Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.05.2019, RV/7101072/2019

Säumniszuschlag; grobes Verschulden

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., AdresseBf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Säumniszuschlag zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde von der Einkommensteuer 2016 in Höhe von € 25.371,32 gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO einen ersten Säumniszuschlag mit 2 %, das sind € 507,43 fest, weil die Abgabenschuldigkeit nicht bis entrichtet wurde.

Mit Beschwerde vom   gegen den Bescheid vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) den ersten Säumniszuschlag über €  507,43 kulanterweise ersatzlos zu streichen, da sie aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung und in Folge zahlreicher Spitalsaufenthalte (, 25.-, und ) sowie zahlreicher Arztbesuche (in der Zeit vom 4.9.- insgesamt 14 mal) den Antrag auf Zahlungserleichterung erst am gestellt habe, der auch bewilligt worden sei. Die erste Rate in Höhe von € 7.713,16 habe sie bereits einbezahlt und wie ihrem FA-Konto zu entnehmen sei, wurden die jeweiligen fälligen Beträge immer fristgerecht zur Einzahlung gebracht.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag vom betreffend Stornierung eines ersten Säumniszuschlages mit der Begründung abgewiesen, dass das am elektronisch eingebrachte Zahlungserleichterungsansuchen als verspätet eingebracht anzusehen sei, die Vorschreibung von Säumniszuschlägen eine objektive Säumnisfolge sei und die Verwirkung eines Säumniszuschlages kein Verschulden des Abgabepflichtigen voraussetze. Daher seien auch die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt hätten, grundsätzlich unbeachtlich.

Mit Eingabe vom erhob die Bf. gegen den Bescheid vom Beschwerde und führte begründend aus, dass der Grund für die entstandene Säumnis nicht in einem leichtfertigen oder gar fahrlässigen Umgang bei der Begleichung der Abgabenschuld gelegen, sondern durch zahlreiche nachweisbare Spitalsaufenthalte und Arztbesuche bedingt entstanden und somit auch nicht abwendbar gewesen sei.

Sofort nach Bemerken dieses Versäumnisses - leider um 2 Werktage zu spät - sei am ein Antrag auf Zahlungserleichterung gemäß § 212 BAO gestellt worden, der auch mit Bescheid vom bewilligt worden sei. Die angeführte Gründe sowie die Vornahme der Zahlung der ersten und zweiten Rate, sowie sämtlicher laufenden Abgaben würden die Absicht ganz deutlich zeigen, der Verpflichtung zur Begleichung der Abgabenschuldigkeiten stets fristgerecht nachkommen zu wollen. Es werde daher höflich ersucht, unter Berufung auf die Nachsicht des Finanzamtes, hier nicht die Härte des Gesetzes walten zu lassen, da bisher immer allen Verpflichtungen fristgerecht nachgekommen worden sei. Weiters werde der Antrag auf Rücknahme des bereits vorgeschriebenen Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO des berufungsgegenständlichen Bescheides über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages in Höhe von € 507,43 und Neufestsetzung mit € 0,00 gestellt. Für den Fall, dass dem Antrag auf Rücknahme des oben genannten ersten Säumniszuschlages nicht stattgegeben werde, werde zusätzlich beantragt, den ersten Säumniszuschlag iHv € 507,43 im Wege der Nachsicht gemäß § 236 BAO abzuschreiben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO seien auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden treffe.

Zum Einwand, es liege kein grobes Verschulden vor, sei festzuhalten, dass der in der Norm des § 217 Abs. 7 BAO verwendete Begriff der "Säumnis" nur eine verspätete Tilgung umfasse, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art, wie verspätete bzw. nicht eingebrachte Zahlungserleichterungsansuchen. Dazu sei auf den Grundtatbestand bei Verhängung von Säumniszuschlägen gemäß § 217 Abs. 1 BAO zu verweisen, der von der Nichtentrichtung zum Fälligkeitszeitpunkt ausgehe. Da Begünstigungsbestimmungen eng auszulegen seien, sei davon auszugehen, dass sich die Sonderbestimmung des § 217 Abs. 7 BAO nur auf den Grundtatbestand und somit auf die Nichtentrichtung von Abgaben beziehen könne. Ob den Antragsteller an der verspäteten Stellung eines Zahlungserleichterungsansuchens ein grobes Verschulden treffe, falle somit nicht unter den Anwendungsbereich des § 217 Abs. 7 BAO.

Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Wie in ihrer eingebrachten Beschwerde vom bereits erläutert, seien laut § 217 Abs. 7 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden treffe. Da eine Krankheit und in Folge davon diverse Arztbesuche bzw. ein Spitalsaufenthalt sicher nicht als grobes Verschulden - da in der Regel und auch in ihrem Fall nicht abwendbar - zu werten seien, sehe sie hier sehr wohl eine begründete Anwendung der Begünstigungsbestimmung des § 217 Abs. 7 BAO. Da es sich bei dem um 2 Werktage zu spät eingebrachten Zahlungserleichterungsansuchen um eine Ausnahme eines Fristversäumnisses handle und immer alle Fälligkeiten fristgerecht eingehalten worden seien, werde beantragt, den ersten Säumniszuschlag iHv € 507,43 vom ersatzlos aufzuheben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO  beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 4 lit. b BAO sind Säumniszuschläge für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO  sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs. 1) vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz eingebracht, so dürfen gemäß § 230 Abs. 3 BAO  Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden; dies gilt nicht, wenn es sich bei der Zahlungsfrist um eine Nachfrist gemäß § 212 Abs. 3 erster oder zweiter Satz handelt.

