Kraftfahrzeugsteuer: 1. Unterbrechung der Monatsfrist des § 82 Abs. 8 KFG 1967? 2. Gegenbeweis des § 82 Abs. 8 KFG 1967 erbracht?
Rechtssätze
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Folgerechtssätze | |
RV/7100996/2019-RS1 | wie RV/7102402/2013-RS4 Für Kfz-Steuerpflichtige gilt eine Bekanntgabeverpflichtung nur im Wege der Jahreserklärung (§ 6 Abs. 4 KfzStG 1992). Eine Festsetzung gem. § 201 BAO ist deshalb erst dann zulässig, wenn die Jahreserklärungsfrist (31. März des Folgejahres) ungenützt verstrichen ist. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch A, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt X vom ,
A) - betreffend
-- Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Juli bis Dezember 2013,
-- Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2014,
-- Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Juni 2018,
zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird, soweit sie sich gegen diese Bescheide richtet, gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Diese angefochtenen Bescheide und die Beschwerdevorentscheidung (letztere vom ), soweit sie jene angefochtenen Bescheide zum Gegenstand hat, werden aufgehoben.
B) - Betreffend
-- Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2015,
-- Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2016,
-- Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2017,
beschlossen:
Diese angefochtenen Bescheide und die Beschwerdevorentscheidung (letztere vom ), soweit sie jene angefochtenen Bescheide zum Gegenstand hat, werden gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis/diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
An den Beschwerdeführer (Bf.) ergingen am die im Spruch näher bezeichneten Bescheide betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für einen Pkw mit dem slowakischen Kennzeichen Y. Diese Bescheide weisen jeweils folgende Begründung auf:
„Die Festsetzung(en) war(en) erforderlich, weil die Selbstberechnung der Kraftfahrzeugsteuer unterblieb.“
Gegen jene Bescheide erhob die steuerliche Vertreterin des Bf. am Beschwerde, in der sie die ersatzlose Aufhebung derselben mangels ausreichender Begründung begehrte.
Als Begründung in den Bescheiden werde lediglich angeführt, dass die Festsetzung(en) erforderlich gewesen sei(en), weil die Selbstberechnung der Kraftfahrzeugsteuer unterblieben sei.
Gemäß § 93 Abs. 3 lit. a BAO seien Bescheide zu begründen, wenn diese von Amts wegen erlassen worden seien. Gemäß Ritz, BAO5, § 93 Tz 15, müsse die Begründung in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag finde, für die Partei nachvollziehbar sei.
Die oben genannte Begründung zeige keineswegs die Denkprozesse auf, die notwendig seien, um zu verstehen, warum ein Kraftfahrzeug, das im Eigentum einer slowakischen Firma stehe und als Dienstauto für dienstliche Fahrten im In- und auch Ausland verwendet werde, der österreichischen Kraftfahrzeugsteuer unterliegen solle.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und führte dazu folgendes aus:
Am habe eine Schwerpunktkontrolle der Finanzpolizei in ZZ stattgefunden, bei welcher es auch zur Kontrolle des Pkw mit dem slowakischen Kennzeichen Y gekommen sei. Der Bf. als Lenker habe angegeben, dass es sich bei diesem Kraftfahrzeug um ein Firmenfahrzeug handle. Zulassungsbesitzer des beschwerdegegenständlichen Pkw S sei die Firma B mit Sitz in SK. Das Fahrzeug werde seit der Erstzulassung am vom Bf. verwendet.
Eine Abfrage aus dem Zentralen Melderegister habe ergeben, dass der Bf. in ZZ, C-Gasse, seit Datum1 hauptwohnsitzgemeldet sei.
Dieser Sachverhalt sei aufgrund der Aktenlage wie folgt zu würdigen:
Nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 und des § 82 Abs. 8 KFG 1967 führte die belangte Behörde aus, mangels gegenteiligen Vorbringens sei davon auszugehen, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf. im Inland befinde, dieser das in Rede stehende Fahrzeug ab dem ins Inland gebracht und in diesem verwendet habe. Ein Gegenbeweis sei bis dato nicht erbracht worden, sodass davon auszugehen gewesen sei, dass das Fahrzeug seinen dauernden Standort im Inland gehabt habe.
