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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 15.04.2019, RV/7100151/2013

Beweiswürdigung hinsichtlich NeuFöG Originalformular, das trotz Übersendung nicht im Finanzamtsakt ist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK  

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende *** und die weiteren Senatsmitglieder **** als Berichterstatterin, Laienrichter1 und Laienrichter2 in der Beschwerdesache Bf in Adresse, vertreten durch BfV als Liquidatorin vertreten durch Steuerberater Michael Bergmann, Boerhaavegasse 6, 1030 Wien, über die Beschwerden vom gegen die zwei Bescheide der belangten Behörde FA GVG vom betreffend Festsetzung der GrESt ohne Berücksichtigung der Abgabenbefreiung iSd § 1 Z 2 NeuFöG, Erf.nr., StNr in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

1. Der Beschwerde betreffend Erwerbsvorgang Veräußerin VT wird  gemäß § 279 BAO stattgegeben und der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid wird aufgehoben.

2. Der Beschwerde betreffend Erwerbsvorgang Veräußerin BfV wird gemäß § 279 BAO stattgegeben und der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am wurde ein Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Firma mit Namen „Bf“ (in der Folge als Beschwerdeführerin Bf bezeichnet) in Notariatsaktsform im Notariat Notar vor dessen Substitut S zwischen BfV, damals als alleinige, selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin der Bf, und VT abgeschlossen, im Zuge dessen es zu Grundstücksübertragungen gekommen ist.

Am erging seitens des Finanzamtes an die Bf ein Ersuchen um Ergänzung betreffend der Höhe des Verkehrswertes der eingebrachten Grundstücke sowie die Grundlagen der Wertermittlung.

Die Bf beantwortete dieses Ersuchen mit einem Schreiben vom und dem Hinweis, dass die originale NeuFöG Erklärung mit dem Gesellschaftsvertrag gemeinsam dem Finanzamt (dort eingegangen am ) übermittelt wurde.

Am ergingen die Grunderwerbsteuerbescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in Höhe von jeweils 28. 321, 65 €, da wegen zwei Veräußerinnen zwei Erwerbsvorgänge vorliegen.

Die Bf erhob am als Beschwerde zu behandelnde Berufung gegen diese Grunderwerbsteuerbescheide. Die Rechtsmittel wurden damit begründet, dass die Gründung der Gesellschaft per Gesellschaftsvertrag vom unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des NeuFöG erfolgt sei und daher die Festsetzung der Grunderwerbsteuer für die Sacheinbringung von Grundvermögen zu Unrecht erfolgt sei.

Die Erklärung zur Neugründung gemäß § 4 NeuFöG sei am , also vor Errichtung des Gesellschaftsvertrages am , von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft unterfertigt worden und die Bf beantragte die Abgabenbefreiungen im Sinne des NeuFöG sowie die Aufhebung der Grunderwerbsteuerbescheide vom .

Die Erklärung zur Neugründung gemäß § 4 NeuFöG sei im zweifachen Original dem Machtgeber der Bf, Notar Notar zur weiteren Verwendung übergeben worden, wobei das erste Original für die Überreichung an das Landesgericht als Handelsgericht in Korneuburg für die Firmenbucheintragung durch elektronische Datenübermittlung und für die Vorlage beim Grundbuch des BG Gänserndorf sowie das zweite Original für die Abgabenerklärung beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel bestimmt gewesen sei.

Mit Firmenbucheingabe vom 2012 sei die Gründung der GmbH zum Firmenbuch angemeldet und das erste Original des NeuFöG Formulars dem Antrag im Wege der elektronischen Datenübermittlung beigelegt worden.

