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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.05.2019, RV/7500394/2019

Zustellung durch Hinterlegung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Z über die Beschwerden des Bf, MA MSc, -gasse., 1-, vom , gegen den Bescheid der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Ort, Magistratsabteilung 67, vom , mit dem der Einspruch des Beschwerdeführers vom gegen die Strafverfügung vom  gemäß § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wegen Verspätung zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird abgewiesen und der Zurückweisungsbescheid bestätigt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang zu MA 67-PA-GZ-MA:

Dem Beschwerdeführer (Bf.) wurde vom Magistrat der Stadt Ort, Magistratsabteilung 67 (kurz: MA 67) mit Strafverfügung vom , MA 67-PA-GZ-MA, eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 angelastet (Abstellung des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen Kz, am um 21:47 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Ort1, Akademiestraße ggü 2, ohne gültigen Parkschein) und eine Geldstrafe von € 60,00 und für den Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt.

Die Zustellung der Strafverfügung wurde von der Behörde mit Rückscheinbrief RSb an den laut Zentralen Melderegister aufrechten Hauptwohnsitz des Bf. in ww, -weg, veranlasst.

Nach einem am durchgeführten Zustellversuch wurde die Strafverfügung bei der Post-Geschäftsstelle qqq hinterlegt und ab Dienstag, den , zur Abholung bereitgehalten.

Dem Bf. wurde die Strafverfügung nachweislich am ausgefolgt (Übernahmebestätigung RSb).

Der Bf. erhob gegen die Strafverfügung am Montag, den per E-Mail Einspruch.

Die MA 67 richtete an den Bf. am einen Vorhalt ("Verspätete Einbringung eines Rechtsmittels").

Der Vorhalt, adressiert an die Adresse ww, -weg, wurde von der Post mit dem Vermerk "Ortsabwesend bis an die Behörde retourniert und am  neuerlich abgefertigt.

Der Bf. wurde mit diesem Schreiben in Kenntnis gesetzt, dass sein Rechtsmittel nach der Aktenlage als verspätet eingebracht erscheine. Es habe am gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz ein Zustellversuch stattgefunden. Die Strafverfügung sei am selben Tag hinterlegt und ab zur Abholung bereitgehalten worden, da dem Bf. das Dokument beim Zustellversuch nicht habe übergeben werden können.

Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz sei das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginne mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten werde. Hinterlegte Dokumente würden mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt gelten. Sie würden nicht als zugestellt gelten, wenn sich ergebe, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des §  3 Abs. 3 ZustG wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen habe können, doch werde die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Der Bf. habe das Rechtsmittel erst am , somit nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist mittels E-Mail eingebracht.

Es werde ihm Gelegenheit geboten, diesen Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen und innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine Stellungnahme abzugeben. Falls der Bf. einen Zustellmangel geltend mache, habe er innerhalb der gleichen Frist die Möglichkeit, diesen durch Belege (Reiserechnungen, Namhaftmachung von Zeugen, etc.) glaubhaft zu machen. Sollte innerhalb der genannten Frist keine Stellungnahme erfolgen, müsste das Rechtsmittel wegen Verspätung zurückgewiesen werden.

Nach einem am erfolglos durchgeführten Zustellversuch wurde das Schriftstück bei der Post-Geschäftsstelle üü hinterlegt und ab dem selben Tag zur Abholung bereitgehalten. Die Verständigung über die Hinterlegung wurde in die Abgabeeinrichtung eingelegt (Übernahmebestätigung RSb).