Nach der Entscheidung (und folgend , ), setze die Beurteilung der Rechtsfrage, ob ein Fahrzeug seinen dauernden Standort entgegen der Vermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 nicht im Bundesgebiet habe, Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeugs voraus, aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte ergeben, ob das Fahrzeug bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung für Zwecke der Vollziehung des KFG 1967 einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebiets zugeordnet werden müsse oder nicht.
Der Abgabepflichtige habe nachzuweisen, dass die im Wesentlichen dauernde Verwendung des Fahrzeugs tatsächlich in einem bestimmten anderen Land erfolgt sei. Er müsse den Beweis erbringen, dass der dauernde Standort des Fahrzeugs nicht in Österreich sei. Er müsse auch den Ort benennen, der als dauernder Standort anzusehen wäre ().
Da nichts davon der Fall gewesen sei, greife die Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967.
Gemäß § 4 Z 3 KfzStG 1992 dauere die Steuerpflicht bei widerrechtlicher Verwendung (§ 1 Z 3 leg. cit.) eines Kraftfahrzeugs vom Beginn des Kalendermonats, in dem die Verwendung einsetze, bis zum Ablauf des Kalendermonats, in dem die Verwendung ende.
§ 6 Abs. 3 KfzStG 1992 regle, dass die Kraftfahrzeugsteuer jeweils für ein Kalendervierteljahr selbst zu berechnen und abzuführen sei. Aus § 6 Abs. 4 KfzStG 1992 ergebe sich eine Erklärungspflicht, nach der bis zum 31. März des Folgejahres eine Jahreserklärung abzugeben sei. Eine Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer iSd § 201 BAO könne somit nicht vor dem 1. April des Folgejahres der erstmaligen widerrechtlichen Verwendung erfolgen. Dies sei im beschwerdegegenständlichen Fall November 2012 gewesen und daher sei die erstmalige Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für Juli bis Dezember 2013 erfolgt.
Durch diese Begründung sei der Mangel der fehlenden Begründung des Erstbescheids saniert worden und daher sei wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden gewesen.
In ihrem Vorlageantrag vom führte die steuerliche Vertreterin zunächst aus, dass die angefochtenen Erstbescheide mangelhaft gewesen seien, da eine entsprechende Begründung gefehlt habe. Letztere sei mit Beschwerdevorentscheidung vom nachgereicht worden. Daher habe die Begründung des Bescheides zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde nicht vorgelegen.
In der Beschwerdevorentscheidung werde vorgehalten, dass der Abgabepflichtige den Beweis erbringen müsse, dass der dauernde Standort nicht in Österreich liege. Dieser Nachweis sei im Rahmen der Beschwerde nicht erbracht worden, da zwar eine Abgabe festgesetzt, aber keine Begründung erbracht worden sei, warum diese festgesetzt worden sei. Daher habe auch keine inhaltliche Antwort gegeben werden können.
Das gegenständliche Fahrzeug mit dem slowakischen Kennzeichen Y sei am in der Slowakei als Firmenauto der B angemeldet worden. Der Bf. sei slowakischer Staatsbürger, arbeite in der Slowakei und habe in Österreich einen Wohnsitz. Der Bf. sei Angestellter der B
Der dauernde Standort des Fahrzeugs befinde sich in der Slowakei. Es sei in der Slowakei zugelassen und diene grundsätzlich beruflichen Fahrten. Gemäß Bestätigung der Firma B vom sowie der Vorjahre, welche sich in der Anlage befinde, sei der Bf. als Arbeitnehmer verpflichtet, in Dienstbereitschaft zu sein. Er dürfe sich in Zeiten der Dienstbereitschaft auch außerhalb seines Arbeitsplatzes oder auch an seinem Wohnort aufhalten. Solange die Dienstbereitschaft gegeben sei, dürften Arbeitsmittel (Diensttelefon, Dienstnotebook und Dienstauto…) auch außerhalb des Arbeitsplatzes verwendet werden.
