Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.02.2019, RV/7105389/2014

Beweiswürdigung gemäß § 167 BAO der Ergebnisse der Betriebsprüfung

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/13/0060. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7101629/2021 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache M. N., Adresse, vertreten durch Dr. Werner Stanek, Wollzeile 33 Tür 20, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen
die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Baden Mödling (betreffend die N., B. & K. GmbH) hinsichtlich

1) Kapitalertragsteuer für die Jahre 2006 bis 2010 vom ,
2) Umsatzsteuer 2007 bis 2008 vom ,
3) Umsatzsteuer 2009 vom und
4) Umsatzsteuerfestsetzung 1-6/2010 vom , die gemäß § 253 BAO auch gegen den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom gerichtet gilt,

1) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend

1) Kapitalertragsteuer, insofern sie den Zeitraum ab September/2007 bis 2010 betrifft,

2) Umsatzsteuer 2007 bis 2008,

3) Umsatzsteuer 2009 und

4) Umsatzsteuerfestsetzung 1-6/2010, somit auch gemäß § 253 BAO Umsatzsteuer 2010,

wird gemäß § 279 BAO abgewiesen.

2.) beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2006 bis August/2007 wird als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) M. N. war bei der N., B. & K. GmbH, die mittlerweilen seit tt.mm.2011 gem. § 40 FBG amtswegig wegen Vermögenslosigkeit gelöscht ist, Gesellschafter-Geschäftsführer.
Laut Firmenbuchauszug hat er die GmbH von bis (Konkursabweisung mangels Vermögens) selbstständig als Geschäftsführer und ab April 2011 als Liquidator vertreten.

1) Beschwerdeverfahren N., B. & K. GmbH

Bei der GmbH erfolgte betreffend Umsatzsteuer, Kapitalertragsteuer und Körperschaftsteuer für die Jahre 2006 bis 2008 eine Außenprüfung und für den Zeitraum 1/2009 bis 12/2010 eine Nachschau (Schlussbesprechung ).

Folgende steuerliche Feststellungen zu den kalkulatorischen Differenzen ergaben sich in der Betriebsprüfung:
"Tz. 3: Kalkul. Differenzen:
Bei der Überprüfung der betrieblichen Kennzahlen wurde festgestellt, dass die Rohaufschläge bei den Speisen, Getränken und Zigaretten im groben Maße branchenunüblich sind. Bei den Speisen lag der Wareneinsatz sogar in allen Prüfungsjahren beträchtlich über den erklärten Umsätzen.
Im Rahmen einer Detailkalkulation wurden die tatsächlichen Rohaufschläge ermittelt und unter Zugrundelegung der erklärten Wareneinkäufen ein kalkulatorischer Umsatz ermittelt.
Bisher noch nicht berücksichtigte Parameter wie Schwund, Personalverpflegung und Werbung wurden in die Kalkulation mit einbezogen:
Neben den gravierenden kalkulatorischen Abweichungen bestanden noch die in der Folge dargestellten Mängel
a) ACL-Daten konnten nicht zur Verfügung gestellt werden
b) Inventuren konnten nicht zur Verfügung gestellt werden
c) fehlende Z-Abschlüsse bei der Registrierkasse
d) Monatsabschlüsse der Registrierkasse fehlen für die Zeiträume 01/2006-12/2006 und ab 10/2007 bis lfd
e) fehlerhaftes Steuerberechnungsprogramm der Registrierkasse - Berechnung der USt. wird ungenau vorgenommen bzw. stimmt der ausgewiesene Gesamt-netto-Umsatz nicht mit der Summe der 10%igen u. 20%igen Umsätzen überein.

Die während des Prüfungsverfahrens bei der Polizei erstatteten "Anzeigen gegen Unbekannt" wegen Diebstahls des Warenlagers in größerem Umfang konnten im Rahmen der Prüfung nicht berücksichtigt werden, da die Anzeige erst auf Grund der Prüfung erstattet wurde und trotz plausibler Argumentation aber keine eindeutigen Beweise dafür vorgelegt werden konnten.


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Kalkul. Differenzen
2006
2007
2008
Umsatz 20%
32.942,33
105.112,88
17.300,05
Umsatz 10%
68.195,83
63.598,56
27.018,87
Summe netto
101.138,16
168.711,44
44.318,92
+USt.
13.408,05
27.382,44
6.161,90
brutto/VA
114.546,21
196.093,88
50.480,82

Cafe-Restaurant:


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Zeitraum
2006
2007
2008
Euro
Vor Bp
0,00
0,00
0,00
Nach Bp
101.138,16
168.711,44
44.318,92
Differenz
101.138,16
168.711,44
44.318,92

Steuerliche Auswirkungen:


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Zeitraum
2006
2007
2008
Euro
Euro
Euro
Umsatzsteuer
Steuerbarer Umsatz
101.138,16
168.711,44
44.318,92
20%Normal-
steuersatz
32.942,33
105.112,88
17.300,05
10% Erm. Steuersatz
68.195,83
63.598,56
27.018,87

...

Tz. 6 Nachschauzeitraum USt.

Analog zu Tz. 3 ergaben sich auch im Nachschauzeitraum kalkulatorische Differenzen, was zu nachstehenden Hinzurechnungen führte.


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Kalkul.Umsatzdifferenzen
2009
01-06/2010
Umsatz 20%
69.485,54
9.362,41
Umsatz 10%
17.944,26
4.567,01
netto
87.429,80
13.929,42
USt
15.691,54
2.329,18
Summe brutto
103.121,34
16.258,60

Tz. 7 UStG-Besteuerungsgrdl.-Nachschauzeitr.

Nachstehend werden die Veränderungen der Besteuerungsgrundlagen für den Nachschauzeitraum unter Berücksichtigung der kalkulatorischen Umsatzdifferenzen dargestellt.


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2009
01-06/2010
lt. Erkl.
lt Bp.
Gb.d.Entg
192.659,82
280.089,62
davon Umsatz 20%
187.062,13
256.547,67
davon Umsatz 10%
5.597,69
23.541,95
Vorsteuern
27.399,83
keine Änderung
Zahllast
10.572,37
26.263,90
USt.-Mehr lt. Bp.
15.691,53


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01-06/2010
01-06/2010
lt. Erkl.
lt Bp.
Gb.d.Entg
78.994,31
92.923,73
davon Umsatz 20%
73.392,58
82.754,99
davon Umsatz 10%
5.601,73
10.168,74
Vorsteuern
11.019,70
keine Änderung
Zahllast
4.218,99
6.548,17
USt.-Mehr lt. Bp.
2.329,18

Tz. 8 Verd. Ausschütt. u. KeSt.

