Wiederaufnahme des Verfahrens: unzureichende Begründung bei Verweis auf die falsche Textziffer; mangelnde Sachverhaltsermittlung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache BF, vertreten durch Stb, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FA vom sowie vom betreffend
1. Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 bis 2012,
2. a) Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2010 bis 2012,
2. b) Umsatzsteuer 2010 bis 2012, Einkommensteuer 2009 bis 2012 und
2. c) Anspruchszinsen 2009 bis 2012,
I. zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird hinsichtlich Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 bis 212 gemäß § 279 BAO Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben.
II. beschlossen:
2. a) Gemäß § 278 Abs. 1 BAO werden die Bescheide hinsichtlich Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2010 bis 2012 sowie die in weiterer Folge erlassene Beschwerdevorentscheidungen aufgehoben und die Sache zur Erledigung an die Abgabenbehörde zurückverwiesen.
2. b) Gemäß § 261 Abs. 2 BAO wird die Beschwerde hinsichtlich Umsatzsteuer 2010 bis 2012 und hinsichtlich Einkommensteuer 2009 bis 2012 als gegenstandslos erklärt.
2. c) Die Beschwerde wird hinsichtlich Anspruchszinsen 2009 bis 2012 als gegenstandslos erklärt. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt und Parteienvorbringen
Nach einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Betriebsprüfung wurden von der belangten Behörde am 04. bzw. am folgende Bescheide erlassen:
Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2010 bis 2012
Umsatzsteuer 2010 bis 2012
Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 bis 2012
Einkommensteuer 2009 bis 2012
Anspruchszinsen 2009 bis 2012
Die Begründung für die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2010 bis 2012 und hinsichtlich Einkommensteuer 2009 bis 2012 lautet: "Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (1) BAO aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu ersehen. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen können auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden."
Der BP-Bericht enthält folgende - für das gegenständliche Verfahren relevante - Feststellungen:
Tz. 7 Ermittlung der Bemessungsgrundlagen Lieferungen und sonstige Leistungen
Auf die Ausführungen in der Niederschrift wird verwiesen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2010 | 2011 | 2012 | |
lt. Veranlagung | 26.912,50 | 36.260,56 | 36.634,71 |
lt. Pkt. 3 der Niederschrift | 148.621,89 | 99.325,71 | 137.548,09 |
lt. BP | 175.534,39 | 135.586,27 | 174.182,80 |
Tz. 8 Ermittlung der Bemessungsgrundlage 20 %
Auf die Ausführungen in der Niederschrift wird verwiesen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2010 | 2011 | 2012 | |
lt. Veranlagung | 26.912,50 | 33.075,82 | 33.424,50 |
lt. Punkt 4 der Niederschrift | 111.476,58 | 40.308,76 | 50.647,85 |
lt. BP | 138.389,08 | 73.384,58 | 84.072,35 |
Tz. 9 Ermittlung der abziehbaren Vorsteuer
Auf die Ausführungen in der Niederschrift wird verwiesen.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2011 | |
lt. Veranlagung | 2.612,89 |
lt. Pkt. 5 der Niederschrift | - 23,80 |
lt. Pkt. 6 der Niederschrift | - 285,87 |
2.303,22 |
In den Textziffern 10, 11 und 12 wurde hinsichtlich Umsatzsteuer 2010 bis 2012 die Bemessungsgrundlagen und die Steuer dargestellt, wobei auf die Textziffern 8, 9 und 10 verwiesen wurde.
Hinsichtlich der Einkommensteuer wurden folgende Feststellungen getroffen:
Tz. 13 Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Auf die Punkte 7 - 10 der Niederschrift über die Schlussbesprechung wird verwiesen.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2009 | 2010 | 2011 | 2012 | |
€ | € | € | € | |
lt. Veranlagung | 13.789,41 | 4.608,26 | -1.128,55 | 488,09 |
lt. Punkt 8 der Niederschrift | 11.902,07 | 148.621,89 | 99.325,71 | 137.548,09 |
lt. Punkt 9 der Niederschrift | 1.846,81 | 2.265,94 | 181,17 | |
lt. Punkt 10 der Niederschrift | -15.492,00 | -30.418,00 | -36.870,00 | |
lt. Bp | 25.691,48 | 139.584,96 | 70.045,10 | 101.347,35 |
Ausländische Pension
Tabelle in neuem Fenster öffnen
lt. Punkt 7 der Niederschrift | 5.760,72 | 5.760,72 | 5.760,72 | 5.868,24 |
In der Textziffer 14 wurde die Ermittlung des Gewinnes für die Jahre 2009 bis 2011 dargelegt (ohne Verweis auf Textziffern):
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2009 | 2010 | 2011 | |
Nettomethode | Nettomethode | Nettomethode | |
Gewinn, Einnahmenüberschuss lt. Veranlagung | 13.789,41 | 4.608,26 | - 1.128,55 |
Berichtigung lt. BP | 17.662,79 | 140.737,42 | 76.934,37 |
Gewinn, Einnahmenüberschuss lt. BP | 31.452,20 | 145.345,68 | 75.805,82 |
In der Textziffer 15 wurde die Ermittlung des Gewinnes für das Jahr 2012 dargelegt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2012 | |
Nettomethode | |
Gewinn, Einnahmenüberschuss lt. Veranlagung | 488,09 |
Berichtigung lt. BP | 106.727,50 |
Gewinn, Einnahmenüberschuss lt. BP | 107.215,59 |
In Zusammenhang mit der Wiederaufnahme des Verfahrens wurde in Tz. 17 festgehalten, dass hinsichtlich nachstehend angeführter Abgabenarten und Zeiträume Feststellungen getroffen worden seien, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO erforderlich machen würden.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart | Zeitraum | Hinweis auf Tz |
Umsatzsteuer | 2010 - 2012 | 8 - 10 |
Einkommensteuer | 2009 - 2012 | 14 |
In der Niederschrift vom wurde - soweit entscheidungsrelevant - Folgendes festgehalten:
Tz. 2 Vorgelegte Unterlagen
Grundlage für die Buchungen der Einnahmen war das Bankkonto Nr1 von der Bank1, sowie von der Klientin bekannt gegebene Bareinnahmen.
Der Finanzverwaltung liegt jedoch Informationsmaterial über Veranstaltungen vor, auf denen auch noch folgende Bankkonten angeführt sind:
Nr2 Bank2
Nr3 Bank1
Nr4 Bank1
Nr5 Bank3
Nach schriftlichem Vorhalt wurden auch diese Bankkonten vorgelegt und darauf Zahlungseingänge festgestellt, die nicht verbucht wurden.
Es handelt sich beim Bankkonto Nr2 bei der Bank2 in erster Linie um Zahlungen von Kunden für Ägyptenreisen. Diese Reisen wurden auf der Homepage von BW unter Aktuelle Termine - Spirituelle Reisen angeboten. Von dort wird man zu einer Info-Seite von Kunstmalerei A weitergeleitet, allerdings findet sich hier kein Hinweis, dass A der Veranstalter der Reise sein soll. In der Werbung für diese Reise ist jedenfalls als Veranstalterin BW angeführt, die ganze Reise soll von "X" dem spirituellen Führer von BW begleitet werden. Es geht hier lt. Aussendung eindeutig um eine Reise mit diversen Ausflügen und spirituellen Energieaustausch. Es gibt keinerlei Hinweise, dass es sich hier um ein Malseminar der besonderen Art handelt. Es wird lediglich an einem Abend am Swimmingpool Malerei der besonderen Art stattfinden. Sinn und Zweck dieser Pilgerreise der besonderen Art ist die Einweihung durch X in das Jahr 2012.
Jedenfalls sind die Einnahmen aus dieser Reise BW zugeflossen. Die Erklärung, dass es sich hier um eine Veranstaltung von A handelt, kann demnach nur eine Schutzbehauptung sein, da AB, wie A mit bürgerlichem Namen heißt, steuerlich nicht erfasst ist. Es wurden auch keine Zahlungsflüsse an AB festgestellt.
Auf allen Konten sind Zahlungseingänge für diverse Veranstaltungen und Leistungen, die BW Kunden gegenüber erbracht hat. Es handelt sich hier auch um Malseminare, um Zahlungen für das C-Projekt, die Jahresakademie, Einzelsitzungen, etc. Auf den Foldern für das Malseminar wird darauf hingewiesen, dass „In unserem Seminar ist durch A eine professionelle Hilfestellung und Beratung vorhanden. X steht uns während des Seminars zur Verfügung." Auch hier wird als Kontaktadresse BW angegeben, sowie ihre Kontonummer.
