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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.05.2019, RV/7400254/2017

Einsatzgebühr bei Rettungseinsatz iZm Alkoholintoxikation

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Unger in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien (MA 70)vom , GZ MA 70 - [GZ], betreffend Festsetzung von Einsatzgebühren, zu Recht erkannt: 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Aufgrund eines den Beschwerdeführer betreffenden Rettungseinsatzes der Wiener Berufsrettung, wurde seitens der belangten Behörde mit dem hier angefochtenen Bescheid vom , eine Einsatzgebühr iHv 689 € vorgeschrieben.

Begründend führte die belangte Behörde, nach Wiedergabe der §§ 28 und 29 des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes aus:

"Der gegenständliche Bescheid musste erlassen werden, da für den Zeitpunkt des Rettungseinsatzes kein Versicherungsanspruch festgestellt werden konnte bzw. eine Übernahme der Einsatzgebühren seitens des zuständigen Sozialversicherungsträgers abgelehnt wurde."

In seiner Beschwerde bestritt der Beschwerdeführer dsa Nichtvorliegen einer medizinischen Notwendigkeit. Er habe an diesem Tag einen Schwächeanfall erlitten, der eine ärztliche Versorgung erforderlich gemacht habe. Er sei von einer Veranstaltung nach Hause gefahren und habe den Taxifahrer ersuchen müssen, stehen zu bleiben, da er sich nicht gefühlt habe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen und dies ua wie folgt begründet:

"Am wurde die Berufsrettung Wien nach 1220 Wien, Reichsbrücke/Wagramer Straße, durch die am Berufungsort bereits anwesende Polizei, berufen. Nach Erhebung diverser Messwerte wurde der Beschwerdeführer, aufgrund einer Alkoholintoxikation, in die Krankenanstalt Rudolfstiftung transportiert.

Eine Gebührenübernahme wurde seitens der Wiener Gebietskrankenkasse aufgrund der Diagnose "Alkohol" abgelehnt. Auf die Entscheidung der hiesigen Gebietskrankenkasse, die Übernahme der Einsatzgebühren abzulehnen, hat die Magistratsabteilung 70 keinen Einfluss.

Im Falle der nachträglichen Gebührenübernahme, durch die zuständige Krankenkasse - welche durch den Beschwerdeführer abzuklären wäre - könnte allerdings von einer Einhebung zur Gänze abgesehen und der Bescheid als gegenstandslos angesehen werden.

Um eine Herabsetzung der gegenständlichen Einsatzgebühren gemäß § 28 (2) Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG, zu prüfen, werden Informationen über die Einkommenssituation benötigt und ist die Übersendung von Einkommensunterlagen erforderlich."

In seinem Vorlageantrag vom gab der Beschwerdeführer an, dass er seit Jahren an starken Depressionen leide und in diesem Zusammenhang Medikamente nehme. An diesem Abend habe er auf einer Veranstaltung zum Essen wenig Alkohol getrunken und offensichtlich aufgrund der Unverträglichkeit mit den Medikamenten diesen Schwächeanfall erlitten.

In einem Vorhalteverfahren forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer um Vorlage entsprechender Unterlagen/Befunde auf, zwecks neuerlicher Überprüfung des Sachverhaltes durch die Krankenkasse.

Mit seinem Antwortschreiben übermittelte der Beschwerdeführer zwei medizinische Befunde. Einen vom von einer Psychotherapeutin/Klinischen Psychologin und einen vom von einem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie.

Nach entsprechender Weiterleitung der Befunde an und Abklärung der Gebührenübernahme durch den zuständigen Sozialversicherungsträger wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde darüber informiert, dass die Wiener Gebietskrankenkasse weiterhin einer Übernahme der Gebühren abgelehnt hat.

Mit Vorlagebericht vom wurde der Beschwerdeführer über die Beschwerdevorlage an das Bundesfinanzgericht informiert.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Beschwerdeführer wurde am zwischen 02:22 Uhr (Alarm) und 02:50 Uhr (Einsatzende) vom öffentlichen Rettungsdienst am Berufungsort 1220 Wien, Reichsbrücke/Wagramer Straße betreut und anschließend in das Krankenhaus Rudolfstiftung transportiert.

Die vom Rettungsdienst zum Einsatzzeitpunkt vorgenommene Diagnose lautete "Intoxitation Alkohol".

