Aufhebung Wiederaufnahmebescheide mangels Eignung im Spruch anders lautende Bescheide herbeizuführen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri über die Beschwerde vom des Beschwerdeführers Bf gegen die Bescheide des Finanzamtes betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2009 – 2011, jeweils vom , zu Recht erkannt:
I)
Die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2009 – 2011 werden aufgehoben.
II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt legte die Berufung vom vor dem an den Unabhängigen Finanzsenat vor. Sie gilt deshalb gem. § 323 Abs. 38 BAO als Beschwerde, über die das Bundesfinanzgericht abzusprechen hat.
Von der gültigen Geschäftsverteilung wurde sie vorerst der Gerichtsabteilung 6011 zur Erledigung zugewiesen. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde sie der Gerichtsabteilung 6022 übertragen.
1. Verfahrensgang
Die Einkommensteuererklärung für 2009 wurde vom Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) am elektronisch eingereicht. Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2009 vom Finanzamt erlassen. Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2009 vom gemäß § 299 BAO aufgehoben und ein neuer Sachbescheid erlassen. Am erfolgte eine Berichtigung des Einkommensteuerbescheides 2009 gemäß § 293 BAO.
Die Einkommensteuererklärung für 2010 wurde vom BF am elektronisch beim Finanzamt eingereicht. Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2010 vom Finanzamt erlassen.
Die Einkommensteuererklärung für 2011 wurde vom BF am elektronisch beim Finanzamt eingereicht. Am wurde der Einkommensteuerbescheid 2011 vom Finanzamt erlassen.
Nach einer beim BF durchgeführten Außenprüfung wurden vom Finanzamt mit Bescheiden vom Wiederaufnahmen der Verfahren betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 – 2011 verfügt und neue Einkommensteuersachbescheide für die Jahre 2009 – 2011 erlassen. Der BF brachte mit Schreiben vom eine Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 – 2011 und gegen die Einkommensteuersachbescheide 2009 – 2011 ein. Als Begründung betreffend die Wiederaufnahmebescheide wurde ausgeführt, dass kein Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliege, da im BP-Verfahren keine neuen Tatsachen hervorgekommen seien, sondern lediglich eine unvertretbare Ansicht der Finanzbehörde über die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kursverlusten bei betrieblichen Verbindlichkeiten. Eine Rechtsansicht der Finanzbehörde sei keine neue Tatsache. Der BF beantrage daher die Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide. Hinsichtlich der Sachbescheide wurde vorgebracht, dass die irrige Rechtsansicht der Finanzbehörde, wonach Kursverluste auch bei Gewinnermittlung gem. § 5 EStG 1988 erst bei Realisierung abzugsfähig sein sollten, gegen elementare Grundsätze des Steuerrechts verstoße. In weiterer Folge legte das Finanzamt die gegenständliche Beschwerde – damals noch – dem Unabhängigen Finanzsenat ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vor.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
2. Sachverhalt
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts basiert auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes abgebildet und soweit nicht gesondert angeführt unbestritten ist.
Seitens des Finanzamtes wurden n ach einer beim BF durchgeführten Außenprüfung mit Bescheiden vom Wiederaufnahmen des Verfahrens betreffend der Einkommensteuer für die Jahre 2009 – 2011 verfügt und neue Einkommensteuersachbescheide für die Jahre 2009 – 2011 erlassen. Mit diesen neuen Sachbescheiden für die Jahre 2009 – 2011 wurden Fremdwährungskursverluste bei zwei betrieblichen Fremdwährungsdarlehen in den angeführten Jahren nicht als Betriebsausgaben anerkannt und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erhöht.
