Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.06.2019, RV/3100481/2018

Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten einer Saisonbediensteten

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache A.B., Anschrift3, gegen die Bescheide des Finanzamtes Landeck Reutte vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 und Festsetzung von Anspruchszinsen 2014, und gegen den Bescheid des Finanzamtes Landeck Reutte vom , betreffend Einkommensteuer 2015, zu Recht erkannt: 

1) Die Beschwerde gegen die Bescheide, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmer-veranlagung) 2014 und Festsetzung von Anspruchszinsen 2014, wird als unbegründet abgewiesen.

2) Der Beschwerde gegen den Bescheid, betreffend Einkommensteuer 2015, wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom teilweise Folge gegeben.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der festgesetzten Einkommensteuer wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin war in der Zeit vom bis , bis , bis und bis als Saisonbedienstete im Hotel X, CH, tätig.

Mit Bescheiden vom setzte die Abgabenbehörde die Einkommensteuer für die Jahre 2013 und 2014 fest und erließ gleichzeitig Anspruchszinsenbescheide für die genannten Jahre. Den Einkommensteuerbescheid 2015 hatte sie mit Ausfertigungsdatum erlassen.

Gegen diese Bescheide brachte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom Beschwerde ein.

Darin macht sie erstmals Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten [Anschrift1 – Anschrift2 83,4 km]) im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit in der Schweiz geltend: Für den Zeitraum Juni 2013 bis Dezember 2013 Familienheimfahrten € 490,39, Mietkosten € 2.158,90 (CHF 2.698,30); für den Zeitraum Jänner 2014 bis September 2014 Familienheimfahrten € 630,50, Mietkosten € 4.517,09 (CHF 5.570,00) und für den Zeitraum Jänner 2015 bis April 2015 Familienheimfahrten € 490,39, Mietkosten € 2.702,55 (CHF 2.930,00). Sie sei – so die Beschwerdeführerin – Saisonarbeiterin, jeweils befristet für ein paar Monate gewesen, daher sei es für sie unzumutbar gewesen, ihren ständigen Wohnsitz in die Schweiz zu verlegen. Weiters stellte sie den Antrag, bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2015 die in der Schweiz entrichtete Einkommensteuer in der Höhe von CHF 1.851,85 (€ 1.708,09) anzurechnen.

Der Beschwerde schloss die Beschwerdeführerin die Lohnkonten für die Jahre 2013 bis 2015 sowie 3 Schreiben der Schweizer Steuerverwaltung bei (siehe diesbezüglich die betreffenden Unterlagen).

Mit Schreiben vom ersuchte die Abgabenbehörde die Beschwerdeführerin folgende Unterlagen vorzulegen:

1) Belegmäßiger Nachweis über Wohnungskosten im Inland (z.B. Mietvertrag samt Zahlungsbelegen, Eigentumsnachweis etc.)
2) Nachweis der Mietkosten 2013 bis 2014 in der Schweiz (falls im Gehaltsabzugsweg einbehalten, Kopien der Lohnkonten, ansonsten Mietvertrag und Zahlungsbelege über mtl. Miete)
3) Familienheimfahrten
- Fahrtenbuch oder vergleichbare Aufzeichnungen
- Kopie des Zulassungsscheines des auf sie zugelassenen Fahrzeuges.

In Beantwortung dieses Schreibens teilte die Beschwerdeführerin am Folgendes mit:

Zu 1): Sie besitze in Österreich keine Wohnung oder Haus und habe auch keinen Mietvertrag, sie nächtige bei ihren Eltern. Die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten habe sie deswegen geltend gemacht, da sie in der Schweiz immer nur kurzfristige Arbeitsverträge gehabt hätte und in der Zwischenzeit in Österreich gelebt und Arbeitslosengeld bezogen hätte. Aufgrund der Befristung der Arbeitsverträge sei es für sie unzumutbar gewesen, den Lebensmittelpunkt mit Wohnstättenbegründung in die Schweiz zu verlegen.

Zu 2): Die Mietkosten in der Schweiz seien vom Gehalt abgezogen worden (die Lohnkonten lägen beim Finanzamt bereits auf).

Zu 3): Sie sei einmal im Monat von der Schweiz (Anschrift2) nach Österreich (Anschrift1) zur Familie gependelt, dies sei pro Strecke 83,4 km. Da dies ja ohnehin offensichtlich und klar eruierbar sei, hätte sie kein Fahrtenbuch geführt.
Eine Kopie des Zulassungsscheines lege sie bei.

Mit Beschwerdevorentscheidungen jeweils vom gab die Abgabenbehörde der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 vom keine Folge.

Diese Entscheidungen begründete sie nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe des § 16 Abs. 1 EStG 1988 (auszugsweise) und § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 wie folgt:

Erwüchsen dem Steuerpflichtigen Mehraufwendungen, weil er am Beschäftigungsort wohnen müsse und könne die Verlegung des (Familien-)Wohnsitzes in eine übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden, seien diese Mehraufwendungen Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988.

Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes sei aus Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt werde, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit lägen. Der Grund, warum Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung dennoch als Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung fänden, liege darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gälten, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in üblicher Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden könne. Dies bedeute aber nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründen und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen müsse. Die Unzumutbarkeit könne ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines (Ehe-)Partners haben (; ).

