Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.06.2019, RV/7500444/2019

Parkometerabgabe; verspäteter Einspruch gegen Strafverfügung; Zustellung gemäß § 26 Abs. 2 ZustellG; Verspätungsvorhalt nicht beantwortet; Ortsabwesenheit erst in Beschwerde behauptet, aber weder näher konkretisiert noch nachgewiesen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. über die Beschwerde des Bf., Wien, vom , gegen den Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als Abgabenstrafbehörde vom , MA67/67/2018, in Zusammenhang mit einer Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Zurückweisungsbescheid bestätigt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer (kurz: Bf.) wurde vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, mit Strafverfügung vom , MA67/67/2018, angelastet, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am um 11:17 Uhr in 1150 Wien, Schanzstraße 6 ggü, abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe von € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.

Die Zustellung der Strafverfügung wurde von der Behörde gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz veranlasst.

Der Bf. erhob gegen die Strafverfügung mit E-Mail vom , und damit nach der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist, Einspruch.

Die MA 67 brachte dem Bf. daraufhin mit Schreiben vom ("Verspätungsvorhalt") zur Kenntnis, dass die gegenständliche Strafverfügung am dem Zustellprozess übergeben worden sei und damit die dreitägige Zustellfrist analog zu § 26 Abs. 2 Zustellgesetz begonnen habe. Daraus ergebe sich, dass der vom Bf. eingebrachte Einspruch als verspätet anzusehen sei.

Werde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet (§ 26 Abs. 1 Zustellgesetz), werde das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2 Zustellgesetz) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen werde.

Gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz gelte die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel habe die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung werde nicht bewirkt, wenn sich ergebe, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen habe können, doch werde die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Bf. werde in diesem Zusammenhang um Bekanntgabe ersucht, ob er zum Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung nicht nur vorübergehend von der Abgabestelle abwesend gewesen und insbesondere durch eine Reise, einen Urlaub oder einen Krankenhausaufenthalt gehindert gewesen sei, von der Zustellung Kenntnis zu nehmen. Sollte dies der Fall gewesen sein, werde er aufgefordert, binnen zwei Wochen, gerechnet ab Zustellung dieses Schreibens, entsprechende Bescheinigungsmittel, wie eine Aufenthaltsbestätigung, Hotelrechnung, Reiseticket u. dgl. vorzulegen. Widrigenfalls sei von einer rechtswirksamen Zustellung der Strafverfügung auszugehen und der Einspruch wegen Verspätung zurückzuweisen.

Zur Beibringung entspechender Bescheinigungsmittel wurde dem Bf. ein zweiwöchige Frist eingeräumt.

Der mit RSb am  durch Hinterlegung zugestellte Verspätungsvorhalt wurde dem Bf. von der zuständigen Post Geschäftsstelle am ausgefolgt (Übernahmebestätigung RSb).

Seitens des Bf. erfolgte auf den Verspätungsvorhalt keine Reaktion.

Mit Bescheid vom wies die MA 67 den Einspruch des Bf. vom gegen die Strafverfügung vom in der Folge gemäß § 49 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) als verspätet zurück und führte - wie schon im Verspätungsvorhalt - zunächst begründend aus, dass die Strafverfügung am dem Zustellprozess übergeben worden sei und damit die dreitägige Zustellfrist (inkl. Samstag) analog zu § 26 Abs. 2 Zustellgesetz begonnen habe. Somit gelte die Zustellung mit als bewirkt. Der Bf. habe das Rechtsmittel jedoch erst am , somit nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist, mittels E-Mail eingebracht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Rechtsmittelfrist eine zwingende, auch durch die Behörde nicht erstreckbare gesetzliche Frist. Der Behörde sei es deshalb durch die verspätete Einbringung des Einspruchs rechtlich verwehrt eine Sachentscheidung zu treffen.

Der Zurückweisungsbescheid wurde am durch Hinterlegung zugestellt und dem Bf. am  ausgefolgt (Übernahmebestätigung RSb).

In seiner am  mit E-Mail erhobenen Beschwerde brachte der Bf. nunmehr vor, dass er nachweislich ortsabwesend gewesen sei und um Bearbeitung seines Einspruches ersuche.

Die MA 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Dem Bf. wurde von der MA 67 mit Strafverfügung vom wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.

Die Strafverfügung enthielt eine rechtsrichtige Rechtsmittelbelehrung.

Die Strafverfügung wurde am dem Zustellprozess übergeben. Damit galt die Zustellung gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz mit als bewirkt.

Der Bf. erhob gegen die Strafverfügung erst am , und damit nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist, Einspruch.

Der Einspruch erfolgte somit verspätet.

Gesetzesgrundlagen:

§ 49 VStG lautet:

(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach
deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen
Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei
der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren
einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch
ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über
die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen
hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die
gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden
Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, dann ist die
Strafverfügung zu vollstrecken.

Gemäß § 33 Abs. 4 AVG können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

§ 26 Zustellgesetz normiert:

(1) Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.