Die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 – 2011 wurden folgendermaßen begründet:
„Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (4) BAO aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu ersehen. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen können auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden.“
Im Bericht gem. § 150 BAO vom über das Ergebnis der Außenprüfung wurde zur Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO auf Tz 1 verwiesen. Unter Tz 1 „Kursverlust Fremdwährungsdarlehen“ wird zum Sachverhalt im Wesentlichen nachfolgendes ausgeführt:
„In den Bilanzen sind Fremdwährungsdarlehen enthalten. Es handelt sich um zwei endfällig gestellte Kredite in Schweizer Franken, von denen im Prüfungszeitraum (bis ) keine Kapitalrückzahlungen getätigt worden sind. Erst im Jahr 2012 ist eine Tilgung eines der zwei Kredite durch Belastung des betrieblichen Girokontos erfolgt. Durch den gestiegenen Kurs des Schweizer Frankens sind in den Jahren 2009 – 2011 aufwandsmäßig Kursverluste verbucht worden.“
Unter dem Punkt „Rechtliche Würdigung“ wird ausgeführt:
„Für obige Kredite wurde keine (Teil)tilgung oder Konvertierung in Euro vorgenommen. Erst die Konvertierung eines Fremdwährungsdarlehens in ein Euro-Darlehen oder in ein wechselkursstabiles Fremdwährungsdarlehen stellt einen steuerrelevanten Tausch dar und führt dann zu einer Kursverlustrealisierung. Hinweis auf die ESt – Richtlinien RZ 671.
Der Ausweis der Veränderung des Fremdwährungsdarlehens als Kursverlust in der Gewinn- und Verlustrechnung verstößt gegen das steuerliche Leistungsfähigkeitsprinzip (ein Buchverlust bedeutet keine Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit), gegen das Realisationsprinzip (Buchverluste gelten als nicht realisiert) und gegen die Bilanzwahrheit (unwahre Darstellung der Ertragslage). Der Kursverlust ist als nicht realisierte Währungsdifferenz nicht in der Gewinnermittlung, sondern im Rücklagenteil des § 5 – Gewinnermittlers erfolgsneutral zu verbuchen und steuerlich nicht wirksam und demnach einkommensneutral. Die Realisierung tritt erst dann ein, wenn in den Euro gewechselt wird oder eine Tilgung stattfindet.“
Seitens des BF wurden die Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2009 – 2011 in elektronischer Form eingereicht. Die Jahresabschlüsse der Jahre 2009 – 2011 wurden jeweils in Papierform an das Finanzamt übermittelt und zwar der Jahresabschluss für 2009 laut Eingangsstempel des Finanzamtes am , der Jahresabschluss für 2010 laut Eingangsstempel des Finanzamtes am und der Jahresabschluss für 2011 laut Eingangsstempel des Finanzamtes am .
In dem vom Finanzamt an das BFG übermittelten Veranlagungsakt befinden sich betreffend das Jahr 2009 nur der Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 und der Sachbescheid betreffend Einkommensteuer 2009 jeweils vom . Die restlichen Unterlagen wurden laut Mitteilung des Finanzamtes vom bereits skartiert. Im Jahr 2010 befindet sich unter Aktenseite 9 ein Ersuchen um Ergänzung vom , mit dem die Vorlage der Kreditverträge (CHF Kredite in Kopie) und die Ermittlung des Kursverlustes aus den CHF-Krediten in Höhe von € 37.194,06 (Im Vorjahr betrug der Kursverlust € 1.330,14) vom BF angefordert wurden.
3. Beweiswürdigung
Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. In Befolgung dieser Grundsätze ist der oben dargestellte Sachverhalt deshalb wie folgt zu würdigen.
Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben des BF sowie auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen des Finanzamtes und ist insoweit unstrittig.
4.Rechtsgrundlagen, rechtliche Würdigung
Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs. 1 BAO).
§ 303 Abs. (1) Bundesabgabenordnung (BAO) idF vor BGBl I 2013/14 lautete:
Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und
a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne "grobes" Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder
c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (BGBl I 2002/97 ab ).
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme gemäß Abs. 1 ist binnen "einer Frist von drei Monaten" von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat (BGBl 1980/151).
(3) Wenn die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen ist, kann der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens auch bei der Abgabenbehörde erster Instanz eingebracht werden, die im Zeitpunkt der Antragstellung zur Abgabenerhebung zuständig ist (BGBl I 1999/106 ab )
(4) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Bei der lit. b) leg. cit. kommen nur neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel als tauglicher Wiederaufnahme grund in Betracht, dh wenn sie im abgeschlossenen Verfahren bereits vorhanden waren, aber nicht berücksichtigt wurden, weil sie nicht bekannt waren (nova reperta). Tatsachen sind mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände. Beweismittel dienen zur Herbeiführung eines Urteiles über Tatsachen.