Der Familienwohnsitz eines alleinstehenden Steuerpflichtigen liege dort, wo dieser seine engsten persönlichen Beziehungen (z.B. Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand habe.

Der Steuerpflichtige habe einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitze, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspreche. Ein eigener Hausstand liege jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnungsverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner seien oder mit denen keine Lebensgemeinschaft bestehe, mitbewohne.

Voraussetzung für die Begründung eines Familienwohnsitzes eines alleinstehenden Steuerpflichtigen sei, dass dieser am Heimatort über eine Wohnung verfüge.

Da die Beschwerdeführerin in Österreich über keine eigene Wohnung verfüge, sondern bei ihren Eltern nächtige, verfüge sie über keinen eigenen Hausstand. Ein Familienwohnsitz in Österreich liege somit nicht vor und deshalb seien die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Kosten der doppelten Haushaltsführung nicht gegeben.

Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz seien im Rahmen der durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 gesetzten Grenzen Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung zuträfen. Da diese Voraussetzungen nicht vorlägen, könnten keine Kosten für Familienheimfahrten gewährt werden.

In weiterer Folge nahm die Abgabenbehörde mit näheren Ausführungen noch auf § 15 Abs. 1 EStG 1988 und § 3 Abs. 1 Z 17 EStG 1988 Bezug.

Die Beschwerde gegen die Anspruchszinsenbescheide 2013 und 2014 wies die Abgabenbehörde gleichfalls als unbegründet ab.

In der Begründung der diesbezüglich ergangenen Beschwerdevorentscheidungen vom führte sie nach Wiedergabe des § 205 Abs. 1 Satz 1 BAO Folgendes aus:

Aufgrund der Bindung an den Stammabgabenbescheid (hier Einkommensteuerbescheid) sei ein Zinsenbescheid nicht mit der Begründung erfolgreich anfechtbar, der maßgebliche Stammabgabenbescheid sei inhaltlich rechtswidrig (vgl. Ritz BAO5 § 205 Tz 34 ff). Erweise sich der Stammabgabenbescheid als rechtswidrig und werde er entsprechend abgeändert (z.B. in einem Beschwerdeverfahren) so werde diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (z.B. Beschwerdevorentscheidung) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen (z.B. Gutschriftszinsen als Folge des Wegfalls einer rechtswidrigen Nachforderung). Es ergehe sodann ein weiterer Zinsenbescheid, falls die diesbezüglichen gesetzlichen Voraussetzungen des § 205 Abs. 2 zweiter Satz BAO vorlägen. Das bedeute aber gleichzeitig, dass keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides erfolge.

Anspruchszinsen (auch Gutschriftszinsen), die den Betrag von 50 € nicht überstiegen, dürften gemäß § 205 Abs. 2 zweiter Satz BAO jedoch nicht festgesetzt werden (vgl. Ritz BAO5 § 205 Tz 15 ff). Von der EDV der Finanzverwaltung ergingen selbständig im Rahmen der automatisierten Bescheiderstellung neue Anspruchszinsenbescheide für den Fall, dass diese durch die EDV errechneten Anspruchszinsen (infolge der Änderung des Erstbescheides) den Betrag von 50 € positiv oder negativ erreichten.

Entscheidend für die Festsetzung von Anspruchszinsen sei lediglich die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw. Zinsnachteilen. Für die Anwendung des § 205 BAO sei es daher bedeutungslos, aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzung früher oder später - rechtsrichtig - erfolge. Für die Berechnung und Festsetzung von Anspruchszinsen spiele es daher keine Rolle, ob die Ursachen für den Zeitpunkt einer - allenfalls verzögerten - Abgabenfestsetzung bei der Abgabenbehörde oder beim Abgabepflichtigen lägen.

Im Hinblick auf die angeführten gesetzlichen Bestimmungen sei im gegenständlichen Fall eine Neuberechnung bzw. Aufhebung der bekämpften Anspruchszinsenbescheide nicht möglich, da die Festsetzung der Anspruchszinsen rechtsrichtig aufgrund der Bestimmungen der BAO erfolgt sei und das Finanzamt keinen Ermessensspielraum bei der Festsetzung oder Nichtfestsetzung von Anspruchszinsen habe.

Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 und Anspruchszinsenbescheide 2013 und 2014 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Darin beantragt sie entweder die in der Beschwerde geltend gemachten Kosten der Familienheimfahrten und doppelten Haushaltsführung anzuerkennen oder "alternativ" für die Jahre 2013 bis 2015 überhaupt nicht zur Einkommensteuer veranlagt zu werden, da sie in diesen Jahren ihren Lebensmittelpunkt in der Schweiz gehabt habe.
Sie habe ja in Österreich keine Wohnung innegehabt, wie die Abgabenbehörde sehr zentral in ihrer Argumentation für die Nichtanerkennung der Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten dargelegt habe. Sie habe tatsächlich in weit überwiegendem Ausmaß in der Schweiz gewohnt und habe dort im Verlauf der Zeit nicht nur vorübergehend ihren Lebensmittelpunkt erschlossen (2013-2015).

Mit Schreiben vom ersuchte die Abgabenbehörde die Beschwerdeführerin nähere Angaben zu ihrer Unterkunft bekannt zu geben, in der sie in den Jahren 2013 bis 2015 während ihrer saisonalen Beschäftigung in der Schweiz gewohnt habe und Belege (Mietvertrag udgl.) vorzulegen.