Insgesamt wurde auf den nicht erklärten Konten folgende Einnahmen verbucht:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2009 | 11.902,07 |
2010 | 145.371,89 |
2011 | 96.075,71 |
2012 | 132.131,42 |
Auf der Homepage von BW sind Fotos von verschiedenen Malseminaren, auf denen zwischen 8 und 18 Teilnehmer zu erkennen sind. Auf den 2. Vorhalt wurde dazu derart Stellung genommen, dass es sich hier um Einladungen von Kunden handelt, sowie um Familienmitglieder und Freunde, die der Werbewirkung gedient haben. In der Beantwortung vom wurde ausgeführt, dass diese Behauptungen nicht glaubhaft sind. Aufgrund der anderen nicht erklärten Umsätze ist es eher wahrscheinlich, dass die Teilnehmer zahlende Kunden sind.
Die nicht erklärten Einnahmen werden pro Malseminaren mit einem Durchschnitt von 10 Kunden zu einem Preis von 130,00/Person im Schätzungswege ermittelten.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2010 | 6 Seminare | 6.500,00 | netto |
2011 | 3 Seminare | 3.250,00 | netto |
2012 | 5 Seminare | 5.416,67 | netto |
Umsatzsteuer
Tz. 3 Bemessungsgrundlage Lieferungen und sonstige Leistungen
Aufgrund der unter Tz. 2 angeführten nicht verbuchten Einnahmen werden die Bemessungsgrundlagen aus Lieferungen und sonstigen Leistungen um die folgenden Beträge erhöht.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2009 | 11.902,07 |
2010 | 151.871,89 |
2011 | 99.325,71 |
2012 | 137.548,09 |
Tz. 4 Bemessungsgrundlage Lieferungen und sonstige Leistungen 20 %
Die steuerfreien Umsätze werden aus der Bemessungsgrundlage ausgeschieden und die Lieferungen und sonstigen Leistungen 20 % um folgende Beträge erhöht:
In den Jahren 2009 und 2010 wurden die Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z. 27 steuerfrei belassen. Eine einmalige Überschreitung von nicht mehr als 15 % innerhalb eines Zeitraumes von fünf Kalenderjahren ist unbeachtlich. Da diese Grenze bereits 2009 mit den erklärten Umsätzen geringfügig, mit der Hinzuschätzung jedoch deutlich überschritten wurde, sind ab 2010 die Erlöse jedenfalls der Umsatzsteuer zu unterziehen.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2010 | 111.476,58 |
2011 | 40.308,76 |
2012 | 50.647,85 |
Tz. 5 Vorsteuer
Im Jahr 2011 wurden Belege mit deutscher Umsatzsteuer verbucht und davon 20 % Vorsteuer in Abzug gebracht.
Dies ergibt folgende Vorsteuerkorrektur:
2011: 23,80
Tz. 6 Privataufwendungen - Vorsteuerabzug
Für privat veranlasste Aufwendungen steht kein Vorsteuerabzug zu.
2011: 285,87
Einkommensteuer
Tz. 7 Selbstanzeige
Die unter Punkt 1 angeführte ausländische Witwenrente wird wie folgt hinzugerechnet:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2009 | 5.760,72 |
2010 | 5.760,72 |
2011 | 5.760,72 |
2012 | 5.868,24 |
Tz. 8 Hinzuschätzung
Die unter Punkt 2 angeführten Beträge werden den Einkünften aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2009 | 11.902,07 |
2010 | 148.621,89 |
2011 | 99.325,71 |
2012 | 137.548,09 |
T. 9 Privat veranlasste Aufwendungen
Die privat veranlassten Aufwendungen werden ausgeschieden:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2010 | 1.846,81 |
2011 | 2.265,94 |
2012 | 181,17 |
Tz. 10 Aufwand Ägyptenreisen
Zu den hinzugerechneten Einnahmen aus den Ägyptenreisen werden die Rechnungen von Reisebüro als Aufwand anerkannt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2010 | 15.492,00 |
2011 | 30.418,00 |
2012 | 36.870,00 |
Mit Schriftsatz vom wurde durch den ausgewiesenen Vertreter gegen sämtliche oben angeführten Bescheide das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Die Beschwerde richte sich gegen die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, da
die belangte Behörde den, den gegenständlichen Bescheiden zugrundegelegten Sachverhalt mangelhaft ermittelt habe;
die belangte Behörde das Parteiengehör verletzt habe, weil Beweisanträge zu Unrecht abgewiesen worden seien und eine Würdigung der vorgebrachten Beweismittel einerseits und der rechtlichen Argumente andererseits nicht stattgefunden habe;
die auf Basis der aktenkundigen Beweismittel vorgenommene Beweiswürdigung den logischen Denkgesetzen bzw. der allgemeinen Lebenserfahrung widerspreche;
die belangte Behörde den gegenständlichen Bescheiden damit einen aktenwidrigen Sachverhalt zugrunde gelegt habe.
Die Beschwerde richte sich weiters gegen die Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide.
1. Sachverhaltsdarstellung
Die Beschwerdeführerin führe ihren Betrieb als Einzelunternehmerin. Sie sei als sogenanntes „Medium" tätig. Es würden Einzelsitzungen mit Lebensberatungen sowie diverse Gruppenseminare angeboten. Das genaue Betätigungsfeld sei der Beilage I zu entnehmen. Es handle sich dabei um Auszüge aus der Firmenhomepage. Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei den angebotenen Leistungen nicht um marktübliche „Massenleistungen" handle, müssten zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit viele Infoveranstaltungen teilweise kostenlos abgehalten werden, um Stammkunden gewinnen zu können. Ebenso seien bei diversen Seminaren Freunde und Verwandte als Gratisteilnehmer hinzugekommen. Dies deshalb, weil man sich nicht die Blöße geben wollte, Seminare vor lediglich einer Handvoll Personen abzuhalten. Es seien dann Fotos auf die Homepage gestellt worden, die dem Betrachter verdeutlichen sollten, sämtliche Seminare wären gut besucht. Damit sollte unter anderem die, bei vielen Personen vorherrschende Skepsis und Unsicherheit, genommen werden, sich eines Mediums zu bedienen. Durch diese Bilder sollten potentiellen Kunden gezeigt werden: „Du bist nicht alleine! Auch andere suchen nach Unterstützung bei einem Medium!"
Die Beschwerdeführerin wohne gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, Herrn AB. Herr AB sei Maler. Er male und verkaufe Bilder. Einmal pro Jahr veranstalte Herr AB privat eine Reise nach Ägypten. Dabei organisiere Herr AB sowohl Anreise, Hotel als auch Aktivitäten vor Ort. Die Beschwerdeführerin nutze diese Reisen, um vor Ort den teilnehmenden Personen ihr Betätigungsfeld näherzubringen und führe bei Wunsch auch Deutungen durch. Sie dürfe dafür gratis an dieser Reise teilnehmen. Durch ihre Anwesenheit bei den abgehaltenen Ägyptenreisen sei es der Beschwerdeführerin gelungen, weitere Kunden für ihr Unternehmen zu gewinnen. Herr AB dürfe aufgrund seiner Vergangenheit in Österreich bei keinem Kreditinstitut ein Konto besitzen bzw. eröffnen. Die Beschwerdeführerin würde ihrem Lebensgefährten dadurch helfen, dass sie Konten auf ihren Namen eröffnet und Herren AB dort zeichnungsberechtigt gemacht habe. Sämtliche Einnahmen von Herrn AB aus Bilderverkäufen sowie aus der Ägyptenreise würden somit auf Konten landen, die auf den Namen „BW" lauten würden.
All diese Umstände seien der Behörde bereits mit dem Schreiben vom offengelegt worden. Das besagte Schreiben liege der Beschwerde in Kopie bei.
