TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.06.2019, RV/3100392/2019

Keine Anspruch auf Familienbeihilfe während der Absolvierung des Ausbildungsdienstes nach § 37 Wehrgesetz und Anspruchsvoraussetzungen im ersten Studienjahr

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerde­sache Bfin, Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom , betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge im Zeitraum Oktober 2017 bis Juli 2018,

zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass die Rückforderung auf den Zeitraum Februar bis Juli 2018 eingeschränkt wird und die Rück­forde­rungs­beträge wie folgt lauten:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Familienbeihilfe (FB)
€ 1.075,80
Kinderabsetzbeträge (KG)
€ 350,40

Gegenüberstellung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
 FB
KG
Gesamtbetrag
Rückforderung bisher
€ 1.782,50
€ 584,00
€ 2.366,50
Rückforderung neu:
€ 1.075,80
€ 350,40
€ 1.426,20
Gutschrift:
€ 706,70
€ 233,60
€ 940,30

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Beschwerdeführerin Familienbeihilfe in Höhe von € 1.782,50 und Kinderabsetzbeträge in Höhe von € 584,00 zurück, welche die Beschwerdeführerin für ihre Tochter T. für den Zeitraum Oktober 2017 bis Juli 2018 bezogen hatte. Während der Ableistung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes könne keine Berufsausbildung angenommen werden. Außerdem habe T. ab Oktober 2017 keine Prüfungen bzw. Nachweise für die Vorbereitung auf die Ablegung von Prüfungen vorgelegt, weshalb angenommen werden müsse, dass das Studium nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben worden sei.

Dagegen wurde mit Eingabe vom das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und begründend ausgeführt, dass die Tochter im Zeitraum bis ordentliche Hörerin des ersten Studienjahres gewesen sei und damit die An­spruchs­vor­aus­setzungen erfüllt habe. Die Entscheidung für ein neues Berufsziel ab und somit vor Ende des Studienjahres stehe in keinem Widerspruch zu einem bis dahin ernsthaft und zielstrebig betriebenen Studium. Die bis zum verpflichtenden Veranstaltungen seien besucht worden und die bis dahin ge­for­derten Prüfungen seien absolviert worden. Bei der Ableistung des Ausbildungsdienstes im Zeitraum 8. Jänner bis 31. Juli handle es sich nicht um die Erfüllung der Wehrpflicht, da eine solche nicht bestehe. Vielmehr handle es sich um eine erforderliche Ausbildung für den angestrebten Beruf und für die Ernennung auf die Planstelle einer Militärperson.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab.

Dagegen wurde mit Eingabe vom der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) gestellt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die näher bezeichnete Voraussetzungen erfüllen.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen aufgrund des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familien­beihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich € 58,40 zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG 1967 anzuwenden.

§ 2 Abs. 1 FLAG 1967 lautet auszugsweise:

"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) ...

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. [...] Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. ...

c) ...

d) ...

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

..."

§ 2 Abs. 2 FLAG 1967 lautet:

"(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist."

Die volljährige Tochter der Beschwerdeführerin, T., geboren am **.******.****, war laut Studienzeitbestätigung vom in der Zeit vom bis zur Abmeldung mit an der Universität Wien zum Studium gemeldet. Mit wechselte sie in den Ausbildungsdienst nach § 37 Wehrgesetz zum öster­reichi­schen Bundesheer. Im Rahmen des Bachelorstudiums Transkulturelle Kom­muni­kation Englisch/Spanisch ist die Tochter im Mai 2017 zu zwei Prüfungen im Ausmaß von 18 ECTS angetreten und wurde jeweils negativ beurteilt. Auch die Wiederholungsprüfung wurde jeweils mit nicht genügend beurteilt. Im Wintersemester 2017/18 erfolgte die Anmeldung zu Vorlesungen. Prüfungen, die plangemäß erst im Jänner 2018 angesetzt waren, wurden keine mehr abgelegt.

Die monatlichen Unterhaltskosten wurden von der Beschwerdeführerin mit rund € 925 angegeben, wobei davon Kosten von rund € 700,00 von den Eltern getragen wurden.

Nach § 2 Abs. 1 lit. b. FLAG 1967 ist bei Kindern, die eine in § 3 Studienförderungsgesetz 1992 gennannte Einrichtung besuchen, eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig betreiben, wofür im ersten Stu­dien­jahr die Aufnahme als ordentlicher Hörer bzw. ordentliche Hörerin als Anspruchs­vor­aus­setzung gilt.