In Beantwortung dieses Schreibens übermittelte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom die Arbeitsverträge sowie Mietverträge, betreffend ihr Arbeitsverhältnis in der Schweiz in den Jahren 2013 bis 2015, und führte dazu Folgendes aus:

Der Mietvertrag betreffend das Arbeitsverhältnis in der Zeit vom bis liege ihr leider nicht mehr vor. Sie habe diesen bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber bereits angefordert. Es könne einige Zeit dauern, bis sie eine Kopie erhalte. Sie hoffe, die Angaben auf dem Lohnkonto 2014 seien zwischenzeitig ausreichend. Der Mietpreis habe sich im Verlaufe ihrer Tätigkeit mehrmals geändert, da sie 3 x die Unterkunft gewechselt habe. Der genaue Betrag der monatlichen Miete sei aus den Lohnkonten ersichtlich. Wie bereits vorgebracht, sei es ihr aufgrund der befristeten Verträge von Juni 2013 bis Dezember 2014 nicht möglich gewesen, ihren Hauptwohnsitz und somit ihren Lebensmittelpunkt in die Schweiz zu verlegen.

Der Eingabe schloss die Beschwerdeführerin folgende Verträge, abgeschlossen mit dem Hotel X, CH, bei:

- Befristeter Arbeitsvertrag/Saisonvertrag für den Zeitraum bis
- Befristeter Arbeitsvertrag/Saisonvertrag für den Zeitraum bis
- Befristeter Arbeitsvertrag/Saisonvertrag für den Zeitraum bis
- Unbefristeter Arbeitsvertrag vom , beginnend mit auf unbestimmte Zeit
- Kost- und Logisvertrag im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag/Saisonvertrag für den Zeitraum bis
Kost– und Logisvertrag im Zusammenhang mit dem unbefristeten Arbeitsvertrag vom .
Hinsichtlich des Inhalts dieser Verträge wird auf die betreffenden Schriftstücke verwiesen.

Was die Erledigung der Beschwerde betr. Einkommensteuer 2015 anlangt, erging an die Beschwerdeführerin seitens der Abgabenbehörde eine mit Schreiben vom verfasste Bescheidbegründung. In diesem Schreiben wies die Abgabenbehörde zwar einleitend daraufhin, dass an die Beschwerdeführerin eine Beschwerdevorentscheidung, betreffend den Einkommensteuerbescheid 2015 vom , am abgefertigt worden sei. Aus einem Versehen erfolgte diese Abfertigung jedoch nicht.

Die Erledigung der Beschwerde erfolgte schließlich mit Beschwerdevorentscheidung vom , mittels der die Abgabenbehörde der Beschwerde teilweise Folge gab.

In der Begründung dieser Entscheidung führt die Abgabenbehörde hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten aus wie in der Begründung der Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2013 und 2014. Hinsichtlich der beantragten Steueranrechnung hielt sie fest, die an den Kanton Graubünden zu entrichtende Steuer sei in folgendem Ausmaß anzurechnen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkommensteuer Bund
126,85 CHF
Einkommensteuer Gemeinde
817,00 CHF
Einkommensteuer Kanton
793,00 CHF
 
1.736,85 CHF x 0,922371 = € 1.602,02

Die katholische Kirchensteuer sowie die Fraktionssteuer seien nicht anzurechnen. Die Quellensteuer in Höhe von CHF 411,95 sei vom Finanzamt im Erstbescheid berücksichtigt worden, obwohl dieser Betrag im Februar 2015 vom Arbeitgeber der Beschwerdeführerin im Zuge einer Korrektur der Quellensteuer refundiert worden sei. Unter Bedachtnahme auf diesen Umstand belaufe sich die Abgabengutschrift betreffend das Jahr 2015 auf den im angeschlossenen Berechnungsblatt ausgewiesenen Betrag.

Mit Eingabe vom stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Vorlage der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 vom an das Bundesfinanzgericht.

Darin bringt sie vor wie im Vorlageantrag vom betreffend die Jahre 2013 und 2014.

Mit Bericht vom legte die Abgabenbehörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Am fand vor dem Bundesfinanzgericht eine Vernehmung der Beschwerdeführerin statt.

Anlässlich dieser Einvernahme korrigierte die Beschwerdeführerin die in der Beschwerde unterlaufenen Schreibfehler (Kosten der doppelten Haushaltsführung betr. das Jahr 2013 CHF 3.698,30 anstelle von CHF 2.698,30 und daraus folgend € 2.959,00 anstelle von € 2.158,90 und Anzahl der Familienheimfahrten betr. das Jahr 2015 4 Monate anstelle von 7 Monaten und daraus resultierend € 280,22 anstelle von € 490,39. Die Verwendung des Wortes “alternativ“ erläuterte sie dahingehend, dass der Antrag, für die Jahre 2013 bis 2015 in Österreich nicht zur Einkommensteuer veranlagt zu werden, als Eventualantrag für den Fall zu verstehen sei, dass ihrem Antrag auf Anerkennung der Kosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung nicht stattgegeben werden sollte.