Laut Aktenlage wurde mit Bescheid vom ein Säumniszuschlag iHv € 507,43 festgesetzt, da die Einkommensteuer 2016 iHv € 25.371,32 nicht bis zum Fälligkeitstag am  entrichtet wurde.

Der am eingebrachte Antrag auf Gewährung der Zahlungserleichterung wurde somit nach dem Fälligkeitstag und daher verspätet eingebracht, sodass er den Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht verhindern konnte.

Gegenständlich liegt keine ausnahmsweise Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO vor, weil der Begriff der Säumnis iSd § 217 Abs. 5 BAO nur die verspätete Tilgung, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art wie zB die verspätete Einreichung von Abgabenerklärungen oder verspätete Zahlungserleichterungsansuchen (,; RAE, Rz 957; Fischerlehner, Abgabenverfahren2, 217 Anm 10) umfasst.

Wie das Finanzamt zutreffend ausführt, ist der Säumniszuschlag eine objektive Säumnisfolge und ein Druckmittel zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht (), wobei die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, grundsätzlich unbeachtlich sind. Der Säumniszuschlag setzt eine formelle Abgabenzahlungsschuld voraus, ein Verschulden für die Verwirkung des Säumniszuschlages ist nicht vorausgesetzt ().

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Anträge gemäß § 217 Abs. 7 BAO können auch in einer Beschwerde gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden ().  Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines solchen kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an (vgl. ). Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. (vgl. ).

Die Regelung des § 217 Abs. 7 BAO normiert einen Begünstigungstatbestand. Ein Verfahren, das auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichtet ist, wird vom Antragsprinzip beherrscht. Dies bedeutet, dass der Grundsatz der Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt (vgl. ; ; ). Dieser hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen all jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Aus dieser erhöhten Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers folgt, dass es seine Sache ist, ein fehlendes grobes Verschulden an der Säumnis aufzuzeigen (zur erhöhten Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers  siehe zB Fischerlehner, ecolex 2004, 411).

Die Bf. hat ihr Begehren auf Nichtfestsetzung desSäumniszuschlagesdarauf gestützt, dass sie aufgrund zahlreicher Spitalsaufenthalte (, 25.-, und ) und Arztbesuche (in der Zeit vom 4.9.- insgesamt 14 mal) den Antrag auf Zahlungserleichterung erst am gestellt habe und ihr daher an der nicht rechtzeitigen Entrichtung der gegenständlichen Abgabe kein grobes Verschulden treffe. Im vorliegenden Fall hätte die Bf. aus eigenem Antrieb konkret und nachvollziehbar darzutun und glaubhaft zu machen gehabt, dass ihr an der verspäteten Entrichtung der Einkommensteuer 2016 kein grobes Verschulden trifft. Dies hat die Bf. nicht ausreichend getan. Sie hat nicht dargelegt, wie lange sie krank war, wie schwer ihre Krankheit war, welche Vorsorge sie grundsätzlich für einen Krankheitsfall getroffen hat bzw. ob eine dritte Person die Einzahlung für sie hätte übernehmen können. Von der Zustellung des Einkommensteuerbescheides bis zur Fälligkeit der Einkommensteuer ist mehr als ein Monat vergangen. Berücksichtigt man die angeführten Spitalaufenthaltstage sowie Arztbesuche im Zeitraum von einem Monat vor dem Fälligkeitstag bis zum Tag der Fälligkeit der Einkommensteuer 2016 am , so verbleiben ca. 14 Tage, davon mindestens 6 Arbeitstage, an denen die Bf. Zeit zur Einbringung eines Zahlungserleichterungsansuchens hatte. Es wäre an der Bf. gelegen nachvollziehbar darzulegen, dass innerhalb dieser Zeitspanne die Einbringung eines Zahlungserleichterungsansuchens nicht möglich war, ohne dass sie die ihr zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat.

Zudem schließt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes eine Krankheit ein grobes Verschulden an der Säumnis erst dann aus, wenn dem Erkrankten wegen seines Zustandes nicht zugemutet werden kann, fällige Abgaben entweder selbst zu entrichten oder durch einen Dritten entrichten zu lassen. Es besteht zwar kein Grund, an einer Krankheit bzw. den Arztbesuchen und den Spitalsaufenthalten der Bf. zu zweifeln. Damit allein wurde jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass die Krankheit der Bf. von solcher Art und Schwere war, dass sie nicht einmal einen Dritten mit der Abgabenentrichtung bzw. der Einbringung eines Zahlungserleichterungsansuchen hätte betrauen können.

Insgesamt gesehen lagen somit die Voraussetzungen für eine Nichtfestsetzung des beschwerdegegenständlichen Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO nicht vor, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101072.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at