Für die Jahre 2009 - 2012 sei nun bei der Beschwerdeführerin eine Betriebsprüfung durchgeführt worden. Dabei seien vor allem sämtliche Eingänge auf den diversen Bankkonten (sei es aus der Ägyptenreise, den Bilderverkäufen, den Malseminaren, etc.) der Beschwerdeführerin zugeordnet worden und dort sowohl der Umsatzsteuer auch als auch der Einkommensteuer unterzogen worden. Es handle sich dabei um folgende Bankkonten:
Bank2 Nr2
Bank1 Nr3
Bank1 Nr4
Bank3 Nr5
Es werde beantragt, entsprechend der folgenden Begründung die oben erwähnten Bescheide aufzuheben.
a) mangelnde Sachverhaltsermittlung, Verletzung des Parteiengehörs, verfahrensrechtliche Einwendungen
Ein Vorhaltsschreiben sei am schriftlich beantwortet worden. Im Zuge dieser Beantwortung sei von der Beschwerdeführerin beantragt worden, diverse Zeugen zu befragen, deren Aussagen zur Sachverhaltsklärung, vor allem in Bezug auf die Einnahmenzurechnung an Herrn AB, wesentlich hätten beitragen können. Diesen Anträgen sei nicht nachgekommen worden. Nicht einmal Herr AB, der sich bereit erklärt hätte, der Abgabenbehörde Rede und Antwort bezüglich seiner Einnahmenerzielung zu stehen, sei von der Behörde vorgeladen worden. Die Abgabenbehörde sei im Zuge der Schlussbesprechung nochmals darauf aufmerksam gemacht worden, dass zur Wahrung des Parteiengehörs den gestellten Anträgen nachzukommen sei. Zeit genug für die Vernehmungen wäre allemal gewesen. Die Anträge seien am gestellt worden, die Schlussbesprechung habe am , somit fast zehn Monate später, stattgefunden. Durch dieses Ignorieren der von der Partei gestellten Anträge bzw. Beweismittel sei der zugrunde liegende Sachverhalt nicht vollständig und korrekt ermittelt worden. Es sei in diesem Verfahren zu einer massiven Verletzung des Parteiengehörs gekommen. Auch wenn die Behörde womöglich die Glaubwürdigkeit der genannten Personen vorab schon in Zweifel ziehen möchte und in der Niederschrift von einer Schutzbehauptung spreche, so sei doch zu erwähnen, dass man über die Glaubwürdigkeit einer Person erst nach deren Befragung beurteilen kann. Des weiteren sei zu erwähnen, dass die Hinzuschätzungen der angeblich nicht erklärten Einnahmen gemäß Tz. 2 der Niederschrift über die Schlussbesprechung für außenstehende Dritte nicht nachvollziehbar sei. Zwar sei auf Verlangen des steuerlichen Vertreters eine Excel-Datei übermittelt worden, die die nicht deklarierten Eingänge auf den diversen Bankkonten auflisten sollte, eine Überprüfung durch den Steuerpflichtigen und dessen Vertreter würde teilweise andere Zahlen ergeben. Als Nachweis werde die Eingangsermittlung der steuerlichen Vertretung der Beschwerde beigelegt. Es seien hier sämtliche Eingänge der Konten chronologisch erfasst und in die Rubriken „Betrieb“, Privat und Umbuchungen aufgeteilt worden. Wobei anzumerken sei, dass die Bezeichnung „Betrieb“ nur zum Ausdruck bringen solle, dass diese Eingänge von Seiten der Betriebsprüfung als betriebliche Eingänge gewertet worden seien.
In einer weiteren Excel-Tabelle habe die Behörde die zuvor ermittelten Bruttoeingänge in USt-pflichtige Umsätze und nicht USt-pflichtige Umsätze aufgeteilt. Diese Aufteilung könne ebenso wenig nachvollzogen werden. Als Beispiel solle hier das Volksbankkonto Nr2 herangezogen werden. In Summe würden im Jahr 2010 von der Behörde steuerpflichtige Eingänge in Höhe von € 32.319,59 ermittelt. Darin sollen nicht USt-pflichtige Einnahmen in Höhe von Euro 17.500,00 enthalten sein. Dies würde eine Restdifferenz von € 14.819,59 ergeben. In der besagten zweiten Übersichtstabelle sei jedoch in der Spalte „USt-Pflicht" ein Betrag von brutto € 13.919,59 vermerkt. Die Differenz von € 900 sei nicht nachvollziehbar. Die von der Behörde übermittelten Excel-Tabellen würden dieser Beschwerde beiliegen.
Im Bereich der Wiederaufnahmebescheide sei Folgendes anzumerken: Eine Wiederaufnahme im Sinne des § 303 Abs. 4 BAO sei eine Ermessensentscheidung der Behörde. Im Wiederaufnahme Bescheid seien sowohl die Wiederaufnahmegründe anzuführen, als auch die Ermessensübung zu begründen. Im BP-Bericht vom würden unter Tz 17 ff. Wiederaufnahmegründe angeführt:
Umsatzsteuer Tz 8-10
Einkommenssteuer Tz 14
Im Bereich der Umsatzsteuer würden jedoch unter Tz 11-12 die Auswirkungen im Bereich der Umsatzsteuer für die Jahre 2011 und 2012 dargestellt. Tz 11 und 12 würden jedoch nicht als Begründung für die Wiederaufnahme im Bereich der Umsatzsteuer angeführt. Somit wäre die Wiederaufnahme im Bereich der Umsatzsteuer der Jahre 2011 und 2012 verfahrensrechtlich unzulässig.
Im Bereich der Einkommensteuer würden unter Tz 14 sind die Auswirkungen im Bereich der Einkommensteuer für die Jahre 2009-2011 dargelegt. Das Jahr 2012 werde unter Tz 15 ausgewiesen. Tz 15 werde nicht als Begründung für die Wiederaufnahme im Bereich der Einkommensteuer angeführt. Auch in Tz 14 finde lediglich eine Hinzurechnung von Beträgen statt. Wiederaufnahmegründe würden sich in Tz 14 jedoch keine finden. Es werde an dieser Stelle weder auf Feststellungen in der Niederschrift noch auf andere Textziffern im BP-Bericht verwiesen, die eine Begründung für die Wiederaufnahme liefern könnten. Somit wäre die Wiederaufnahme im Bereich der Einkommensteuer für sämtliche Jahre (2009-2012) verfahrensrechtlich unzulässig.
Die Wiederaufnahmebescheide würden in deren Begründung auf die Niederschrift bzw. auf den Prüfbericht verweisen. Lediglich im Prüfbericht würde unter Tz 17 zu der Wiederaufnahme Stellung genommen und mit den Tz 8-10 sowie Tz 14 des BP-Berichtes begründet. Weitere Begründungen zur Wiederaufnahme würden nicht existieren. Die Nichtanführung der (richtigen) Wiederaufnahmegründe sei im Rechtsmittelverfahren nicht sanierbar (vgl ). Dies gelte auch für Beschwerdevorentscheidungen (vgl -11/07). Die Wiederaufnahmebescheide für die Umsatzsteuer 2011 und 2012 sowie für die Einkommensteuer 2009-2012 seien somit ersatzlos aufzuheben.
Darüber hinaus fehle allen Wiederaufnahmebescheiden eine nachvollziehbare Darlegung der Ermessensübung. Dies vor allem im Hinblick auf die oben beschriebene mangelnde Sachverhaltsermittlung und die Verletzung des Parteiengehörs.
b) Rechtswidrigkeit der Bescheidinhalte
Infolge der Verletzung des Parteiengehörs, der mangelnden Sachverhaltsermittlung, der rechtswidrigen Beweiswürdigung und somit der Annahme eines aktenwidrigen Sachverhaltes seien Abgabenbescheide mit rechtswidrigem Inhalt erlassen worden.
Umsatzsteuer
Tz 2 der Niederschrift: Die ermittelten Beträge der Bankeingänge für die Jahre 2009-2012 würden von den tatsächlichen Eingängen abweichen. Als Nachweise werde die Ermittlung der Bankeingänge beigelegt. Festzuhalten sei, dass es sich hierbei stets um Bruttobeträge gehandelt habe. Anzumerken sei auch, dass die Einnahmen aus Bilderverkäufen und aus der Ägyptenreise nicht der Beschwerdeführerin zuzurechnen seien. Es handle sich dabei um Einnahmen von Herrn AB, dem Lebensgefährten der Beschwerdeführerin. Die beantragte Vernehmung von Herrn Buchmann hätte hier mit Sicherheit einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung leisten können. Ebenso rechtswidrig seien die Zuschätzungen im Bereich der Seminare. Die Behörde stützte sich hier auf Fotos auf denen mehrere Personen zu sehen gewesen wären. Auch hierfür sei die Vernehmung von Zeugen beantragt worden. Die genannten Personen hätten bestätigen können, dass auf den Fotos oft Freunde und Bekannte aufscheinen würden, um hier eine bestimmte Werbewirkung zu erzielen (siehe auch Ausführungen in der Sachverhaltsdarstellung und Schreiben von ). Hinzuschätzungen im Bereich der Seminarteilnahme sei netto erfolgt. Auch die Einnahmen aus dem Grundstücksverkauf in Ungarn würden in die Bemessungsgrundlage eingerechnet.
Tz 3 der Niederschrift: Hier seien die Beträge von Tz 2 aufaddiert worden. Es sei festzuhalten, dass unter Tz 3 Bruttobeträge (Bankeingänge) mit Nettobeträgen (Hinzuschätzungen bei Seminaren) vermischt würden.