Die Beschwerdeführerin gab weiters an, an der im Zentralen Melderegister als ihren Hauptwohnsitz angeführten Adresse Anschrift1 befinde sich ein im Eigentum ihres Vaters stehendes, aus 2 Geschossen (EG und OG) zuzüglich Dach- und Kellergeschoss bestehendes Haus. Im Erdgeschoss befinde sich das Schlafzimmer ihrer Eltern, ein großer Ess-/Wohnraum (Küche und Wohnzimmer), eine Speisekammer, eine Dusche mit WC und eine Garderobe. Im Obergeschoss befänden sich zwei Schlafzimmer (ihr Schlafzimmer sowie das Schlafzimmer ihrer beiden Brüder), ein Wohnzimmer, ein Bad mit WC und ein Abstellraum. Das Dach- und Kellergeschoss dienten in erster Linie zu Abstellzwecken. In den Jahren 2013 bis 2015 hätten im Haus ihre Eltern und ihr jüngster Bruder gewohnt, der jüngere Bruder sei bereits ausgezogen gewesen. In diesen Jahren sei ihr das Schlafzimmer im Obergeschoss zur Alleinbenützung zur Verfügung gestanden, das Wohnzimmer und das Bad mit WC im Obergeschoss hätte sie zusammen mit ihrem Bruder benützt. Darüber hinaus sei ihr zur Mitbenützung auch der große Ess-/Wohnraum im Erdgeschoss zur Verfügung gestanden (dort hätte sich ja die Küche befunden). Die Nutzung sämtlicher allein- und mitbenützter Räumlichkeiten sei ihr jederzeit offen gestanden. Als Entgelt für die Benützung der Räumlichkeiten habe sie im Haushalt mitgewirkt. Sie habe auf ihre Kosten Lebensmittel eingekauft, Wäsche gewaschen und gebügelt und auch alle anderen Arbeiten erledigt, die im Haushalt üblicherweise anfielen. Dies habe sich auf die gesamte Familie bezogen. Sie habe bei der Haushaltsführung ihre Mutter sehr unterstützt. Die Arbeiten im Haushalt im Obergeschoss habe sie ausschließlich alleine erledigt, ihr Bruder habe sich, obwohl er dort auch Räume allein- bzw. mitbenützt habe, nicht sehr eingebracht.

Während ihrer saisonalen Tätigkeit in der Schweiz habe sie jeweils für die Dauer ihrer Arbeitsverträge befristete Kost- und Logisverträge abgeschlossen. Für die Dauer des Arbeitsvertrages bis habe sie im “C“ (= Personalhaus) ein Doppelzimmer zur Alleinbenützung mit Balkon zum Preis von monatlich CHF 650,00 angemietet. Dieses Zimmer habe auch über eine Dusche mit WC verfügt. Für die Dauer der Arbeitsverträge bis und bis habe sie in einer Wohngemeinschaft (2-Zimmer WG) im “D“ gegen eine monatliche Miete von CHF 600,00 gewohnt. Dabei habe sie ein sehr kleines Schlafzimmer alleine benützt, die sehr kleine Küche, den Vorraum (dort sei auch der Kühlschrank gestanden), das Bad und WC habe sie sich mit einer Kollegin geteilt. Ab Beginn des unbefristeten Arbeitsvertrages mit habe sie für die Zeit bis ein Studio im “C“ gegen ein monatliches Entgelt von CHF 850,00 angemietet. Dabei habe es sich um eine geräumige Wohneinheit gehandelt, die ihr zur Alleinbenützung zur Verfügung gestanden sei. Das Studio habe aus einem großen Vorraum mit Küchenblock, einem großen Wohn-/Schlafraum und einer Dusche mit WC bestanden.

Bei den geltend gemachten monatlichen Familienheimfahrten habe es sich um weit mehr als nur Besuche bei ihren Eltern gehandelt. Sie sei seit Abschluss ihrer Schulausbildung nahezu immer im Gastgewerbe tätig gewesen, wobei sie immer saisonweise beschäftigt gewesen sei. Sie habe während ihrer beruflichen Tätigkeit nie ihren Wohnsitz bei ihren Eltern aufgegeben. Wenn sie also monatlich nach Anschrift1 gefahren sei, so sei das so zu verstehen, dass sie zu ihrem Wohnsitz zurückgekehrt sei. Einen eigenen Wohnsitz in Österreich habe sie erst, seitdem sie nicht mehr im Gastgewerbe arbeite. Seit Anfang Mai 2015 sei sie bei der XY-GmbH (= Reiseveranstalter) beschäftigt. Ab Juni 2015 habe sie zunächst eine Garconniere in Anschrift4, in Miete gehabt, seit Anfang des Jahres 2017 wohne sie bei ihrem Partner in Anschrift3. Wenn im ZMR im Zeitraum bis ein Nebenwohnsitz mit der Adresse Anschrift5 aufscheine, so handle es sich dabei um ein Personalzimmer ihres ehemaligen Arbeitgebers, der ein Hotel in der Anschrift5 betrieben habe bzw. noch betreibe.

Am wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesfinanzgericht ergänzend zu der von ihr am angegebenen Gegenleistung für die Benützung der Räumlichkeiten im Haus Anschrift1 befragt.

Anlässlich dieser Befragung erklärte die Beschwerdeführerin, wenn sie am angegeben habe, sie habe Lebensmittel eingekauft (gemeint sei hier der Lebensmitteleinkauf für ihre Eltern), dann sei dies nur sehr sporadisch gewesen, kaum der Rede wert. Sie habe auch – das habe sie anlässlich ihrer Einvernahme am nicht erwähnt – ihren Eltern in der Landwirtschaft geholfen. Dies sei aber auch nur sehr gelegentlich gewesen, wenn sie “halt gerade zu Hause“ gewesen sei.