Mit Schreiben vom sei in der Folge der Gesellschaftsvertrag dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zur Gebührenanzeige samt Kopie des Gesellschaftsvertrages und dem zweiten Original des NeuFöG Formulars vorgelegt worden. Das gehe auch aus der Tatsache hervor, dass sich im Handakt des Notars lediglich eine Kopie des vorgelegten NeuFöG Formulars und kein Original mehr befinde. Desweiteren wird angeführt, dass die Angestellten des Notars, Notarsubstitut S und Notariatsangestellte Zeugin in Kenntnis der Notwendigkeit der Beilage des Originalformulars für die Erlangung der Begünstigung des NeuFöG wären, dies auch immer bei sämtlichen Gesellschaftsgründungen beigelegt hätten und im gegenständlichen Fall mittels beglaubigt unterfertigter eidesstättiger Erklärung in voller Kenntnis der Rechtsfolgen derselben bestätigt hätten, dass das Original des zweiten NeuFöG Formulars dem Schreiben an das Finanzamt zur Gebührenanzeige beigelegt gewesen sei.

Nach Telefonat am mit der zuständigen Sachbearbeiterin des Finanzamtes SBF sei der Notar erstmalig verständigt worden, dass das Original Formular des NeuFöG dem Antrag nicht beiliege. Demzufolge habe der Notar mit Schreiben am selben Tag das Finanzamt darüber informiert, dass mit Schreiben vom auch die Gebührenbemessung hinsichtlich eines Schenkungsvertrages sowie hinsichtlich eines Kaufvertrages erfolgt sei und daher davon auszugehen wäre, dass sich das Original des NeuFöG Formulars, welches dem Schreiben vom angeschlossen war, allenfalls in den beiden anderen Akten befinden könne und mit Schreiben vom das erste und verbliebene Original des amtlichen NeuFöG Formulars, das zur Vorlage an das Grundbuch BG Gänserndorf bestimmt wäre, zur weiteren Verwendung beigelegt.

Da das zweite Original sich nicht mehr im Handakt des Notars befinde, sondern mit Schreiben vom weitergeleitet worden sei, wären die Abgaben mit den Begünstigungen des NeuFöG zu bemessen gewesen.

In eventu wird seitens der Bf festgehalten, dass im Hinblick auf die Zielsetzung des NeuFöG zur Förderung der Neugründung von Bertrieben und der damit verbundenen gebühren- und abgabenrechtlichen Begünstigungen, nur die Tatsache essentiell sei, dass das amtliche NeuFöG Formular vor Begründung der Gesellschaft von den dazu zuständigen Behörden ausgestellt worden sei und das sei im gegenständlichen Fall unbestrittenerweise erfolgt.

Demzufolge wurde der Antrag auf Abänderung bzw. Aufhebung des bekämpften Bescheides sowie auf Aussetzung der Einhebung, auf mündliche Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat gestellt.

Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel erließ keine Berufungsvorentscheidung, legte den Akt dem UFS vor und beantragte Abweisung der Berufung, weil nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die Beförderung einer Sendung durch die Post auf Gefahr des Absenders erfolge und die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde den Absender treffe (; , 82/16/0119; , 84/17/0068). Die Angabe der Kanzleimitarbeiterin, ein Poststück versendet zu haben, sei kein Beweis für das Einlangen eines Schriftstückes bei der Behörde, der Beweis der Postaufgabe reiche hierfür nicht laut .

Das Vorbringen in der Berufung, dass auch weitere Verträge dem Finanzamt übermittelt worden seien, wurde vom Finanzamt insoweit  bestätigt, als alle angeführten Verträge beim Finanzamt eingelangt seien, nicht jedoch das gegenständliche NeuFöG Formular.

Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:

Das Bundesfinanzgericht lud am zur mündliche Verhandlung vor dem Senat am die Bf sowie das Finanzamt als Parteien und beide in diesem Fall beteiligten Notariatsangestellten als Zeugen und sandte einen Vorbereitungsvorhalt mit der Möglichkeit der schriftlichen Stellungnahme an die Parteien zu.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war das Finanzamt und die Bf vertreten, beide Zeugen sind erschienen und haben ausgesagt.