Nachstehend erfolgt die Auflistung der verdeckten Ausschüttungen. Die Kapitalertragsteuer wird mit 33,33% errechnet, da sie nicht von den Gesellschaftern übernommen wird.


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2006
2007
2008
2009
2010
Lt. Tz.1 Verz. Verr.Kto.
304,78
737,39
130,91
0,00
0,00
Lt. Tz 2Aufl. Verr.Ktn.
30.437,94
22.305,86
0,00
0,00
0,00
Lt. Tz 3 u.Tz 6 Kalk.Differenzen
114.546,21
196.093,88
50.480,82
103.121,34
16.258,60
Summe VA
145.288,93
219.137,13
50.611,73
103.121,34
16.258,60
davon 33,33%
48.424,80
73038,41
16.868,89
34.370,34
5.418,99

Steuerliche Auswirkungen


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Zeitraum
2006
2007
2008
2009
1-6/2010
Kapitalertragst.
Abgabe
48.424,80
73.038,41
16.868,89
34.370,34
5.418,99

Einkunftsquellen

Cafe-Restaurant


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Zeitraum
2006
Euro
2007
Euro
2008
Euro
Vor Bp
-11.819,10
4.278,22
-9253,03
Tz.1 Verz. Verr.Kto
304,78
737,39
130,91
Tz.2 Auflösung Verr.Kto.
30.437,94
22.305,86
Tz.3 Kalk. Diff.
101.138,16
168.711,44
44.318,92
Tz. Kammeruml.
-155,99
-9,90
53,41
Nach Bp.
119.905,79
196.023,01
35.143,39

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der BP und den im Schätzungsweg getroffenen Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen und erließ (im wiederaufgenommenen Verfahren) neue Sachbescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2006 bis 2008.
Weiters erließ das Finanzamt einen Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerbescheid 2009 und einen Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid 1-6/2010.

Das Finanzamt erließ auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung
- Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006, 2007 und 2008 () und für das Jahr 2009 und die UVZ 1-6/2010 ()
- Körperschaftsteuerbescheide 2006, 2007 und 2008 () und
- Kaptalertragsteuer 2006 bis 2010 ().

Gegen diese Bescheide brachte der steuerliche Vertreter der N., B. & K. GmbH, Dr. Werner Stanek, Berufungen (nunmehr Beschwerden) vom , , und ein, da die Begründung unrichtig sei, da eine Aufklärung im Zuge des Ermittlungsverfahrens noch ungewiss sei. Es würden nur Fehlbestände aufgelistet.
Es seien der Abgabenbehörde entsprechende Anzeigen vorerst gegen unbekannte Personen nachgereicht worden und es könnten strafbare Handlungen angestellter Personen nicht einfach mit einem Umsatz des Unternehmens gleichgesetzt werden.
Die Abgabenbehörde hätte daher vor Erlassung dieser Bescheide das Ermittlungsverfahrens der Strafbehörde abzuwarten gehabt und es hätte letztendlich auch eine Diskussion darüber stattzufinden gehabt, wieweit eine eigenmächtige "Verwertung" und somit Schädigung des Unternehmens, quasi mit bestimmten Hebesatz multipliziert angelastet werde, womit defacto der mit diesem Hebesatz zu multiplizierender Erstschaden als wesentlich höherer Folgeschaden eintreten würde.

Es wurden Anzeigebestätigungen vom , Schadenshöhe von insgesamt € 85.000,-, vom , Schadenserhöhung von 85.000,- auf 111.000,- und vom , Schadenshöhe von € 30.250,43, vorgelegt. In den Anzeigebestätigungen war jeweils der Tatzeitraum vom bis angeführt.

Die Berufungen des steuerlichen Vertreters der GmbH wurden vom Finanzamt mit Berufungsvorentscheidungen () abweisend entschieden.
Begründend wurde ausgeführt, dass nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt die auf die in der Berufung (nunmehr Beschwerde) genannten Anzeigen basierenden Verfahren ohne jegliche Erhebungsergebnisse gemäß § 197 Abs. 2 Strafprozessordnung abgebrochen worden seien. Somit seien die nicht näher konkretisierten Behauptungen der Bf. über Warendiebstähle nicht geeignet, die Schlussfolgerungen der Außenprüfung (welche sich überdies auch auf gravierende Aufzeichnungsmängel stützen - siehe Tz. 3 des Berichtes über die Außenprüfung) fragwürdig erscheinen zu lassen.

Der steuerliche Vertreter der GmbH stellte den Antrag auf Vorlage der Beschwerden (), da den oa. Beschwerden nicht Folge gegeben wurde. Eine weitere Begründung erfolgte nicht.

Das Finanzamt legte die Beschwerden dem BFG vor, welches mit Beschluss das Beschwerdeverfahren einstellte, da die GmbH amtswegig gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit - lt. Firmenbuch am eingetragen - gelöscht worden sei und wegen fehlender Möglichkeit ein Erkenntnis zuzustellen, ein solches auch vom BFG nicht wirksam erlassen werden kann.

Auf Grund der am erfolgten amtswegigen Löschung der Firma N., B. & K. GmbH infolge Vermögenslosigkeit, war der Abgabenrückstand i.H.v. Euro 231.364,18 uneinbringlich geworden.

2) Haftungsbescheid Gesellschafter -Geschäftsführer M. N.

Das Finanzamt erließ am einen Haftungsbescheid an M. N., lt. Firmenbuch Geschäftsführer von bis ,
für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 231.364,48.
Begründend wurde ausgeführt, da er als Geschäftsführer den Verpflichtungen, Begleichen der Umsatzsteuer und Abzug der Kapitalertragsteuer, nicht nachgekommen sei, und da die Abgaben bei der GmbH uneinbringlich seien, sei er als Haftender für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten in Anspruch genommen worden.

Der steuerliche Vertreter (ebenfalls) Dr. Werner Stanek des Bf. M. N., brachte gegen den Haftungsbescheid am Beschwerde ein. Begründend führte er aus, dass dem Bf. keine schuldhafte Verletzung seiner auferlegten Pflichten treffen würde und er seinen Pflichten gemäß § 80 Abs. 1 BAO immer nachgekommen sei.