Mit Eingabe, eingelangt beim Bundesfinanzgericht am , änderte die Beschwerdeführerin die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 und Bescheid, betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen 2013, ab. Die Erledigung der Beschwerde gegen diese Bescheide erfolgt unter RV/3100478/2018 (). 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin war in der Zeit vom bis , bis , bis und bis als Saisonbedienstete im Hotel X, CH, tätig.

Sie übte diese Tätigkeit in den ersten 3 genannten Zeiträumen auf Basis von befristeten Arbeitsverträgen/Saisonverträgen aus. Ab erfolgte die Tätigkeit aufgrund eines unbefristeten Arbeitsvertrages.

Für die Dauer der Tätigkeit schloss die Beschwerdeführerin mit dem Arbeitgeber Kost- und Logisverträge ab. Im Rahmen dieser Verträge mietete sie vom Arbeitgeber für den Zeitraum bis ein Doppelzimmer mit Balkon (mtl. Miete CHF 650,--), für die Zeiträume bis und bis ein Zimmer in einer 2er-Wohngemeinschaft (mtl. Miete CHF 600,--) und für den Zeitraum ab (Ende des Mietverhältnisses mit Beendigung der Tätigkeit am ) ein Studio (mtl. Miete CHF 850,--) an.

Das Doppelzimmer mit Balkon, das auch über eine Dusche mit WC verfügte, stand der Beschwerdeführerin zur Alleinbenützung zur Verfügung. Dies galt auch für das Schlafzimmer in der Wohngemeinschaft, die übrigen Räume (kleine Küche, Vorraum, Bad und WC) teilte sie sich mit einer Kollegin. Das von der Beschwerdeführerin angemietete Studio, das von ihr alleine benützt wurde, bestand aus einem großem Vorraum mit Küchenblock, einem großen Wohn/Schlafraum und einer Dusche mit WC.

Aufgrund der in der Schweiz ausgeübten Tätigkeit entrichtete die Beschwerdeführerin im Jahre 2015 dort Steuern in Höhe von insgesamt CHF 1.851,85.

In den Zeiträumen bis , bis , bis und bis bezog die Beschwerdeführerin Arbeitslosengeld in Österreich.

Seit dem bis laufend ist sie in einem dauernden Dienstverhältnis in Österreich tätig (XY-GmbH, Adresse).

Vor Aufnahme der Tätigkeit in der Schweiz mit war die Beschwerdeführerin im Jahr 2013 als Saisonbedienstete in einem Hotel in Österreich (Sporthotel Y-GmbH in-O) tätig (Dienstverhältnis bis ). Von bis bezog sie Arbeitslosengeld in Österreich.

Die Beschwerdeführerin arbeitete auch in den dem Zeitraum 2013 bis 2015 vorangehenden Jahren jeweils als Saisonarbeitskraft in Österreich (in verschiedenen Hotelbetrieben). In den zwischen den saisonalen Tätigkeiten gelegenen Zeiträumen erfolgte jeweils der Bezug von Arbeitslosengeld in Österreich.

Die am xy1986 geborene, ledige Beschwerdeführerin war vom  bis ununterbrochen mit Hauptwohnsitz in Anschrift1 gemeldet. Seit lautet die Hauptwohnsitzmeldung auf die Anschrift3. Als Nebenwohnsitze scheinen im Zentralen Melderegister vom bis die Anschriften diverser Hotelbetriebe in Österreich, in denen sie als Saisonbedienstete tätig war, auf. Ab 2015 (vom bis ) sind als Nebenwohnsitze die Anschrift4, vom bis die Anschrift3 (nunmehriger Hauptwohnsitz) und seit Anschrift1 (ehemaliger Hauptwohnsitz) im Zentralen Melderegister eingetragen.

Beim Gebäude mit der Anschrift1 handelt es sich um das Elternhaus der Beschwerdeführerin, bestehend aus 2 Geschossen (EG und OG) zuzüglich Dach- und Kellergeschoss. Im Erdgeschoss befindet sich das Schlafzimmer ihrer Eltern, ein großer Ess-/Wohnraum (Küche und Wohnzimmer), eine Speisekammer, eine Dusche mit WC und eine Garderobe. Das Obergeschoss umfasst zwei Schlafzimmer (Schlafzimmer der Beschwerdeführerin und das Schlafzimmer ihrer beiden Brüder), ein Wohnzimmer, ein Bad mit WC und einen Abstellraum. Das Dach- und Kellergeschoss dienen in erster Linie zu Abstellzwecken.

In den Jahren 2013 bis 2015 wohnten im Haus die Eltern und der jüngste Bruder der Beschwerdeführerin. In diesen Jahren stand ihr das Schlafzimmer im Obergeschoss zur Alleinbenützung zur Verfügung, das Wohnzimmer und das Bad mit WC im Obergeschoss benützte sie zusammen mit ihrem Bruder. Darüber hinaus stand der Beschwerdeführerin auch der große Ess-/Wohnraum im Erdgeschoss (dort befand sich auch die Küche) zur Mitbenützung zur Verfügung. Die Nutzung sämtlicher allein- und mitbenützter Räumlichkeiten stand der Beschwerdeführerin jederzeit offen.

