Kosten für die Behandlung auf der Sonderklasse - keine außergewöhnlichen Belastungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. NN in der Beschwerdesache BF, vertreten durch Hermann Vales, Starhembergstraße 19, 4020 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt XYZ vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung; St.Nr. 123) 2017 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
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Bemessungsgrundlage | Abgabe | |||
Jahr | Art | Höhe | Art | Höhe |
2017 | Einkommen | 51.580,48 € | Einkommensteuer Anrechenbare Lohnsteuer | 15.425,94 € -9.295,66 € |
Festgesetzte Einkommensteuer (Abgabenschuld) | 6.130,00 € |
Die Berechnung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Abgabe ist dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen, das einen Bestandteil dieses Erkenntnisspruches bildet.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt/Verfahren
Angefochten ist der Einkommensteuerbescheid 2017.
Die Beschwerdeführerin brachte am die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung ein. Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer antragsgemäß festgesetzt.
In der am erhobenen Beschwerde beantragte die Beschwerdeführerin die Berücksichtigung von Krankheitskosten in Höhe von 8.045 € (Kosten für Augenoperation 4.295 €, Kosten für Zahnersatz 3.750 €) als außergewöhnliche Belastungen und legte die diesbezüglichen Honorarnoten vor.
Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt um Vorlage geeigneter Unterlagen (ärztliche Bestätigung), um die zu einer Zwangsläufigkeit iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 führenden triftigen medizinischen Gründen darzulegen. Auf die näheren Ausführungen wird verwiesen.
Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin durch Vorlage der bezugnehmenden ärztlichen Bestätigungen nach.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom berücksichtigte das Finanzamt eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung in Höhe von 3.750 € (Zahnersatzkosten), die jedoch wegen des Selbstbehaltes steuerlich nicht zum Tragen kam; hingegen stufte es die Kosten der Augenoperation in Höhe von 4.295 € mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastung ein. Auf die Bescheidbegründung wird verwiesen.
Im Vorlageantrag vom beantragte die Beschwerdeführerin, Krankheitskosten von insgesamt 8.045 € zu berücksichtigen, soweit diese die zumutbare Belastung von 7.228,33 € überstiegen und wies die medizinisch erforderliche Behandlung durch einen Arztbrief des behandelnden Augenarztes nach.
In weiterer Folge legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Festgestellter Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin hat sich am bzw. jeweils einer Cataractoperation im Diakonissenkrankenhaus in Linz unterzogen, wobei jeweils ein eintägiger Aufenthalt auf der Sonderklasse erfolgte. Die Kosten für die Operationen beliefen sich auf 4.295 € (Honorarnote 95 €, Rechnung Nr. 39 vom 2.100 €, Rechnung Nr. 40 vom 2.100 €, Überweisungsbeleg vom 4.200 €).
Beweiswürdigung
Die Tatsache der Augenoperationen und die Höhe der Kosten sind durch die vorgelegte Honorarnote bzw. durch die Rechnungen belegt.
Zum Beweis dafür, dass triftige medizinische Gründe für die Behandlung auf der Sonderklasse vorliegen, hat die Beschwerdeführerin einen Arztbrief des behandelnden Arztes vom vorgelegt, dessen Inhalt untenstehend auszugsweise zitiert wird.
"Diagnosen: pseudomyopisierende Cataract bds, myoper Astigmatismus bds, Anisometropie, Pterygium rechts"
"Procedere: Frau B suchte meine Ordination erstmalig am auf. Es wurde bereits ein fortgeschrittener Katarakt bds mit deutlicher Visusminderung diagnostiziert. Weiters zeigt sich eine Pseudomyopisierung sowie ein ausgeprägtes Pterygium mit irregulärem Astigmatismus rechts. Aufgrund der komplexen Ausgangssituation und mangels Wahlmöglichkeit (keine ZV) für einen konkreten Chirurgen entscheidet sich die Patientin für einen Eingriff als Selbstzahlerin (Anm.: auch in a.ö. Krankenanstalten besteht diese Möglichkeit für Patienten ohne Zusatzversicherung). Der Eingriff erfolgte komplikationsfrei bds im Februar 2017. Der postoperative Verlauf ist komplikationslos."
Rechtslage
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2).
Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3).
Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt (Abs. 4 1. Satz).
Rechtliche Erwägungen
Strittig ist die Höhe der geltend gemachten Kosten auf einer Sonderklasse für eine beiderseitige Cataractoperation.
Die Erhaltung der Gesundheit gilt immer als zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 (vgl. Doralt/Baldauf EStG, 2015, § 34 Tz 42). Aufwendungen, die durch eine Krankheit des Steuerpflichtigen verursacht werden, sind außergewöhnlich. Sie erwachsen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ; ; vgl. auch Jakom/Baldauf EStG, 2015, § 34 Rz 90, Stichwort "Krankheitskosten") können Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die eigene medizinische Betreuung erwachsen, auch dann zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 anfallen, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sofern diese höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt werden (LStR, § 34 Rz 902).
Diese Rechtsprechung ist auf Sonderklassegebühren uneingeschränkt anzuwenden, da durch den Entschluss eines Steuerpflichtigen, sich nicht in der allgemeinen Gebührenklasse eines Krankenhauses behandeln zu lassen, wesentlich höhere Kosten entstehen, welche eben nur in medizinisch begründeten Ausnahmefällen als zwangsläufig entstanden angesehen werden können. Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden ().
Die triftigen medizinischen Gründe für die Behandlung auf der Sonderklasse sind nachzuweisen. Es liegt ein Arztbrief hinsichtlich der Krankheit (fortgeschrittener Katarakt bds. mit deutlicher Visusminderung) der Beschwerdeführerin vor. Eine Augenoperation war daher aus medizinischen Gründen erforderlich. Eine solche Operation wird als Standardoperation in zahlreichen öffentlichen Krankenhäusern durchgeführt und von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt.
Die Behandlung auf einer Sonderklasse ist nur aus triftigen medizinischen Gründen als zwangsläufig iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 zu werten. Vom Vorliegen triftiger medizinischer Gründe ist nur dann auszugehen, wenn ernsthafte gesundheitliche Nachteile feststehen oder sich konkret abzeichnen. Solche drohenden gesundheitlichen Nachteile sind dem vorgelegten Arztbrief nicht zu entnehmen.
Den geforderten Nachweis hat die Beschwerdeführerin nicht erbracht, sodass für die geltend gemachten Operationskosten Zwangsläufigkeit iSd § 34 Abs. 3 EStG 1988 nicht vorliegt und damit eine Abzugsfähigkeit als außergewöhnliche Belastung nicht gegeben ist.
Hingegen werden die weiteren geltend gemachten Krankheitskosten (Kosten für Zahnersatz 3.750 €) entsprechend der Beschwerdevorentscheidung anerkannt.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wird über geltend gemachte Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen abgesprochen. Zum § 34 EStG 1988 liegt eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von im Streitfall ausschließlich einzelfallbezogenen Sachverhaltsfragen ab. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101609.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at