TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.06.2019, RV/7101400/2012

Innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist erfolgte Abänderungen von Einkommensteuerbescheiden

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Steuerberatungsgesellschaft, über die Beschwerden vom sowie vom  gegen die gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Bescheide der belangten Behörde FA Wien 12/13/14 Purkersdorf vom sowie vom  betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2002, 2004 und 2005 (in der Fassung der Berichtigung gemäß § 293 b BAO vom ) zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Bf. war im streitgegenständlichen Zeitraum neben der Erzeilung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit an der x GmbH & atypisch stille Gesellschaft beteiligt.

Im Zuge einer bei vorgenanntem Unternehmen mit Prüfungsbeginn vom  erfolgten, auf § 147 BAO i. V. m. § 99 Abs. 2 FinStrG beruhenden, die gesonderte Gewinnfeststellung für die Jahre 2000 bis 2007 umfassenden (Wiederholungs-)Prüfung habe - laut Punkt 3.7. der Begründung der mit datierten Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 2002, 2004 und 2005 - der Alleingeschäftsführer niederschriftlich bekannt gegeben, dass geltend gemachten - in Punkt 3.5. exakt bezeichneten - Aufwendungen der Jahre 2001 bis 2003 in realiter keine Leistungen gegenübergestanden seien, sondern diese vielmehr via Erstellung von Scheinfakturen künstlich erzeugt worden seien. In diesem Zusammenhang seien den Organen der Vorbetriebsprüfung die verrechneten Beträge - im Wege der Tätigung absichtlich falscher Angaben - soweit  glaubhaft gemacht worden, so dass diese im Ausmaß von 35% Anerkennung gefunden hätten.

In Ansehung  der Tatsache dass die Angaben des Geschäftsführers im Zusammenhang mit vorgetäuschten Fremdleistungen sowohl durch Feststellungen der Betriebsprüfung selbst als auch durch ein Gutachten eines beeideten Sachverständigen verifizierbar gewesen seien, sei der Tatbestand der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG als erfüllt anzusehen, sodass - betreffend die Ertragsteuern der mit unrechtmäßig erhöhten Verlusten "beteilten" atypisch stillen Gesellschafter - die Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO zum Tragen komme.

Darüber hinaus wurde - unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auf die, die Festsetzungsverjährung für die Einkommensteuer der Beteiligten unmittelbar verlängernde Wirkung der in den Jahren 2005 bis 2006, respektive 2009 bis 2010 initiierten Prüfungshandlungen betreffend die (Nicht)Feststellung gemäß § 188 BAO bei der x GmbH & atypisch stille Gesellschaft verwiesen.

Das Finanzamt folgte obigen Feststellungen und erließ am sowie am  gegenüber der Bf. gemäß § 295 Abs. 1 BAO abgeänderte Bescheide zur Einkommensteuer für die Jahre 2002, 2004 und 2005.

In den gegen vorgenannte Bescheide erhobenen Berufungen (Beschwerden) vom sowie vom  wurde releviert, dass den Abänderungen nach § 295 Abs.1 BAO samt und sonders das Rechtsinstitut der Festsetzungsverjährung entgegengestanden sei.

Was die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002, 2004 und 2005 anlange, sei anzumerken, dass - in Ermangelung entsprechender Verlängerungshandlungen - die Festsetzung vorgenannter Abgaben mit Ablauf des Jahres 2008 bzw. mit Ablauf der Jahre 2010, respektive 2011 verjährt sei.

Darüber hinaus werde die Anwendung der Verjährungsbestimmungen für hinterzogene Abgaben in Abrede gestellt, da bis zum Zeitpunkt 2006 nicht nach nachgewiesen worden sei, dass Hinterziehungen stattgefunden hätten, respektive habe auch das Ergebnis des  bei der x  GmbH & atypisch stille Gesellschaft durchgeführten Vorprüfungsverfahrens einen diesbezüglichen Hinweis vermissen lassen.

Für den Fall der Vorlage der Rechtsmittel an den UFS wurde der Antrag auf Behandlung der Berufungen durch den gesamten Berufungssenat unter Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Während die gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 2002 gerichtete Berufung dem UFS zur Entscheidung vorgelegt wurde, wurde das gegen die Abänderung der Einkommensteuer für die Jahre 2004 und 2005 erhobene Rechtsmittel mit Berufungsvorentscheidung (BVE) vom mit der Begründung, wonach dem Prüfungsverfahren bei der x GmbH & atypisch stille Gesellschaft die Festsetzungsverjährung der abgeleiteten Einkommensteuern 2004 und 2005 verlängert habe und demzufolge die in Streit stehende Abänderung der Bezug habenden Abgabenbescheide innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt sei, abgewiesen.

In dem gegen diese BVE eingebrachten Vorlageantrag vom wurde seitens der Bf. deren Beitritt zu der gegen die Grundlagenbescheide erhobene Berufung bzw. die mangelnde Rechtskraft deren Zustellung releviert.

Mit Eingaben vom sowie vom wurde sowohl der Antrag der Bf. auf Behandlung der Berufung (Beschwerde) durch den Senat, als auch jener auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Über die Beschwerden wurde erwogen:

1. Zuständigkeit des BFG

Nach der Bestimmung des § 323 Abs. 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

2. Rechtliche Würdigung

2.1. Rechtsgrundlagen

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 207 ff BAO der Verjährung. Gemäß § 207 Abs. 2 BAO in der zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide maßgeblichen Fassung (BGBl I 2004/57, in Kraft getreten gemäß § 323 Abs. 16 BAO zum ) beträgt die Verjährungsfrist für eine Abgabenfestsetzung "bei allen übrigen Abgaben", sohin auch den beschwerdegegenständlichen, fünf Jahre.

Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängern nach außen erkennbare, zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommene, Amtshandlungen die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.

Nach § 209 Abs. 3 BAO verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches.

2.2. Rechtmäßigkeit der auf § 295 Abs. 1 BAO basierenden Abänderung der Einkommensteuer für die Jahr 2002, 2004 und 2005

2.2.1. Einwand des Eintritts der Festsetzungsverjährung

Unter Zugrundelegung der 5-jährigen Frist des § 207 Abs. 2 Satz 1 BAO gelangt das BFG - aus nachstehenden Gründen - zur Überzeugung, dass der auf Grundlage des § 295 Abs. 1 BAO der am sowie am  erfolgten Erlassung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002, 2004 und 2005 das Rechtsinstitut der Festsetzungsverjährung nicht entgegensteht. 

Die Erlassung des Einkommensteuerbescheides für 2002 am verlängerte die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Einkommensteuer nämlichen Jahres bis zum .

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verlängern abgabenbehördliche Prüfungen, deren Gegenstand Feststellungsverfahren (Feststellungsbescheide) sind, die Verjährungsfrist der von den Feststellungsbescheiden jeweils abgeleiteten Abgaben (; 98/15/0056).

Dies gilt auch für auf Erlassung solcher Feststellungsbescheide gerichtete Amtshandlungen, wie z. B . Vorhalte () oder Außenprüfungen (Ritz, BAO4, § 209 Tz 9 mit Verweis auf , 0060, 0061).

Im Jahr 2008 wurde - entgegen des im Rechtsmittelschriftsatz ins Treffen geführten Fehlens von Verlängerungshandlungen - am ein Ergänzungsersuchen des FA m an die x  GmbH & atypisch stille Gesellschaft  gerichtet mit dem Auftrag zur Durchsetzung des Abgabenanspruches für die Jahre 2000 bis 2007 die Anlegerprospekte und Ergebnismitteilungen für vorgenannten Zeitraum zu übermitteln. Durch diese nach außen gerichtete Amtshandlung im Feststellungsverfahren verlängerte sich die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Einkommensteuer 2002 bis zum Ablauf des Jahres 2009.

Im Jahr 2009 erging am der Prüfungsauftrag betreffend die mit Prüfungsgegenstand der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung 2000 – 2007, gefolgt von entsprechenden Prüfungshandlungen. Diese nach außen gerichtete Amtshandlung verlängerte den Eintritt der Festsetzungsverjährung für die Einkommensteuer 2002 bis zum Ablauf des Jahres 2010.

Im Jahr 2010 wurde bei der geprüften Mitunternehmerschaft am ein auf der Norm des § 303 Abs. 4 BAO basierender Feststellungsbescheid für das Jahr 2002 erlassen.

Mit dieser nach außen gerichteten Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches verlängerte sich die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Einkommensteuer 2002 bis zum Ablauf des Jahres 2011.

In der Folge wurde am  ein auf § 303 Abs. 4 BAO basierender Feststellungsbescheid für das Jahr 2002 erlassen und verlängerter sich sohin die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2002 bis zum Ablauf des Jahres 2012.  

Die Erlassung des Einkommensteuerbescheides für 2004 am verlängerte sich die Verjährungsfrist für die Einkommensteuer nämlichen Jahre bis zum .

Im Jahr 2010 wurde bei der geprüften Mitunternehmerschaft am ein auf der Norm des § 303 Abs. 4 BAO basierender Feststellungsbescheid für das Jahr 2004 sowie am  ein gemäß § 295 BAO abgeänderter Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2004 erlassen.

Mit diesen nach außen gerichteten Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches verlängerte sich die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Einkommensteuer 2004 bis zum Ablauf des Jahres 2011.

In der Folge wurde am  eine auf § 303 Abs. 4 BAO basierender Feststellungsbescheid für das Jahr 2004 erlassen und verlängerter sich sohin die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2004 bis zum Ablauf des Jahres 2012. 

Die Erlassung des Einkommensteuerbescheides für 2005 am verlängerte die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Einkommensteuer nämlichen Jahres bis zum .

Im Jahr 2011 wurde am  ein auf § 303 Abs. 4 BAO basierender Feststellungsbescheid für das Jahr 2005 erlassen und verlängert sich sohin die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2005 bis zum Ablauf des Jahres 2012.  

In Anbetracht vorstehender Ausführungen sind die am bzw. am  auf Basis des § 295 Abs. 1 BAO erfolgten Abänderungen der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002, 2004 und 2005 innerhalb der (mehrmals) verlängerten Festsetzungsverjährungsfrist erfolgt und war daher seitens des Verwaltungsgerichtes diesem Einwand der Bf. eine Absage zu erteilen.

Korrespondierend damit erübrigten sich verwaltungsgerichtliche Prüfungen nach der - seitens der Bf. ebenfalls in Abrede gestellten - Anwendbarkeit der Verjährungsfristen für hinterzogene Abgaben.

2.2.2. Der Einwand der mangelnden Rechtskraft der Zustellung der Grundlagenbescheide

Nach dem Dafürhalten des BFG erscheint nämlicher Einwand - ungeachtet dessen, dass die Bf. - nähere Ausführungen betreffend das Vorliegen etwaiger Zustellmängel schuldig geblieben ist -, schon ob der Bestätigung ihres Beitrittes zu dem gegen die mit datierten Grundlagenlagenbescheide erhobenen Rechtsmittel, widersprüchlich und demzufolge ungeeignet den, gegen die gemäß § 295 Abs. 1 BAO abgeänderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002, 2004 und 2005 gerichteten Berufungen (Beschwerden) zum Durchbruch zu verhelfen.

Zusammenfassend war daher wie im Spruch zu befinden.

3. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den obig zitierten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie, weshalb gemäß § 25a Abs. 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101400.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at