Vitaminpräparate sind auch bei einem Profifußballer keine Werbungskosten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch Vertreterin, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Linz vom , betreffend Einkommensteuer 2009, 2010 und 2012 (Arbeitnehmerveranlagung) , St.Nr. 46 000/0000, zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz als Bf. bezeichnet) war in den beschwerdegegenständlichen Jahren als Berufsfußballer tätig. Aus dieser Tätigkeit bezog er in den Jahren 2009, 2010 und 2012 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Am übermittelte der Bf. dem Finanzamt Linz elektronisch über Finanz-Online Erklärungen zu den Arbeitnehmerveranlagungen für die Jahre 2009, 2010 und 2012. Für die Jahre 2009 und 2010 beantragte er sonstige Werbungskosten jeweils in Höhe von 905,88 Euro. Für das Jahr 2012 beantragte er sonstige Werbungskosten in Höhe von 6.195 Euro.
Mit Vorhalt des Finanzamtes vom wurde der Bf. u.a. aufgefordert, die geltend gemachten Werbungkosten mit den entsprechenden Belegen und Unterlagen vorzulegen, sowie die vom Arbeitgeber oder sonstigen Einrichtungen erhaltenen Ersätze bekannt zu geben. Um den beruflichen Zusammenhang der Aufwendungen erkennen zu können, wurde er ersucht, den Tätigkeitsbereich laut Arbeitsvertrag bekannt zu geben.
Mit Vorhaltsbeantwortung vom legte der Bf. 10 Rechnungen der Firma J betreffend Vitaminkapseln sowie 6 Rechnungen der Fa. B über sportliche Betreuung vor.
Im Einkommensteuerbescheid für 2009 vom stellte das Finanzamt die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 13.291,20 € fest. Werbungskosten wurden nur in Höhe des Pauschbetrages von 132 € anerkannt.
In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt:
„§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 bestimmt, dass Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Aus dieser Norm ergibt sich das so genannte Aufteilungsverbot, welches darin besteht, dass Aufwendungen mit einer privaten und betrieblichen Veranlassung nicht abzugsfähig sind (vgl. ). Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Bei den beantragten Präparaten handelt es sich ausschließlich um solche, die allgemein für die gesündere Ernährung, Steigerung der Lebensqualität aller und nicht für eine bestimmte Berufsgruppe bestimmt sind. Diese Aufwendungen unterliegen daher dem Aufteilungsverbot und stellen keine Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG 1988 dar. Die beantragten Aufwendungen für die Vitaminkapseln konnten daher keine Anerkennung finden.“
Im Einkommensteuerbescheid für 2010 vom stellte das Finanzamt die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 23.841,64 € fest. Werbungskosten wurden nur in Höhe des Pauschbetrages von 132 € anerkannt.
In der Bescheidbegründung wurden im Wesentlichen die Ausführungen im Einkommensteuerbescheid für 2009 wiederholt.
Im Einkommensteuerbescheid für 2012 vom stellte das Finanzamt die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 15.498,07 € fest. Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, wurden in Höhe von 5.710,98 anerkannt ( Rechnungen der Fa. B über sportliche Betreuung).
In der Bescheidbegründung wurden im Wesentlichen die Ausführungen im Einkommen steuer bescheid für 2009 wiederholt.
Gegen diese Einkommensteuer bescheide für die Jahre 2009, 2010 und 2012 vom erhob der Bf. durch seine Vertreterin fristgerecht Beschwerden und beantragte die Anerkennung der Aufwendungen für die Vitaminkapseln als Werbungskosten.
In den Begründungen zu den einzelnen Beschwerden führte die Vertreterin inhaltsgleich aus:
„Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Die vom Bf. beantragten Werbungskosten für die Vitaminkapseln J sind grundsätzlich als beruflich veranlasst anzusehen. Es handelt sich um Aufwendungen, die getätigt wurden, um die körperliche Leistungs fähigkeit zu fördern bzw. zu erhöhen. Die Einnahme von diesen Vitaminkapseln ist bei einem Profifußballer als beruflich veranlasst anzusehen. Dem Bf. ist für die Anschaffung der Präparate berufsbedingt ein finanzieller Aufwand erwachsen, der über jenem liegt, der für die private Lebensführung als üblich bezeichnet werden kann.“
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009, 2010 und 2012 als unbegründet ab.