Das Finanzamt entschied mit Beschwerdevorentscheidung vom abweisend.
Begründend führte das Finanzamt ua. aus, dass dem Geschäftsführer M. N. bei entsprechender Einsichtnahme in die Bücher und Aufzeichnungen zu Beginn seiner Geschäftsführertätigkeit die Unregelmäßigkeiten und Missstände hätten auffallen müssen.
Bei Beachtung der Sorgfaltspflichten eines ordnungsgemäßen Geschäftsführers hätte dieser bei Übernahme der Geschäftsführerfunktion erkennen müssen, dass seit Beginn des Unternehmens der Wareneinsatz zum Teil beträchtlich höher als die erklärten Umsätze waren und dass Gelder offensichtlich in die Gesellschaftersphäre abgeschöpft worden seien, also verdeckte Gewinnausschüttungen erfolgt seien, für welche keine Kapitalertragsteuer abgeführt worden sei.
Die offensichtlichen Unregelmäßigkeiten seien jedoch nicht während der Geschäftsführertätigkeit des M. N. beseitigt worden. Es sei daher von der schuldhaften Pflichtverletzung an der Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Beträge auszugehen, weshalb die Haftungsinanspruchnahme zu Recht erfolgt sei.

Der gegen die abweisende Beschwerdevorentscheidung eingebrachte Vorlageantrag (v. ) wurde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit dem Erkenntnis vom , RV/7103228/2014, über die Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend die Haftung, hat das Bundesfinanzgericht der Beschwerde des M. N., ehem. Gesellschafter-Geschäftsführer laut Firmenbuch ab , teilweise Folge gegeben und die Haftung auf den Zeitraum der Geschäftsführertätigkeit ab September 2007 bis 2010 eingeschränkt.
Eine Revision wurde nicht erhoben.

3) Gegenständliches Verfahren:

Gleichzeitig mit der oa. Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid brachte der ehem. Geschäftsführers M. N., steuerlicher Vertreter Dr. Werner Stanek, die im gegenständlichen Verfahren streitgegenständliche Beschwerde gegen

a) den Bescheid hinsichtlich Kapitalertragsteuer vom über € 178.121,43 (Jahre 2006 bis 2010) sowie

b) die Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 je vom und

c) Umsatzsteuerbescheide 2009 und 01-06/2010 vom

betreffend die N., B. & K. GmbH ein und führte begründend aus:

"Vorgelegt wird unter einem der von mir überarbeitete und den Bescheiden zugrundeliegende Prüfungsbericht dem ich - in oranger Farbe gut sichtbar - Korrekturen an Hand der tatsächlichen Preise beigefügt habe.
Es ist dem Prüfungsbericht nicht zu entnehmen, an Hand welcher Unterlagen insbesonders welcher Preisliste der Prüfer W. die Berechnungen vorgenommen hat; tatsächlich dürfte an Hand der im Rahmen der Betriebsprüfung an die Geschäftsführung gestellten 27 Fragen, die durch die Geschäftsführung auch möglichst genau beantwortet wurden, die im Punkt 22 aufgeworfenen Frage "warum die Getränkeaufschläge so gering?- Klärung!" und der dazu gehörenden Antwort eine Erklärung für die in der kalkulatorischen Getränkeverprobung lt. BP (Blatt 5) nunmehr auftretenden Differenzen liegen, wobei ich auf Grund meiner letzten Tätigkeit als Geschäftsführer nochmals betonen möchte, dass ich die von mir in Ansatz gemachten Preise durch tatsächlichen Belege aus der Kassa nachweisen kann und meiner hiermit beantragten Einvernahme als Geschäftsführer gerne unter der Adresse Adresse bzw. ich einer Ladung über die Kanzlei meines ausgewiesenen Vertreters Dr. Werner Stanek gerne nachkomme.
Ich habe die für meine Entlastung wichtigen Punkte orange gekennzeichnet und beantrage im Zuge der Wiederaufnahme des Verfahrens zu diesen Punkten niederschriftlich einvernommen zu werden.
Darüber hinaus zeige ich - wie bereits seinerzeit mitgeteilt - auf, dass mir eine schuldhafte Verletzung der Abgabepflicht nicht vorgeworfen werden kann, da ich als Geschäftsführer nach besten Wissen und Gewissen die Jahreserklärungen abgegeben bzw. Umsatzsteuerzahlungen vorgenommen habe.
Es ist den dolosen Handlungen des X. K., Geschäftsführer von April 2006 bis Jänner 2008 anzulasten, dass es zu hohen Fehlbeständen kam. So habe ich im Nachhinein durch einen Mitarbeiter erfahren, dass X. K. die Gesellschaft auf extremste Weise schädigte, indem er permanent Afterworkpartys (nach Geschäftsschluss) für Angestellte, Freunde, Bekannte und Kellner anderer Betriebe duldete, wobei niemand für den Konsum bezahlte, sich jeder selbst bediente und auch die Kellner der anderen Betriebe hinter die Bar gingen und sich selbst bedient haben. Hiebei wurden nicht nur Getränke konsumiert, sondern haben sich diese unbekannten Personen, gegen die ebenfalls aktenkundige Strafanzeige eingebracht wurden, auch in der Küche bedient.
Von all diesen Malversationen habe ich erstmals bei der Schlussbesprechung des Finanzamtes Baden von dritter Seite erfahren.

X. K. hat in der Zeit als tatsächlicher Geschäftsführer alle Aktivitäten selbst geplant, Personal selbst eingestellt, den Einkauf selber organsiert, die Preise selbst festgelegt, das Controlling selbst durchgeführt, die Abrechnungen selbst entgegengenommen und kontrolliert, sogar in den Monaten, denen ich bereits lt. Eintragung im Firmenbuch handelsrechtlicher Geschäftsführer war, hat X. K. seine, die Gesellschaft schädigenden "Aktivitäten" weiter betrieben unter anderem auch Afterworkpartys ohne Bezahlung weiterhin veranstaltet.

Es lassen sich aus dem - im Zuge der Betriebsprüfung rechnerisch aufgelösten Verrechnungskonto X. K. weiters erhebliche Entnahmen festhalten. Diesbezüglich verweise ich auf die beiden aktenkundigen Strafanzeigen Dris WB, in A. den ich ebenso wie BA, C. als Zeuge beantrage.

Ich beantrage im Zuge der Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. einer ergänzenden Schlussbesprechung auch meine Einvernahme, in der ich die von mir nunmehr vorgelegten Tabelle - falls Unklarheiten bestehen sollten - gern erkläre bzw. die Belege für die tatsächlichen Preise der konsumierten Getränke vorlege.

Ich verweise weiters darauf, dass im Rahmen der Betriebsprüfung auch diverse Werbemaßnahmen (Happy Our "zahl 1 nimm 2"), vergleiche die Antwort zu Frage 22 bzw. Personalpflege an denen alle Getränke (Cocktails, Longdrinks, Flaschenbier, alkoholische Flaschen) einmal boniert jedoch 2x hergerichtet nicht rechnerisch berücksichtigt wurden.