Tz 4 der Niederschrift: Unter der Tz 4 würden sodann die Bemessungsgrundlage der USt-pflichtigen Einnahmen dargestellt.
2010: Gesamteinnahmen laut Tz 2 151.871,89, USt-pflichtig laut Tz 4 111.47 6,58; USt-befreit somit € 40.195,31. Worum handle es sich bei den USt-befreiten Einnahmen? Der Betrag sei nicht nachvollziehbar. Der Nettobetrag der 20-%igen Umsätze sei nicht nachvollziehbar (siehe Excel-Tabelle 2 der Behörde)
Jahre 2011 und 2012: Der Wert der 20-%igen Umsätze sowie der USt- befreiten Umsätze sei nicht nachvollziehbar. Im Jahre 2010 wäre die Beschwerdeführerin ursprünglich als Kleinunternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes erfasst worden. Durch die Hinzuschätzung der Einnahmen sei diese Befreiung verloren gegangen. Die Behörde unterziehe zwar die vermeintlichen Mehreinnahmen der Umsatzsteuer, gewähre der Steuerpflichtigen jedoch keinen Vorsteuerabzug. Wenn hier von Seiten der Behörde von einem Regelbesteuerungsjahre ausgegangen werde, dann hätte es auch zu einer amtswegigen Berücksichtigung der Vorsteuer des Jahres 2010 kommen müssen. Sämtliche Belege des Jahres 2010 seien ja im Zuge der Betriebsprüfung offengelegt worden. Es wäre der Behörde somit möglich und zumutbar gewesen, sich den zustehenden Vorsteuerbetrag zu errechnen. Im Bereich der Umsatzsteuer sei weiters anzumerken, dass hier von der Behörde auch Einnahmen aus Grundstücksverkäufen in Ungarn mit eingerechnet worden seien. Diese Umsätze seien ebenso der 20-%igen Umsatzsteuer unterworfen worden. § 1 Abs. 1 UStG sehe eine Umsatzsteuerpflicht jedoch nur für Umsätze vor, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt erwirtschafte. Darüber hinaus wären Grundstücksumsätze unecht steuerbefreit gemäß § 6 Abs. 1 Z. 9 UStG. Die Einbeziehung diese Umsätze in die Umsatzsteuerpflicht sei somit eindeutig rechtswidrig.
Einkommensteuer
Im Bereich der Einkommensteuer sei grundsätzlich anzumerken, dass, wie bereits mehrfach erwähnt, die Einnahmen aus der Ägyptenreise sowie aus den Bilderverkäufen nicht der Beschwerdeführerin zuzurechnen seien. Bei den nunmehr erlassenen Einkommenssteuerbescheiden sei von der Behörde im Jahr 2010 der Grundfreibetrag in Höhe von € 3.900,00 überhaupt nicht berücksichtigt worden, im Jahr 2012 seien statt € 3.900,00 lediglich € 3.887,07 berücksichtigt worden. Dieser Umstand sei rechtswidrig. Als Eingänge würden auch Beträge erfasst, die aus Grundstücksverkäufen in Ungarn stammen würden. Diese Beträge seien fälschlicherweise als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfasst worden. Korrekterweise hätte man hier für die Jahre 2009-2011 lediglich auf das Vorliegen eines etwaigen Spekulationsgewinnes prüfen müssen, im Jahr 2012 wäre Immobilienertragsteuer i.H.v. 25 % fällig gewesen. Bedingt durch den Umstand, dass sämtliche dieser Transaktionen Grundstücke in Ungarn betreffen würden, hätte Österreich aufgrund des gültigen DBA Österreich-Ungarn auf etwaige Gewinne gar kein Besteuerungsrecht. Derartige Einkünfte wären in Ungarn steuerpflichtig und seien aus der österreichischen Bemessungsgrundlage auszuscheiden.
Tz 8 der Niederschrift: Unter Tz 8 würden für den Bereich der Einkommensteuer die unter Tz 2 angeführten Beträge den Einkünften aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet. Für das Jahr 2010 würden diese Werte jedoch nicht mit Tz 2 übereinstimmen. Darüber hinaus würden unter Tz 2 Bruttoeinnahmen erfasst (Bankeingänge). Diese Eingänge würden unter Tz 4 teilweise der USt unterzogen. Trotzdem komme es unter TZ 8 zu einer Hinzurechnung der vollen Beträge. Richtigerweise hätten nur die vermeintlichen Nettoeinnahmen angesetzt werden dürfen.
Zusammenfassend könne somit festgehalten werden, dass den Bescheiden folgende Rechtswidrigkeiten anlasten würden:
Es seien Einnahmen zugrundegelegt worden, die wirtschaftlich nicht der Beschwerdeführerin zuzuordnen sein,
es seien Einnahmen in einer falschen oder nicht nachvollziehbaren Höhe ermittelt worden,
es seien Brutto- und Nettowerte vermischt worden,
es seien USt-befreite Tatbestände der USt unterzogen worden,
es seien zustehende Vorsteuerbeträge nicht berücksichtigt worden,
es sei der zustehende Grundfreibetrag nicht gewährt worden,
es sei eine Besteuerung auf Einnahmen, auf die Österreich kein Besteuerungsrecht habe, erfolgt,
es seien Einnahmen aus der Grundstücksverwaltung als gewerbliche Einkünfte ausgewiesen worden.
Es werde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie auf Senatszuständigkeit gestellt.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden sämtliche Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
Hinsichtlich der Anspruchszinsen wurde begründend ausgeführt, dass der Anspruchszinsenbescheid an die im Spruch des zur Nachforderung führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung gebunden sei. Wegen dieser Bindung sei der Zinsenbescheid allerdings nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, dass der maßgebende Einkommensteuerbescheid inhaltlich rechtswidrig sei.
Hinsichtlich der Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz-und Einkommensteuer wurde ausgeführt, dass seitens des Finanzamtes kein Zweifel daran bestehe, dass die im Rahmen der Außenprüfung neu hervorgekommenen Tatsachen, über welche die Beschwerdeführerin spätestens im Zuge der Schlussbesprechung in Kenntnis gesetzt worden sei, eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würde. Die Beschwerdeführerin begründe ihre Beschwerde gegen die Wiederaufnahmen hauptsächlich darauf, dass der in der Begründung des Wiederaufnahmebescheides enthaltene Verweis auf den Betriebsprüfungsbericht und die Niederschrift nicht auf die korrekten Teilzahlen verweisen würde. Dies sei nicht der Fall, zwar hätte sich durch spätere Korrekturen im Prüfungsbericht die Tzs verschoben, jedoch werde in der Niederschrift, auf welche ebenfalls verwiesen werde, wiederum ein Verweis auf den BP-Bericht geführt. Somit werde letztlich trotz der Verschiebung bei den Tzs auf die richtigen Wiederaufnahmegründe verwiesen. Die Behauptung einer mangelnden Sachverhaltsermittlung und Verletzung des Parteiengehörs entbehre jeder Grundlage. Der Beschwerdeführerin sei im Zuge des Verfahrens mit einem schriftlichen Vorhalt, laufendem Kontakt der Prüferin mit dem Steuerberater und der Schlussbesprechung ausreichend Gelegenheit gegeben worden, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Die beantragten Zeugeneinvernahmen wären aus verfahrensökonomischen Gründen nicht durchzuführen, da die Kontoübersichten für den Abschluss der Prüfung ausreichen würden. Anders als seitens der Beschwerdeführerin geltend gemacht wären Zeugeneinvernahmen zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit nicht erforderlich, da bereits aufgrund der Umstände dieser Personen - bei einem der Zeugen handle es sich um den Lebensgefährten der Beschwerdeführerin, bei den anderen um Personen, für die die Beschwerdeführerin als „Medium" eine moralische Autoritätsperson darstelle - nicht davon auszugehen wäre, dass deren Aussagen zu einer weiteren Klärung des Sachverhaltes beitragen oder die vorhandenen Sachbeweise entkräften können.