In den jeweils gesondert zugestellten wortgleichen Bescheidbegründungen wurde dem Beschwerdevorbringen entgegnet:
Nach hieramts durchgeführten Internetrecherchen auf der Homepage J.com handelt es sich bei dem Produkt J um reine Vitaminkapseln. „Diese werden hergestellt aus sonnengereiften Obst und Gemüse direkt vom Feld. Alles, was in J+ steckt, wird voll reif geerntet. Mit eigens entwickelten Entsaftungs- und Trocknungsverfahren werden Wasser und nicht verwertbare Bestandteile entfernt und Pflanzenstoffe schonend konzentriert. Damit bleibt der größtmögliche Anteil an Nährstoffen in ihrer natürlichen Umgebung erhalten. Die Zutaten sind nur das Beste aus 27 Sorten Obst, Gemüse und Beeren und stecken in den drei J+ Kapseln. So ist man mit sekundären Pflanzenstoffen, Vitaminen und Mineralien optimal ausgestattet, um jeden Tag erfolgreich zu meistern und sich insgesamt wohl in seiner Haut zu fühlen.“
Es wird nicht in Abrede gestellt, dass die erworbenen Vitaminkapseln für die berufliche Tätig keit von Nutzen sind. Dem ist entgegen zu halten, dass laut Recherchen im Internet im Fußballsport die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln weit verbreitet ist, unabhängig davon, dass die meisten Produkte ein schlüssiger und ausreichender Wirkungsnachweis fehlt. Sinn machen diese Produkte unter ernährungsphysiologischen Gesichtspunkten nur, wenn der Fußballspieler auf Grund einer extremen körperlichen Belastung nicht in der Lage ist, seinen spezifischen Nährstoffbedarf über die normale Nahrung aufzunehmen. Dies ist jedoch nur selten der Fall.
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 bestimmt, dass Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebens führung bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Aus dieser Norm ergibt sich das so genannte Aufteilungsverbot, welches darin besteht, dass Aufwendungen mit einer privaten und betrieblichen Veranlassung nicht abzugsfähig sind (vgl. ).
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat z.B. zur Frage, ob und in welcher Höhe Ausgaben für ein Training in einem Fitnessstudio als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, im Erkenntnis vom , 94/13/0001, die Auffassung vertreten, dass Aufwendungen zur Aufrechterhaltung der normalen Körperfunktionen, wozu auch Kraft und Beweglichkeit zählen, grundsätzlich der im § 20 Abs. 1 Z. litt a EStG 1988 steuerlich nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung zuzurechnen sein.
Bei den beantragten, nicht ärztlich verordneten Vitaminpräparaten handelt es sich aus schließlich um solche, die allgemein für die gesündere Ernährung, Steigerung der Lebensqualität aller und nicht für eine bestimmte Berufsgruppe bestimmt sind. Diese Auf wendungen unterliegen daher dem Aufteilungsverbot und stellen keine Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG dar.
Mit Eingabe vom beantragte der Bf. durch seine Vertreterin die Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht.
Zur Begründung führte die Vertreterin jeweils aus, dass es sich bei den Präparaten um solche handle, welche die Leistungsfähigkeit erhöhten und somit im Zusammenhang mit der Einkommenserzielung des Bf. als Profifußballer ständen. Sie seien eindeutig als beruflich veranlasst anzusehen. Durch die Anschaffung dieser Präparate sei eindeutig ein finanzieller Aufwand entstanden, der über jenem liege, der der privaten Lebensführung als üblicher weise zuzurechnen wäre.
Mit einem weiteren Vorhalt des Finanzamtes vom wurden dem Bf. Auszüge der Internetseite plus-vitamin vorgehalten und der Bf. wurde aufgefordert, zu den dargelegten Ausführungen Stellung zu nehmen.