Der Bf. gab zum Verspätungsvorhalt am per E-Mail folgende Stellungnahme ab:

Er widerspreche der Rechtansicht der Behörde, dass sein Einspruch verspätet eingebracht worden sei. Es handle sich bei der Zustellung um einen eindeutigen Zustellmangel, da ihm der Verständigungszettel von seinem Nachbarn, Herrn E--, nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub am (Beweismittel: Personalstelle BMI - Urlaub vom bis ) durchnässt übergeben worden sei. In seinem Urlaub sei er nicht in Ort anwesend gewesen (Beweis: Gesamte Woche Absolvierung eines Lehrgangs auf der Universität ...). Vorher sei er wegen eines Heizungsausfalls von bis nicht durchgehend an seiner Wohnadresse anwesend gewesen, sondern bei seiner Lebensgefährtin P- in 1-, -gasse.. Diese werde diesen Umstand per E-Mail bis an die Behörde übermitteln. Es sei ihm daher gar nicht möglich gewesen, zeitgerecht von der Zustellung Kenntnis zu erlangen, weshalb der von der Behörde "errechnete" Zustelltermin unrichtig sei.

Die MA 67 wies in der Folge den Einspruch des Bf. gegen die Strafverfügung vom MA 67-PA-GZ-MA, mit Bescheid vom gemäß § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) zurück.

Nach Wiedergabe des maßgeblichen Sachverhaltes und nach Anführung der maßgeblichen Bestimmungen (§ 17 Abs. 3 Zustellgesetz) führte die Behörde aus, dass es im Hinblick auf die widersprüchlichen Angaben in der Stellungnahme des Bf. vom auf den Vorhalt der Verspätung vom nicht anzunehmen sei, dass ein Zustellmangel unterlaufen sei.

Der Bf. habe in seiner Stellungnahme im Wesentlichen angegeben, vom bis  durchgehend bei seiner Lebensgefährtin in Ort1, -gasse., gewohnt zu haben und nicht an seiner Wohnadresse anwesend gewesen zu sein. Danach habe er angegeben, im Zeitraum von bis auf Urlaub gewesen zu sein und an der Uni einen Studienlehrgang absolviert zu haben.

Laut dem im Akt befindlichen Zustellnachweis sei die Strafverfügung nach einem
erfolglosen Zustellversuch vom , wie bereits oben ausgeführt, am
bei der Postgeschäftststelle qqq zur Abholung bereitgehalten worden.

Auf dem Zustellnachweis sei dokumentiert worden, dass die Strafverfügung am an den Bf. (Empfänger, Identität geprüft) ausgefolgt worden sei.

Somit könne sein Vorbringen, im Zeitraum von bis durchgehend nicht an seiner Wohnadresse gewesen zu sein, nicht zutreffen, hätte der Bf. ansonsten weder Kenntnis vom Zustellvorgang erhalten noch sich das Schriftstück am
vom Postamt ausfolgen lassen können.

Der vom Bf. geltend gemachte Zustellmangel liege demnach nicht vor und sei die
Strafverfügung mit ihrer Hinterlegung und Bereithaltung zur Abholung am als ordnungsgemäß zugestellt zu erachten.

Der mit erhobene Einspruch sei daher verspätet.

Bemerkt werde, dass es sich bei der Einspruchsfrist des § 49 Abs. 1 VStG um eine
gesetzlich festgelegte Frist handelt, die von der Behörde nicht erstreckt werden dürfe.
Der Behörde sei es infolge verspäteter Einbringung des Einspruches rechtlich verwehrt, eine Sachentscheidung zu treffen und könne aus diesem Grund
auch nicht auf allfällige diesbezügliche Einwände eingegangen werden.

Der Einspruch sei daher als verspätet zurückzuweisen.

Die Zustellung des Zurückweisungsbescheides wurde von der MA 67 mit Rückscheinbrief RSb an die Adresse ww, -weg, veranlasst. Das Schriftstück wurde auf Grund der Ortsabwesenheit des Bf. bis an die Behörde mit dem Vermerk "Ortsabwesend bis " retourniert.

Nach einem am durchgeführten erfolglosen Zustellversuch wurde das Schriftstück bei der Post-Geschäftsstelle üü hinterlegt und ab zur Abholung bereitgehalten. Die Verständigung über die Hinterlegung wurde in die Abgabeeinrichtung eingelegt (Übernahmebestätigung RSb).