Die Wiener Gebietskrankenkasse als zuständiger Sozialversicherungsträger des Beschwerdeführers hat im Verfahren eine Gebührenübernahme abgelehnt.

2. Beweiswürdigung

Die Ort- und Zeitangaben des Rettungseinsatzes sind dem aktenkundigen Einsatzbericht entnommen und wurden auch vom Beschwerdeführer im Verfahren nicht bestritten.

Auch die Diagnose Alkoholintoxitation ist dem aktenkundigen Einsatzbericht entnommen. In diesem findet sich auch folgende auszugsweise Anamnese:

"Pat. stehend vorgefunden / SW anwesend / ist angeblich über die Reichsbrücke gelaufen / gibt an sehr viel Alkohol getrunken zu haben. Keine offensichtlichen Blutungen und/oder Verletzungen sichtbar."

Soweit der Beschwerdeführer erst im fortgeschrittenen Verfahren (Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung) angibt, an dem Abend nur "wenig" Alkohol getrunken zu haben, kann dies - im offensichtlichen Widerspruch zu seiner unmittelbaren Erstbefragung durch die Einsatzkräfte vor Ort stehend - nur als Schutzbehauptung gewertet werden und vermag nicht die vom fachkundigen Rettungsdienst vor Ort vorgenommene und protokollierte Diagnose der Alkoholintoxikation zu verwerfen (vgl zB ; , und ; wonach e s den Erfahrungen des täglichen Lebens entspricht, dass jene Ausführungen, die zu Beginn eines Verfahrens gemacht werden, der Wahrheit näher kommen als spätere).

Auch die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten ärztlichen Befunde sind nicht geeignet, die Diagnose der Einsatzkräfte des Rettungsdienstes vor Ort zu widerlegen, da sie zum einen keinen zeitlichen Nahebezug zum Rettungseinsatz (Befunde vom und gegenüber Rettungseinsatz vom ) aufweisen und zum anderen nicht belegen, ob bzw unter welcher konkreten medikamentösen Therapie der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Rettungseinsatzes stand, die kausal für seinen medizinischen Zustand gewesen wäre.

Dass die Wiener Gebietskrankenkasse die Gebührenübernahme im vorliegenden Fall abgelehnt hat, ist aktenkundig, wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde vorgehalten und hat auch der Beschwerdeführer im Verfahren nicht bestritten.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsstellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Beschwerdeabweisung)

§ 28 des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz (WRKG) lautet:

"(1) Für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), ist eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt.

(2) In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann von der Einhebung der Gebühr ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Der Gemeinderat wird ermächtigt, sofern eine solche Ermächtigung nicht ohnedies bundesgesetzlich eingeräumt ist, die Gebühren in einer Gebührenordnung festzusetzen. Eine Gebührenordnung kann bis zu einem Monat rückwirkend erlassen werden.

(4) In der Gebührenordnung sind für jede einzelne Art oder eine Mehrheit ähnlicher Arten einer Inanspruchnahme Gebühren vorzusehen. Diese Gebühren sind nach den mit der Inanspruchnahme üblicherweise verbundenen Kosten, insbesondere nach Anzahl der gefahrenen Kilometer, nach Anzahl und Art des eingesetzten Personals sowie nach Art und Dauer des Einsatzes abzustufen. Insoweit es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei der Ermittlung des Ausmaßes der Gebühren zweckmäßig ist, sind diese für bestimmte Arten der Inanspruchnahme oder Teile davon in Pauschbeträgen festzusetzen.

(5) Die Höhe der Gebühren ist unter Zugrundelegung der sich in einem Kalenderjahr voraussichtlich ergebenden Zahl von Einsätzen und des auf ein Kalenderjahr entfallenden Gesamtaufwandes derart festzusetzen, dass die Summe der zur Einhebung gelangenden Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb des öffentlichen Rettungsdienstes sowie für die Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten nicht übersteigt.

(6) Für Einsätze außerhalb Wiens können unter Berücksichtigung des sich daraus ergebenden Mehraufwandes Zuschläge pro gefahrenem Kilometer festgesetzt werden.

(7) Die Gebührenordnung ist im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen."

§ 29 WRKG lautet:

"(1) Gebührenschuldner ist derjenige, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb. Die Gebühr ist auch dann zu entrichten, wenn der öffentliche Rettungsdienst zu Personen gerufen wird, ohne dass die im § 1 Z 1 bis 4 geforderten Voraussetzungen gegeben waren, sofern das Vorliegen dieser Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnte.