Auf Frage der Vorsitzenden betreffend des damaligen Vorganges antwortete der Zeuge Zeuge:

"Der gegenständliche Fall war eine Zeitlang her, aber ich weiß, worum es gegangen ist. Ich weiß, es war Ende März 2012, dass es um eine Firmengründung mit der Einbringung von Liegenschaften gegangen ist. Und zwar unter Inanspruchnahme der Begünstigung des NeuFöG. Ich weiß, dass im Zuge dessen unsere Kanzlei das Original des Formulars mitgeschickt hat. Wir haben diesen Sachverhalt noch mit eidesstättiger Erklärung bestätigt. Ich habe in meinem Leben noch nicht sehr viele eidesstättige Erklärungen abgegeben. Wir waren eine „kleinstrukturierte“ Kanzlei. Es gab den Herrn Notar Notar, ich war Substitut und es gab noch zwei Damen. Das heißt, man hat gewusst, was hereingeht und was geschickt wird."

Auf die Frage der Häufigkeit der damals versendeten NeuFÖG Formulare pro Jahr gab der Zeuge an:

"Wir waren eine kleine Kanzlei, es gab im Jahr ca. fünf bis zehn NeuföG Fälle, diese Fälle waren „Nicht an der Tagesordnung“, man legte darauf ein höheres Augenmerk."

Desweiteren verwies der Zeuge auf seine damals zeitnahe zum Geschehen abgegebene eidesstattliche Erklärung.

Auch die Zeugin Zeugin gab an, dass die Versendung von NeuFÖG Formularen nicht häufig vorgenommen wurde, ungefähr ein Mal pro Monat. Ihre Aufgabe war, prinzipell alles vorzubereiten und Versendungen dann immer nach Kontrolle von Zeuge oder dem Notar selbst vorzunehmen. Sie versicherte glaubhaft, dass sie die eidesstattliche Erklärung damals im vollen Wissen um strafrechtliche Folgen einer unrichtigen eidesstattlichen Erklärung, abgegeben habe.

Auf Seiten des Finanzamtes hat der Ablauf und die Weiterleitung eingegangener Post in diesem Fall besondere Bedeutung, daher wurde der Behördenvertreter dazu befragt und gab an:

...

Damals war der IC für die Entgegennahme der postalischen Sendungen und die Aktenaufnahme zuständig. Ein Mitarbeiter des IC, diese waren im Radl zuständig, da sie auch telefonische Auskünfte geben mussten, wird das Kuvert aufgemacht haben. Dann wurde elektronisch überprüft, ob der Fall bereits im Finanzamt erfasst war oder nicht. Wenn nicht, wurde elektronisch eine Erfassungsnummer vergeben und automatisiert das Team vergeben. Danach wurde die Sendung in einen Aktenumschlag gegeben und an das Team weitergeleitet.

...

Befragt über das Nichtvorhandensein des notariellen Begleitschreibens der Postsendung vom , meinte der Behördenvertreter, dass es sich auch nicht im Akt befinde und sagte:

Im gegenständlichen Fall wurde die Abgabenerklärung elektronisch vorgelegt. Der Vertrag dürfte dann in Kopie, in Papierform nachgereicht worden sein. Bei uns ist der Vertrag am eingelangt. Es wurde kein Zugriff des Finanzamtes für Urkundenarchiv ermöglicht, es dürfte die Urkunde auch gar nicht in das Urkundenarchiv eingestellt worden sein.

Betreffend der Befreiungsvoraussetzungen sagte der Parteienvertreter aus:

...