Ich verweise darauf, dass ich sofort nach Erkennen der von X. K. gesetzten "Nichtkontrolle" versucht habe, die weitere Schädigung des Unternehmens durch solche Schlampereien zu verhindern und entsprechende Anordnungen getroffen habe.

Im Einzelnen ist allerdings nicht davon auszugehen, dass derartige Sachen von einen Tag auf den anderen abgestellt werden konnten und war es rein physisch nicht möglich, derart lange an Ort und Stelle zu sein.

Ich verweise diesbezüglich noch einmal auf die gesetzlichen Bestimmungen, die einen Haftungsbescheid rechtfertigen, wenn von einem "Verschulden" des Verantwortlichen auszugehen, aber hier zu verneinen ist.

Ich stelle daher den Antrag vor Vorlage der Berufung und Erlassung einer Berufungsvorentscheidung das Verfahren wieder zu eröffnen und an Hand der von mir korrigierten Betriebsprüfungsergebnisse noch eine Korrektur der entsprechenden Umsatzsteuer und Kapitalertragsteuer vorzunehmen und meine Haftung auf den Zeitraum 2009 und 1-9/2010 (meiner tatsächlichen Geschäftsführung) einzuschränken."

Der Bf. legte die von ihm durchgeführten kalkulatorischen Getränkeverprobung für die Jahre 2006- 2010 vor und besserte die von der Betriebsprüfung angesetzten Preise für die Getränke - welche von der BP laut der vom Bf. vorgelegten Getränkekarte angesetzt worden waren - auf die "tatsächlichen Preise" aus.
Weiters wurden von ihm sonstige Abzüge pauschal für Werbung und Personalverpflegung von den Umsätzen ohne näherer Erläuterungen abgezogen.
Zur Personalverpflegung merkte der Bf. an, dass sich niemand an die Vorgabe für die für das Personal vorgesehenen 3 Wahlgetränke gehalten hat.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und führte wie folgt zu den angefochtenen Abgabenschulden (Umsatzsteuer 2007-2009 und 1-6/2010 UStVZ und KEST 2006 bis 2010) aus:

"Die haftungsgegenständlichen Abgabenschulden der Firma N., B. & K. GmbH sind Nachforderungen auf Grund einer abgabenbehördlichen Prüfung, welche mit Bericht vom abgeschlossen wurde und bei welcher gravierende Kalkulationsdifferenzen, Buchführungsmängel sowie verdeckte Gewinnausschüttungen festgestellt wurden.
Diese Kalkulationsdifferenzen resultieren laut ihren Angaben aus Warendiebstählen, die anlässlich der Betriebsprüfung zur Anzeige gebracht worden und auf die Geschäftsführung des Herrn X. K. (Geschäftsführer: - ) zurückzuführen wären, allerdings bis dato nicht aufgeklärt wurden (die Strafanzeigen gegen unbekannte Täter wurden gem. § 197 Abs. 2 StPO abgebrochen)."

Weiters führte das Finanzamt aus, dass der Bf. bereits seit Gründung der GmbH in leitender Position gewesen sei (zunächst als Prokurist und ab als Geschäftsführer) und es ihm daher anzulasten sei, dass ihm spätestens bei entsprechender Einsichtnahme in die Bücher und Aufzeichnungen zu Beginn seiner Geschäftsführertätigkeit die Unregelmäßigkeiten und Missstände hätten auffallen müssen. Bei Beachtung der Sorgfaltspflichten eines ordnungsgemäßen Geschäftsführers bei Übernahme der Geschäftsführerfunktion hätte der Bf. erkennen müssen, dass seit Beginn des Unternehmens der Wareneinsatz zum Teil beträchtlich höher als die erklärten Umsätze gewesen seien und dass Gelder ganz offensichtlich in die Gesellschaftersphäre abgeschöpft worden, also verdeckte Gewinnausschüttungen erfolgt seien.
Er habe aber die offensichtlichen Unregelmäßigkeiten nicht beseitigt.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid führte das Finanzamt wie bereits unter Pinkt 2) näher ausgeführt - dass bei dem Bf. von schuldhaften Pflichtverletzung an der Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Beträge auszugehen sei, weshalb die Haftungsinanspruchnahme zu Recht erfolgt sei und daher von einer schuldhaften Pflichtverletzung an der Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Beträge auszugehen sei, weshalb die Haftungsinanspruchnahme zu Recht erfolgt sei.

Der Bf. brachte daraufhin sowohl gegen Haftungsbescheid - wie unter Punkt 2) ausgeführt - als auch gegen die Abgabenbescheide den Vorlageantrag vom ein.

Betreffend die Abgabebescheide führte der Bf. unter Hinweis, dass er erst seit als Geschäftsführer eingetragen sei, dies jedoch in der BVE keinen Niederschlag gefunden habe, aus, dass der Haftungsbescheid für den Zeitraum davor an den damaligen Geschäftsführer X. K. zu richten gewesen wäre.

Unter Hinweis darauf, dass auch die Finanz-Verwaltung wirtschaftlich vorzugehen habe, verwies der Bf. auf das von ihm wahrgenommene Recht auf Überprüfung "unbeschadet" der Einbringung einer Berufung gegen die Heranziehung zur Haftung er auch innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen die Bescheide hinsichtlich der Kapitalertragsteuer vom , Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 sowie Umsatzsteuerbescheid 2009 und 01-06/2010 Berufung erhoben habe.

Der Bf. führte weiters aus, er habe die maßgeblichen Gründe, nämlich im wesentlichen eine falsche bzw. aktenwidrige Annahme der Bemessungsgrundlagen (die tatsächlichen Verkaufspreise waren weit aus niedriger als vom Prüfer angenommen) detailliert darlegt und er lege nochmals - zur Untermauerung - Rechnungen mit den Nummern 00090, 000205, 000451, 000711 sowie 000181 zum Beweis dafür, dass die vom Betriebsprüfer angenommenen Verkaufspreise tatsächlich nicht den vom Betriebsprüfer in seiner kalkulatorischen Getränkeverprobung angenommenen Werten entsprechen würden, vor.

Weiters sei darauf hinzuweisen, dass in der Küche kein Werbebeitrag durch den Betriebsprüfer angesetzt worden sei; das seien diejenigen Konsumationen, die aufs Haus gehen würden. Diesbezüglich sei unter der kalkulatorischen Getränkeverprobung "sonstige Abzüge - Werbung" immer eine Pauschale von € 20.000,00 angesetzt worden. Detto sei ein Abzug wegen Personalverpflegung nicht auf die Küche umgelegt worden, womit in diesem Zusammenhang sich keine Nachforderung ergeben haben dürfen.

