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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.07.2019, RV/7200014/2017

Alkoholsteuer: Keine Steuerbefreiung mangels Herstellung von Arzneimitteln

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache A, diese wiederum vertreten durch V, Adresse, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt vom , Zahl: aa, betreffend Alkoholsteuer und Säumniszuschlag nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid I des Zollamtes vom , Zahl aa, wurde für die beschwerdeführende Partei gemäß § 201 BAO in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Z 3 und § 14 Abs. 5 Alkoholsteuergesetz (AlkStG) die Alkoholsteuer für das Jahr 2012 in der Höhe von 10.002 Euro, für das Jahr 2013 in der Höhe von 9.016,50 Euro, für das Jahr 2014 in der Höhe von insgesamt 13.410,72 Euro und für das Jahr 2015 in der Höhe von 10.987,20 Euro festgesetzt. In der Begründung wurde neben der Wiedergabe von Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die der beschwerdeführenden Partei erteilten Bewilligungen berechtigten Alkohol zu einem in § 4 Abs. 1 Z 1 bis 5 und Z 8 AlkStG angeführten Zweck unversteuert zu beziehen und außerhalb des Steuerlagers steuerfrei zu verwenden. Die der Berechnung der Alkoholsteuer zugrunde gelegten Mengen an steuerfrei bezogenem Alkohol seien von der beschwerdeführenden Partei in den Bereichen Zytologie, Histologie und Pathologie bei der Verarbeitung und Herstellung von histologischen Schnitten verwendet worden. Der mit einem Freischein bezogene unvergällte Alkohol sei nicht zur Herstellung von Arzneimittel verwendet worden, es liege gemäß § 14 Abs. 5 AlkStG jeweils ein Wegbringen des Alkohols aus dem Verwendungsbetrieb vor. Mit der Wegbringung sei für den Inhaber des Verwendungsbetriebes die Alkoholsteuerschuld entstanden.
Aufgrund der nicht fristgerechten Entrichtung der Alkoholsteuer wurde mit Bescheid II des Zollamtes vom , Zahl aa, gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO ein Säumniszuschlag für das Jahr 2012 in der Höhe von 200,04 Euro, für das Jahr 2013 in der Höhe von 180,33 Euro, für das Jahr 2014 in der Höhe von 268,21 Euro und für das Jahr 2015 in der Höhe von 219,74 Euro festgesetzt.

Gegen diese Bescheide richtete sich die Beschwerde vom . Die beschwerdeführende Partei brachte vor, eine Verwendung des Alkohols für die Herstellung eines Arzneimittels sei im vorliegenden Fall gegeben. Durch die Aufbringung / Einwirkung des Stoffes / Arzneimittels auf die entnommene Biopsie werde eine Grundlage für eine medizinische Diagnose und folgende Therapie zur Heilung des Patienten geschaffen. Vielmehr falle bereits der Alkohol selbst – als eine organisch-chemische Verbindung – sowie die hergestellten Lösungen unter die Begriffsdefinition von Stoffen im Sinne des § 1 Abs. 4 Z 1 Arzneimittelgesetz (AMG). Desgleichen entsprächen die hergestellten Alkohollösungen (Weigert A-Lösung, Orcein-Lösung, Alcianblau-Lösung) zum einen der Definition des Begriffes Stoffe, zum anderen fielen diese unter die Definition des Arzneimittels, und zwar als Zubereitung aus Stoffen, die am menschlichen Körper angewendet werde, um als Grundlage für eine medizinische Diagnose zu dienen. Das heiße, nicht die präparierten Gewebeproben seien als Arzneimittel zu verstehen, sondern die verwendeten Alkohol-Lösungen sollten als Arzneimittel der medizinischen Diagnose dienen. Laut einer Entscheidung des deutschen Bundesfinanzhofes verstoße bereits der Ausschluss einer reinen Alkohol-Wasser-Mischung aus dem Kreis der zu begünstigenden Arzneimittel gegen die Vorgaben der Alkoholstrukturrichtlinie. Ein Ausschluss der Verwendung des Alkohols für die Herstellung der gegenständlichen Färbereagenzien zur Anwendung am menschlichen Körper (entnommenen Gewebeproben) für Zwecke der Diagnosefindung begründe einen Verstoß gegen die Vorgaben des Unionsrechts. Wenn bereits das Vermischen von Alkohol mit Wasser unter die Begünstigung falle, so sei auch im vorliegenden Fall das Mischen des Alkohols mit anderen Stoffen, die anschließend am entnommenen Gewebe zur Diagnosefindung angewendet würden, von der begünstigten Verwendung umfasst.

