Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.04.2019, RV/7101584/2019

1. nicht ausbezahltes Krankengeld der Gebietskrankenkasse - keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit 2. Kosten der Heilbehandlung (Aufwendungen für Medikamente) bei Behinderung (Minderung der Erwerbsfähigkeit)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt A vom , betreffend Einkommensteuer 2016 (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2016 wurden beim Beschwerdeführer (Bf) - Herrn Bf - unter anderen von der B Gebietskrankenkasse getätigte Krankengeldauszahlungen in Höhe von 4.048,17 € (Bruttobezüge [210]) als steuerpflichtige Bezüge [245] in Höhe von 3.469,86 € bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Ansatz gebracht.

Mit Schriftsatz vom erhob der Bf Beschwerde gegen den Einkommensteuer-bescheid 2016 vom und führte aus, dass er den als steuerpflichtigen Bezug in Ansatz gebrachten Betrag in Höhe von 3.469,86 € für den Zeitraum bis  von der B Gebietskrankenkasse nicht erhalten habe und es sich dabei nur um eine Fehlbuchung handeln könne. Weiters verwies der Bf darauf, dass er im Antrag L1 seine Aufwendungen für Medikamente im Jahr 2016 in Höhe von 469,45 € vergessen habe, zu erklären. Der Bf übermittelte diesbezüglich eine Auflistung aus der Patientenkartei zu seiner Sozialversicherungsnummer der C Apotheke in D, für den Zeitraum bis , die einen Betrag in Höhe von 469,45 € ausweist.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Aufwendungen für Medikament als "nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen" in Höhe von 469,45 € berücksichtigt. Auf das Beschwerdevorbringen, wonach der Bf den als steuerpflichtigen Bezug in Ansatz gebrachten Betrag in Höhe von 3.469,86 € für den Zeitraum bis  von der B Gebietskrankenkasse nicht erhalten habe, wurde weder bei Festsetzung der Einkommensteuer noch in der Bescheidbegründung eingegangen: der Gesamtbetrag der Einkünfte blieb im Vergleich zum angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2016 unverändert.

Mit Schreiben vom stellte der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht und verwies erneut darauf, dass er den als steuerpflichtigen Bezug in Ansatz gebrachten Betrag in Höhe von 3.469,86 € für den Zeitraum bis  von der B Gebietskrankenkasse nicht erhalten habe und es sich dabei nur um eine Fehlbuchung handeln könne.

Mit Schreiben vom ersuchte das zuständige Finanzamt die B Gebietskrankenkasse unter anderem um Mitteilung, ob im Zusammenhang mit dem Betrag von 3.469,86 € zu Unrecht ein Lohnzettel übermittelt worden sei.

Die B Gebietskrankenkasse teilte mit Schreiben vom diesbezüglich unter anderem mit, dass es sich aufgrund ihrer Unterlagen um einen technischen Fehler handeln könne und übermittelte eine Krankenstandsbestätigung, auf der die Auszahlungen, die 2016 getätigt worden seien, aufscheinen: In der Auflistung der getätigten Krankengeldauszahlungen das Jahr 2016 betreffend ist der Betrag von 3.469,86 € nicht enthalten.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 vom zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt und darauf verwiesen, dass dem Begehren des Bf stattzugeben sei.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wird dem Erkenntnis zu Grunde gelegt:

Von der B Gebietskrankenkasse wurden im Streitjahr 2016 dem Bf Krankengelder in Höhe von 15.055,20 € ausgezahlt. Der darüber hinausgehende Betrag von 3.469,86 € wurde - wie auch von der B Gebietskrankenkasse bestätigt - nicht an den Bf ausbezahlt.

Dem Bf sind im Streitjahr 2016 Kosten der Heilbehandlung in Höhe von 469,45 € erwachsen.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Schreiben der B Gebietskrankenkasse vom , der Auflistung aus der Patientenkartei zur Sozialversicherungsnummer des Bf der C Apotheke in D, für den Zeitraum bis und dem Vorlagebericht des Finanzamtes vom .

Der festgestellte Sachverhalt ist in folgender Weise rechtlich zu würdigen:

Gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit c EStG 1988 sind Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).

Im Hinblick darauf, dass in der von der B Gebietskrankenkasse übermittelten Auflistung der getätigten Krankengeldauszahlungen das Jahr 2016 betreffend kein Betrag in Höhe von 3.469,86 € aufscheint, der an den Bf ausbezahlt wurde und die B Gebietskrankenkasse eingeräumt hat, dass es sich dabei um einen technischen Fehler handeln könne, ist der in Rede stehende Betrag von 3.469,86 € nicht als steuerliche Bezug bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Ansatz zu bringen.

Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie muß außergewöhnlich sein (Abs 2).

  • Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs 3).

  • Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Gemäß Abs 2 leg cit ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Gemäß Abs 3 leg cit erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Gemäß Abs 4 leg cit beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs 2 in Verbindung mit Abs 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Gemäß § 34 Abs 6 EStG 1988 können ua Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Gemäß § 35 Abs 1 EStG 1988 steht dem Steuerpflichtigen ein Freibetrag (Abs 3) zu, wenn der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche (. . .) Behinderung hat (. . .) und der Steuerpflichtige keine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält. 

Gemäß Abs 3 leg cit wird bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 45 % bis 54 % ein Freibetrag von 243 Euro jährlich gewährt.

§ 1 Abs 1 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010 lautet: Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen durch eine eigene körperliche (. . .) Behinderung, (. . .) so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Gemäß § 1 Abs 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010 sind die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung nicht (. . .) um einen Freibetrag nach § 35 Abs 3 EStG 1988 zu kürzen.

Gemäß § 4 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010 sind Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Die vom Bf mittels Patientenkartei der C Apotheke in D, für den Zeitraum bis nachgewiesenen Ausgaben für Krankenkassenrezepte sind als Kosten der Heilbehandlung im Rahmen von außergewöhnlichen Belastungen - ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes - abzuziehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: Berechnungsblatt

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Erkenntnis ausschließlich Sachverhaltsfeststellungen zum Gegenstand hat, sind die Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht erfüllt, weshalb eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Krankengeld
Kosten der Heilbehandlung
Aufwendungen für Medikamente
außergewöhnliche Belastungen
Behinderung
Freibetrag
Selbstbehalt
Minderung der Erwerbsfähigkeit
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101584.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at