Vorgelegt wurden (neuerlich) die oa. Rechnungen Nr. 00090 vom , Nr. 000205 vom , Nr. 000451 vom , Nr. 000711 vom und Nr. 000181 vom in Kopie.

Das Finanzamt Baden Mödling, Finanzstrafbehörde, legte das Protokoll über die Beschuldigtenvernehmung M. N. vom dem BFG vor.

Auf die Frage, wer im Zeitraum 2006 -2010 für die Buchhaltung zuständig gewesen sei, führte Herr N. aus, dass er ab September 2007 als Geschäftsführer offiziell eingetreten sei, jedoch Herr K. sich noch weiter um den Ablauf gekümmert habe. Die steuerliche Vertretung war die Steuerberatungskanzlei P.S. Frau S. habe auch die Betriebsprüfung begleitet.

Auf die Frage wieso so geringe Rohaufschläge bei Speisen, Getränke und Getränke veranschlagt worden seien, sagte der Bf., dass die Einkaufspreise grundsätzlich gepasst hätten, der Betriebsprüfer aber die Verkaufspreise höher angesetzt habe.
Eine Registrierkasse für diese Branche wurde verwendet.
Er werde eine Neuberechnung nachreichen.
Auf die Frage, warum bei der Betriebsprüfung die ACL Daten nicht zur Verfügung gestellt werden konnten, konnte der Bf. nichts sagen.

Wie hoch die typischen/üblichen Rohaufschläge in der Branche seien, wisse er nicht, er habe die Preise von Herrn K. übernommen.

Er führte weiters aus, dass es jedes Jahr 2006 bis 2010 mehrere Diebstähle gegeben habe, es seien Afterworkpartys gefeiert worden, an denen Freunde und Angestellte der umliegenden Gastrobetriebe teilgenommen hätte, wobei sich jeder eigenhändig bedient habe. Von diesen Partys habe der Bf. erst im Zuge der Betriebsprüfung erfahren.

Warum Z-Abschlüsse der Registrierkasse fehlen würden, führte der Bf. aus, dass es manchmal passiert sei, dass diese plötzlich verschwunden seien. Das sei aber höchstens 4 oder 5 mal passiert.

Zu dem Fehlen von Monatsabschlüssen der Registrierkasse für die Zeiträume 01/2006 bis 12/2006 und ab 10/2007 bis lfd. könne er nichts sagen.

Die Registrierkasse sei von der Firma S. bezogen worden. Er habe keine Veränderungen am Softwareprogramm der Kassa vorgenommen, er hätte es auch gar nicht gekonnt.
Zu dem vom Betriebsprüfer festgestellten fehlerhaften Steuerberechnungsprogramm könne er nichts sagen. Die Einstellungen habe die Firma S. gemacht.

Zu den angeführten falschen Zahlen der Betriebsprüfung werde er Neuberechnungen nachbringen.

Auf die Frage, ob er Verrechnungskonten kenne, führte der Bf. aus, dass er glaube, dass es welche gebe, er sie jedoch nicht verwendet habe.

Zu der Darstellung zum Gastro-Betrieb in Baden führte der Bf. aus, dass das Konzept des Lokales in Baden von Herrn K. und Herrn B. mit der Gemeinde Baden abgesprochen worden sei, er habe sich von vornherein nur als Investor gesehen. Er sei erst Ende 2007 nach außen aufgetreten.
Die Gemeinde Baden habe das gegenständliche Vermietungsobjekt für Gastronomie vergeben.
Er habe eine Ablöse von € 120.000,- brutto an den ehemaligen Betreiber des Gemeinde-Lokals bezahlt.
Herr K. habe sich um die Eröffnung, Werbung, Einkauf, Preisgestaltung,... gekümmert, er habe sich auch um das Kassensystem gekümmert und die unbezahlten Afterworkpartys ins Leben gerufen.
Herr K. und Herr B. hätten in den oberen Räumen des Lokals gewohnt.
Die Steuerberaterin Frau S. sei ihm bekannt gewesen, allerdings habe sie nicht die nötige Arbeit erbracht.
In der Organisation und Gestaltung der Getränke - Speisekarte sei die GmbH nicht frei gewesen, die Gemeinde Baden habe Vorgaben gemacht. Es sollte ein Frühstück und durchgehend warme Küche bis mindestens 22:00 Uhr geben.
Im Jahr 2008 habe der Bf. den Gastronomiebetrieb neu zu organisieren versucht, was ihm jedoch nicht gelang.

In den Jahren 2008 und 2009 habe der Bf. einen Nachfolger gesucht, doch niemand wollte die Ablöse bezahlen.
Nach Ablauf der 5-jährigen Kündigungsverzichtes hat die Gemeinde den Mietvertrag gekündigt. Eine Ablöse sei ihm nicht mehr zugestanden.

Weiters machte der Bf. folgende Anmerkungen zur Kalkulation:
"Die Gerichte wurden immer mit Gebäck serviert, daraus ergibt sich ein wesentlich geringerer kalkulatorischer Aufschlag für die Küche (0,29-0,89€) pro Gebäck, somit im Durchschnitt 0,59€!
Wir waren sehr auf Cocktails spezialisiert. Hier ist es sehr schwierig eine Kalkulation festzulegen. Damit der Cocktail gut schmeckt, kann man hier nicht auf gängige Rezepte aus dem Buch oder Internet zurückgreifen. Hier ist das persönliche Geschick eines jeden Bar-Mixers sehr wichtig. Dabei wurde viel mehr Alkohol beigegeben als angeschrieben wurde. Damit ist der Wareneinsatz hierbei viel höher! Die Aufschläge (RAK) der Cocktails wurden zwischen 1,95 und 5,0 im Schnitt kalkuliert, sodass sich als Mittel 3,475 ergeben. Auch ist der Anteil, den der BP. aus dem Küchen-Wareneinsatz (WES) für die Cocktails herausgerechnet hat, in Wahrheit ein vielfaches dessen. Das erklärt auch den niedrigen Küchenumsatz im Vergleich zum Kücheneinkauf und den fehlende Abzug für Personalverpflegung. Ich habe die gleiche Kalkulation zugrunde gelegt wie sie der Bp. bei den Getränken festgelegt hat, jedoch nur den halben Satz.
Werbeabzug bei Getränken für 2006 -2008 sind pauschal 20.000,-€ /Jahr vom Betriebsprüfer angesetzt worden. 2009-2010 wurden wesentlich geringere Zahlen angesetzt, hierfür gibt es keine Begründung!
Personalverpflegung bei Getränken für 2006 -2008 wurde pauschal mit 24.300,-€ angesetzt! 2009-2010 jedoch geringer! Personalverpflegung für 2009-2010 sind falsch berechnet, es hat sich niemand an meine Vorgaben gehalten von 3 Wahlgetränken! Personalanzahl pro Tag sind fast gleich geblieben, 3 Personen während der Woche, 4-5 Personen am Wochenende!
Weiters möchte ich erwähnen, dass 2009 der Kaffee-Umsatz lt. Bp. eindeutig nicht dem Geschäftsumsatz entsprechen kann. Ein Kaffee-Einkaufswert über das Jahr 1.00-2.00€ mehr ist beim Einkauf nicht leicht zu sehen, hat jedoch eine enorme Hebelwirkung bei einem RAK von 10. Hier hat sich eindeutig das Personal für ihren privaten Konsum eingedeckt.
Weiters bleibt noch zu erwähnen, dass unmittelbar nach Kenntnis der Afterworkpartys (nicht gewusst und nicht toleriert) von mir der Auftrag an Herrn Dr. B. gegeben worden ist, eine Anzeige bei der Polizei am zu stellen."