Selbst wenn der Alkohol nicht zur Herstellung von Arzneimittel verwendet worden wäre, wäre eine Wegbringung aus dem Verwendungsbetrieb nicht zu begründen; die Bestimmungen über das Wegbringen aus dem Verwendungsbetrieb gälten nicht für Alkohol, der gemäß § 14 Abs. 5 Z 3 AlkStG in Kleinmengen von Apotheken und Drogerien an Ärzte, Tierärzte, Dentisten und Hebammen für medizinische Zwecke abgebeben werde. Eine Verwendung des Alkohols für die Herstellung von Lösungen und der folgenden Anwendung am aus dem menschlichen Körper entnommenen Gewebe, um eine medizinische Diagnose zu ermöglichen, diene einem medizinischen Zweck. Eine nähere Bestimmung von „Kleinmengen“ sei im Gesetz nicht getroffen. § 73 Abs. 3 AlkStG regle für den Fall der Abgabe von Alkohol von Apotheken oder Drogerien an Ärzte sowie andere Begünstigte in Mengen von mehr als 0,5 Raumliter das Festhalten von Name und Anschrift des Erwerbers. Vorliegend seien entsprechende Mengen ausschließlich an die hausinterne Histologie- bzw. Zytologie-Abteilung abgegeben worden. Die Nachverfolgung des entsprechenden Verbrauchs sei im Zuge der amtlichen Aufsicht positiv gewürdigt worden. Die Voraussetzungen für die Abgabe zu medizinischen Zwecken sei erfüllt, folglich sei die Vorschreibung der Alkoholsteuer und des Säumniszuschlages nicht begründet.

Mit den Beschwerdevorentscheidungen I und II vom , Zahl: bb, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, die unversteuert bezogenen (unvergällten) Alkoholmengen seien in den von der Anstaltsapotheke örtlich getrennten Bereichen Zytologie, Histologie und Pathologie verwendet worden. Nur der an die Pathologie weitergereichte Alkohol sei Gegenstand des angefochtenen Bescheides. Aus den Aufzeichnungen im Alkoholbuch ergebe sich, dass die in der Pathologie verwendeten Alkohol-Lösungen (Weigart A, Salzsäure-Alkohol, Orcein Lösung, Sudanrot 7B, etc.) mit dem Rezepturalkohol-Primasprit 95% hergestellt worden seien. Die dabei verarbeiteten Alkoholmengen habe das Zollamt bei der amtlichen Nachschau im Sinne § 4 Abs. 1 Z 1 AlkStG anerkannt und diese seien nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides; diesbezügliche Erwägungen erübrigten sich. Die verfahrensgegenständlichen Alkoholmengen (Ethanol absolut) seien unverarbeitet an die Pathologie gegangen. Bei dem an die Pathologie abgegebenen Alkohol habe es sich nicht um Teilmengen bzw. nicht um Kleinmengen gehandelt. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum seien 4.142, 6975 Liter Alkohol an die Pathologie weitergegeben worden. Die gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 AlkStG anerkannten Alkoholmengen, von denen auch die Alkohollösungen für die Pathologie hergestellt worden seien, hätten 71,3875 Liter betragen. Für den Bereich, für den gemäß § 4 AlkStG keine Steuerbefreiungen vorgesehen seien, wie chemische oder mikroskopische Untersuchungen in Labors, wie sie in Pathologien vorgenommen werden würden, sei der Bezug von steuerfreiem Alkohol somit ausgeschlossen. Für derartige Zwecke sei auf Antrag der beschwerdeführenden Partei ein Freischein für vergällten Alkohol ausgestellt worden, jedoch davon kein Gebrauch gemacht worden.

Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom . Darin wurde vorgebracht, die Beschwerdevorentscheidung vermöge „das Argument, dass die Verwendung des Alkohols im Verbund mit anderen Reagenzien an menschlichen Gewebeproben der Erstellung einer medizinischen Diagnose diene und damit eine ordnungsgemäße, begünstigte Verwendung iSd § 4 Abs. 1 Z 1 AlkStG darstelle, nicht zu erschüttern.“ Weiters liege ein Wegbringen aus dem Verwendungsbetrieb insbesondere dann nicht vor, wenn Alkohol in Kleinmengen von Apotheken und Drogerien an Ärzte, Tierärzte, Dentisten und Hebammen für medizinische Zwecke abgegeben würde. Entsprechende Bestimmungen zur engen Auslegung des Begriffes medizinische Zwecke seien dem Alkoholsteuergesetz nicht zu entnehmen. Abschließend beantragte die beschwerdeführende Partei „die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO, wobei wir im Falle einer vollinhaltlichen Stattgabe der Beschwerde anbieten, die Anträge auf mündliche Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Senat zurückzuziehen.

Der im Rahmen der mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommene Abteilungsvorstand der Klinischen Pathologie gibt auf Befragen an, die Pathologie sei von der Anstaltsapotheke räumlich und organisatorisch getrennt. Der Alkohol sei unverändert von der Anstaltsapotheke an die Pathologie gegangen. Primär gehe es darum, was ein Arzneimittel sei. Entscheidend sei, ob die Pathologie ein Teil der Diagnose sei. Aufgrund der Diagnose werde eine Therapie gesetzt, die Diagnose der Pathologie gebe Anlass für die Behandlung. Der Zeuge erläutert ausführlich die Arbeit der Pathologen und führt aus, das menschliche Gewebe müsse für die Untersuchung behandelt werden, also für das Schneiden vorbereitet werden. Hierzu müsse das Gewebe auch entwässert werden, diese Entwässerung erfolge über eine Alkoholreihe, mit Alkoholen verschiedener Konzentrationen werde dem Gewebe das Wasser entzogen, um dieses zu dehydrieren. Dann könne das Gewebe geschnitten, gefärbt und untersucht werden. Ohne Alkoholreihe könne keine Diagnose erstellt werden. Der gegenständliche Alkohol sei nur ein Teil der Alkoholreihe, nämlich der mit der höchsten Konzentration. Der gegenständliche Alkohol sei also Teil des diagnostischen Procedere, Pathologen seien die Diagnostiker eines Krankenhauses. Der gegenständliche Alkohol sei ausschließlich für die Entwässerung des Gewebes verwendet worden. Nach den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes sei daher der Alkohol ein Arzneimittel, vom Pathologen erhalte man die Diagnose. Derzeit werde vergällter Alkohol benutzt, diesbezüglich gäbe es unterschiedliche Meinungen. Nach einem Teil sei die Verwendung von vergälltem Alkohol gleichwertig, er selbst vertrete die Meinung, die Verwendung von vergälltem Alkohol sei ein Rückschritt gewesen, es sei zu einem Qualitätsverlust gekommen. Färbungen seien schwieriger geworden.