Frau BfV ist Landwirtin, sie wollte zur Bezirksbauernkammer gehen, wegen dieses NeuföG und wir haben sie darauf hingewiesen, dass sie zur Sozialversicherung gehen muss und ihr auch bekanntgegeben, für welche Stellen sie dieses Formular benötigt. Desweiteren waren wir mit Notar Notar, bzw. bei seinem Substituten Zeugein E-Mailverkehr wegen der Eckdaten der Gesellschaftsgründung. Die Abwicklung hat dann direkt beim Notar stattgefunden und ich gehe davon aus, dass er die Formulare wie immer – wir haben ja öfter mit ihm zusammengearbeitet – auch übermittelt hat. Daher hätten wir beantragt, die GrESt aufgrund der NeuföG-Befreiung nicht festzusetzen. Die Gesellschaft hat sich nicht mit Landwirtschaft befasst, sondern mit Bauparzellen, mit Immobilienverwertung. In der Landwirtschaft hätte es keine Förderung nach dem NeuFöG gegeben, weil wir ja schon als Landwirte tätig waren.

Übergang der Zuständigkeit vom UFS auf das BFG

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO, in der Fassung BGBl. I Nr. 14/2013, sind die am beim unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 BVG
zu erledigen.

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Am wurde per Gesellschaftsvertrag eine GmbH mit Namen „Bf“ in Notariatsaktsform errichtet,  im Zuge dessen es zu Grundstücksübertragungen gekommen ist.

Am ergingen die Grunderwerbsteuerbescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in Höhe von jeweils 28. 321, 65 €, gegen den die Bf fristgerecht am Berufung (die auf Grund des Überganges der Zuständigkeit vom UFS auf das BFG als Beschwerde zu behandeln ist) erhob, weil die Gründung der Gesellschaft per Gesellschaftsvertrag vom unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des NeuFöG erfolgt ist.

Das Finanzamt sprach sich in seinem Vorlageantrag für die Abweisung der als Beschwerde zu behandelnden Berufung aus - mit der Begründung, dass das Formular nicht rechtzeitig vorlag, bemängelte das NeuFÖG Formular, das am neben der Bf auch von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft unterzeichnet wurde, inhaltlich aber nicht.

Es konnte auf Grund der übereinstimmenden Aussagen der Zeugen, die im Jahr 2012 in dem gegenständlichen Notariat arbeiteten, nicht festgestellt werden, dass dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, damals noch in der Vorderen Zollamtsstraße 5 in 1030 Wien neben dem Gesellschaftsvertrag in Notariatsaktsform mit dementsprechendem Anschreiben das für die GreSt materiell rechtlich erforderliche NeuFÖG Formular nicht im Original übersendet wurde.

Beide Zeugen arbeiteten nach ihrer Tätigkeit im Notariat Notar, das  nur aus wenigen Personen bestand und daher überschaubar war, nach Pensionierung des Notars wieder in einem anderen Notariat und sind mit notariellen Arbeitsabläufen vertraut.

Festgestellt wurde auch, dass das Anschreiben des Notars vom sich ebenfalls nicht im Akt des Finanzamtes befindet.

Desweiteren wurde festgestellt, dass eine Postsendung, wenn sie im Informationscenter (IC) einlangt, verschiedene Stellen durchläuft, bevor sie beim zuständigen Sachbearbeiter eines Teams im Finanzamt einlangt.

Die Gesellschaft hat sich mit An- und Verkauf von Immobilien/Bauparzellen, mit Immobilienverwertung befasst.

Zur Person der Bf:

Die Bf. wurde während des Rechtsmittelverfahrens im Firmenbuch aufgelöst. Gemäß §§ 18ff GmbHG sind zur Vertretung einer GmbH die Geschäftsführer oder auch die gemäß § 15a GmbHG vom Gericht bestellten Geschäftsführer befugt. Aus dem Firmenbuch ergibt sich, dass als Liquidatorin die ehemalige Geschäftsführerin BfV bestimmt wurde. Demzufolge vertritt sie die GmbH.

Bf in Liqu. ist daher der letzte Firmenname der Bf.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die vom Bundesfinanzgericht eingesehenen Unterlagen, das Vorbringen der Bf in ihren schriftlichen Eingaben sowie die Ergebnisse der mündlichen Verhandlung.