Das Fahrzeug befinde sich grundsätzlich in SK, jedoch sei es dem Bf. erlaubt, solange er gemäß Dienstvertrag zur Dienstbereitschaft verpflichtet sei, das Fahrzeug auch zu seinem Wohnort zu bringen, da im Rahmen der Dienstbereitschaft dieses zur Erbringung seiner Arbeitsleistung benötigt werde.
Im Zeitpunkt der Überlassung des Fahrzeugs habe sich der Bf. bei einem Kollegen informiert, ob in Österreich eine Abgabe zu entrichten sei. Von diesem habe er das beiliegende Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom erhalten. In diesem werde zum selben Sachverhalt festgehalten, dass gemäß § 82 Abs. 2 KFG 1967 eine gesetzliche Vermutung für den Standort in Österreich bestehe. Zur Entkräftung könne der Gegenbeweis erbracht werden, dass sich der Standort nicht in Österreich befinde. Dies sei bei ausländischen Dienstfahrzeugen der Fall, zumal das Fahrzeug im Auftrag des ausländischen Unternehmens in Österreich dienstlich verwendet werde.
Als Gegenbeweis gemäß Schreiben des Ministeriums genüge ein formloses Schreiben des ausländischen Unternehmens über die Anstellung des Lenkers und dass der Pkw für dienstliche Zwecke in Österreich genutzt werde.
Dies habe der Bf. auch im Rahmen der Bezug habenden Schwerpunktkontrolle befolgt und er habe den erhebenden Beamten mitgeteilt, dass es sich um ein Firmenfahrzeug handle. Was auch in der Beschwerdevorentscheidung unstrittig vom Finanzamt festgehalten werde.
Als der vom Ministerium geforderte Gegenbeweis finde sich in der Anlage ein Schreiben der B vom .
Beantragt werde daher, die angefochtenen Bescheide vom ersatzlos aufzuheben.
Der Beschwerde waren das oa. Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom (samt Anfrage vom ) sowie drei Bestätigungen der slowakischen B vom , und beigeschlossen. Diese Bestätigungen weisen jeweils folgenden Wortlaut auf:
„Wir bestätigen hiermit, dass Herr [Vor- und Nachname des Bf.] als Senior Konzultant in unserem Unternehmen angestellt ist und die Firmen Fahrzeuges zum dienstlichen Zweck in Österreich fährt.
SK, den […]“
Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Im Bezug habenden Vorlagebericht führte das Finanzamt aus, im Zuge einer Kontrolle der Finanzpolizei sei festgestellt worden, dass der Bf. mit Hauptwohnsitz im Inland ein Kfz mit ausländischem Kennzeichen im Inland verwende. Fraglich sei, ob die Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 für das Dienstfahrzeug entkräftet worden sei.
Es werde die Abweisung der Beschwerde beantragt, da das Kfz auch privat genutzt werden dürfe.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
- Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 unterliegen der Kraftfahrzeugsteuer Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung).
- Nach § 6 Abs. 4 KfzStG 1992 hat der Steuerschuldner für jedes abgelaufene Kalenderjahr bis zum 31. März des darauffolgenden Kalenderjahres dem Finanzamt eine Steuererklärung über die steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge abzugeben.
- Gemäß § 79 KFG 1967 ist das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet haben, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unbeschadet zollrechtlicher und gewerberechtlicher Vorschriften nur zulässig, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und wenn die Vorschriften der §§ 62, 82 und 86 leg. cit. eingehalten werden.
- § 82 Abs. 8 KFG 1967 in der Fassung des 2. AbgÄG 2002, BGBl. I Nr. 132/2002, lautet:
"(8) Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung."
§ 82 Abs. 8 KFG 1967 in der Fassung BGBl. I Nr. 26/2014 lautet:
„(8) Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug ein weiteres Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.“
A) Zu den Bescheiden betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Juli bis Dezember 2013, Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2014, Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Juni 2018:
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis , die Bestimmung des § 135 Abs. 27 KFG 1967, womit der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2014 geänderte § 82 Abs. 8 KFG 1967 rückwirkend mit in Kraft trete, aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist. Demzufolge ist die geänderte Bestimmung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung, dh. mit Ablauf des , in Kraft getreten. Im streitgegenständlichen Fall ist daher § 82 Abs. 8 KFG 1967 in der Fassung des 2. AbgÄG 2002 bis zum (weiterhin) anzuwenden (siehe dazu ).
