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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.05.2019, RV/7200060/2016

Wertgrenzen für die Gewährung der Eingangsabgabenbefreiung für "Waren mit geringem Wert"

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Wien vom , CRN zzz, betreffend Einfuhrumsatzsteuer zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Zollanmeldung CRN zzz vom beantragte die Österreichische Post AG beim Zollamt Wien die Überführung einer Briefsendung in den zollrechtlich freien Verkehr. Laut den Angaben im Feld 33 dieser Zollanmeldung handelt es sich bei der zur Zollabfertigung gestellten Ware um ein Erzeugnis der Warennummer 8517620090, das sind Geräte zum Empfangen, Konvertieren und Senden oder Regenerieren von Tönen, Bildern oder anderen Daten, einschließlich Geräte für die Vermittlung (switching) und Wegewahl (routing). Im zweiten Unterfeld des Feldes 37 der Zollanmeldung wird durch die Eintragung des Codes 307 zum Ausdruck gebracht, dass es sich um „Waren mit geringem Wert“ iSd Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 des Rates vom über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (Zollbefreiungs-VO) handelt.

Im Feld 8 dieser Zollanmeldung scheint als Warenempfänger der nunmehrige Beschwerdeführer (Bf.), Herr Bf., auf. Auf der Grundlage dieser Anmeldung erfolgte die buchmäßige Erfassung und Mitteilung des Abgabenbetrages gemäß Art. 221 ZK. Das Zollamt setzte dabei den Zoll mit € 0,00 und die Einfuhrumsatzsteuer mit € 16,90 fest.

Gegen diese gemäß § 74 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) in der damals geltenden Fassung als Bescheid geltende Mitteilung vom richtet sich die vorliegende Bescheidbeschwerde vom .

Die Beschwerde stützt sich auf die Ansicht des Bf., die Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer sei rechtswidrig. Gemäß Art. 23 der Zollbefreiungs-VO seien Waren mit geringem Wert (Warenwert nicht mehr als € 150,00) von den Eingangsabgaben befreit. Zu den Eingangsabgaben zähle u.a. auch die Einfuhrumsatzsteuer. Die Einfuhrumsatzsteuer sei daher rückzuerstatten.

Das Zollamt Wien wiese diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. ZzZ, als unbegründet ab.

Ohne in der Sache Neues vorzutragen stellte der Bf. daraufhin mit Eingabe vom den Vorlageantrag.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage (in der entscheidungsmaßgeblichen Fassung):

Die Bestimmungen des § 6 Abs. 4 Z. 4 lit. a UStG lauten:

"Steuerfrei ist die Einfuhr der Gegenstände, die nach Titel I, II und IV der Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 des Rates vom über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen, ABl. Nr. L 324/23 vom , S. 23, zollfrei eingeführt werden können, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen:

a) Nicht anzuwenden sind die Artikel 23, 24, 41, 44 bis 52, 57 und 58 der Verordnung.

…"

Gemäß § 6 Abs. 4 Z 9 UStG ist die Einfuhr von Gegenständen, deren Gesamtwert 22 Euro nicht übersteigt, steuerfrei. Von der Befreiung ausgenommen sind alkoholische Erzeugnisse, Parfums und Toilettewasser sowie Tabak und Tabakwaren.

Die Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 des Rates vom über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (Zollbefreiungs-VO) bestimmt in ihrem Artikel 23:

"(1) Von den Eingangsabgaben befreit sind vorbehaltlich des Artikels 24 Sendungen von Waren mit geringem Wert, die unmittelbar aus einem Drittland an einen Empfänger in der Gemeinschaft versandt werden.

(2) Als „Waren mit geringem Wert“ im Sinne von Absatz 1 gelten Waren, deren Gesamtwert je Sendung 150 EUR nicht übersteigt."

Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem bestimmt in ihrem Art. 143 Buchstabe b:

"Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

die endgültige Einfuhr von Gegenständen, die in den Richtlinien 69/169/EWG 83/181/EWG und 2006/79/EG des Rates geregelt ist;"

Die Richtlinie 2009/132/EG des Rates vom zur Festlegung des Anwendungsbereichs von Artikel 143 Buchstaben b und c der Richtlinie 2006/112/EG hinsichtlich der Mehrwertsteuerbefreiung bestimmter endgültiger Einfuhren von Gegenständen legt zu Art. 23 fest:

"Von der Steuer befreit sind die Einfuhren von Gegenständen, deren Gesamtwert 10 EUR nicht übersteigt. Die Mitgliedstaaten können Einfuhren von Gegenständen, deren Gesamtwert mehr als 10 EUR beträgt, jedoch 22 EUR nicht übersteigt, von der Steuer befreien.

Die Mitgliedstaaten können von der in Absatz 1 Satz 1 vorgesehenen Steuerbefreiung jedoch Gegenstände ausnehmen, die im Rahmen des Versandhandels eingeführt werden."

Erwägungen:

Außer Streit steht, dass der für die Abgabenbemessung maßgebliche Wert der für den Bf. aus China eingeführten verfahrensgegenständlichen Sendung insgesamt umgerechnet 84,49 € beträgt. Das in Rede stehende Wirtschaftsgut erfüllt daher alle Voraussetzungen, um nach Art. 23 der Zollbefreiungs-VO zollfrei abgefertigt zu werden. Hingewiesen wird darauf, dass es im vorliegenden Fall dieser außertariflichen Befreiung gar nicht bedarf, weil Waren der Position 8517620090 der Kombinierten Nomenklatur ohnedies ex Tarif zollfrei sind.

Strittig ist einzig die Frage, ob die genannte Bestimmung der Zollbefreiungs-VO auch hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer ihre Wirkung entfaltet.

Der Bf. übersieht mit seiner diesbezüglichen Argumentation, dass die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer für Sendungen von Waren mit geringem Wert vom Regelungsumfang der genannten Norm nicht erfasst ist.

Dies ergibt sich schon aus den Bestimmungen des § 6 Abs. 4 Z. 4 lit. a UStG, die ausdrücklich festlegen, dass (u.a.) Art. 23 der Verordnung nicht anzuwenden [ist].

Die Mat. zum BGBl. I 140/2008 (2 BlgNR 24.GP) führen dazu aus:

„Die in Art. 23 festgelegte Wertgrenze für Kleinsendungen wurde aufgrund der Verordnung (EG) 274/2008 von 22 € auf 150 € angehoben. Da die Anwendung dieser hohen Wertgrenze aufgrund der RL 2009/132/EG zur Festlegung des Anwendungsbereiches von Art. 143 lit. b und c der MWSt-RL hinsichtlich der MWSt-Befreiung bestimmter endgültiger Einfuhren von Gegenständen nicht zulässig ist, kann für die EUSt nach dieser RL unverändert höchstens eine Befreiung für Gegenstände bis zu einem Wert von 22 € vorgesehen werden.“

Eine Angleichung der Richtlinie 2006/112/EG (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) an den Wert von 150 € fehlt. Daher gilt für die Steuerbefreiung weiterhin der Wert von 22 € (siehe Witte, Kommentar zum Zollkodex, 6. Auflage, Anhang 1, Rz. 42).

Dem Zollamt kann daher (auch aus unionrechtlicher Sicht) kein berechtigter Vorwurf gemacht werden, wenn es die begehrte Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer deshalb versagt, weil der maßgebliche Wert der in Rede stehenden Einfuhrware die erwähnte Wertgrenze von 22 € überschreitet.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Klärung der hier zu prüfenden Frage hinsichtlich des Regelungsumfanges der Zollbefreiungs-VO ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 23 ZBefrVO, VO 1186/2009, ABl. Nr. L 324 vom S. 23
§ 74 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
Titel IV ZBefrVO, VO 1186/2009, ABl. Nr. L 324 vom S. 23
ZBefrVO, VO 1186/2009, ABl. Nr. L 324 vom S. 23
RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
RL 2009/132/EG, ABl. Nr. L 292 vom S. 5
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7200060.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
XAAAC-21010