Bindungswirkung BFG an den im Zeitpunkt der Entscheidung dem Rechtsbestand angehörenden Feststellungsbescheid
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri über die Beschwerde vom des Beschwerdeführers Bf gegen die Bescheide des Finanzamtes betreffend Einkommensteuer 2006 – 2008, jeweils vom , zu Recht erkannt:
I)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt legte die Berufung vom vor dem an den Unabhängigen Finanzsenat vor. Sie gilt deshalb gem. § 323 Abs. 38 BAO als Beschwerde, über die das Bundesfinanzgericht abzusprechen hat.
Von der gültigen Geschäftsverteilung wurde sie vorerst der Gerichtsabteilung 6030 zur Erledigung zugewiesen. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde sie der Gerichtsabteilung 6022 übertragen.
1. Verfahrensgang und Sachverhalt
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts basiert auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes abgebildet und soweit nicht gesondert angeführt unbestritten ist.
Nach einer beim Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) über den Zeitraum 2006 – 2008 durchgeführten Außenprüfung wurden vom Finanzamt am Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2006 – 2008 sowie neue Einkommensteuerbescheide 2006 – 2008 erlassen.
Neben anderen Feststellungen wird unter „Tz. 10 Pkt. 8) Gewinnanteil GesmbH & Co KG“ des Betriebsprüfungsberichtes ein zu versteuernder Veräußerungsgewinn in Höhe von € 189.624,94 laut Feststellungsbescheid angeführt, der den Einkünften aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2006 hinzugerechnet wurde. Als Folge dieser Hinzurechnung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb im Jahr 2006, wurde der Verlustabzug in den Jahren 2007 und 2008 – aufgrund des im Jahr 2006 erfolgten Verbrauches – gestrichen.
Grundlage für diese Abänderung betreffend der Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Jahr 2006 waren Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO hinsichtlich der Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO 2006 sowie über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für 2006, jeweils vom , bei der RKG (St.Nr...). Aufgrund des Ansatzes des Veräußerungsgewinnes in Höhe von € 189.624,94 im Einkommensteuerbescheid für 2006 wurde der Verlustabzug in den Jahren 2007 und 2008 (Verbrauch im Jahr 2006) nicht anerkannt.
Mit Schreiben vom brachte der BF eine Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen die Einkommensteuerbescheide 2006 – 2008 ein. Seitens des Finanzamtes wurde die Beschwerde am – damals noch – an den Unabhängigen Finanzsenat ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vorgelegt.
Die von der RKG eingebrachte Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO hinsichtlich Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für 2006 sowie über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für 2006 wurde vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom , GZ. RV/5100912/2010, wegen des Vorliegens von Nichtbescheiden als unzulässig zurückgewiesen.
Mit E-Mail vom wurde seitens des Bundesfinanzgerichtes beim Finanzamt nachgefragt, ob nach der angeführten Entscheidung des BFG bei der RKG für das Jahr 2006 ein neuer Wiederaufnahmebescheid betreffend Feststellung von Einkünften samt Sachbescheid erlassen wurden.
Mit Schreiben vom wurde seitens des Finanzamtes bekannt gegeben, dass am ein händischer Wiederaufnahmebescheid betreffend Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für 2006 und ein Bescheid hinsichtlich Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für 2006 erlassen wurden, und Kopien der Bescheide an das BFG übermittelt.
Mit Schreiben vom wurde vom Finanzamt eine Kopie der Beschwerde der RKG gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für 2006 sowie gegen den Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für 2006 an das BFG übermittelt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
2. Beweiswürdigung
Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. In Befolgung dieser Grundsätze ist der oben dargestellte Sachverhalt deshalb wie folgt zu würdigen.
Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben der BF sowie auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen des Finanzamtes und ist insoweit unstrittig.
3. Rechtsgrundlagen, rechtliche Würdigung
Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs. 1 BAO).
In einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, für Meßbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, werden diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist.
(1) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.
(2) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Abgaben-, Mess-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden sind, so gilt Abs 1 sinngemäß.
(3) Ist ein Bescheid gemäß § 295 Abs 3 geändert oder aufgehoben worden, so kann der ändernde oder aufhebende Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die in dem zur Änderung oder Aufhebung Anlass gebenden Bescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.