Die Verwendung eines Kfz mit ausländischem Kennzeichen durch eine Person mit Sitz oder Hauptwohnsitz im Inland wird – auch ohne Erbringung eines Gegenbeweises – erst dann unzulässig, wenn die in § 82 Abs. 8 2. Satz KFG 1967 vorgesehene Frist von einem Monat überschritten wird (Haller, Normverbrauchsabgabegesetz (2017), § 1 Rz 120). Die Frage, ob die Monatsfrist überschritten wurde, unterliegt der freien Beweiswürdigung und es besteht keineBeweislastumkehr zu Lasten des Steuerpflichtigen, die Unterschreitung der Monatsfrist zu beweisen (Haller, § 1 Rz 120 FN 237), mit Judikaturverweisen) .
Da, wie bereits ausgeführt, der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis , die Bestimmung des § 135 Abs. 27 KFG 1967, womit der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2014 geänderte § 82 Abs. 8 KFG 1967 rückwirkend mit in Kraft trete, aufgehoben und ausgesprochen hat, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist, ist die geänderte Bestimmung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 erst mit Ablauf des in Kraft getreten.
Daher wird für Zeiträume bis einschließlich die Monatsfrist des § 82 Abs. 8 KFG 1967 gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () durch jeden Grenzübertritt unterbrochen (Haller, § 1 Rz 123). Mit seinen Erkenntnissen , und (ergangen zur Kfz-Steuer) hat der Verwaltungsgerichtshof bestätigt, dass die Monatsfrist des § 82 Abs. 8 KFG 1967 im Anwendungsbereich der bis geltenden Rechtslage mit jedem Grenzübertritt neu zu laufen beginnt (Haller, § 1 Rz 123).
Indem die belangte Behörde dies im vorliegenden Fall offensichtlich verkannt hat, hat sie keine Feststellungen darüber getroffen, ob der Bf. die in § 82 Abs. 8 2. Satz KFG 1967 vorgesehene Frist von einem Monat überschritten hat; dass das jedenfalls auch für Dienstfahrten zum ausländischen Arbeitsort verwendete, streitgegenständliche Dienstfahrzeug mehr als einen Monat lang das Inland nicht verlassen hätte, hat die belangte Behörde nicht einmal behauptet.
Damit hat aber die belangte Behörde die angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerfestsetzungsbescheide für die Monate Juli bis Dezember 2013 sowie Jänner bis Dezember 2014 mit Rechtswidrigkeit belastet (es besteht, wie bereits ausgeführt, keineBeweislastumkehr zu Lasten des Steuerpflichtigen, die Unterschreitung der Monatsfrist zu beweisen), sodass diese aufzuheben sind (einheitliche Aufhebung als inhaltlich rechtswidrig, s ; ). Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob dem Bf. der in § 82 Abs. 8 KFG 1967 genannte Gegenbeweis gelungen ist (vgl. dazu nochmals ; ).
Zum angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerfestsetzungsbescheid für die Monate Jänner bis Juni 2018 gilt folgendes:
Voraussetzung für eine Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer nach § 201 BAO ist, dass der Abgabepflichtige gesetzlich verpflichtet ist, dem Finanzamt den selbst berechneten Betrag im Wege einer Steuererklärung bekannt zu geben.
§ 6 Abs. 3 KfzStG 1992 regelt, dass die Kraftfahrzeugsteuer jeweils für ein Kalendervierteljahr selbst zu berechnen und abzuführen ist. Aus § 6 Abs. 4 KfzStG 1992 ergibt sich eine Erklärungspflicht, nach der bis zum 31. März des Folgejahres eine Jahreserklärung abzugeben ist. Eine Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer iSd § 201 BAO kann somit nicht vor dem 1. April des Folgejahres erfolgen.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Bescheid betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Juni 2018 frühestens erlassen hätte werden dürfen, wenn bis zum keine Erklärung eingereicht worden wäre (sohin ab ). Da der besagte Bescheid bereits davor, nämlich am , ergangen ist, war dieser aus jenem Grund aufzuheben (vgl. , und ; ).