Die Abweisung der Beschwerden gegen die Umsatz-und Einkommenssteuerbescheide wurde damit begründet, dass entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde die beantragten Einvernahmen zur Wahrung des Parteiengehörs nicht notwendig gewesen wären. Der Sachverhalt wäre zu diesem Zeitpunkt bereits so vollständig erfasst gewesen, wie es nach den Umständen möglich wäre und die Indizien für die Richtigkeit der im Rahmen der Niederschrift geäußerten Interpretation der Umstände durch das Finanzamt wären so stark, dass Zeugeneinvernahmen nicht zielführend gewesen wären. Folglich wäre das Finanzamt aus verfahrensökonomischen Gründen zum Abschluss der Außenprüfung verpflichtet gewesen. Die seitens der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen wären vollständig gesichtet worden und, insofern diese Auswirkungen auf das Verfahren hätten, im Rahmen der Betriebsprüfung berücksichtigt worden. Die aus den Unterlagen gezogenen Schlussfolgerungen würden entgegen den Behauptungen in der Beschwerde weder den logischen Denkgesetzen noch der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechen. Sie würden lediglich den Behauptungen der Beschwerdeführerin widersprechen, welche diese jedoch nicht mittels Belegen untermauern konnte. Wenn behauptet werde, dass ein Teil der Einnahmen Herrn Buchmann zuzurechnen sei, so sei dies von der Beschwerdeführerin nachzuweisen. Dass die Einnahmen aus den Ägyptenreisen nicht der Beschwerdeführerin zuzurechnen wären, sei bereits im Rahmen der Außenprüfung behauptet, aber in keiner Weise nachgewiesen worden. Laut den vorliegenden Informationen seien die Reisen hauptsächlich mit dem Internetauftritt der Beschwerdeführerin beworben worden und in diesem scheine die Beschwerdeführerin als Veranstalterin auf. Hinsichtlich der behaupteten Bilderverkäufen wäre es Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen, den Nachweis zu führen, welche der Eingänge auf ihrem Konto Herrn Buchmann zuzurechnen seien. Unzweifelhaft stehe fest, dass die Beschwerdeführerin bei ihren Seminaren mehrere verschiedene Bankkonten für Zahlungen verwendet habe und auf allen diesen Konten Entgelte für ihre Leistungen eingegangen seien. Die Konten seien unzweifelhaft von der Beschwerdeführerin eingerichtet und für ihre unternehmerische Tätigkeit verwendet worden. Die Konten seien dem Finanzamt nicht bekannt gegeben und nur aufgrund der genauen Untersuchungen im Rahmen der Außenprüfung entdeckt worden. Die darauf eingegangenen Zahlungen seien weder im Rahmen der Einkommensteuererklärung noch der Selbstanzeige bekannt gegeben worden und seien keine Aufzeichnungen darüber geführt worden. Somit konnten die Bemessungsgrundlagen nur auf Basis der Kontobewegungen ermittelt werden. Wenn die Beschwerdeführerin eines oder mehrere dieser Konten ihrem Lebensgefährten zu dem Zweck zur Verfügung gestellt habe, Zahlungen von dessen Kunden in Empfang zu nehmen, würde die Beschwerdeführerin hierfür die Beweislast treffen. Wer „dunkle Geschäfte" tätige und das über diesen Geschäften lagernde Dunkel auch nachträglich gegenüber der Abgabenbehörde nicht durch lückenlose Beweisführung erhellen könne, müsse das damit verbundene steuerliche Risiko selbst tragen.
Im Rahmen des Vorlageantrages vom wurde auf das bisherige Beschwerdevorbringen sowie auf die Beantwortung des Ersuchens um Ergänzung vom verwiesen.
Mit Vorlagebericht vom wurde die gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. Da seitens des Steuerberaters zu den Streitpunkten Ägyptenreisen und Malseminar keine Neuerungen vorgebracht worden seien, werde hinsichtlich der betreffenden Einkünfte auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung und die Stellungnahme zur Beschwerde vom verwiesen. Die Einkünfte aus den Reisen nach Ägypten seien von der Prüferin zurecht der Beschwerdeführerin zugerechnet worden, da insbesondere aufgrund der Kundenwerbung ersichtlich sei, dass sie die faktische Veranstalterin sei und deren Lebensgefährte nur aus steuerlichen Gründen vorgeschoben werde. Da für die damit in Zusammenhang stehenden, in Arabisch abgefassten Rechnungen inzwischen Übersetzungen vorgelegt worden seien, könnten diese nun im Rahmen der Vorlage als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Die reinen Bilderverkäufen des Lebensgefährten seien nicht in die Berechnung einbezogen worden, sondern lediglich eine Kontrollmitteilung an das für diesen zuständige Finanzamt versendet worden. Für die Malseminare gelte dasselbe wie für die Ägyptenreisen, da diese eindeutig im Rahmen des Betriebes der Beschwerdeführerin veranstaltet worden seien. Es werde angemerkt, dass das Kto. Nr6, BLZ Nr7, zwar im Rahmen der Betriebsprüfung angefordert worden sei, aber nachdem es nicht der Beschwerdeführerin zugerechnet werden könne, sei es nicht in die bekämpften Bescheide eingeflossen. Grundstücksverkäufe in Ungarn seien nicht steuerbar, nach der geforderten -aber noch immer nicht erfolgten - Vorlage des ungarischen Steuerbescheides 2010 wären die entsprechenden Geschäftsvorgänge aus der Steuerberechnung auszuscheiden. Die geltend gemachten Vorsteuern für 2010 könnten gewertet werden, insoweit sie in Zusammenhang mit belegten betrieblichen Ausgaben stünden und ordnungsgemäße Rechnungen vorhanden seien. Die Grundfreibeträge seien auf das den höheren Einkünften laut Schätzung entsprechende Ausmaß anzuheben.
Es werde beantragt, der Beschwerde betreffend die Vorsteuerbeträge, der Rückzahlung der Sozialversicherung und bei Vorlage des ungarischen Steuerbescheides betreffend der Grundstücksverkäufe stattzugeben und betreffend der sonstigen Streitpunkten abzuweisen.
Am 19..11.2018 richtete die zuständige Richterin folgendes Schreiben an das Finanzamt:
"1. Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 bis 2012
Gemäß § 303 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
d) und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Grundsätzlich hat der Spruch eines die Wiederaufnahme verfügenden Bescheides den maßgeblichen Wiederaufnahmetatbestand anzuführen.
Liegt der vom Finanzamt angenommene Wiederaufnahmsgrund nicht vor (oder hat dieses die Wiederaufnahme tatsächlich auf keinen Wiederaufnahmsgrund gestützt), ist im Rechtsmittelverfahren der angefochtenen Wiederaufnahmebescheid des Finanzamtes ersatzlos zu beheben (vgl. ; ). Ein fehlender im angefochtenen Bescheid angeführter Wiederaufnahmegrund kann vom Finanzamt weder in einer Stellungnahme noch in einer Beschwerdevorentscheidung nachgeholt werden.
Die gegenständlichen angefochtenen Wiederaufnahmebescheide enthalten selbst keine Begründung, sondern verweisen diesbezüglich auf die "Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen Bescheid zu ersehen."
Ein im Wiederaufnahmebescheid enthaltener Verweis auf die Ausführungen in einem Außenprüfungsbericht ist rechtlich zulässig, wenn aus diesem Bericht die Wiederaufnahmegründe hervorgehen. In den diesbezüglichen Textzahlen des Außenprüfungsberichts müssen jedoch Umstände dargetan werden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind. Diese Textzahlen sind keine "bloße Serviceleistung", sondern für die Begründung der Wiederaufnahme essentiell.
Im gegenständlichen Fall enthält der Außenprüfungsbericht in "Tz 17 Wiederaufnahme des Verfahrens" selbst die herangezogenen Wiederaufnahmegründe nicht, jedoch einen Verweis auf Textzahlen im Bericht: hinsichtlich der Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer wird auf die Tz 14 verwiesen.
Textziffer 14 des Betriebsprüfungsberichtes ist die rechnerische Darstellung der Ermittlung des Gewinnes für die Jahre 2009 bis 2011. Diese Textziffer enthält keinen Verweis auf andere Schriftstücke.
Der Verweis auf eine unzutreffende Textzahl eines Prüfungsberichts vermag eine Wiederaufnahme nicht zu begründen. Es fehlt daher den angefochtenen Wiederaufnahmebescheiden betreffend Einkommesnteuer 2009 bis 2012 an einer Darstellung der neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel, auf die sie sich stützen. (vgl. RV/7103324/2017)
Um eine schriftliche Stellungnahme darf ersucht werden!
2. Vorhalteverfahren
Der Beschwerde vom wurden Vorhaltsbeantwortungen vom und vom beigelegt. Dabei wurde auf einen 2. und 3. Vorhalt Bezug genommen, woraus zu schließen ist, dass im Laufe des Betriebsprüfungsverfahrens zumindest drei Vorhalte an die Beschwerdeführerin bzw. an deren steuerlichen Vertreter gerichtet wurden. Die Beilagen zum Schreiben vom liegen nicht vor.
Es wird ersucht, den während der Betriebsprüfung durchgeführten Schriftverkehr (samt Beilagen!) vollständig vorzulegen!