(2) Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Rechtliche Würdigung:

  • Verspäteter Einspruch

Bei der Einspruchsfrist gemäß § 49 VStG handelt es sich um eine gesetzliche Frist (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahren Rz 864), die von der Behörde nicht erstreckt werden darf (vgl. ). Der Einspruch ist - wie den gesetzlichen Bestimmungen des § 49 VStG zu entnehmen ist - innerhalb dieser Frist zu erheben (vgl. ). Die Frist beginnt mit der (ordnungsgemäßen) Zustellung des Bescheids an den Empfänger zu laufen, dh, wenn diesem die Strafverfügung tatsächlich zugekommen ist ().

Die Rechtsfrage, ob ein Einspruch rechtzeitig oder verspätet eingebracht wurde, ist auf
Grund von Tatsachen zu entscheiden, die die Behörde gemäß § 39 Abs. 2 AVG von Amts
wegen festzustellen hat (vgl. 2583, 2623/76;
83/03/0059, 0068; , 0059).

Die Verwaltungsstrafbehörde, die die Strafverfügung erlassen hat, kann über eine
Beschwerde nur dann eine inhaltliche Entscheidung treffen, wenn diese nicht - etwa
wegen Verspätung - zurückzuweisen ist (§ 28 Abs. 1, § 50 VwGVG u. VwGH
, Ra 2015/03/0032).

Langt der Einspruch bei der Verwaltungsstrafbehörde, die die Strafverfügung erlassen hat, zu spät ein, so ist die Behörde verpflichtet, den Einspruch mit Bescheid als unzulässig zurückzuweisen (Raschauer/Wessely, VStG2, § 49 VStG unter Verweis auf ; , , vgl. auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österr Verwaltungsverfahrens6, Anm. 11 zu § 49 VStG, vgl. weiters Thienel/ Zeleny, Verwaltungsverfahrensgesetze19, § 49 Anm 10; Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 49 Rz 3).

Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist "Sache" eines
Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit
der Zurückweisung (vgl. , 0003).

  • Behauptete Ortsabwesenheit

Wie sich aus der Aktenlage ergibt, bezog der Bf. zum Verspätungsvorhalt der Behörde vom , mit welchem er in Kenntnis gesetzt wurde, dass sein Rechtsmittel vom gegen die Strafverfügung der MA 67 vom verspätet erscheine und er für den Fall einer nicht nur vorübergehenden Ortsabwesenheit um Vorlage entsprechender Unterlagen wie zB Reiseticket, Aufenthaltsbestätigung, Hotelrechnung, u. dgl. ersucht wurde, keine Stellung.

Der Bf. bringt erstmalig in seiner Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde vom ohne nähere Begründung und ohne Vorlage von Beweismitteln vor, zum Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung ortsabwesend gewesen zu sein.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat, wenn jemand behauptet, dass ein Zustellmangel vorliegt, diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (vgl. , , , , , vgl. auch die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I2, E 51 zu § 16 Zustellgesetz angeführte Rechtsprechung sowie die bei Frauenberger-Pfeiler / Raschauer / Sander / Wessely, Österreichisches Zustellrecht, 2. Auflage (2012), unter Rz 3 zu § 22 Zustellgesetz referierte hg. Judikatur).

Die bloße Behauptung der Ortsabwesenheit ohne konkrete Angabe über Zeitraum und Grund der Abwesenheit reicht nicht (vgl. , , , , , ; , vgl. auch Ritz, BAO Kommentar2, Rz 23 zu § 17 Zustellgesetz, vgl. dazu auch die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), S. 1994 f, referierte Judikatur), , unter Verweis auf Ritz, aaO, Rz 23 zu § 17 Zustellgesetz).

Als Beweismittel kommen etwa Fahrausweise, Aufenthaltsbestätigungen, Bestätigungen eines Unterkunftgebers oder Zeugenaussagen in Betracht (; ).

Es wäre somit Sache des Bf. gewesen, die von ihm erstmalig in seiner Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheide behauptete Ortsabwesenheit durch nähere Ausführungen über Zeitraum und Grund der Abwesenheit und Vorlage entsprechender Unterlagen nachzuweisen.

Das Bundesfinanzgericht nimmt es daher in freier Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG, ) als erwiesen an, dass eine rechtmäßige Zustellung der Strafverfügung erfolgt ist und die belangte Behörde folglich den Einspruch gegen die Strafverfügung zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat.

Aufgrund der als erwiesen angenommenen Verspätung ist es dem Bundesfinanzgericht verwehrt, auf das Vorbringen des Bf., dass das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt auf Grund eines technischen Problems nicht mit einem gültigen Parkschein ausgestattet gewesen sei und er um Strafmilderung- bzw. aussetzung ersuche, einzugehen.

Die gegen den Zurückweisungsbescheid vom eingebrachte Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision
für die belangte Behörde nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer
Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das
Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht,
eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, da in freier Beweiswürdigung von einer ordnungsgemäßen Zustellung auszugehen war und sich die Rechtsfolge der Zurückweisung wegen erwiesener Verspätung aus dem Gesetz ergibt, weshalb es sich auch um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof durch die beschwerdeführende Partei
wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4
VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe
von bis zu 750 Euro und keine (primäre) Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
überdies im Erkenntnis eine Geldstrafe von nicht mehr als 400 Euro verhängt wurde.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 26 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 26 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 49 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 33 Abs. 4 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
§ 26 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 45 Abs. 2 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7500444.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at