Für die Benützung der Räumlichkeiten hatte die Beschwerdeführerin keine Mietzahlungen zu entrichten. Als Gegenleistung kaufte sie für ihre Eltern Lebensmittel ein, dies war allerdings nur sehr sporadisch, kaum der Rede wert. Darüber hinaus unterstützte sie ihre Mutter bei der Erledigung der im Haushalt üblicherweise anfallenden Arbeiten wie z.B. Wäschewaschen, Bügeln etc. Die Haushaltsarbeiten im OG erledigte sie alleine. Außerdem half sie ihren Eltern in der Landwirtschaft, dies war aber auch nur sehr gelegentlich, wenn sie gerade zu Hause war.

Auf die Beschwerdeführerin ist seit xy2009 in Österreich ein Fahrzeug zugelassen (amtliches Kennzeichen XY).

Mit diesem Fahrzeug unternahm die Beschwerdeführerin während der saisonalen Tätigkeit in der Schweiz einmal pro Monat eine Heimfahrt nach Anschrift1 (einfache Fahrtstrecke 83,4 km).

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die von der Beschwerdeführerin in den Schriftsätzen des Beschwerdeverfahrens getätigten Angaben und vorgelegten Unterlagen, die Angaben der Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Einvernahmen am und , die Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichtes in das Zentrale Melderegister und in das Abgabeninformationssystem des Bundes.
Was die ab ausgeübte saisonale Tätigkeit in der Schweiz anlangt, geht das Bundesfinanzgericht hinsichtlich des Endzeitpunktes, abweichend von dem im vorgelegten Arbeitsvertrag ausgewiesenen Datum (), vom aus. Dies deshalb, weil dieses Datum auf dem Lohnkonto als “Austritt“ vermerkt ist und dieses Datum auch von der Beschwerdeführerin im Beschwerdeschriftsatz vom als Beschäftigungsende angeführt wird.

Rechtslage und rechtliche Beurteilung:

1) Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Zufolge des § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.

Wenn dem Arbeitnehmer Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten im Sinn des § 16 Abs. 1 EStG 1988. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit eigenem Hausstand können daher "für eine gewisse Übergangszeit" Aufwendungen für ein möbliertes Zimmer am Beschäftigungsort als Werbungskosten anerkannt werden. Für diese Übergangszeit können bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit einer Wohnung im Heimatort auch Aufwendungen für Heimfahrten Berücksichtigung finden, weil diesem Arbeitnehmer zuzubilligen ist, in gewissen Zeitabständen, etwa monatlich in seiner Wohnung nach dem Rechten zu sehen. Anderes gilt allerdings, wenn es bereits zu einer Verlegung des (Familien)Wohnsitzes an den Arbeitsort gekommen ist (vgl. , ).

Der Abzug von Werbungskosten aus dem Titel der doppelten Haushaltsführung setzt voraus, dass ein Mehraufwand gegeben ist. Liegt ein solcher nicht vor, so bleibt für einen Werbungskostenabzug kein Raum. Im vorliegenden Fall mangelt es an einem Mehraufwand, sodass allein schon aus diesem Grund eine steuerliche Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Mietaufwendungen ausscheidet.

Wie dem Antwortschreiben der Beschwerdeführerin vom auf das Ergänzungsersuchen der Abgabenbehörde vom zu entnehmen ist, hatte sie für die Wohnmöglichkeit im Haus der Eltern keine Mietzahlungen zu entrichten. In der Vernehmung am brachte sie vor, sie habe Lebensmitteleinkäufe getätigt. Dazu am ergänzend befragt, räumte sie ein, dass der Lebensmitteleinkauf für die Eltern nur sehr sporadisch stattgefunden habe und kaum der Rede wert gewesen sei. Angesichts der getätigten Angaben der Beschwerdeführerin kann von der Erbringung finanzieller Leistungen für die Wohnmöglichkeit bei den Eltern nicht ausgegangen werden. Wenn die Beschwerdeführerin in der Vernehmung am angegeben hat, sie habe Arbeiten im Haushalt erledigt und in der Vernehmung am erstmalig vorgebracht hat, sie habe ihren Eltern in der Landwirtschaft geholfen (dies war laut ihren eigenen Angaben ohnedies nur sehr gelegentlich, wenn sie “halt gerade zu Hause“ war), so sind dies als Maßnahmen anzusehen, die über die familienhafte Mitarbeit nicht hinausgehen.

Bei den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Mietzahlungen handelt es sich um Aufwendungen, die den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 zuzuordnen sind. Ein Abzug als Werbungskosten kommt nicht in Betracht. Die in Streit stehenden Aufwendungen stellen nur die jeden Steuerpflichtigen treffenden Ausgaben für eine Wohnung dar (vgl. Zl. 87/13/0200).

Die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Familienheimfahrten eines alleinstehenden Arbeitnehmers knüpft der Verwaltungsgerichtshof an die Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer in seinem Heimatort über eine Wohnung verfügt, in der es nach dem Rechten zu sehen gilt. Die Beschwerdeführerin verfügte aber in Anschrift1 über keine eigene Wohnung. Ihr stand im elterlichen Haus lediglich ein Schlafzimmer zur Alleinbenützung zur Verfügung, während sie die übrigen Räumlichkeiten (Wohnzimmer, Bad, WC und Küche) gemeinsam mit ihrem Bruder bzw. den Eltern benützte. Eine Berücksichtigung der in Rede stehenden Aufwendungen als Werbungskosten scheidet daher im Lichte der ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus.