Der materiellrechtliche Sachverhalt ist auf Grund des Urkundeninhalts in Form des Notariatsaktes sowie des Aktes des Finanzamtes als erwiesen anzusehen. Der Verfahrensgang vor dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel sowie dem Bundesfinanzgericht ist durch den Gebührenbescheid, die Berufung sowie den Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht evident.

Die in der Berufung angeführten eidesstättigen Erklärungen der beiden Notariatsangestellten liegen dem Bundesfinanzgericht in Kopie vor. Die Originale wurden laut Aktenvermerk vom Finanzamt wieder an die Notariatskanzlei retourniert.

Die Frage, ob das streitgegenständliche Formular im Original tatsächlich beim Finanzamt eingelangt ist, ist eine Frage der Beweiswürdigung.

In der von der Bf beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Senat, wurden die Zeugen, deren eidesstättige Erklärungen vorliegen, am nach der Zeugenbelehrung mit Hinweis auf allfällige strafrechtliche Folgen bei Falschaussage vernommen. Alle Aussagen wurden vom Bundesfinanzgericht entsprechend gewürdigt.

Rechtsgrundlagen

§ 1 Z 2 NeuFöG idF BGBl I Nr. 112/ 2012

Zur Förderung der Neugründung von Betrieben werden nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 nicht erhoben

2. Grunderwerbsteuer für die Einbringung von Grundstücken auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft, soweit Gesellschaftsrechte oder Anteile am Vermögen der Gesellschaft als Gegenleistung gewährt werden;

§ 4 NeuFöG idF BGBl Nr. 112/ 2012

Die Wirkungen nach § 1 treten unter den Voraussetzungen der Abs. 1 bis 4 ein.

(1) Die Wirkungen nach § 1 Z 1 bis 6 treten nur dann ein, wenn der Betriebsinhaber bei
den in Betracht kommenden Behörden einen amtlichen Vordruck vorlegt, in dem die
Neugründung erklärt wird. Auf dem amtlichen Vordruck sind zu erklären:

1. das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2,

2. der Kalendermonat nach § 3,

3. jene Abgaben, Gebühren und Beiträge, bei denen die Wirkungen nach § 1 Z 1 bis 6 eintreten sollen.

(2) Die Wirkungen nach § 1 Z 7 treten nur dann ein, wenn der Betriebsinhaber ein amtliches Formular im Sinne des Abs. 1 erstellt.

(3) Auf dem amtlichen Vordruck muß in den Fällen des Abs. 1 und 2 bestätigt sein, daß die Erklärung der Neugründung unter Inanspruchnahme der Beratung jener gesetzlichen Berufsvertretung, der der Betriebsinhaber zuzurechnen ist, erstellt worden ist. Betrifft die Neugründung ein freies Gewerbe, so hat die entsprechend dem vorhergehenden Satz zuständige gesetzliche Berufsvertretung auch zu bestätigen, dass der Betriebsinhaber über grundlegende unternehmerische Kenntnisse verfügt. Kann der Betriebsinhaber keiner gesetzlichen Berufsvertretung zugerechnet werden, ist eine Beratung durch die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Anspruch zu nehmen. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, das Verfahren der Bestätigung sowie die Voraussetzungen, unter denen in Bagatellfällen ein solches Verfahren unterbleiben kann,
mit Verordnung festzulegen.

(4) Konnten die Wirkungen des § 1 zunächst nur deshalb nicht eintreten, weil der amtliche Vordruck zur Erklärung der Neugründung noch nicht aufgelegt war, so treten bei
nachträglicher Vorlage (Abs. 1) oder bei Ausstellung (Abs. 2) des amtlichen Vordrucks die
Wirkungen des § 1 nachträglich (rückwirkend) ein. Abgaben und Gebühren im Sinne des § 1 Z 1 bis 6 sind in einem solchen Fall zu erstatten.