Die belangte Behörde brachte vor, es gehe um die Frage, ob der gegenständliche Alkohol ein Arzneimittel sei, der Alkohol habe keine Eigenwirkung und es reiche nach den Ausführungen des Zeugen auch vergällter Alkohol. Die beschwerdeführende Partei führte aus, es sei nicht entscheidend, ob vergällter Alkohol ausreiche. Beim verfahrensgegenständlichen Alkohol handle es sich im ein Arzneimittel, das der Diagnose diene. Der verfahrensgegenständliche Alkohol sei bestimmungsgemäß verwendet worden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der Anstaltsapotheke der beschwerdeführenden Partei wurde mit den Freischeinen vom , Zahl: cc, vom , Zahl: dd, und vom , Zahl: ee, jeweils die Bewilligung zur steuerfreien Verwendung von Alkohol gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 AlkStG „zur Herstellung von Arzneimitteln im Sinne des Arzneibuchgesetzes und des Arzneimittelgesetzes durch dazu nach Arzneimittelrecht Befugte;“ bewilligt. Ebenso wurde der Anstaltsapotheke ein Freischein zur steuerfreien Verwendung von Alkohol für „pathologische Zwecke (Entwässerungsautomat der Pathologie, Färbetechniken, Rezeptur für div. Tinkturen, Lösungen) Ethanol 50%, 60%, 70%, 80%, 96% vergällt mit MEK (1 Liter MEK/100 Liter Alkohol)“ erteilt. Die Anstaltsapotheke hat den von ihr aufgrund der Freischeine vom , und bezogenen, verfahrensgegenständlichen unvergällten Alkohol (Ethanol absolut 99%) unverändert an die von der Anstaltsapotheke räumlich und organisatorisch getrennte Klinische Pathologie der beschwerdeführenden Partei weitergegeben. In den Jahren 2012 und 2013 wurden die von der Anstaltsapotheke bezogenen Mengen (150 Liter Alkohol oder mehr) als Gesamtmenge an die Klinische Pathologie weitergegeben, in den Jahren 2014 und 2015 erfolgten Weitergaben auch in Teilmengen (Mindestmenge ein 10 Liter Kanister). Der verfahrensgegenständliche Alkohol wurde in der Klinischen Pathologie unverändert als Teil einer Alkoholreihe zur Entwässerung von Gewebe verwendet, um dieses in weiterer Folge untersuchen und eine Diagnose erstellen zu können.

Gemäß dem im Abgabenverfahren vorherrschenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) genügt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ).

Unter Berücksichtigung der Ermittlungen der belangten Behörde, der im Verwaltungsverfahren hervorgekommenen Unterlagen, der Angaben der beschwerdeführenden Partei und der Aussagen des als Zeugen vernommenen Abteilungsvorstandes sowie der vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Ermittlungen erachtete das Bundesfinanzgericht den vorstehenden Sachverhalt als erwiesen. Dass der verfahrensgegenständliche Alkohol nicht für die Herstellung von Alkohollösungen verwendet worden sei, stützt die belangte Behörde auf die von der beschwerdeführenden Partei geführten Aufzeichnungen und auf die eindeutigen und ausführlichen Aussagen des Zeugen. Aus den dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Unterlagen (Alkoholbücher, Eingangsberichte, etc.) und den Aussagen des Zeugen lässt sich ableiten, dass der von der Anstaltsapotheke der beschwerdeführenden Partei bezogene, verfahrensgegenständliche Alkohol unverändert an die Klinische Pathologie weitergegeben und dort unverändert verwendet worden ist. Diesen Aufzeichnungen und den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung hat zum einen die beschwerdeführende Partei im Vorlageantrag nicht widersprochen, zum anderen bestätigen die Aussagen des Zeugen den vom Bundesfinanzgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalt.

Das Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über das Branntweinmonopol an das Gemeinschaftsrecht angepasst wird (Alkohol – Steuer und Monopolgesetz 1995), BGBl. Nr. 703/1994, erhielt durch Art. 24 Z 1 des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. Nr. 142/2000, den gesetzlichen Kurztitel Alkoholsteuergesetz. In der Folge wird dieser gesetzliche Kurztitel (abgekürzt: AlkStG) verwendet, auch wenn damit Bestimmungen in der Fassung vor dem erwähnten Budgetbegleitgesetz 2001 gemeint sind; auf allfällige unterschiedliche Fassungen wird hingewiesen.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 AlkStG sind Erzeugnisse von der Alkoholsteuer befreit, wenn sie gewerblich verwendet werden zur Herstellung von Arzneimitteln im Sinne des Arzneibuchgesetzes, BGBl. Nr. 195/1980, und des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983, durch dazu nach Arzneimittelrecht Befugte, ausgenommen reine Alkohol-Wasser Mischungen.

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, entsteht gemäß § 8 Abs. 1 AlkStG die Steuerschuld durch Überführung des Alkohols in den steuerrechtlich freien Verkehr. Alkohol wird gemäß Z 3 der zuletzt genannten Bestimmung durch Wegbringung aus einem Verwendungsbetrieb in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt. In diesem Fall ist gemäß § 9 Z 3 AlkStG der Inhaber des Verwendungsbetriebes Steuerschuldner.