3. Korrektur Umsatzsteuer
Mit Schreiben vom wurde von der Beschwerdeführerin für das Jahr 2010 die Berücksichtigung von Vorsteuer in Höhe von 2.246,13 € beantragt. Warum wurde dieser Betrag im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung nicht berücksichtigt?
4. Sozialversicherung
Mit Schreiben vom wurde die Abrechnung mit der Sozialversicherung für das Jahr 2009 vorgelegt. Warum erfolgte diesbezüglich keine Berücksichtigung im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung?
5. Kontaktdaten Zeugen
Dem Schreiben vom sollten die Kontaktdaten der beantragten Zeugen beiliegen. Diese Daten liegen dem Gericht nicht vor.
6. nicht erklärte Einnahmen
Aus dem vorliegenden Bericht samt Niederschrift ist nicht ersichtlich, wie die nicht erklärten Einnahmen ermittelt wurden. Um eine nachvollziehbare Darstellung darf ersucht werden!
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2009 | 11.902,07 |
2010 | 145.371,89 |
2011 | 96.075,71 |
2012 | 132.131,42 |
6. Tz der Niederschrift
In Tz 3 der Niederschrift wurden die Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und Leistungen aufgelistet. Der Betrag von 148.621,89 € für das Jahr 2010 ist nicht nachvollziehbar (145.371,89 + 6.500 ergibt 151.871,89). Um eine diesbezügliche Erklärung darf ersucht werden!
Einer schriftlichen Stellungnahme darf bis entgegengesehen werden!"
In einer Stellungnahme vom wurde dargelegt:
1. Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009-2012
Die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren zur Einkommensteuer 2009-2012 vom bzw. vom würden in ihren Begründungen einerseits auf den Betriebsprüfungsbericht vom und andererseits auf die Niederschrift zur Schlussbesprechung vom verweisen.
Im Rahmen des Prüfungsberichtes werde in Textziffer 17 „Wiederaufnahme des Verfahrens" fälschlicherweise auf die Tz 8-10 und 14 verwiesen. Laut Stellungnahme der Prüferin vom seien der Randziffern aufgrund einer Formatierung „verrutscht" und würden sich die eigentlichen Wiederaufnahmegründe in den Tz 7-9 für die Umsatzsteuer und Tz 13 für die Einkommensteuer befinden. Die Tz 13 des Prüfprüfungsberichtes selbst verweise in weiterer Folge im Wesentlichen auf die Punkte 7-10 der Niederschrift.
Betreffend die zitierte Entscheidung RV/7103324/2017 und das VwGH-Erkenntnis vom ,2004/13/0108 sei davon auszugehen, dass sich - da die Entscheidungen keine Ausführungen zum Inhalt der Niederschrift enthalten würden - in diesem Verfahren die Wiederaufnahmegründe ausschließlich in den Prüfungsberichten befunden hätten. Diese Entscheidungen könnten somit nicht als präjudiziell für das gegenständliche Verfahren angesehen werden, wenn die Wiederaufnahme bereits in der Niederschrift vom ausreichend begründet seien.
Dies sei der Fall, da die Wiederaufnahmegründe für die Einkommensteuerbescheide in den Punkten 7-10 der Niederschrift auch ohne Rückgriff auf den Prüfbericht ausreichend begründet seien und sich in der Niederschrift - anders als im Prüfbericht - keine falschen Verweise finden würden.
Zwar verweise die irrtümlich in der Verweiskette fehlende Textziffer 13 des Prüfberichtes auf die Punkte 7-10 der Niederschrift, gleichzeitig existiere aber eben auch ein Verweis auf die Niederschrift in den Wiederaufnahmebescheiden selbst. Die Niederschrift sei Teil des Prüfberichtes, ein falscher Verweis in dem anderen Dokument könne also nicht dazu führen, dass die Niederschrift bei der Überprüfung des Vorliegens von Wiederaufnahmegründen unberücksichtigt bleibe.
Durch den Verweis auf die Niederschrift zur Schlussbesprechung und den AP-Bericht bringe das Finanzamt zum Ausdruck, dass es sämtliche sachverhaltsmäßige Umstände, die in der Niederschrift angeführt seien, als neu hervorgekommenen Tatsachen der Wiederaufnahme zugrundelege (-G/11).
2. Vorhalteverfahren
Die insgesamt vier Vorhalte würden der Nachreichung beigelegt, ebenso die Beilagen zum Schreiben vom . Die eingegangenen Vorhalteverantwortungen würden dem BFG bereits vorliegen. Der Vollständigkeit wegen werde zusätzlich noch der gesamte, chronologisch geordnete elektronische Akt, wie er dem Finanzamt vorliege, mitgesendet; dieser enthalte alle im Finanzamt vorliegenden Unterlagen (Korrespondenz, Rechnungen etc.), also auch die der Vorlage und Nachreichung nochmals separat angehängten Dokumente.
3. Korrektur Umsatzsteuer und 4. Sozialversicherung
Die nachträglich beigebrachten Belege seien irrtümlich nicht in die Beschwerdevorentscheidung mit einbezogen worden und müssten daher noch berücksichtigt werden.
5. Kontaktdaten Zeugen
Die Kontaktdaten der Zeugen würden als Teil der in Punkt 2. angeforderten Beilagen zum Schreiben vom zur Nachreichung gelangen.
6. Nicht erklärte Einnahmen
Die Berechnungsunterlagen der Prüferin würden als Teil der Nachreichung hochgeladen.
7. Tz 3 der Niederschrift
Die Prüferin habe anstelle der der Beschwerdeführerin übergebenen Finalversion irrtümlich eine alte Version der Niederschrift in den elektronischen Akt hochgeladen. Die Finalversion werde als Anlage mitgesendet.
Folgende Beilagen wurden übermittelt: Vorhalt 1, Vorhalt 2, Beilagen zum Schreiben , Vorhalt 3, Vorhalt 4, Arbeitsbogen Seiten 1-407, Niederschrift, Ermittlung der Erkl Einnahmen, nicht erklärte Einnahmen Konto Nr4 und Nr2, Stellungnahme.
Am wurde vom steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin dem Bundesfinanzgericht ein Schreiben übermittelt, mit welchem der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie auf Senatszuständigkeit und die Beschwerde betreffend Anspruchszinsen 2009 bis 2012 zurückgezogen wurden.
II. Beweiswürdigung
Die entscheidungsrelevanten Umstände ergeben sich zweifelsfrei aus den vorgelegten Aktenteilen.
III. Rechtliche Grundlagen
§ 303 BAO lautet:
(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
(2) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten: a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird; b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.
(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen.
§ 261 Abs. 2 BAO lautet:
Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen gemäß § 299 Abs. 1 oder § 300 Abs. 1 aufhebenden Bescheid oder gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1) entsprochen, so ist eine gegen den den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid (§ 299 Abs. 2 bzw. § 300 Abs. 3) oder eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.
§ 307 Abs. 3 BAO lautet:
Durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.
§ 278 BAO lautet:
(1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
§ 256 BAO lautet:
(1) Beschwerden können bis zur Bekanntgabe (§ 97) der Entscheidung über die Beschwerde zurückgenommen werden. Die Zurücknahme ist schriftlich oder mündlich zu erklären.
(2) Wurden Beitrittserklärungen abgegeben, so ist die Zurücknahme der Bescheidbeschwerde nur wirksam, wenn ihr alle zustimmen, die der Beschwerde beigetreten sind.
(3) Wurde eine Beschwerde zurückgenommen (Abs. 1), so ist sie mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.
IV. Rechtliche Erwägungen
A Wiederaufnahme des Verfahrens allgemein
Werden sowohl der Wiederaufnahmebescheid als auch der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangene Sachbescheid bekämpft, so ist nach der auch für das Beschwerdeverfahren sinngemäß geltenden ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst über das Rechtsmittel gegen den Wiederaufnahmebescheid zu entscheiden ().
Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen. Die Abänderungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes "nach jeder Richtung" ist durch die Sache begrenzt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der Abgabenbehörde gebildet hat (Fischerlehner, Abgabenverfahren², § 279, Anm 2).
Bei einer Entscheidung über eine Beschwerde gegen die amtswegige Wiederaufnahme durch ein Finanzamt ist daher vom Verwaltungsgericht zu prüfen, ob dieses Verfahren aus den vom Finanzamt gebrauchten Gründen wiederaufgenommen werden durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmegründen zulässig gewesen wäre. Liegt der vom Finanzamt angenommene Wiederaufnahmegrund nicht vor oder hat das Finanzamt die Wiederaufnahme tatsächlich auf keinen Wiederaufnahmegrund gestützt, muss das Verwaltungsgericht den bekämpften Wiederaufnahmebescheid ersatzlos beheben. Das Verwaltungsgericht darf die Wiederaufnahme nicht auf Grund von Tatsachen bestätigen, die vom erstinstanzlichen Bescheid nicht herangezogen wurden.