2) Besteuerungsrecht Österreichs

Die Beschwerdeführerin stellte für den Fall, dass die geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nicht anerkannt werden, den Eventualantrag, in Österreich überhaupt nicht zur Einkommensteuer veranlagt zu werden, da ihr Lebensmittelpunkt in der Schweiz anzusiedeln gewesen sei.

Gemäß Artikel 15 Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, BGBl. Nr. 64/1975 idF BGBl. III Nr. 169/2012 (DBA Schweiz), dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.

Nach Artikel 23 Abs. 2 DBA Schweiz darf Österreich Einkünfte im Sinne des Art. 15 Abs. 1 besteuern. Bezieht eine in Österreich ansässige Person unter Artikel 15 fallende Einkünfte, die nach diesem Abkommen in der Schweiz und in Österreich besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Schweiz gezahlten Steuer entspricht, der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die der aus der Schweiz bezogenen Einkünfte entfällt.

Zufolge des Artikels 4 Abs. 1 DBA Schweiz bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person", eine Person, die nach dem in diesem Staat geltenden Recht dort unbeschränkt steuerpflichtig ist.

Für den Fall, dass nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig ist, sieht Artikel 4 Absatz 2 lit. a DBA Schweiz Folgendes vor:

Die Person gilt als in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragsstaat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes richtet sich die Frage, ob eine Person in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist, nicht nach Doppelbesteuerungsabkommen, sondern ausschließlich nach den inländischen steuerrechtlichen Vorschriften. Doppelbesteuerungsabkommen entfalten bloß eine Schrankenwirkung insofern, als sie eine sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht ergebende Steuerpflicht begrenzen. Ob Steuerpflicht besteht, ist zunächst stets nach innerstaatlichem Steuerrecht zu beurteilen. Ergibt sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht eine Steuerpflicht, ist in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob das Besteuerungsrecht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt wird (vgl. , ).

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 erfasst die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Zufolge des § 26 Abs. 1 BAO hat einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Das “Innehaben“ einer Wohnung erfordert, dass der Steuerpflichtige sie jederzeit für die eigenen Wohnbedürfnisse nutzen kann. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen Verhältnisse, entscheidend ist die tatsächliche Verfügungsmacht (vgl. ).

Im vorliegenden Fall standen der Beschwerdeführerin zum Zwecke ihres Wohnbedarfes im elterlichen Haus Räume zur Allein– bzw. Mitbenützung zur Verfügung. Diese Räume konnte sie jederzeit nutzen. Die Beschwerdeführerin hatte in Anschrift1 einen Wohnsitz. Volljährige Kinder, die keine eigene Wohnung haben und bei ihren Eltern leben, haben dort einen abgeleiteten Wohnsitz (vgl. ). Dieser Wohnsitz stellte gleichzeitig eine ständige Wohnstätte dar.

Was die Wohnsituation in der Schweiz anlangt, mietete die Beschwerdeführerin für die Dauer der vom bis und bis mit dem Schweizer Arbeitgeber abgeschlossenen Arbeitsverträge ein Zimmer in einer 2er- Wohngemeinschaft an. Diese Arbeitsverträge waren von vornherein befristet. Beginnend ab schloss die Beschwerdeführerin mit dem Schweizer Arbeitgeber einen unbefristeten Arbeitsvertrag ab. Analog zu diesem unbefristeten Arbeitsvertrag erfolgte auch der Abschluss eines unbefristeten Mietvertrages (Anmietung eines Studios). Angesichts des Umstandes, dass die für die Zeiträume bis und bis abgeschlossenen Mietverhältnisse entsprechend der abgeschlossenen Arbeitsverträge von vornherein befristet waren, wird man bis September 2014 von einer ständigen Wohnstätte in der Schweiz nicht ausgehen können. Anders wird hingegen der Zeitraum ab zu beurteilen sein (Vorliegen auch einer ständigen Wohnstätte in der Schweiz). Aber selbst dann, wenn man für sämtliche der genannten Zeiträume den Wohnsitz in der Schweiz als ständige Wohnstätte ansehen würde, steht Österreich das Besteuerungsrecht für die Jahre 2014 und 2015 zu. Gemäß Artikel 4 Abs. 2 lit. a DBA Schweiz gilt nämlich für den Fall, dass eine Person in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte verfügt, die Person in jenem Vertragsstaat als ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Für die Beurteilung der Frage, an welchem Ort (in welchem Staat) der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat, ist auf das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt. Wirtschaftlichen Beziehungen kommt dabei in der Regel eine geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen. Unter letzteren sind all jene zu verstehen, die einen Menschen aus in seiner Person liegenden Gründen mit jenem Ort verbinden, an dem er einen Wohnsitz innehat. Von Bedeutung sind dabei familiäre Bindungen sowie Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art und andere Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen, aber auch Verbindungen zu Sachgesamtheiten, wie Privatsammlungen, und die Mitgliedschaft in Vereinen und andere soziale Engagements. Wirtschaftliche Bindungen gehen vor allem von örtlich gebundenen Tätigkeiten und von Vermögensgegenständen in Form von Einnahmequellen aus. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln. Entscheidend ist letztlich, welcher Vertragsstaat für die Person der bedeutungsvollere ist (vgl. z.B. u.a.).