Mit E-Mail vom ersuchte der Bf. die MA 67 um neuerliche Zustellung der beiden im Betreff genannten Schreiben MA 67-PA-S1 sowie MA 67-PA-S (richtig: MA 67-PA-GZ-MA und MA 67-PA--XXXX) an seine neue Hauptwohnsitzadresse in 1-, da er derzeit nicht mehr in ww, -weg, wohnhaft und aufhältig sei. Er ersuche auch um Feststellung der neuen Fristen in beiden Angelegenheiten nach neuerlicher Zustellung, da die neue Wohnadresse von der Behörde leicht durch eine ZMR-Anfrage erhoben hätte werden können (Postmeldung seiner Ortsabwesenheit von der alten Adresse durch ihn sei nachweislich via post.at erfolgt). Eventuell dadurch bei der Behörde in den beiden im Betreff genannten Verfahren als versäumt geführte Fristen mögen bitte daher auch wieder durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgesetzt werden.

Eine von der MA 67 am durchgeführte ZMR-Abfrage ergab, dass der Bf. seit mit einem Hauptwohnsitz in 1-, -gasse., gemeldet ist.

Die Zustellung des Zurückweisungsbescheides vom wurde von der MA 67 neuerlich mit Rückscheinbrief RSb an die Adresse, 1-, -gasse. veranlasst. Nach einem am durchgeführten erfolglosen Zustellversuch wurde das Schriftstück bei der Post-Geschäftsstelle %% hinterlegt und ab zur Abholung bereitgehalten. Die Verständigung über die Hinterlegung wurde in die Abgabeeinrichtung eingelegt (Rückscheinabschnitt RSb).

Der Bf. erhob gegen den Zurückweisungsbescheid mit E-Mail vom Beschwerde und brachte zunächst vor, dass er die Geldstrafe von € 60,00 bereits mit heutigem Tag beglichen habe. Es läge ein Zustellmangel sowie mangelhafte Aktenbearbeitung der belangten Behörde vor.

Weiters führte der Bf. wörtlich aus:

"Mir wurden die entsprechenden Schriftstücke nicht ordnungsgemäß zugestellt. Ich war an meiner früheren Wohnadresse in ww, -weg, postalisch (nachweislich) ORTSABWESEND gemeldet und bin seit ca. 1 Jahr dort auch überhaupt nicht mehr hauptgemeldet, sondern an meiner neuen Hauptwohnanschrift 1-, -gasse.. Eine einfache ZMR Abfrage (wegen Ortsabwesenheitsmeldung) hätte diesen Umstand ergeben und mir wären sämtliche Bezug habende Schriftstücke ordnungsgemäß an meinen amtlich gemeldeten Hauptwohnsitz zugestellt worden und hätte ich sohin alle rechtsinstanzlichen Möglichkeiten nutzen können, was mir dadurch verwehrt blieb. Nur durch einen Zufall (meine 77jährige Mutter) wurde mir die bereits laufende Vollstreckungsverfügung am Donnerstag, den , zugänglich. Mir ist unerklärlich, warum trotz Erfüllung aller mir obliegenden Pflichten (Meldung einer Ortsabwesenheit bei der Post, bereits mehrfach an die Behörde in anderen Verfahren mitgeteilte neue Meldeadresse, trotzdem weiterhin Zustellung wichtiger Post an meine alte Hauptwohnsitzadresse (das sieht sehr nach Absicht aus oder es besteht diesbezüglich ein dringender Evaluierungsbedarf bei der Aktenbearbeitungseffizienz in der aktenführenden Magistratsbehörde... .). Dadurch wurde ich meiner Meinung nach in meinen gesetzlichen zustehenden Rechten im verwaltungsstrafverfahren verletzt. Auch die Zustellung der Vollstreckungsverfügung, welche ja eine nicht unerhebliche Konsequenz für den Betroffenen (Lohn- & Gehaltspfändung u dgl.) nach sich zieht, aber auch Aufwand für die Behörde selbst) wurde nicht RSA oder RSB und wieder an die alte Hauptwohnsitzadresse zugestellt..."

Die MA 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Zunächst wird festgehalten, dass der Bf. in den beiden oa Verfahren einen Zustellmangel geltend macht.