Bei der Wiederaufnahme von Amts wegen legt das Finanzamt mit der Erlassung des Wiederaufnahmebescheides fest, aus welchen Gründen es das Verfahren wiederaufgenommen hat. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wird nur darüber entschieden, ob die Wiederaufnahme aus dem vom Finanzamt herangezogenen Gründen zulässig ist. Fehlt die Angabe der Wiederaufnahmegründe, kann dies im Beschwerdeverfahren nicht mehr saniert werden.
Die Ergänzung einer mangelhaften Begründung der auf Grund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Wiederaufnahmebescheide in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar ().
Der Verwaltungsgerichthof hat wiederholt ausgesprochen, dass ein Verweis in den Wiederaufnahmebescheiden auf den Prüfungsbericht entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig ist (). In den diesbezüglichen Tz des Außenprüfungsberichtes müssen jedoch Umstände dargetan werden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind (vgl. ; ).
Grundsätzlich hat der Spruch eines die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheides den maßgeblichen Wiederaufnahmetatbestand anzuführen. Ist dies nicht der Fall, kann die Begründung des Bescheides als Auslegungsbehelf herangezogen werden. Es ist Aufgabe der Abgabenbehörde, die von ihr verfügte Wiederaufnahme durch unmissverständliche Hinweise darauf zu begründen, welche Tatsachen oder Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sind.
In der automatisationsunterstützten Begründung der Wiederaufnahmbescheide wird auf § 303 Abs. 1 BAO verwiesen. Daraus ist nicht ersichtlich, auf welchen der in § 303 Abs. 1 BAO angeführten Tatbeständen (lit. a bis c) die Wiederaufnahme des Verfahrens gegenständlich gestützt werden soll.
Das Wort "Wiederaufnahme" findet sich im Prüfungsbericht nur in den Tz 17 (mit Verweis auf § 303 Abs 4 BAO, der seit nicht mehr in Geltung ist; es wurde der amtliche Vordruck in der Fassung 03/01 verwendet), das Wort "neu" kommt im gesamten Außenprüfungsbericht nicht vor.
Der Hinweis der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung, die Beschwerdeführerin sei spätestens im Zuge der Schlussbesprechung über die neu hervorgekommenen Tatsachen in Kenntnis gesetzt worden, geht insofern ins Leere, als nicht relevant ist, ob die Beschwerdeführerin Kenntnis von einem Wiederaufnahmegrund hat, sondern ob der Wiederaufnahmegrund in der Begründung des die Wiederaufnahme verfügenden Bescheides nachvollziehbar dargestellt wird.
Zusammengefasst bedeutet dies, dass weder in den angefochtenen Wiederaufnahmebescheiden noch im BP-Bericht oder in der Niederschrift ausdrücklich festgestellt wurde, auf welchen Wiederaufnahmetatbestand das Finanzamt die Wiederaufnahme stützen wollte.
B Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 bis 2012
Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung wurde hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer auf die Tz 14 verwiesen. Entscheidend ist im Beschwerdefall somit, ob unter der genannten Textziffer Umstände dargetan werden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind ().
Wie in Punkt I. ersichtlich ist, gibt Tz. 14 die Ermittlung des Gewinnes für die Jahre 2009 bis 2011 ohne Verweis auf weitere Tz. des Berichtes wieder. In der Zeile "Berichtigung lt. Bp" wird für jedes der Jahre 2009 bis 2011 ein Betrag angeführt ohne Hinweis darauf, wie sich dieser Betrag ergibt bzw. auf welchen Neuerungstatbestand das Finanzamt die Wiederaufnahme des Verfahrens stützt.
Entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ) darf das Verwaltungsgericht aus dem im Betriebsprüfungsbericht gegebenen Hinweis auf einzelne Textziffern im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Verfahren folgern, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand gestützt hat und die in den einzelnen Textziffern getroffenen Prüfungsfeststellungen jenen Tatsachenkomplex bilden, der nach Ansicht des Finanzamtes im Zuge der Prüfung neu hervorgekommen ist.
Aus einer Berechnung, die für jedes Jahr aus drei Beträgen (Gewinn lt. Veranlagung, Berichtigungen lt. BP, Gewinn lt. BP) besteht, kann kein Tatsachenkomplex erkannt werden, wobei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen ist, dass sich die Berechnung für das Jahr 2012 in Tz 15 befindet, auf welche überhaupt nicht verwiesen wurde. Ein Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 303 BAO lässt sich daraus nicht entnehmen. (vgl. )
Das Finanzamt führt in seiner Stellungnahme vom aus, dass im Rahmen des Prüfberichts in Tz 17 fälschlich auf Tz 14 verwiesen wurde. Die Rz seien aufgrund einer Formatierung "verrutscht", die Wiederaufnahmegründe betreffend Einkommensteuer würden sich in Tz 13 befinden.
Der Rechtssatz des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/2101289/2016 lautet: "Wird zur Begründung der Wiederaufnahme des Verfahrens auf die falsche Textziffer des BP-Berichtes verwiesen, so ist die Verfahrenswiederaufnahme unzureichend begründet." Im gleichen Tenor hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden: Der Verweis auf eine unzutreffende Tz eines Prüfungsberichtes vermag eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zu begründen ().
Der Beschwerde ist daher hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 bis 20012 stattzugeben und die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
C Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2010 bis 2012
Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung wurde hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2010 bis 2012 auf die Tz 8-10 verwiesen. Entscheidend ist im Beschwerdefall somit, ob unter den genannten Textziffern Umstände dargetan werden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind ().
Entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ) darf das Verwaltungsgericht aus dem im Betriebsprüfungsbericht gegebenen Hinweis auf einzelne Textziffern im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Verfahren folgern, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand gestützt hat und die in den einzelnen Textziffern getroffenen Prüfungsfeststellungen jenen Tatsachenkomplex bilden, der nach Ansicht des Finanzamtes im Zuge der Prüfung neu hervorgekommen ist.
Sind die Bescheidausführungen mangelhaft, hat das Verwaltungsgericht ausgehend vom genannten Wiederaufnahmegrund diesen zu prüfen und zu würdigen und gegebenenfalls erforderliche Ergänzungen vorzunehmen.
Wie in Punkt I ersichtlich ist, gibt Tz 8 die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für jene Umsätze wieder, welche einer Umsatzsteuer vom 20 % unterliegen. Tz 8 verweist auf Punkt 4 der Niederschrift. Tz 4 der Niederschrift beschreibt jenen Umstand, dass in den Jahren 2009 und 2010 die Umsätze zunächst gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 steuerfrei belassen worden seien. Da mit den Hinzuschätzungen die für die Kleinunternehmerregelung relevante Grenze bereits 2009 überschritten worden sei, seien die Erlöse ab 2010 der Umsatzsteuer zu unterziehen. Daraus ergibt sich, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt hat, weil es die Ansicht vertrat, dass Umsatzzuschätzungen notwendig wären, weil die Beschwerdeführerin die erzielten Umsätze nicht vollständig erklärt habe.
Somit hat nunmehr das Verwaltungsgericht zu prüfen, ob die vom Finanzamt durchgeführten Umsatzzuschätzungen geeignet sind, das Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2010 bis 2012 wiederaufzunehmen. Das Finanzamt hat in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden Zuschätzungen vorgenommen, deren Zufluss von der Beschwerdeführerin bestritten werden.
Aus Tz 2 ergibt sich, dass die Zuschätzungen einerseits aus Einnahmen auf nicht offen gelegten Konten und andererseits aus nicht erklärten Einnahmen resultieren.
Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich, dass die Einnahmen auf den nicht offen gelegten Konten dem Lebensgefährten der Beschwerdeführerin zuzurechnen seien. Er verfüge über kein eigenes Konto und würde Einnahmen aus Bilder und Einnahmen aus der Veranstaltung von Reisen nach Ägypten über Konten seiner Lebensgefährtin verrechnen. Das Finanzamt geht davon aus, dass die Beschwerdeführerin Reiseveranstalterin war und ihr die Einnahmen zuzurechnen seien. Im Rahmen eines Vorhalteverfahrens legte das Finanzamt Rechnungen über Gruppenreisen nach Ägypten vor, die auf den Lebensgefährten der Beschwerdeführerin lauten. Aus den für die Beurteilung der Wiederaufnahme des Verfahrens relevanten Unterlagen (Wiederaufnahmebescheide, BP-Bericht, Niederschrift) kann nicht festgestellt werden, wem die strittigen Einnahmen zugeflossen sind. Nach ho Ansicht ist in diesem Zusammenhang der Sachverhalt nicht ausreichend erhoben worden. Es fehlen Feststellungen darüber, mit wem die Reiseteilnehmer einen Vertrag abgeschlossen haben, wer für sie der Ansprechpartner war, ob sie ein Malseminar oder eine spirituelle Reise gebucht habe, wie die (angebliche) Verrechnung zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Lebensgefährten durchgeführt wurde, ob von der Beschwerdeführerin und dem Lebensgefährten gemeinsam veranstaltete Reisen vorliegen.