In der Neuberechnungen des Bf. änderte dieser ua. die RAK vom Wein von der Betriebsprüfung mit 4.50 festgestellt, auf 3.21, Fassbier von 3,30 auf 2,43, Spirituosen von 5,50 auf 3,475 und alkoholfreie Getränke von 5,00 auf 4,184, wobei die BP die Preise der vorgelegten Getränkekarte übernommen hat.

Betreffend die von ihm (Bf.) angenommenen RAK legte dieser die oa. 5 Rechnungszettel aus den Jahren 2006 bis 2007 vor (bereits auch im Zuge der Betriebsprüfung vorgelegt).

Den Abzug für Werbung und die Personalverpflegung übernahm der Bf. von der Betriebsprüfung.

Am erließ das Finanzamt den Umsatzsteuerbescheid 2010.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Beschluss

Im gegenständlichen Verfahren hat der Geschäftsführer der N., B. & K. GmbH Herr M. N. (Aug. 2007 bis ) im Zuge der Beschwerde gegen den an ihn gerichteten Haftungsbescheid auch Beschwerde gegen die dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Abgabenbescheide erhoben.

Nach § 248 BAO erster Satz kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde erheben.

Diese Beschwerden müssen nicht in gesonderten Schriftsätzen eingebracht werden (; , 2000/14/0200). Sie müssen nicht gleichzeitig eingebracht werden. (Ritz BAO6 § 248 Tz 1ff)

Aus § 248 ergibt sich, dass der zur Haftung Herangezogene jedenfalls den gegen ihn geltend gemachten Abgabenanspruch dem Grunde und der Höhe nach bekämpfen können muss (, 81/14/0118).

Nach nunmehriger Judikatur (zB. ) ist in solchen Fällen über den Abgabenanspruch (seine Höhe) im Haftungsverfahren abzusprechen.

Im gegenständlichen Fall wurde im Verfahren gegen den Haftungsbescheid (siehe Punkt 2) der Beschwerde teilweise Folge gegeben. Die Beschwerde wurde betreffend die Kapitalertragsteuer hinsichtlich des Jahres 2006 zur Gänze und hinsichtlich des Jahres 2007, soweit sie den Zeitraum vor der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit durch den Bf. betrifft, stattgegeben.

Insofern war die gegenständliche Beschwerde gegen die Abgabenbescheide diesen Zeitraum betreffend mit Beschluss zurückzuweisen.

2. Erkenntnis

Sachverhalt:

Folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde zu legen ist, ergibt sich aus den im Akt aufliegenden Unterlagen, den Feststellungen der Betriebsprüfung, den Beschwerdeausführungen und dem Protokoll über die Beschuldigtenvernehmung vom .

Der Beschwerdeführer (Bf.) M. N. war bei der N. B. & K. GmbH, die mittlerweilen seit gem. § 40 FBG amtswegig wegen Vermögenslosigkeit gelöscht ist, Gesellschafter-Geschäftsführer.

Laut Firmenbuchauszug hat der Bf. die GmbH von bis (Konkursabweisung mangels Vermögens) selbstständig als Geschäftsführer und ab April 2011 als Liquidator vertreten.

Die N., B. & K. GembH (Gesellschaftsvertrag vom ) mit Geschäftsanschrift D., erwarb im Jahr 2006 ein Kaffee-Restaurant mit Anschrift D.

Die Gemeinde Baden hat das Vermietungsobjekt für Gastronomie vergeben.

In dem Betriebsprüfungsbericht wird festgehalten, dass auf Grund der Außenprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 und Nachschau für die Jahre 2009 und 2010 bei der GmbH Kalkulationsdifferenzen und Mängel bei der Ermittlung des Umsatzes festgestellt wurden.

In der Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen die (geänderten) Bescheide wurde zu den Kalkulationsdifferenzen vorgebracht, dass sich diese auf Grund von Diebstählen, Afterworksparty,... ergeben haben.

Vom Bf. wurden folgende drei Anzeigebestätigungen vom
, Schaden von insgesamt 85.000,- €,
, Schadenserhöhung von 85.000,- € auf 111.000,- € und
, Schaden 30.250,43 €
- gegen unbekannte Täter,
- mit jeweils den Tatzeitraum vom bis und
- Warenschwund aus Bar- und Küchenbereich, sowie Schwund an Tabakwaren
vorgelegt.

In dem Aktenvermerk vom wurden laut Auskunft der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt, die Verfahren jedoch gemäß § 197 Abs. 2 StPO abgebrochen, da es keine Ermittlungsergebnisse gab.

In der Begründung zu den abweisenden Beschwerdevorentscheidungen wurde vom Finanzamt Folgendes ausgeführt:

"Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt wurde das auf den in Ihren Berufungen genannten Anzeigen basierende Verfahren ohne jegliche Erhebungsergebnissen gemäß § 197 Abs. 2 Strafprozessordnung abgebrochen. Somit sind ihre nicht näher konkretisierten Behauptungen über Warendiebstähle nicht geeignet, die Schlussfolgerungen der Außenprüfung (welche sich überdies auch auf gravierende Aufzeichnungsmängel stützen - siehe Tz 3 des Berichtes der Außenprüfung) fragwürdig erscheinen zu lassen."

Zu der Begründung in den Beschwerdevorentscheidungen, dass die Verfahren betreffend die Diebstahlsanzeigen eingestellt wurden, und daher die Berufungen (nunmehr Beschwerden) abgewiesen wurden, führte der Bf. in dem Vorlageantrag nichts aus.
Der Vorlagenantrag erfolgte ohne weitere Begründung.