Wer Alkohol zu einem im § 4 Abs. 1 Z 1 bis 5 und 8 angeführten Zweck unversteuert beziehen und außerhalb eines Steuerlagers verwenden will, bedarf gemäß § 11 Abs. 1 AlkStG (in der Fassung durch das Budgetbegleitgesetz 2001) einer Bewilligung (Freischein).

Gemäß § 11 Abs. 2 AlkStG (in der Fassung durch das Budgetbegleitgesetz 2001) ist ein Freischein auf Antrag des Inhabers des Betriebes, in dem der Alkohol verwendet werden soll (Verwendungsbetrieb) auszustellen, wenn kein Ausschließungsgrund (Abs. 3) vorliegt.

Der Antrag auf Ausstellung des Freischeins ist gemäß § 11 Abs. 4 AlkStG (in der Fassung durch das Budgetbegleitgesetz 2001) bei dem Zollamt schriftlich einzubringen, in dessen Bereich sich der Verwendungsbetrieb befindet. Der Antrag muss alle Angaben über die für die Ausstellung des Freischeins erforderlichen Voraussetzungen enthalten; beizufügen sind die Unterlagen für den Nachweis oder die Glaubhaftmachung der Angaben, eine Beschreibung der Lagerung, der Verwendung und des Verbrauches von Alkohol im Betrieb. Gemäß § 15 Abs. 1 AlkStG (in der Fassung durch das Budgetbegleitgesetz 2001) ist der Inhaber des Verwendungsbetriebes verpflichtet, dem im § 11 Abs. 4 AlkStG genannten Zollamt jede Änderung der in den eingereichten Beschreibungen oder im Befundprotokoll angegebenen Verhältnisse anzuzeigen.

Nach § 14 Abs. 4 AlkStG (in der Fassung durch das Budgetbegleitgesetz 2001) hat der Inhaber des Freischeins den Alkohol unverzüglich in seinen Betrieb aufzunehmen. Er darf nur zu dem im Freischein genannten Zweck verwendet werden.

Wird auf Grund eines Freischeins bezogener Alkohol zu einem im Freischein nicht angegebenen Zweck verwendet, liegt gemäß § 14 Abs. 5 AlkStG (in der Fassung durch das Budgetbegleitgesetz 2001) ein Wegbringen aus dem Verwendungsbetrieb vor. Dies gilt unter anderem nicht für Alkohol, der in Kleinmengen von Apotheken und Drogerien an Ärzte, Tierärzte, Dentisten und Hebammen für medizinische Zwecke abgegeben wird (Z 3).

Gemäß § 115 Abs. 1 AlkStG (in der Fassung durch das Budgetbegleitgesetz 2001) sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Bestimmungen anderer Bundesgesetze, auf welche dieses Bundesgesetz verweist, in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

§ 1 Abs. 1 und 2 Arzneimittelgesetz in der bis geltenden Fassung lauten:
„(1) „Arzneimittel“ sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind, bei Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper
1. Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, lindern, zu verhüten oder zu erkennen,
2. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen,
3. Vom menschlichen oder tierischen Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen,
4. Krankheitserreger, Parasiten oder körperfremde Stoffe abzuwehren, zu beseitigen oder unschädlich zu machen oder
5. Die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen.

(2) Als Arzneimittel gelten
1. Gegenstände, die ein Arzneimittel enthalten oder auf die ein Arzneimittel aufgebracht ist, und die zur Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind, und
2. Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die die Merkmale des Abs. 1 nicht aufweisen, sofern sie dazu bestimmt sind, für die Herstellung von Arzneimitteln verwendet zu werden.“

§ 1 Abs. 1 und 2 Arzneimittelgesetz in der ab geltenden Fassung lauten:
„(1) „Arzneimittel“ sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die
1. zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind, oder
2. im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, oder
b) als Grundlage für eine medizinische Diagnose zu dienen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel enthalten oder auf die ein Arzneimittel aufgebracht ist und die zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind.“