Der Bf. war laut Abfrage aus dem Zentralen Melderegister vom bis mit einem Hauptwohnsitz in ww, -weg, gemeldet. Seit ist er mit einem Hauptwohnsitz in 1-, -gasse. und mit einem Nebenwohnsitz in ww, -weg, gemeldet.

Laut Mitteilung der Post (E-Mail vom ) war der Bf. vom bis ortsabwesend gemeldet.

MA 67-PA-GZ-MA

Beschwerde des Bf. vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Ort vom , mit welchem der Einspruch des Bf. vom gegen die Strafverfügung vom  gemäß § 49 Abs. 1 VStG wegen Verspätung zurückgewiesen wurde:

Sachverhalt:

Die Zustellung der Strafverfügung vom wurde von der MA 67 an den zu diesem Zeitpunkt aufrechten Hauptwohnsitz des Bf. in ww, -weg, mit Rückscheinbrief RSb veranlasst.

Nach einem am durchgeführten Zustellversuch wurde das Schriftstück bei der Post-Geschäftsstelle qqq hinterlegt und ab Dienstag, den , zur Abholung bereitgehalten.

Dem Bf. wurde die Strafverfügung nachweislich am Freitag, den ausgefolgt (Übernahmebestätigung RSb).

Mit dem ersten Tag der Abholfrist (Dienstag, ) begann die zweiwöchige Einspruchsfrist zu laufen und endete am Dienstag, den .

Der Einspruch des Bf. langte bei der MA 67 am Montag, den mit E-Mail ein und wurde daher verspätet erhoben.

Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben.

§ 17 Zustellgesetz normiert:

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) ...

Beweiswürdigung:

Nach der Aktenlage steht fest, dass die Strafverfügung vom nach einem am durchgeführten Zustellversuch an der Adresse ww, -weg, bei der Post-Geschäftsstelle qqq hinterlegt und ab zur Abholung bereitgehalten wurde.

Die zweiwöchige gesetzliche Einspruchsfrist begann mit dem Tag der Hinterlegung (Dienstag, den ) zu laufen und endete am Dienstag, den .

Die Strafverfügung wurde vom Bf. nachweislich am behoben (Rückscheinabschnitt RSb).

Der Einspruch wurde mit E-Mail vom eingebracht und war damit verspätet.

Rechtliche Würdigung:

Einspruchsfrist gemäß § 49 VStG

Ein Einspruch ist - wie den gesetzlichen Bestimmungen des § 49 VStG zu entnehmen ist,
innerhalb der gesetzlichen, nicht erstreckbaren Frist zu erheben (zB
88/10/0113, vgl. auch Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahren Rz 864).

Die Frist beginnt mit der (ordnungsgemäßen) Zustellung des Bescheids an den Empfänger zu laufen, dh, wenn ihm die Strafverfügung tatsächlich zugekommen ist ().

Die Rechtsfrage, ob eine Berufung rechtzeitig oder verspätet eingebracht wurde, ist auf
Grund von Tatsachen zu entscheiden, die die Behörde gemäß § 39 Abs. 2 AVG von Amts
wegen festzustellen hat (vgl. , 0059).

Die Verwaltungsstrafbehörde, die die Strafverfügung erlassen hat und bei der ein Einspruch verspätet einlangt, ist verpflichtet, diesen Einspruch mit Bescheid als unzulässig zurückzuweisen (Raschauer/Wessely, VStG2, § 49 VStG unter Verweis auf ; , , vgl. auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österr Verwaltungsverfahrens6, Anm. 11 zu § 49 VStG, vgl. weiters Thienel/ Zeleny, Verwaltungsverfahrensgesetze19, § 49 Anm 10; Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 49 Rz 3).

Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist "Sache" eines
Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit
der Zurückweisung (vgl. , 0003, ). Die Zurückweisung eines Einspruches ist eine Formalentscheidung, bei der auf ein inhaltliches Vorbringen nicht eingegangen werden kann.