Die Familienbeihilfe wird zwar monatlich gewährt und die Anspruchsvoraussetzungen müssen zwar für jeden Kalendermonat vorliegen, doch ist es im Hinblick auf die in den Materialien zum Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 erwähnte akademische Freiheit, ein Studium und den Studienfortgang völlig frei zu bestimmen, nicht erforderlich, über den pauschalen Erfolgsnachweis hinaus, der im ersten Studienjahr ex-ante nicht erbracht werden kann, detaillierte Nachweise zu erbringen, ob und wie in einem bestimmten Monat studiert wird. Nur in bestimmen Fällen können solche Fragen ausschlaggebend sein. So ist etwa im Falle eines Studienabbruches durchaus möglich, aber auch nicht zwingend, dass dieser Studienabbruch nicht zum Ende eines Studienjahres oder eines Semester erfolgt. Ein weiterer solcher Fall läge vor, wenn über die Aufnahme als ordentlicher Hörer hinaus von vornherein keinerlei Aktivität in Richtung eines Studiums gesetzt wird. Dann läge auch noch keine Berufsausbildung vor (vgl. ).

Die Tochter der Beschwerdeführerin war ab zum Studium angemeldet, ist im ersten Semester auch zu Prüfungen angetreten und hat sich im zweiten Semester zu Vorlesungen angemeldet. Dass im Wintersemester 2017/18 keine Prüfungen abgelegt worden sind, ist schlüssig damit begründet, dass diese erst im Jänner 2018 und somit nach ihrem Wechsel in den Ausbildungsdienst nach § 37 Wehrgesetz angeboten worden sind. Die Nichtablegung von weiteren Prüfungen bis zum berechtigt allein noch nicht zur Annahme, dass das Studium bereits im Oktober 2017 abgebrochen worden ist.

Im Übrigen ist die Frage eines Studienabbruchs von der Frage des Studienerfolges oder der Zielstrebigkeit des Studierenden zu unterscheiden (vgl. ). Der Umstand, dass die Tochter zufolge der Wirksamkeit der Meldung für das Winter­se­mester 2017/18 bis zum Ende der Nachfrist weiterhin Angehörige der Universität war, erlaubt die Annahme der Berufsausbildung bis zum Beginn des Aus­bil­dungs­dienstes beim Österreichischen Bundesheer. Anhaltspunkte, dass ein Studien­ab­bruch früher erfolgt ist, wurden weder vom Finanzamt konkret festgestellt noch ergibt sich dies nach der Aktenlage. Dem Beschwerdevorbringen, dass bis zum alle verpflichtenden Lehr­ver­an­staltungen besucht worden seien, ist das Finanzamt auch nicht entgegengetreten. Aus den vorliegenden Sozialversicherungsunterlagen ergibt sich auch keine die ganze Zeit der Tochter in Anspruch nehmende unselbständige oder selbständige Beschäftigung. Die Meldung zum Aus­bil­dungs­dienst nach § 37 Wehrgesetz, der mit angetreten worden ist, vermag für sich allein einen früheren Abbruch nicht aufzuzeigen, zumal dadurch weitere Studienaktivitäten nicht zwingend ausgeschlossen waren.

Die Unterhaltskosten wurden überwiegend von den Eltern getragen, womit auch diese in § 2 Abs. 2 FLAG 1967 normierte Voraussetzung für den Familienbeihilfenanspruch durch die Beschwerdeführerin erfüllt worden ist.

Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 erlischt der Familienbeihilfenanspruch mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt. Die Tochter der Be­schwer­de­führerin hat am mit dem Ausbildungsdienst nach § 37 Wehrgesetz begonnen. Aus den Tatbeständen des § 2 Abs. 1 lit. e und g FLAG 1967 ergibt sich, dass neben dem Präsenz- und Zivildienst auch während der Dauer des Ausbildungsdienstes kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht (vgl. ). Dies auch dann nicht, wenn durch besonderen Fleiß und besonders gelagerten Situation die Ablegung von Prüfungen möglich wäre (vgl. ).

Die Anspruchsvoraussetzung ist somit mit weggefallen, die Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 erfolgte für den Zeitraum Februar bis Juli 2018 deshalb zu Recht.

Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Erledigung der Beschwerde war nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grund­sätz­licher Bedeutung abhängig, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung hätte. Das Bundesfinanzgericht konnte sich auf die zitierte Rechtsprechung des Ver­wal­tungs­gerichts­hofes stützen. Tatsachenfragen sind einer Revision im Allgemeinen ohnehin nicht zugänglich. Die ordentliche Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100392.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at