Die nicht erklärten Einnahmen wurden vom Finanzamt anhand von Fotos, auf denen die Anzahl der Kursteilnehmer ersichtlich ist, im Schätzungsweg ermittelt. Das Finanzamt geht dabei davon aus, dass jeweils mehr zahlende Teilnehmer anwesend waren, als von der Beschwerdeführerin behauptet wurde. Die Beschwerdeführerin erklärt diese Differenz damit, dass auch Verwandte und nicht zahlende Teilnehmer die Seminare besucht hätten, um eine bessere Optik zu erzielen. Von den anwesenden Personen könne daher nicht auf die erzielten Einnahmen hochgerechnet werden. Nach ho Ansicht ist auch in diesem Zusammenhang der Sachverhalt nicht ausreichend festgestellt worden. Es fehlen Feststellungen darüber, wie viele der anwesenden Teilnehmer die Seminare bezahlt haben, wie die Bezahlung erfolgt ist (bar jeweils bei den Veranstaltungen oder per Einzahlung), ob alle Teilnehmer während der gesamten Seminardauer anwesend waren, ob Personen anwesend waren, die keine Teilnahmegebühr entrichtet haben.
Für die Beurteilung, ob die durchgeführten Zuschätzungen geeignet sind, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu rechtfertigen, ob also tatsächlich seitens der Beschwerdeführerin Einnahmen erzielt wurden, die sie nicht der Umsatzsteuer unterzogen hat, sind die angeführten fehlenden Feststellungen essentiell. Die wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat, sind somit ergänzungsbedürftig.
Gemäß § 278 Abs. 1 BAO kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1 BAO) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung unterbleiben hätte können.
Die für die Beurteilung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes erforderlichen und auch für das Bescheidergebnis wesentlichen Ermittlungen könnten zwar noch vom Bundesfinanzgericht im Rahmen eines das mangelhafte erstinstanzliche Ermittlungsverfahren substituierende Verfahren vorgenommen werden, reichen aber schon an ein Ausmaß heran, in dem für den Beschwerdefall von einer Verschiebung der der Abgabenbehörde zukommenden Ermittlungspflicht auf Ebene des Verwaltungsgerichtes gesprochen werden muss (vgl Sutter in Holoubek/Lang, Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht; Die Entscheidung in der Sache im Steuerverfahren, S. 275) .
Da es im Beschwerdefall bei den ausstehenden Ermittlungshandlungen nicht bloß um punktuell und lückenschließend vorzunehmende Ermittlungshandlungen geht, sondern umfangreiche Ermittlungshandlungen (wie zB die Durchführung mehrerer Zeugeneinvernahmen) nachzuholen sind, kann nicht von einer erheblichen Kostenersparnis gesprochen werden, wenn das Bundesfinanzgericht gleichsam als Abgabenbehörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt erstmals ermittelt.
Zur Ermessensübung ist auszuführen, dass das Kriterium der Billigkeit dafür spricht, gegenüber einer Partei bereits im Verfahren vor der Abgabenbehörde ein ordnungsgemäßes Beweisverfahren und somit insgesamt ein mängelfreies, die Parteienrechte wahrendes Ermittlungsverfahren nach den §§ 114 ff BAO durchzuführen. Die Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens wesentlicher Ermittlungsschritte einer Verwaltungsbehörde zu einer Verlagerung eines Großteils des Verfahrens vor das Verwaltungsgericht käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn ein Verwaltungsgericht, statt seine (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Organisation ist, die erstmals alle Aspekte des entscheidungswesentlichen Sachverhalts ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.
Die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt ist zweckmäßig, weil es die Kapazitäten des Verwaltungsgerichtes übersteigt, grundlegende Ermittlungen durchzuführen. Diese Ermittlungen können vom Verwaltungsgericht nicht rascher durchgeführt werden als vom Finanzamt. Die Durchführung durch das Verwaltungsgericht wäre auch nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden, zumal im weiteren Verfahren Zeugeneinvernahme notwendig sein werden. Dafür müsste die Richterin entweder nach Wien oder die Zeugen müssten nach Linz reisen, wobei jeweils nicht unbeträchtliche Reisegebühren anfallen würden.
Aus folgenden Gründen rechtfertigt der Verweis auf Tz 5 (Vorsteuerkorrektur iHv 23,80 € im Jahr 2011) die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2011 nicht: Die dort getroffene Feststellung vermindert die abziehbare Vorsteuer um 23,80 €. Das entspricht einer Änderung um 0,91 %. Bezogen auf die bisherige Zahllast (4.002,27 €) handelt es sich um eine geringfügige Korrektur von 0,59 %.
Daher kommt das Bundesfinanzgericht zu dem Schluss, dass bei der Interessensabwägung iSd § 20 BAO zur Rechtfertigung der Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO in Hinblick auf eine Vorsteuerkorrektur in Höhe von 23,80 € dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit Vorrang gegenüber jenem der Rechtsrichtigkeit einzuräumen, zweckmäßig daher das Unterlassen der Wiederaufnahme ist.
Was die Kürzung von Vorsteuern für private Aufwendungen im Jahr 2011 iHv 285,87 € (Tz 6 der Niederschrift) anlangt, ist auf die Ausführungen in Zusammenhang mit Tz 4 zu verweisen, wonach essentielle Sachverhaltsfeststellungen fehlen. Das Finanzamt hat nicht ausgeführt, um welche privat veranlassten Aufwendungen es sich handelt, für die kein Vorsteuerabzug zustehen würde. Die wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat, sind somit ebenfalls ergänzungsbedürftig.
D Umsatzsteuer 2010 bis 2012 und Einkommensteuer 2009 bis 2012
Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2010 bis 2012 und die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2012 wurden im Rahmen der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO erlassen. Wie unter Punkt A, B und C ausgeführt wurde, werden die Bescheide vom bzw. vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 2010 bis 2012 und Einkommensteuer 2009 bis 2012 aufgehoben.
Gemäß § 307 Abs. 3 BAO tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat. Durch die Aufhebung scheidet somit der neue Sachbescheid ex lege aus dem Rechtsbestand aus und der alte Sachbescheid lebt wieder auf.
§ 261 Abs. 2 BAO normiert die Gegenstandsloserklärung für Beschwerden gegen neue Sachbescheide mit Beschluss, wenn der Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid stattgegeben wird.
E Anspruchsszinsen
Die Beschwerde vom wurde betreffend Anspruchszinsen 2009 bis 2012 zurückgezogen.
Gemäß § 256 Abs. 3 BAO war die Beschwerde daher insofern als gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.
Revision
betreffend Spruchpunkt I.:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine einzelfallbezogene Beurteilung ist somit im Allgemeinen nicht revisibel, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. oder ).
Wie unter Punkt B ausgeführt, ist die Rechtslage hinsichtlich der Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 bis 2012 durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits beantwortet. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig.
betreffend Spruchpunkt II.:
Nach Art. 133 Abs. 9 B-VG iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
In Zusammenhang mit der Aufhebung und Zurückverweisung betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 2010 bis 2012 (vgl. Punkt C) ist die ordentliche Revision unzulässig, weil die Frage, ob der Umfang der vom Bundesfinanzgericht zur Erforschung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes selbst vorzunehmenden Ermittlungen im konkreten Einzelfall jenes Ausmaß überschreitet, das eine Aufhebung und Zurückverweisung rechtfertigt, eine Sachfrage (nämlich Fehlen wesentlicher Sachverhaltsermittlungen) ist, die in freier Beweiswürdigung beurteilt wurde.
Da sich die Entscheidung betreffend Umsatzsteuer 2010 bis 2012 und Einkommensteuer 2009 bis 2012 unmittelbar aus § 261 Abs. 2 BAO ergibt (vgl. Punkt D), liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig.
In Zusammenhang mit dem Beschluss betreffend Anspruchszinsen ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, weil sich die Rechtsfolge der Gegenstandsloserklärung bei Zurücknahme eines Rechtsmittels aus dem Gesetz ergibt und somit nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 261 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 307 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 256 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100596.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at