertragen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

Die Bf. wurde mit Bescheid vom gemäß §§ 9, 80 BAO für offene Abgabenschuldigkeiten der K.GmbH in Höhe von € 36.927,95 zur Haftung herangezogen.

Der Bescheid wurde mit RSb- Brief versendet, der nach erfolglosem Zustellversuch an der Zustelladresse beim Postamt hinterlegt wurde. Der Beginn der Abholfrist war der .

Am übermittelte die Bf. mit Mail eine mit datierte Berufung gegen den Haftungsbescheid.

Das Original der Berufung hat den als Postaufgabetag.

Die gegen den Bescheid eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid vom zurückgewiesen. Die Zurückweisung erwuchs nach Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates zu RV/3180-W/12 vom in Rechtskraft.

Zu RV/530-W/2013 wurde ein Devolutionsverfahren zur Abweisung eines Antrages auf Aufhebung nach § 299 BAO des Zurückweisungsbescheides zur Berufung geführt.

Die Beschwerde gegen die Abweisung eines Antrages nach § 299 BAO auf Aufhebung des Zurückweisungsbescheides wurde zu RV/710261/2014 mit Erkenntnis des abgewiesen.

Zu RS/7100015/14 erging am ein Beschluss des BFG über die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens, da die Abgabenbehörde über die nunmehr wiederum verfahrensgegenständlichen Anträge auf Aufhebung/Zurücknahme eines Bescheides und Wiederaufnahme des Verfahrens bescheidmäßig abgesprochen hat.

Am erging zu RV/7102694/2015 ein Erkenntnis des BFG im Zusammenhang mit der Haftungsinanspruchnahme des weiteren handelsrechtlichen Geschäftsführers der K.GmbH E.A..

Er fungierte ab bis zur Konkurseröffnung am Datum1***** als handelsrechtlicher Geschäftsführer, die Bf. ab .

Weiters erging am zu RV/710269/2015 ein Erkenntnis des BFG zu einem Rückzahlungsantrag von E.A. als haftender Geschäftsführer der K.GmbH. Aus diesem Erkenntnis ergibt sich das der Haftungsbetrag von € 65.546,59 zur Gänze einbringlich gemacht werden konnte.

Dies ist auch auf dem Abgabenkonto der Gesellschaft ersichtlich.

Die Abgabenschuldigkeiten für die die Bf. zur Haftung herangezogen wurden, haften demnach in Folge Entrichtung durch den weiteren zur Haftung herangezogenen Geschäftsführer nicht mehr aus.

Jede Zahlung eines Gesamtschuldners wirkt sich auf die Schuld des anderen aus ().

Die Haftungsinanspruchnahme der Bf. kann daher nicht mehr schlagend werden. Es besteht somit auch von ihrer Seite kein berechtigtes rechtliches Interesse mehr an einer Aufhebung/Abänderung/Zurücknahme/Wiederaufnahme des Verfahrens (siehe dazu RV/7102580/2015).

Die Entrichtungsverpflichtung der Bf. aus der Haftungsinanspruchnahme für offene Abgabenschuldigkeiten der K.GmbH ist erloschen. Der Abrechnungsbescheid war somit spruchgemäß zu berichtigen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage liegt verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103675.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at