B) Zu den Bescheiden betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2015, Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2016, Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2017:
Gemäß § 278 Abs. 1 BAO kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können.
Erwägungen:
Liegt, wie im gegenständlichen Fall, eine Verwendung eines Fahrzeugs mit ausländischem Kennzeichen durch eine Person mit inländischem Hauptwohnsitz vor, so vermutet § 82 Abs. 8 KFG 1967 einen dauernden Standort des Fahrzeugs im Inland, außer es wird ein Gegenbeweis erbracht. Wie der Gegenbeweis zu erbringen ist, wird im KFG 1967 nicht geregelt. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs setzt die Beurteilung, ob ein Fahrzeug entgegen der Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 seinen dauernden Standort nicht in Österreich hat, „Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeuges voraus, aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte ergeben, ob das Fahrzeug bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes zugeordnet werden muss oder nicht“ (Haller, § 1 Rz 127, mit Judikaturnachweisen). Die Beweislast für die Erbringung des Gegenbeweises trifft den Verwender des Fahrzeugs (Haller, § 1 Rz 128).
Zur Erbringung dieses Gegenbeweises hat die steuerliche Vertreterin des Bf. im Wesentlichen drei Bestätigungen der slowakischen B vom , und vorgelegt, wonach der bei diesem ausländischen Unternehmen angestellte Bf. „…die Firmen Fahrzeuges zum dienstlichen Zweck in Österreich fährt“ (siehe dazu bereits oben in der Darstellung des Verfahrensgangs).
Die belangte Behörde hat diesen Gegenbeweis mit der Begründung, das gegenständliche Dienstfahrzeug dürfe auch privat genutzt werden, nicht anerkannt und demzufolge die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Dazu ist aus Sicht des Bundesfinanzgerichts festzuhalten, dass auch aus ho. Sicht Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der oa. drei Bestätigungen der slowakischen B bestehen, wird doch in dem „Kontrollblatt zum Schwerpunkteinsatz NOVA - KR am 23. und “ (S 20 BFG-Akt) ausgeführt, dass der Bf. in Österreich kein Kfz zugelassen habe bzw. für kein Kfz Normverbrauchsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer bezahle (auch in der Familie werde kein solches Kfz benutzt); auch werde das gegenständliche Dienstfahrzeug vom Bf. seit der Erstzulassung „in Österreich verwendet“ (wobei freilich offen bleibt, ob damit nur dienstliche Fahrten zum ausländischen Arbeitsplatz oder auch private Fahrten gemeint sind).
Umfassendere, fundierte Feststellungen (dazu gleich unten), ob das gegenständliche Dienstfahrzeug vom Bf. auch privat genutzt werden darf und auch tatsächlich in Österreich privat genutzt wird (und, wenn ja, in welchem Umfang), hat die belangte Behörde aber nicht getroffen, weshalb die Sache nicht entscheidungsreif ist.
Im fortgesetzten Verfahren wird die Abgabenbehörde daher va. folgendes zu ermitteln haben (s dazu Haller, § 1 Rz 137 ff („c) Gegenbeweis bei Fahrzeugen juristischer Personen (Unternehmungen)“):
- Ist dem Bf. eine Privatnutzung des gegenständlichen Dienstfahrzeugs seitens des slowakischen Arbeitgebers gestattet (durch Verträge, Vereinbarungen etc.)? Besteht somit für den Bf. die Möglichkeit der Privatnutzung und, wenn ja, in welchem Umfang? Inwieweit kann der Bf. über das Fahrzeug frei verfügen?
- Erfolgt tatsächlich eine Privatnutzung durch den Bf. in Österreich und, wenn ja, in welchem Ausmaß? Wieviel Prozent der Gesamtkilometerleistung macht die Privatnutzung aus? Gibt es dazu ein korrektes und vollständiges Fahrtenbuch (vgl. Haller, § 1 Rz 129)?
- Wie ist das tatsächliche Verhältnis zwischen betrieblicher Verwendung durch die juristische Person und Privatnutzung durch den Lenker?