Festzuhalten ist, dass es sich bei dem von der Anstaltsapotheke bezogenen Alkohol entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei noch nicht um ein steuerbefreites Arzneimittel gehandelt hat. Hätte dies der Gesetzgeber beabsichtigt, dann hätte es nach der logischen Interpretation, wonach eine Rechtsnorm im Zweifel nicht so verstanden werden darf, dass sie überflüssig ist und im Allgemeinen niemand zwecklose und funktionslose (weil praktisch unanwendbare) Anordnungen treffen will, der Regelung des § 4 Abs. 1 Z 1 AlkStG nicht bedurft. Der Gesetzgeber hat mit der zuletzt genannten Bestimmung klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Steuerfreiheit nur dann vorgesehen ist, wenn der Alkohol zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet wird. Der Gesetzgeber hat somit die genannte Steuerbefreiung an eine verändernde Einwirkung auf den Alkohol oder an eine Be- oder Verarbeitung des Alkohols geknüpft.

Auf den von der Anstaltsapotheke bezogenen verfahrensgegenständlichen Alkohol wurde weder in der Anstaltsapotheke noch in der Klinischen Pathologie verändernd eingewirkt, dieser weder be- oder verarbeitet noch vermischt. Dieser unvergällte Alkohol wurde unverändert an die Klinische Pathologie weitergegeben und dort als Teil der für die Entwässerung der Gewebeproben notwendigen Alkoholreihe verwendet, ohne auf den Alkohol in irgend einer Weise einzuwirken oder diesen zu be- oder verarbeiten. Der verfahrensgegenständliche Alkohol wurde daher nicht „zur Herstellung von Arzneimittel“ verwendet. Selbst wenn es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Alkohol – wie die beschwerdeführende Partei vorgebracht hat – auf Grund seiner Verwendung im Zuge der Aufbereitung von Gewebe um ein Arzneimittel im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. b Arzneimittelgesetz (in der ab geltenden Fassung) gehandelt hätte, wäre nichts für die beschwerdeführende Partei gewonnen. Denn der Alkoholsteuergesetzgeber hat für die Steuerfreiheit auf die Verwendung des Alkohols zur Herstellung von Arzneimitteln abgestellt und hat nicht eine (etwaige) bloße Verwendung als Arzneimittel steuerlich begünstigt.

Da der verfahrensgegenständliche Alkohol nicht zur Herstellung von Arzneimittel Verwendung gefunden hat, sondern unverändert in der Klinischen Pathologie verwendet worden ist, bedurfte es keiner Erwägungen, ob im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (Urteil vom , VII R 22/14) Alkohollösungen zum Kreis der zu begünstigenden Arzneimittel gehören, für die nach Art. 27 Abs. 1 Buchstabe d der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke (nachfolgend Alkoholstrukturrichtlinie genannt) eine obligatorische Steuerbefreiung besteht. Auch nach der genannten Richtlinienbestimmung ist eine Befreiung von der Alkoholsteuer ebenfalls nur für Erzeugnisse vorgesehen, die zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden.

Neben der in Art. 27 Abs. 1 Alkoholstrukturrichtlinie vorgesehenen obligatorischen Steuerbefreiung können die Mitgliedstaaten gemäß Art. 27 Abs. 2 der genannten Richtlinie nach Maßgabe näher beschriebener Bedingungen Erzeugnisse von der harmonisierten Verbrauchsteuer befreien, sofern die betreffenden Erzeugnisse unter anderem für medizinische Zwecke in Krankenhäusern und Apotheken verwendet werden.

Die durch den nationalen Gesetzgeber in § 14 Abs. 5 Z 3 AlkStG (in der Fassung durch das Budgetbegleitgesetz 2001) vorgesehene Ausnahme vom Entstehen der Steuerschuld führte aus folgenden Erwägungen ebenso wenig zum Erfolg der Beschwerde.

Gemäß § 13 Abs. 2 Z 3 AlkStG (in der Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2001) galt Alkohol nicht als bestimmungswidrig verwendet, der von Apotheken und Drogerien an Ärzte, Tierärzte, Dentisten, Hebammen abgegeben wird. Eine nicht bestimmungswidrige Verwendung liegt (neben dem bewilligten Verwendungszweck) nur dann vor, wenn in Freischeinen für Apotheken und Drogerien die Abgabe von steuerfreiem Alkohol an Ärzte, Tierärzte, Dentisten und Hebammen zugelassen war (1698 BlgNR 18. GP 40).