Im Zuge des Beschwerdeverfahrens des Gesellschafter- Geschäftsführers M. N. gegen die oa. Abgabenebescheide (gleichzeitig mit der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid) führte dieser aus, dass der RAK von der Betriebsprüfung zu hoch angesetzt wurde.

Vorgelegt wurden neuerlich die oa. Rechnungen Nr. 00090 vom , Nr. 000205 vom , Nr. 000451 vom , Nr. 000711 vom und Nr. 000181 vom in Kopie.
Zu den von der BP festgestellten Mängel wurde nichts Neues vorgebracht.

Das Finanzamt Baden Mödling, Finanzstrafbehörde, legte das Protokoll über die Beschuldigtenvernehmung M. N. vom vor.

Beweiswürdigung

Strittig ist im gegenständlichen Verfahren die Kalkulation der Betriebsprüfung und das sich daraus ergebende Mehrergebnis.

Die grundsätzliche Berechtigung zur Schätzung wurde nicht bestritten.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung:

Beschwerde gegen den UVZ 1-6/2010 und den Umsatzsteuerbescheid 2010:

Gemäß § 253 BAO tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst. (BGBl I 2013/14)

An die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tretende Bescheide sind zB Umsatzsteuerveranlagungsbescheide, die an die Stelle von Umsatzfestsetzungsbescheide treten.

Gemäß § 115Abs. 1BAO haben die Abgabenbehörden die abgabenpflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.
Zu erforschen ist die materielle Wahrheit (Ritz BAO6§ 115 Tz 4).

Die amtswegige Ermittlungspflicht der Abgabenbehörden besteht innerhalb der Grenzen ihrer Möglichkeiten und des vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwandes (; ,2005/17/0088; ,2006/13/0136). (Ritz, BAO6§ 115 Tz 6)

Die Abgabenbehörde trägt zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabeanspruch geltend machen zu können, doch befreit dies die Partei nicht von ihrer Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht (zB ; , 2001/14/0187; , 2007/15/0292).

Gemäß §119 Abs. 1BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsame Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

Gemäß § 119 Abs. 2 BAO dienen der Offenlegung insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgaberechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.

Vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen bedeutet, der Abgabenbehörde nicht nur ein richtiges und vollständiges, sondern auch ein klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen zu verschaffen (; , ÖStZB 1996, 445; ). (Vgl. Kotschnigg, Beweisrecht, BAO § 119 , Tz 35)

Beide Pflichten (amtswegige Ermittlungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei) bestehen grundsätzlich nebeneinander und schließen einander nicht aus. Die amtswegige Ermittlungspflicht besteht zwar auch dann, wenn die Partei ihre Verpflichtungen (Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht) verletzt (vgl zB bei Nichtbeantwortung eines Vorhaltes, ), doch wird ihr Umfang durch solche Pflichtverletzungen beeinflusst (vgl ; , 89/16/0225). In dem Ausmaß, in dem die Partei zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung ungeachtet ihrer Verpflichtung hiezu nicht bereit ist bzw eine solche unterlässt, tritt die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, zurück (zB ; , 97/14/0011; , 2004/15/0144).

Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes findet dort ihre Grenze, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann ( , 94/15/0181; , 2006/13/0136).

Gemäß §138 Abs. 1BAOhaben die Abgabenpflichtigen und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

(2) Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Schriften und Urkunden sind auf Verlangen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, soweit sie für den Inhalt der Anbringen von Bedeutung sind.

§ 138 Abs. 1 BAO betrifft vor allem die Feststellung solcher Verhältnisse, die für die Abgabenbehörden nur unter Mithilfe der Abgabepflichtigen aufklärbar sind, also Umstände, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung näher steht, als die Abgabenbehörde (zB ). Es handelt sich um Tatsachen, bei deren Beweisbarkeit der Abgabepflichtige vorsorglich wirken kann (). (Ritz, BAO6, § 138 Tz 1)

Gemäß §167 Abs. 1BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat im übrigen die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahme (zB ; , 97/16/0067; , 2001/17/0017; , 2004/16/0232) (Ritz BAO6, § 167 Tz 6).

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; , 2006/15/0301; , 2011/16/0011; , 2009/17/0132). (Ritz BAO6, § 167 Tz 8.)
Die Beweiswürdigung ist nur insofern der Kontrolle des VwGH zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind (zB ; , 2008/13/0148; , 2010/17/0268; , 2009/13/0230), also ob sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut (zB ; , 2007/15/0234, 0236; , 2010/15/0161) bzw den Erfahrungen des täglichen Lebens ( ; , 98/16/0134; , 2010/16/0168) entsprechen.
Ob die Beweiswürdigung materiell richtig ist, dh ob sie mit der objektiven Wahrheit übereinstimmt, entzieht sich der Überprüfung durch den Gerichtshof (zB ; , 2007/13/0134; , 2017/17/0057; , 2011/15/0140). Der VwGH prüft die Beweiswürdigung somit nur auf ihre Schlüssigkeit (zB ; , 2009/16/0187; , 2009/15/0017; , 2009/13/0258).
Bei Überprüfung der Beweiswürdigung kommt es nicht darauf an, ob jeder einzelne Denkvorgang schlüssig und mit menschlichem Erfahrungsgut vereinbar ist. Diesem Erfordernis muss lediglich das Ergebnis der Beweisaufnahme entsprechen (). (Ritz BAO6, § 167 Tz 10)

Gemäß § 183 Abs. 1 BAO sind Beweise von Amts wegen oder auf Antrag aufzunehmen.
...
Gemäß Abs. 3 sind von den Parteien beantragte Beweise aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, es sei denn, daß die Partei sich zur Tragung der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet, oder wenn aus den Umständen erhellt, daß die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind. Gegen die Ablehnung der von den Parteien angebotenen Beweise ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

Beweisanträge sind daher abzulehnen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen
- bei der Abgabenbehörde offenkundig sind
...
- bei offenbarer Absicht der Partei, das Verfahren zu verschleppen. (vgl. Ritz, BAO6, § 183 Tz 3)

§ 184 BAO

(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen. [BGBl 1961/194]

Können die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermittelt (berechnet) werden, so sind diese zu schätzen.
Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei und hat das Ziel den tatsächlichen Gegebenheiten möglich nahe zu kommen.
Allerdings ist jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent ( ; , 97/15/0076; , 95/16/0222; , 2000/14/0166; , 2009/17/0127; , Ro 2014/13/0022). Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (zB ; , 98/14/0026; , 96/14/0111; , 2009/17/0119 bis 0122). (vgl. Ritz, BAO6, § 184 Tz 3)

Die grundsätzliche Schätzungsberechtigung - Vorliegen von den nachstehend angeführten Mängel - war gegegeben und wurde auch im gegenständlichen Verfahren nicht bestritten.