- Wie erklärt sich der Bf., dass er gemäß den oa. drei Bestätigungen der slowakischen B das gegenständliche Dienstfahrzeug (nur) „ zum dienstlichen Zweck in Österreich fährt“, andererseits aber auf den Bf. in Österreich kein Kfz zugelassen ist und auch in dessen Familie kein Kfz benutzt wird, für das Normverbrauchsabgabe und Kraftfahrzeugsteuer bezahlt wird? Benötigt die Ehegattin/Lebensgefährtin des Bf. ein Kfz (etwa für Fahrten zu ihrem Arbeitsplatz, für Einkäufe, für das Zur-Schule-Bringen der Kinder etc.) und, wenn ja, welches Kfz benutzt sie dann?
- Befindet sich das gegenständliche Dienstfahrzeug zeitlich überwiegend in Österreich oder in der Slowakei?
- Wer trägt die Kosten von Service, Garagierung und Reparaturen und wo werden diese durchgeführt?
Aus diesen Ausführungen folgt, dass die Sache nicht entscheidungsreif ist. Der für die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht wesentliche Sachverhalt wurde nicht ausreichend erhoben und wesentliche Ermittlungen wurden unterlassen. Würde das Bundesfinanzgericht im beschwerdegegenständlichen Fall die fehlenden Ermittlungen erstmals durchführen, würde dies zu einer nicht unbeträchtlichen Verfahrensverzögerung führen, weil alle Ermittlungsergebnisse immer der jeweils anderen Verfahrenspartei zur Stellungnahme bzw. Gegenäußerung unter Beachtung des Parteiengehörs iSd § 115 Abs. 2 BAO zur Kenntnis gebracht werden müssen.
Da von der Abgabenbehörde notwendige Ermittlungen unterlassen wurden, bei deren Durchführung andere Bescheide hätten erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können, hat das Bundesfinanzgericht im Rahmen seines Ermessens beschlossen, die angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerfestsetzungsbescheide für die Monate Jänner bis Dezember 2015, Jänner bis Dezember 2016 und Jänner bis Dezember 2017 sowie die Beschwerdevorentscheidung (letztere vom ), soweit sie diese angefochtenen Bescheide zum Gegenstand hat, aufzuheben und die Sache zur Durchführung von weiteren Ermittlungen an die Abgabenbehörde zurückzuverweisen.
Begründung der Ermessensentscheidung:
Die Aufhebung nach § 278 Abs. 1 BAO stellt eine Ermessensentscheidung dar, welche nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit zu treffen ist (§ 20 BAO). Zweckmäßig ist die Zurückverweisung im gegenständlichen Fall deshalb, weil zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes noch wesentliche Ermittlungen notwendig sind, welche von der belangten Abgabenbehörde rascher und wirtschaftlicher erledigt werden können als vom Bundesfinanzgericht.
Billig ist die Zurückverweisung, weil es dem Bf. nicht zumutbar ist, die Entscheidung über die Beschwerde durch das deutlich aufwendigere Ermittlungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht zu verzögern. Auch dem Umstand, dass durch eine wesentliche Verfahrensverlagerung zum Bundesfinanzgericht der Rechtsschutz und die Kontrollmechanismen eingeschränkt werden, kommt im Rahmen der Billigkeitserwägungen Bedeutung zu.
Unzulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis/einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis/der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zu oa. Punkt A): Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung (; ; ) ausreichend geklärt bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz. Die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision war deshalb zu versagen.
Zu oa. Punkt B): Im Fall der Zurückverweisung an die Abgabenbehörde ist nur zu prüfen, ob das Ermessen des § 278 Abs. 1 BAO richtig geübt worden ist. Dabei handelt es sich jedoch um die Beurteilung der Plausibilität der Begründung und somit um eine Sach- und keine Rechtsfrage. Diese Frage ist einer ordentlichen Revision nicht zugänglich.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992 § 79 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967 § 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967 § 6 Abs. 4 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992 § 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | Haller, Normverbrauchsabgabegesetz (2017), § 1 Rz 120, 123, 127 bis 129, 137 ff |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100996.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at