Bei der Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen ist regelmäßig nicht nur auf die Verhältnisse eines Jahres, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen (vgl. u.a.).

Kriterien, die für die Schweiz sprechen, sind die in Summe nahezu 20 Monate in einem Zeitraum von knapp 2 Jahren ausgeübte, nichtselbständige Tätigkeit bei einem Schweizer Arbeitgeber sowie das Bestehen eines Wohnsitzes in der Schweiz in Form von angemieteten Räumlichkeiten. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass von diesen ca. 20 Monaten die Ausübung der Tätigkeit während ca. 15 Monaten aufgrund von befristeten Arbeitsverhältnissen erfolgte und sämtliche in der Schweiz eingegangenen Mietverhältnisse (gilt auch für jenes ab ) jeweils nur für die Dauer der ausgeübten Tätigkeit bestanden haben. Demgegenüber fällt für Österreich ins Gewicht, dass hier die Eltern und der jüngste Bruder der bis zum Jahre 2017 alleinstehenden Beschwerdeführerin leben, bei denen sie vom bis  durchgehend ihren Hauptwohnsitz hatte (nunmehr handelt es sich dabei um den Nebenwohnsitz), zu dem sie auch regelmäßig während ihrer Saisontätigkeit zurückgekehrt ist. Ein gewichtiger für Österreich sprechender Punkt ist auch die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin in den Zeiträumen zwischen den saisonalen Beschäftigungen in der Schweiz in Österreich gelebt und hier Arbeitslosengeld bezogen hat sowie weiters auch der Umstand, dass seit xy2009 in Österreich ein Fahrzeug auf die Beschwerdeführerin angemeldet ist. Bedacht zu nehmen ist schließlich auch auf den Umstand, dass die Beschwerdeführerin sowohl vor Aufnahme der nichtselbständigen Tätigkeit in der Schweiz als auch nach deren Beendigung jeweils in Dienstverhältnissen in Österreich stand bzw. steht. Seit ist die Beschwerdeführerin durchgehend in Österreich bei einem Reiseveranstalter beschäftigt.

Bei Abwägung der Gesamtheit der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen der Beschwerdeführerin zu den beiden Vertragsstaaten Österreich und Schweiz ergibt sich, dass Österreich der bedeutungsvollere für die Beschwerdeführerin gewesen ist und folglich Österreich das Besteuerungsrecht zukommt. Eine Einschränkung durch das DBA Schweiz erfährt das Besteuerungsrecht Österreichs nicht.

Was die von der Beschwerdeführerin beantragte Anrechnung der in der Schweiz entrichteten Steuer anlangt, wird auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom , betreffend Einkommensteuer 2015, verwiesen.

3) Anspruchszinsen

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für im Gesetz bestimmt umschriebene Zeiträume zu verzinsen (Anspruchszinsen).

§ 252 BAO lautet (Wiedergabe erfolgt auszugsweise):
(1) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.
(2) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Abgaben-, Meß-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden sind, so gilt Abs. 1 sinngemäß.
(3) […]

§ 252 Abs. 2 BAO erfasst Fälle, in denen ein Abgabenbescheid die gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Grundlage für einen davon abzuleitenden anderen Abgabenbescheid darstellt. Dazu gehören u.a. die Anspruchszinsen (vgl. ).

Wie das Höchstgericht in dem angeführten Erkenntnis dargetan hat, sind Anspruchszinsen zur festgesetzten Abgabe (hier: Einkommensteuer) formell akzessorisch. Sie sind insoweit von der festgesetzten Abgabe zu berechnen, als ihre Bemessungsgrundlage von der Höhe der festgesetzten Abgabe abhängt. ln dieser Hinsicht sind Anspruchszinsenbescheide an die Höhe der im Spruch des Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung gebunden.

Anspruchszinsenbescheide sind mit Beschwerde selbständig anfechtbar. Angesichts der Bindungswirkung können sie allerdings nicht erfolgreich mit der Begründung bekämpft werden, der maßgebende Einkommensteuer- (Körperschaftsteuer-)bescheid sei inhaltlich rechtswidrig (vgl. Ritz BAO6 § 205 Tz 34). Zinsenbescheide setzen nicht die materielle Richtigkeit des Stammabgabenbescheides, sondern lediglich einen solchen rechtswirksam erlassenen Bescheid voraus.
Erweist sich der Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen, neuen Zinsenbescheid Rechnung getragen. Es ergeht ein weiterer Zinsenbescheid, eine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides erfolgt nicht (vgl. Ritz BAO6 § 205 Tz 35).

lm vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen Beschwerde erhoben und diese mit der Rechtswidrigkeit des zu Grunde liegenden Einkommensteuerbescheides begründet. Unter Bedachtnahme auf § 252 Abs. 2 BAO ist eine erfolgreiche Bekämpfung des Anspruchszinsenbescheides mit der Begründung, wie sie von der Beschwerdeführerin vorgenommen wurde, nicht möglich, sodass die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abzuweisen ist.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ist die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Soweit Rechtsfragen zu beurteilen waren, folgt das Gericht einer existierenden, einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Tatfragen sind einer Revision nicht zugänglich. 

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 4 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 15 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 23 Abs. 2 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 252 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100481.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at