Am ersuchte die Vertreterin des Bf. um Fristverlängerung zur Vorhaltsbeantwortung an. Diesem Ansuchen wurde bis stattgegeben. Eine Vorhaltsbeantwortung erfolgte jedoch nicht mehr.
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt Linz die Beschwerde dem Bundesfinanz gericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Beweiswürdigung
Die Beweiswürdigung erfolgte aufgrund des Vorbringens des Bf. sowie der vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Akten. Insbesondere gewürdigt wurden auch die von der Abgabenbehörde ausgedruckten und dem Bf. vorgehaltenen Seiten aus dem Internet.
Rechtslage
Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988) sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Aus § 20 Abs. 1 Z. 2 lit a EStG ergibt sich nach der Rechtsprechung ein allgemeines Aufteilungsverbot. Gemischte Aufwendungen, d.h. Aufwendungen mit einer privaten und einer beruflichen bzw. betrieblichen Veranlassung sind nicht abzugsfähig (). Dies gilt auch für typischerweise der Lebensführung dienende Wirtschaftsgüter, wenn sie gemischt genutzt werden, d.h. eine private Mitveranlassung besteht (). Soweit sich Aufwendungen nicht einwandfrei () trennen lassen, ist der gesamte Betrag nicht abzugsfähig (s. Jakom, Kommentar zum Einkommensteuergesetz).
Die Regelungen des § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit.a EStG 1988 erfassen zunächst insbesondere Ernährung, bürgerliche Kleidung, Wohnung und Gegenstände des höchstpersönlichen Bedarfs (Brille, Prothese, etc.). Derartige Aufwendungen sind von vornherein vom Abzug als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten ausgeschlossen. Damit korrespondiert die tarifliche Steuerfreistellung des pauschalen Existenzminimums durch § 33 Abs. 1 EStG 1988 (vgl. ).
Erwägungen
Im beschwerdegegenständlichen Fall ist strittig, ob die vom Bf. in der Jahren 2009, 2010 und 2012 getätigten Aufwendungen für Vitaminkapseln der Firma J als Werbungskosten bei den Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sind.
Die Vertreterin des Bf. verweist darauf, dass die strittigen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Einkommenserzielung des Bf. als Profifußballer stehen und deshalb als beruflich veranlasst anzusehen seien. Durch die Anschaffung dieser Präparate sei eindeutig ein finanzieller Aufwand entstanden, der über jenem liege, der der privaten Lebensführung üblicherweise zuzurechnen wäre.
Diesem Vorbringen der Vertreterin steht das Aufteilungsverbot des § 20 Abs.1 Z. 2 lit.a EStG und die zu dieser Bestimmung ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen.
Nach der oben dargestellten Rechtslage kommt es eben nicht darauf an, ob die strittigen Aufwendungen für Vitaminkapseln im Zusammenhang mit der Einkommenserzielung des Bf. als Profifußballer stehen, sondern es kommt darauf an, ob auch Nicht-Profifußballer bzw. Nicht-Sportler diese Aufwendungen für Vitaminkapseln für private Zwecke tätigen. In diesem Fall handelt es sich um typische gemischte Aufwendungen, bei denen sich eine private und eine berufliche bzw. betriebliche Veranlassung nicht einwandfrei trennen lassen.
Aus den von der Abgabenbehörde ausgedruckten und dem Bf. vorgehaltenen Internet-Seiten (s. dazu auch die oben zitierte Bescheidbegründung zu den Beschwerdevorentscheidungen) richtet sich die Verkaufsstrategie für die strittigen Vitaminkapseln an einen allgemeinen gesundheitsbewusten Adressatenkreis und nicht speziell an Berufs-Sportler. Es handelt sich demnach um typische gemischte Aufwendungen, bei denen sich eine private und eine berufliche bzw. betriebliche Veranlassung nicht einwandfrei trennen lassen. Damit ist der gesamte Betrag nicht abzugsfähig.
Aus den angeführten Gründen waren die Beschwerden daher als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Recht sprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt (s. Ausführungen zur Rechtslage) und es liegen auch sonst keine der genannten Revisionsgründe vor. Es war deshalb zu entscheiden, dass eine Revision nicht zulässig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100811.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at