(5) Ist zwischen der gesetzlichen Berufsvertretung, der der Betriebsinhaber zuzurechnen ist, und den in Betracht kommenden Behörden ein ständiger Datenverkehr eingerichtet,
können die Erklärungen gemäß § 4 Abs. 1 von der gesetzlichen Berufsvertretung an
die in Betracht kommenden Behörden elektronisch übermittelt werden. In diesen Fällen
entfällt die Verpflichtung zur Vorlage eines amtlichen Vordruckes. Der Bundesminister
für Finanzen wird ermächtigt, den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Erklärungsübermittlung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz, dem Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und dem für die gesetzliche Berufsvertretung jeweils zuständigen Bundesminister festzulegen.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 80 Abs. 3 BAO ist Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (freie Beweiswürdigung).

Rechtliche Beurteilung

Bei der Vorlage des amtlichen Vordruckes (§ 4 NeuFöG) bei der Behörde gemeinsam mit dem Befreiungsantrag handelt sich um ein materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal für die Befreiung (). Dieses muss, wie die übrigen vom Gesetz geforderten Voraussetzungen für die Befreiung, im Zeitpunkt der - rechtzeitigen - Antragstellung vorliegen. Eine spätere Vorlage kann den Tatbestand daher nicht mehr erfüllen, weil dieser eben die rechtzeitige Vorlage verlangt. Der VwGH hat zB auch klargestellt, dass eine Vorlage des amtlichen Vordruckes im Rechtsmittelverfahren demnach keine für die Befreiung relevante nachträgliche Änderung des Sachverhaltes oder eine Änderung von rechtlichen Gegebenheiten bedeutet und dadurch der Befreiungstatbestand nicht (mehr) erfüllt wird. Auch § 295 a BAO dient nicht der Korrektur von fehlenden formalen Tatbestandselementen.

Auch das NeuFöG selbst lässt in seiner Gesamtheit erkennen, dass die begünstigenden Wirkungen dieses Gesetzes nur bei Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen - vgl etwa die Vorlage eines Vordrucks als materiellrechtliches Tatbestandsmerkmal (§ 4 NeuFöG) – eintreten ().

Die spätere Schaffung der Voraussetzungen wäre nur in dem im § 4 Abs. 4 NeuFöG beschriebenen Fall zulässig ( Zl. 2000/16/0362), der im  gegenständlichen Fall aber nicht vorliegt.

Der amtliche Vordruck muss nach den Bestimmungen des NeuFöG "bei der Behörde" vorgelegt werden - das ist jene Behörde, die die Amtshandlung vollzieht bzw. bei der die dort beschriebenen Abgaben anfallen ( Zl. 2000/16/0362) - im vorliegenden Fall ist es das Finanzamt (in diesem Sinn auch ).

Die Judikatur des Bundesfinanzgerichtes stellt auch klar, dass eine irrtümlich vorgelegte Kopie an Stelle des Originals des amtlichen Vordrucks genausowenig ausreichend für die begehrte Grunderwerbsteuerbefreiung ist () wie ein zwar rechtzeitig und im Original vorgelegtes, aber nicht ordnungsgemäß ausgefülltes Formular, bei dem zB die Bestätigung über die Beratung durch die gesetzliche Berufsvertretung fehlt ().

All dem zu Folge wären im gegenständlichen Fall, da das Finanzamt behauptet, den amtlichen Vordruck nicht in den von der Bf übersandten Unterlagen aufgefunden zu haben, die Voraussetzungen nicht erfüllt. Im krassen Widerspruch dazu stehen die eidesstättigen Erklärungen der Notariatsangestellten, die übereinstimmend aussagen, dass der Vordruck im Original im Kuvert, das an das Finanzamt übersendet wurde, enthalten gewesen sei.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wer das Risiko postalischer Übersendungen trägt. Das Finanzamt bezieht sich dazu in seinem Vorlagebericht auf die VwGH Judikatur, der gemäß die Beförderung einer Sendung durch die Post auf Gefahr des Absenders erfolge und die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde den Absender treffe (; , 82/16/0119; , 84/17/0068). Die Argumentation des Finanzamtes ist dahingehend, dass die Angabe der Kanzleimitarbeiterin, ein Poststück versendet zu haben, kein Beweis für das Einlangen eines Schriftstückes bei der Behörde sei und der Beweis der Postaufgabe hierfür laut nicht reiche.