Die Wiederaufnahme aufgrund neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel bietet die Möglichkeit, bisher unbekannten, aber entscheidungsrelevanten Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen, dient aber nicht dazu, bloß die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung eines offengelegten Sachverhaltes zu beseitigen ( ).
Nach dem Erkenntnis des VwgH , 2006/13/0107, sind Tatsachen im Sinne des § 303 BAO ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht, geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente - gleichgültig, ob diese späteren rechtlichen Erkenntnisse (neuen Beurteilungskriterien) durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen werden - sind keine Tatsachen. Die nachteiligen Folgen einer früheren unzutreffenden Würdigung oder Wertung des offen gelegt gewesenen Sachverhaltes oder einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung - gleichgültig durch welche Umstände veranlasst - lassen sich bei unveränderter Tatsachenlage nicht nachträglich im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens beseitigen (vgl. etwa ). Eine Wiederaufnahme eines mit Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist daher dann ausgeschlossen, wenn der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufzunehmenden Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (siehe etwa ).
Hinsichtlich des Jahres 2009 ist festzuhalten, dass mit eine Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für 2009 vom erfolgte. Der Jahresabschluss betreffend das Jahr 2009 wurde vom BF laut Eingangsstempel des Finanzamtes am eingebracht. Es steht somit fest, dass die Bilanz des Jahres 2009 dem Finanzamt ausreichend lange vor Erlassung des Erstbescheides vom bzw. vor Erlassung des Aufhebungsbescheides gem. § 299 BAO vom übermittelt wurde.
Betreffend des Jahres 2011 ist auszuführen, dass der Jahresabschluss vom BF laut Eingangsstempel des Finanzamtes am an das Finanzamt übermittelt wurde. Der Erstbescheid betreffend Einkommensteuer 2011 wurde am vom Finanzamt erlassen.
In den Jahresabschlüssen sind sowohl die Kreditkonten betreffend die CHF-Kredite als auch die aufwandswirksam geltend gemachten Kursverluste angeführt.
Der Umstand, dass seitens des BF die Kursverluste der beiden Schweizer Franken Kredite in den jeweiligen Jahren aufwandswirksam geltend gemacht worden sind, war dem Finanzamt somit jedenfalls im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide für den Zeitraum 2009 und 2011 bekannt. Dies wird für das Jahr 2009 auch durch das im Jahr 2010 anlässlich einer Nachbescheidkontrolle mit Schreiben vom durchgeführte Vorhalteverfahren, in dem die Vorlage der Kreditverträge (CHF Kredite in Kopie) und die Ermittlung des Kursverlustes aus den CHF-Krediten in Höhe von € 37.194,06 angefordert wurden, verdeutlicht.
Eine Wiederaufnahme ist unter anderem dann ausgeschlossen ist, wenn der Sachverhalt so vollständig bekannt ist, dass bei richtiger rechtlicher Subsumtion schon im abgeschlossenen Verfahren eine Beurteilung möglich war, wie sie im wiederaufgenommenen Verfahren erfolgt ist. Dies ist gegenständlich der Fall. Das Bundesfinanzgericht ist auf Grund der oben dargestellten Aktenlage zu der Ansicht gelangt, dass bei rechtlich richtiger Subsumtion schon in den abgeschlossenen Einkommensteuerverfahren hinsichtlich der Jahre 2009 und 2011 eine Beurteilung möglich war, wie sie in den wiederaufgenommenen Verfahren erfolgt ist.
Welche erst später neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel in den abgeschlossenen Einkommensteuerverfahren zur Beurteilung fehlten, dass eine aufwandswirksame Berücksichtigung der Fremdwährungskursverluste in den streitgegenständlichen Jahren nicht möglich sei, ist im vorliegenden Beschwerdefall nicht zu erkennen.