(2) Bei Zahlungsunfähigkeit des Gebührenschuldners haften für die Entrichtung der Gebühr nach Abs. 1 Personen im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht. Ist die Verletzung oder Gesundheitsstörung, die zu einer Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes geführt hat, auf ein Ereignis zurückzuführen, für das zufolge gesetzlicher Vorschrift ein Dritter einzustehen hat, haftet dieser bis zur Höhe der noch unbeglichenen Gebühr.

(3) Unbeschadet eintretender Straffolgen und privatrechtlicher Schadenersatzpflicht sind Gebührenschuldner die Personen, die einen vergeblichen Einsatz des öffentlichen Rettungsdienstes veranlassen, obwohl kein Anlass für einen Einsatz besteht.

(4) Wird am Ort einer Veranstaltung im Sinne des Wiener Veranstaltungsgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 12/1971, in der jeweils geltenden Fassung, vom Veranstalter, vom Geschäftsführer oder von einer Aufsichtsperson des Veranstalters zur Gewährleistung der ersten Hilfe die Bereitstellung von Sanitätern oder Notärzten eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes verlangt, hat der Veranstalter dafür eine Gebühr zu entrichten, die sich nach Umfang und Dauer richtet.

(5) Auf die Bemessung, Einhebung und zwangsweise Eintreibung der Gebühren findet die Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 in der Fassung BGBl. I Nr. 62/2018, Anwendung."

§ 30 WRKG lautet:

"(1) Mit Zustimmung der Stadt Wien können die hiefür in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger oder mit deren Einvernehmen der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter durch schriftliche Erklärung an Stelle von Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintreten. Nach Abgabe dieser Erklärung sind die Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgenanstalten öffentlich Bediensteter allein die Gebührenpflichtigen (-schuldner).

(2) Wenn jedoch der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter im Einzelfall angibt, dass mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme seine (ihre) Eintrittserklärung keine Anwendung findet, ist die Gebühr dem Gebührenschuldner im Sinne des § 29 Abs. 1 vorzuschreiben.

(3) Die schriftliche Erklärung gilt für unbestimmte Zeit. Die Stadt Wien, der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter kann die Fortdauer der Gebührenschuldnerschaft widerrufen. Der Widerruf wird frühestens nach Ablauf von drei Kalendermonaten wirksam. Für höchstens drei Monate ab der Wirksamkeit des Widerrufs können die im Abs. 1 genannten Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgeanstalten mit Zustimmung der Stadt Wien durch Erklärung die Inanspruchnahme der Gebührenschuldner gemäß § 29 Abs. 1 aufschieben.

(4) Für die Dauer der Gebührenschuldnerschaft der Sozialversicherungsträger oder der Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter kann der Gemeinderat ohne Rücksicht auf die Gebührenform (abgestufte Gebühren, Einheitsgebühren) niedrigere Gebühren, als sich gemäß § 28 Abs. 4 und 6 ergeben würden, festsetzen, insoweit diese Gebührenschuldnerschaft einen geringeren Verwaltungsaufwand bei der Einhebung der Gebühren bedingt."

§ 1 Abs 1 der Verordnung des Wiener Gemeinderates betreffend die Festsetzung der Gebühren gemäß §§ 28 Abs 3 und 29 Abs 4 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz – WRKG lautet in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung (Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 52/2016, in Kraft von bis ):

"Für jede Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien innerhalb des Gebietes der Stadt Wien, auch wenn wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes desjenigen, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, sowohl eine Hilfeleistung als auch ein Transport unterblieben sind, ist eine Gebühr von 689 Euro zu entrichten."

Vor dem Hintergrund der obigen Sachverhaltsfeststellungen vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit an der Gebührenfestsetzung der belangten Behörde aufzuzeigen.

Da im Verfahren auch keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe iSd § 28 Abs 2 WRKG vorgebracht wurden bzw hervorkamen, bestand zudem keine Grundlage, um von der Einhebung der Gebühr ganz oder teilweise abzusehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 BVG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im vorliegenden Fall entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (keine Gebührenübernahme durch zuständigen Sozialversicherungsträger) war, liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht vor (vgl ).

Es war daher gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 28 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 29 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 30 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7400254.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at