Diese Aussagen sind zwar grundsätzlich richtig, auch wenn in diesem Zusammenhang festzuhalten ist, dass üblicherweise der Post übergebene Briefsendungen den Adressaten erreichen (siehe Ritz, BAO6, zu § 108 Abs. 4 Tz 10).

Gleichermaßen ist aber auch festzuhalten, dass in die Beschwerdefrist gemäß § 245 Abs. 1 iVm § 108 Abs. 4 BAO die Tage der Postzustellung nicht in die Frist einzurechnen sind, unter der Voraussetzung, dass die Beschwerde tatsächlich bei der Behörde einlangt.

Die Beweislast für das Einlangen der Behörde trifft also unstrittig den Bf. Die Beweislast, was nach dem Einlangen der Sendung beim Finanzamt damit passiert trifft hingegen nicht mehr den Bf, sondern die Behörde.

Im gegenständlichen Fall ist die Frage des Eintreffens des Kuverts beim Finanzamt von diesem zweifelsfrei bestätigt worden. Es stellt sich nur die Frage, ob das Formular im Original mitübersandt wurde oder nicht. Die eidesstättigen Erklärungen der Notariatsangestellten bestätigen dies. Wäre dies der Fall, ist es der allgemeinen Lebenserfahrung folgend geradezu ausgeschlossen, dass ein Postangestellter das Formular aus dem Kuvert herausgenommen, wieder verschlossen und den Rest an das Finanzamt übersendet hat.

Wahrscheinlicher ist in diesem Zusammenhang, dass das Formular im Finanzamt abhanden gekommen ist. Dieser Eindruck verstärkte sich vor allem dadurch, dass die Zeugen übereinstimmend glaubhaft aussagten, dass das Notariat Notar ein kleines gewesen sei, dessen Postsendungen von der Zeugin vorbereitet und vom Substituten kontrolliert worden seien, bevor sie zu Post gebracht wurden, während im Finanzamt Postsendungen im Informationscenter entgegengenommen wurden und mehrere Organisationseinheiten durchliefen, bevor sie beim zuständigen Sachbearbeiter des jeweiligen Teams ankamen, ein Verlorengehen also nicht auszuschließen ist.

Festzuhalten ist aber auch, dass ab dem Zeitpunkt, als das Finanzamt die Bf darüber informiert hatte, dass das Originalformular fehle, die Bf schon vorsorglich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO machen hätte können. Die Wiedereinsetzungsmöglichkeit besteht bei Fristen unabhängig davon, ob sie eine verfahrensrechtliche oder materielle Frist ist. Ein Verschulden der Bf ist nicht ersichtlich, wenn das Formular in das Kuvert beigelegt war und ein unvorhergesehenes Ereignis, dessen Eintritt die Bf auch unter Bedachtnahme auf die ihr persönlich zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte, wäre wohl vorgelegen. Aus dem Akt ist ein Wiedereinsetzungsantrag aber nicht ersichtlich.

Die in der mündlichen Verhandlung übereinstimmenden Zeugenaussagen, verwiesen erneut auf ihre eidesstattliche Erklärungen zu der gegenständlichen Versendung des NeuFÖG Formulars und bestätigten diese glaubhaft. Es ergab sich somit kein Hinweis, dass das gegenständliche NeuFÖG Formular im Original nicht mit den anderen Unterlagen an das Finanzamt versendet wurde. 