Nach , ÖStZB 2006/470, S 568, kann von einer Offenlegung des maßgeblichen Sachverhaltes jedenfalls dann gesprochen werden, wenn dem Finanzamt eine Richtigstellung der Besteuerungsgrundlagen aufgrund des offengelegten Sachverhaltes schon im abgeschlossenen Verfahren ohne weitere Sachverhaltsergänzungen möglich gewesen wäre.
Das Bundesfinanzgericht ist aus den angeführten Gründen zu der Ansicht gelangt, dass in den Jahren 2009 und 2011 keine neuen Tatsachen iSd § 303 BAO vorliegen, und daher keine Wiederaufnahmegründe gegeben sind.
In rechtlicher Hinsicht ist weiters festzuhalten, dass (Bank)Verbindlichkeiten in ausländischer Währung grundsätzlich mit dem Rückzahlungsbetrag zu passivieren sind. Dabei ist der im Zeitpunkt der Kreditaufnahme maßgebliche Kurs zum Ankauf der Devisen (Briefkurs, Waren-Devisen-Kurs) zu Grunde zulegen. Ist der Briefkurs zum Bilanzstichtag höher, so kann bzw. muss bei einem § 5 Abs. 1 EStG 1988 Gewinnermittler der höhere Teilwert angesetzt werden.
Wiederaufnahmsgründe sind nur entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente (vgl. Ritz, BAO6 mit Verweis auf VwGH 11.9.1997, 97/15/0078; 26.6.2000, 96/14/0176). Dies sind solche, die im neuen Sachbescheid zu berücksichtigen, somit seinen Spruch zu beeinflussen geeignet sind (vgl zB Stoll, BAO, 2917). Eine Wiederaufnahme setzt – neben dem Vorliegen von Wiederaufnahmsgründen – voraus, dass die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Vom Finanzamt wurde die Wiederaufnahme der Verfahren in den Jahren 2009 – 2011 folgendermaßen begründet:
„Für obige Kredite wurde keine (Teil)tilgung oder Konvertierung in Euro vorgenommen. Erst die Konvertierung eines Fremdwährungsdarlehens in ein Euro-Darlehen oder in ein wechselkursstabiles Fremdwährungsdarlehen stellt einen steuerrelevanten Tausch dar und führt dann zu einer Kursverlustrealisierung. Hinweis auf die ESt – Richtlinien RZ 671.
Der Ausweis der Veränderung des Fremdwährungsdarlehens als Kursverlust in der Gewinn- und Verlustrechnung verstößt gegen das steuerliche Leistungsfähigkeitsprinzip (ein Buchverlust bedeutet keine Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit), gegen das Realisationsprinzip (Buchverluste gelten als nicht realisiert) und gegen die Bilanzwahrheit (unwahre Darstellung der Ertragslage). Der Kursverlust ist als nicht realisierte Währungsdifferenz nicht in der Gewinnermittlung, sondern im Rücklagenteil des § 5 – Gewinnermittlers erfolgsneutral zu verbuchen und steuerlich nicht wirksam und demnach einkommensneutral. Die Realisierung tritt erst dann ein, wenn in den Euro gewechselt wird oder eine Tilgung stattfindet.“
Beim BF handelt es sich um einen § 5 Abs. 1 EStG 1988 Gewinnermittler. Nachdem ein § 5 Abs. 1 EStG 1988 Gewinnermittler verpflichtet ist, bei einem Kursanstieg der Fremdwährungsverbindlichkeit den höheren Teilwert anzusetzen (vgl. etwa Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, § 6, Rz 265f, Rz 279 oder ) , gehen die rechtlichen Ausführungen in der Begründung der Wiederaufnahmebescheide ins Leere. Die genannten Wiederaufnahmegründe waren somit nicht geeignet im Spruch anders lautende Bescheide herbeizuführen.
Die angefochtenen Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2009 – 2011 vom waren daher ersatzlos aufzuheben.
4.1. Revision
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).
Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch Rechtsprechung ausreichend geklärt bzw. wurden sie in der Literatur (siehe oben) einhellig beantwortet. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 5 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100485.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at