Behauptung der Ortsabwesenheit

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl.
91/17/0047, , -0408,
, ,
2004/16/0197, s. auch Ritz, Kommentar zur BAO6, Zustellgesetz § 22 Tz 2) hat, wer eine unwirksame Zustellung behauptet - diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz im Zusammenhang mit einem vorhandenen Rückschein aufgestellte Vermutung der vorschriftsgemäßen Zustellung zu widerlegen geeignet sind (, , ).

Die bloße Behauptung der Ortsabwesenheit ohne konkrete Angabe über Zeitraum
und Grund der Abwesenheit (noch) reicht nicht aus, eine Unwirksamkeit der durch
Hinterlegung erfolgten Zustellung darzutun (vgl. ,
, ,
2004/04/0033, ZfVB 2005/748, , vgl. auch Ritz,
BAO Kommentar2, Rz 23 zu § 17 Zustellgesetz, vgl. dazu auch die bei Walter/Thienel,
Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), S. 1994 f, referierte Judikatur).

Als Beweismittel für eine Ortsabwesenheit kommen etwa Fahrausweise, Aufenthaltsbestätigungen, Bestätigungen eines Unterkunftgebers oder Zeugenaussagen in Betracht (; ).

Zur wirklichen An- oder Abwesenheit des Empfängers von der Abgabestelle, rechtzeitigen Kenntnis vom Zustellvorgang, angemessenen Zeit zur Einbringung eines Rechtsmittels:

Die Zulässigkeit der Hinterlegung in § 17 Abs. 1 Zustellgesetz wird nicht von der wirklichen An- oder Abwesenheit des Empfängers abhängig gemacht, sondern davon, ob der Zusteller "Grund zur Annahme" hatte, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält ().

Die Hinterlegung hat die rechtswirksame Zustellung der Sendung auch dann zur Folge, wenn der Empfänger zur Zeit der Hinterlegung von der Abgabestelle abwesend ist (, ).

Davon, ob und wann eine gemäß § 17 Abs 3 dritter Satz Zustellgesetz rechtswirksam hinterlegte Sendung vom Empfänger behoben wird und ob hiebei Hindernisse auftreten, wird die Rechtswirksamkeit der Zustellung nicht abhängig gemacht, sondern vielmehr können derartige Umstände allenfalls nur einen Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 71 Abs. 1  Z 1 AVG bilden ().

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz normierte Zustellwirkung der Hinterlegung nicht durch die Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (, , , , , Ra 2017/03/0053) und ihm kein für die Einbringung des Rechtsmittels angemessener Zeitraum verbleibt (, 0219, VwGH 24.22.2000, 2000/02/0027; ; ,
).

"Rechtzeitig" iSd § 17 Abs. 3 vierter Satz Zustellgesetz ist nach der Judikatur des VwGH dahingehend zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung steht, der ihm auch im Fall einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden ().

Es ist nicht erforderlich, dass dem Empfänger in den Fällen einer Zustellung durch Hinterlegung stets die volle Frist für die Erhebung eines allfälligen Rechtsmittels zur Verfügung steht (, .

Vorübergehende berufsbedingte regelmäßige Abwesenheiten von der Abgabestelle zu bestimmten Stunden oder an bestimmten Werktagen (zB im Fall von beruflichen "Pendlern" machen die Annahme einer Regelmäßigkeit der Anwesenheit an der Abgabestelle nicht unzulässig (). 

Im Fall der Behebung der Sendung zwei Tage nach der erfolgten Hinterlegung liegt kein Fall vor, wonach der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht "rechtzeitig" vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (, ).

Bei einer Behebung drei Tage nach der Hinterlegung (vgl. ) und bei einer Rückkehr innerhalb von vier Tagen nach dem Beginn der Abholfrist erblickt der VwGH noch keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist ().

Ob jemand vom Zustellvorgang "rechtzeitig" Kenntnis erlangt, ist nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen.

Zusammenfassend wird zur Verwaltungsübertretung betreffend MA 67-PA-GZ-MA Folgendes festgestellt:

Der Bf. konnte mit seinen Ausführungen, er sei an seiner früheren Wohnadresse in ww, -weg, postalisch (nachweislich) ortsabwesend gemeldet gewesen und er sei seit ca. einem Jahr dort auch überhaupt nicht mehr hauptgemeldet, sondern an seiner neuen Hauptwohnanschrift 1-, -gasse., die Unwirksamkeit der (Zustellung durch) Hinterlegung nicht herbeiführen, da ihm die Strafverfügung vom nachweislich am Freitag, den ausgefolgt wurde (Übernahmebestätigung RSb). 