Wesentlicher Grund für die Novellierung des Alkoholsteuergesetzes durch das Budgetbegleitgesetz 2001 war das Wegfallen der für einen Verwendungsbetrieb erforderlichen Betriebsbewilligung (80 Blg NR 21. GP 59). Die Bestimmung des § 13 Abs. 2 Z 3 AlkStG (in der Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2001) erfuhr durch die Novelle keine Erleichterungen, im Gegenteil, § 14 Abs. 5 Z 3 AlkStG (in der Fassung durch das Budgetbegleitgesetz 2001) sieht eine Ausnahme nur mehr dann vor, wenn der Alkohol in Kleinmengen für medizinische Zwecke abgegeben wird. Ein Nichtwegbringen von Alkohol aus dem Verwendungsbetrieb im Sinne des § 14 Abs. 5 Z 3 AlkStG (in der Fassung durch das Budgetbegleitgesetz 2001) liegt daher nur dann vor, wenn die Abgabe von Alkohol an den in dieser Ziffer genannten Personenkreis in Kleinmengen für medizinische Zwecke erfolgt und eine solche Abgabe im Freischein zugelassen ist. Stütze findet diese Ansicht des Bundesfinanzgerichtes (neben der Absicht des Gesetzgebers) auch in der Bestimmung des § 11 Abs. 4 AlkStG (in der Fassung durch das Budgetbegleitgesetz 2001). Bei der Erteilung einer Bewilligung handelt es sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt. Der Antragsinhalt (mit seinen Beilagen, unter anderem der Betriebsbeschreibung) konstituiert daher den Gegenstand des Bewilligungsbescheides und ist somit für den Bewilligungsumfang maßgebend (). Die der beschwerdeführenden Partei erteilten Freischeine sahen als begünstigende Verwendung lediglich eine solche zur Herstellung von Arzneimittel vor; eine Weitergabe von Alkohol an den in § 14 Abs. 5 Z 3 AlkStG genannten Personenkreis war vom Bewilligungsumfang nicht umfasst. Auch der Zweck einer Kontrolle der Einhaltung der zollrechtlichen Vorschriften gebietet eine einschränkende Auslegung der erteilten Bewilligung (). Darüber hinaus erfolgte die Weitergabe an die Pathologie nicht in Kleinmengen; in den Jahren 2012 und 2013 wurde die jeweils gesamt bezogene Menge (rund 150 l Alkohol oder mehr) an die Pathologie weitergegeben, die Verpackungsgröße des in den Jahren 2014 und 2015 weitergegebenen Alkohols war mindestens ein 10 l Kanister.

Da der verfahrensgegenständliche Alkohol nicht zu dem mit den Freischeinen bewilligten Zweck verwendet worden ist, lag ein Wegbringen aus dem Verwendungsbetrieb vor.

Gemäß § 217 Abs. 1 BAO sind Säumniszuschläge zu entrichten, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO). Da die Alkoholsteuerschuld nicht pünktlich entrichtet worden ist, waren Säumniszuschläge festzusetzen.

Gemäß § 272 Abs. 2 BAO obliegt die Entscheidung dem Senat, wenn dies in der Beschwerde (lit. a) oder im Vorlageantrag (lit. b) beantragt wird. Entgegen den Andeutungen in den abschließenden Ausführungen im Vorlageantrag hat die beschwerdeführende Partei einen Antrag auf Entscheidung durch den Senat nicht gestellt.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Im Gegenteil, die Entscheidung stützt sich auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften und auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren eine grundsätzliche Rechtsfrage aufgeworfen worden ist, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Z 1 AlkStG, Alkoholsteuergesetz, BGBl. Nr. 703/1994
§ 14 Abs. 4 AlkStG, Alkoholsteuergesetz, BGBl. Nr. 703/1994
§ 14 Abs. 5 AlkStG, Alkoholsteuergesetz, BGBl. Nr. 703/1994
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7200014.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at