Es besteht kein Anlass, die Angaben  des Zeugen Zeuge, der sich an den gegenständlichen Vorgang noch erinnern konnte, zu bezweifeln, zumal er versicherte, dass es sich damals um eine kleine Kanzlei gehandelt habe und NeuFÖG Befreiungsfälle besondere waren, weil sie nicht häufig vorkamen.

Auch die Tatsache, dass - im Unterschied zu einer kleinen Kanzlei, in der alle Tätigkeiten überschaubarer sind als in einem großen Bürokomplex wie dem Finanzamt - eine Postsendung nach dem Einlagen beim Finanzamt vom Informationscenter bis zum Sachbearbeiter im jeweiligen Team verschiedene Stationen durchlaufen muss und daher einige Möglichkeiten eines allfälligen Verlustes bestehen, trägt nicht dazu bei, die Aussage des Zeugen zu entkräften. Ebensowenig durch die Tatsache, dass auch das Anschreiben des Notars vom im Akt des Finanzamtes nicht aufzufinden und daher nicht enthalten ist.

Ebenfalls zu würdigen erscheint auch die Aussage der Zeugin, dass sie die eidesstättige Erklärung zum gegenständlichen Vorgang im vollen Bewusstsein strafrechtlicher Konsequenzen getätigt hat.

Auch nicht unbedeutend ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass beide Zeugen auf ihre eidesstättigen Erklärungen verweisen, obwohl sie mittlerweile bei einem anderen Dienstgeber beschäftigt sind, es sich dabei aller Wahrscheinlichkeit nach also nicht mehr um eine "Gefälligkeitsaussage" dem Arbeitgeber gegenüber handeln kann.

Da sich die Gesellschaft mit Immobilien/Bauparzellen -verwertung befasste, kein Hinweis auf eine Tätigkeit als Landwirt ersichtlich war,  handelte sich daher materiell um eine Neugründung. Wie in der mündlichen Senatsverhandlung vom Parteienvertreter vorgebracht, war die Bf zuvor nicht in der Immobilienbrache, sondern als Landwirtin tätig. Die gegenständliche GmbH befasste  sich nicht mit Landwirtschaft, sondern mit Bauparzellen und Immobilienverwertung, daher lagen die Voraussetzungen für die Befreiungsbestimmung iSd § 4 NeuFÖG vor. Auch dass die formellen Voraussetzungen des  richtigen Vordrucks im Original vorlagen, wurde durch die Zeugen glaubhaft versichert, zumal auch ordnungsgemäß eine Bestätigung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft eingeholt wurde. Den Vorgaben der Vorlage dieses formgebundenen Antrages als materielle Voraussetzung für die Begünstigung (siehe ; vom , 99/16/0398; vom , 2000/16/0326) wurde damit Rechnung getragen.

Zusammenfassend waren daher die wesentlichen Entscheidungsgründe:

Nach den Angaben des Notars wurde das NeuFöG-Formular mit dem Gesellschaftsvertrag zwischen BfV und VT, mit welchem es auch zu Grundstücksübertragungen kam, an das Finanzamt übersendet. Der Gesellschaftsvertrag ist zwar nachweislich beim Finanzamt eingelangt, das NeuFö-Formular war jedoch nach den Aussagen des Finanzamt nicht im Kuvert enthalten. Die Beweislast für das Einlangen bei der Behörde trifft unstrittig die Bf., die Beweislast, was nach dem Einlangen der Sendung beim Finanzamt damit passiert, trifft hingegen nicht mehr die Bf., sondern die Behörde. Nach den Zeugeneinvernahmen der beiden Kanzleiangestellten erschien die Übersendung des Formulars an das Finanzamt glaubwürdig.

Die Stattgabe in der Sache selbst erfolgte, weil es sich um eine Betriebsneugründung handelt.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gem. Art 133 Abs 4 B-VG iVm § 25a Abs 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen umfangreichen, ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, des UFS und des Bundesfinanzgerichtes, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.

Demzufolge ist die Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Z 2 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999
§ 4 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100151.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at