Die Strafverfügung galt nach dem Vorgesagten gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt (, ).

Der Bf. hat die Übernahme der Strafverfügung am nicht bestritten.

Er hatte somit vom bis zum Ablauf der Einspruchsfrist gegen die Strafverfügung () fünf Tage zur Verfügung.

Das Bundesfinanzgericht erachtet bei einer zweiwöchigen Einspruchsfrist fünf Tage für die Erhebung eines Einspruches, der nicht begründungspflichtig ist, als ausreichend.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision
für die belangte Behörde nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer
Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das
Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht,
eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, weil sich die Rechtsfolge der Zurückweisung wegen erwiesener Verspätung bzw. die Frage der Rechtzeitigkeit der Erhebung eines Rechtsmittels aus dem Gesetz ergibt (§ 49 Abs. 1 VStG) und somit nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof durch die beschwerdeführende Partei
wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4
VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe
von bis zu 750 Euro und keine (primäre) Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
überdies im Erkenntnis eine Geldstrafe von nicht mehr als 400 Euro verhängt wurde.

Rechtsbelehrung und Hinweise

Beschwerdeführenden Parteien steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, 1-, Freyung 8, zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Personen mit geringem Einkommen und Vermögen können einen Antrag auf Gebührenbefreiung und/oder auf kostenlose Beigebung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwaltes stellen. Der Verfahrenshilfeantrag ist gebührenfrei und muss nicht von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Es muss aber die Rechtssache, für die Verfahrenshilfe begehrt wird, angegeben und bekannt gegeben werden, ob die beschwerdeführende Partei von der Entrichtung der Eingabengebühr befreit werden will und/oder ob ihm (ihr) eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt beigestellt werden soll. Ein Antrag auf Verfahrenshilfe ist gemäß § 50 Abs. 3 VwGVG nur nach einem Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG durch mindestens einen der hiezu Berechtigten zulässig. Ein Nachweis über einen rechtzeitigen Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG ist anzuschließen. Das Antragsformular samt Vermögensbekenntnis kann beim Verfassungsgerichtshof elektronisch, postalisch oder persönlich eingebracht werden. Das Formular für postalische oder persönliche Einbringung liegt in der Geschäftsstelle des Verfassungsgerichtshofes auf; es kann auch von der Website des Verfassungsgerichtshofes (www.vfgh.gv.at; im Bereich Kompetenzen und Verfahren / Verfahrenshilfe) heruntergeladen werden. Die Einbringung per E-Mail ist keine zulässige Form der elektronischen Einbringung. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.

Gemäß § 82 Abs. 3b VfGG in Verbindung mit § 30 Z 4 VwGVG besteht die Möglichkeit, auf die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Der Verzicht auf die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist bis zur Zustellung der Ausfertigung der Entscheidung dem Bundesfinanzgericht, danach dem Verfassungsgerichtshof schriftlich bekanntzugeben oder zu Protokoll zu erklären. Wurde der Verzicht auf die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht von einem berufsmäßigen Parteienvertreter oder im Beisein eines solchen abgegeben, so kann er binnen drei Tagen schriftlich oder zur Niederschrift widerrufen werden. Der Verzicht auf die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof hat zur Folge, dass das jeweilige Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht nur der belangten Behörde die (außerordentliche) Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen. Diese ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung beim Bundesfinanzgericht einzubringen.

Die für eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu entrichtende Eingabengebühr ergibt sich aus § 17a VfGG.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 49 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Verweise
VwGH, , 2012/10/0060
VwGH, , 2013/03/0055
VwGH, Ra 2016/16/0094
VwGH, Ra 2014/07/0002
VwGH, Ra 2015/03/0032
VwGH, Ra 2017/03/0052
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7500394.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at