§ 252 Abs 1 bis 3 BAO schränken das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein. Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen sollen nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen (zB VwGH 28.5.1997, 94/13/0273 ; 23.3.2000, 2000/15/0001; 19.3.2002, 2002/14/0005; 7.7.2004, 2004/13/0069). Eine solche Abweisung setzt voraus, dass der Grundlagenbescheid dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam geworden ist ().
Der Einkommensteuerbescheid ist ein von einem Feststellungsbescheid gem. § 188 BAO abgeleiteter Bescheid. Der Feststellungsbescheid bildet die Grundlage für den darauf aufbauenden Einkommensteuerbescheid . Bescheidmäßige Änderungen im Feststellungsverfahren haben eine entsprechende Anpassung des darauf aufbauenden Bescheides zur Folge und sind von Amts wegen durchzuführen. Rechtsgrundlage für solche Bescheidanpassungen bildet § 295 BAO.
§ 279 Abs 1 BAO (idF FVwGG 2012) entspricht inhaltlich dem für Berufungsentscheidungen bisher geltenden § 289 Abs 2 BAO. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zu § 289 Abs 2 BAO ist es Aufgabe der Berufungsbehörde, in der Sache zu entscheiden, d.h. neuerlich und zwar so zu entscheiden, als ob die Sache erstmals nach den für diese geltenden materiell-rechtlichen Bestimmungen unter Beachtung der Verfahrensgrundsätze behandelt würden (Reformation). Die Berufungsbehörde ist demnach nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, ihre Entscheidung (gegenüber der Vorentscheidung) originär neu zu gestalten. Das Ergebnis ihrer Entscheidung kann von dem der vorangehenden Bescheide abweichen. Die Berufungsentscheidung tritt mit ihrer Erlassung an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides. Daraus folgt, dass ein zweitinstanzlicher Abgabenbescheid gemäß § 192 BAO die Feststellungen jener Feststellungsbescheide zu Grunde zu legen hat, die zum Zeitpunkt der Erlassung des zweitinstanzlichen Abgabenbescheides dem Rechtsbestand angehören (vgl. etwa ), selbst wenn sie nicht rechtskräftig sind. Die Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit dieser Feststellung verbietet § 252 Abs 1 BAO.
Seitens des Finanzamtes war aufgrund eines im Rahmen einer Wiederaufnahme des Verfahrens geänderten Sachbescheides über die Feststellung von Einkünften für 2006 bei der RKG der Gewinnanteil des BF aus dieser Beteiligung um einen Veräußerungsgewinn in Höhe von € 189.624,94 erhöht worden.
Bei den angeführten Bescheiden über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für 2006 bzw. Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für 2006, jeweils vom hat es sich um Nichtbescheide gehandelt (siehe ).
In der Zwischenzeit wurden mit Datum vom vom Finanzamt neuerlich ein Wiederaufnahmebescheid betreffend Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für 2006 und ein Bescheid hinsichtlich Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für 2006 erlassen. Die beiden Bescheide wurden mit Beschwerde vom bekämpft. Die rechtliche Wirksamkeit der Bescheide wurde durch die Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt. Hinweise für eine rechtliche Unwirksamkeit dieser Bescheide vom liegen nicht vor, da die angeführten Bescheide rechtskonform – entsprechend der Entscheidung des – an die RKG gerichtet wurden.
Aus dem oben zur Wirkung des § 192 iVm § 252 BAO Gesagten ergibt sich deshalb die Bindungswirkung für das BFG.
Der Bemessung der Einkommensteuer 2006 war daher der im Bescheid hinsichtlich Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für 2006 vom ausgewiesene Veräußerungsgewinn in Höhe von € 189.624,94 zu Grunde zu legen. Damit ist aber auch die Beschwerde betreffend Einkommensteuer 2007 und 2008 aufgrund des im Jahr 2006 konsumierten Verlustabzuges entschieden. Eine Abänderung der angefochtenen Bescheide 2006 – 2008 hat somit zu unterbleiben.
3.1. Revision
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben) bzw. wurden sie in der Literatur einhellig beantwortet. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 289 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100853.2011 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at