Im Zuge der Prüfung der GmbH wurden laut Betriebsprüfungbericht Tz.3 neben den gravierenden kalkulatorischen Differenzen

- im groben Maße branchenunübliche Rohaufschläge bei den Speisen, Getränken und Zigaretten und
- der Feststellung, dass bei den Speisen der Wareneinsatz sogar in allen Prüfungsjahren beträchtlich über den erklärten Umsätzen lag,

weitere Mängel festgestellt:

"a) ACL-Daten konnten nicht zur Verfügung gestellt werde

b) Inventuren konnten nicht vorgelegt werden

c) fehlende Abschlüsse bei der Registrierkasse

d) Monatsabschlüsse der Registrierkasse fehlen für die Zeiträume 1/2006 bis 12/2006 und ab 10/2007 bis lfd

e) fehlerhaftes Steuerberechnungsprogramm der Registrierkasse - Berechnung der USt. wird ungenau vorgenommen bzw. stimmt der ausgewiesene Gesamt-Netto-Umsatz nicht mit der Summe der 10%igen u. 20%igen Umsätzen überein."

Nicht berücksichtigte Parameter wie Schwund, Personalverpflegung und Werbung wurden von der BP in die Kalkulation miteinbezogen.

Zu den vorstehend Punkten wurde der steuerliche Vertreter der GmbH im Zuge der Steuerprüfung 2010 befragt. Eine Aufklärung erfolgte nicht.

Auch im weiteren Beschwerdeverfahren wurde zu den von der Betriebsprüfung festgestellten Mängel keine Erläuterungen eingebracht.

Es wurde somit - wie bereits vorstehend ausgeführt - von dem steuerlichen Vertreter der GmbH weder während der Betriebsprüfung noch im Zuge des Beschwerdeverfahren betreffend die GmbH und auch nicht im gegenständlichen Verfahren - der Steuerberater ist derselbe - zu den oa. Mängel Stellung genommen noch diese aufgeklärt, so dass sich für das BFG ein klares Bild der tatsächlichen Umsätze ergeben hätte.

Der Aufklärungspflicht der Behörde steht die Pflicht der Partei gegenüber, auch ihrerseits alles zu Aufklärung des Sachverhaltes Erforderliche zu tun. Stellt sich ihr Verhalten als das Gegenteil dessen dar, was § 119 Abs. 1 BAO von ihr verlangt, so hat auch die Aufklärungspflicht der Behörde ihre Grenzen. Sie ist in diesem Fall berechtigt und verpflichtet, den Sachverhalt in freier Beweiswürdigung festzustellen ( , VwSlg. 6.412/F). (Kotschnigg, Beweisrecht BAO § 119 Rz 66)

Den Ausführungen des M. N. in der Beschwerde, dass Fragen der Betriebsprüfung zum Großteil beantwortet worden seien, kann das BFG nicht folgen.

Laut Betriebsprüfung hat weder der steuerliche Vertreter noch der Geschäftsführer M. N. zu den vorstehenden angeführten Mängel insofern Stellung genommen, sodass die festgestellten Kalkulationsdifferenzen aufgeklärt hätten werden können.

In der Beschwerde gegen die im Zuge der Betriebsprüfung ergangenen neuen Abgabenbescheide wurde lediglich ausgeführt, dass "die Begründung unrichtig sei" und die Abgabenbehörde das Ermittlungsverfahren der Strafbehörden abwarten hätte müssen.

Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurden vom steuerlichen Vertreter der GmbH, der auch steuerlicher Vertreter des Geschäftsführers, M. N., war und ist, die Umsätze als zu hoch angesetzt gesehen und damit ausschließlich begründet, dass in dem Restaurant-Cafe hohe Diebstähle erfolgt seien und dass sich die Angestellten und Gäste bei Afterworkpartys selbst bedient hätten.

Der steuerliche Vertreter der GmbH legte die bereits o. erwähnten Diebstahlsanzeigen gegen Unbekannt - die einen pauschalen Diebstahl an Getränken, Essen und Tabakwaren zu Anzeige gebracht haben - vor.

Auf Grund erfolgter Anfragen durch das Finanzamt bei der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt, wurde die Auskunft erteilt, dass die Verfahren mangels Ermittlungsergebnissen eingestellt wurden.

Auch als in der weiteren Folge im Zuge der BVE dem Bf. von der Abgabenbehörde mitgeteilt wurde, dass die Beschwerden abzuweisen gewesen seien, da die drei auf den Anzeigen basierenden Verfahren ohne jegliche Erhebungsergebnissen gemäß § 197 Abs. 2 Strafprozessordnung abgebrochen worden seien, daher die nicht näher konkretisierten Behauptungen über Warendiebstähle nicht geeignet seien, die Schlussfolgerungen der Außenprüfung (welche sich überdies auch auf gravierende Aufzeichnungsmängel stützen) fragwürdig erscheinen zu lassen, erfolgten keine weiteren Erläuterungen im Rahmen des Vorlageantrages.

In diesem Sinne wurde auch in dem gegen die vom Finanzamt ergangene abweisende Beschwerdevorentscheidung eingebrachten Vorlageantrag seitens des Bf. in keinster Weise auf die Ausführungen des Finanzamtes betreffend die eingestellten Diebstahlsverfahren eingegangen.

Den Ausführungen des Bf. in der gegenständlichen Beschwerde, dass er Korrekturen an Hand tatsächlicher Preise beigefügt hat, hält das Bundesfinanzgericht entgegen, dass er einerseits bereits im Zuge des Beschwerdeverfahrens der GmbH, diese Korrekturen (zeitnah) hätte geltend machen können und andrerseits aber auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren, diese nicht näher ausgeführt hat.

In der Beschwerde gegen die Umsatzbescheide 2007 bis 2009 und UStVZ 1-6/2010 und dem Kest-Bescheid betreffend die Zeitraume 2006 bis 2010 wurden ausschließlich die Diebstähle, die auch erst im Zuge der Betriebsprüfung zur Anzeige gebracht worden waren, und zahlreiche "aus den Ruder gelaufene Afterworkspartys" als alleiniger Grund für die niedrigen RAK als Ursache herangezogen.

Das BFG kann nicht nachvollziehen, wieso der Bf., der ab September 2007 bereits Geschäftsführer war, die von ihm nunmehr angeführten niedrigeren RAK - ausschließlich beruhend auf den 5 vorgelegten Rechnungen - im Zuge der Betriebsprüfung und weiters im Beschwerdeverfahren betreffend die von ihm als Gf. vertretene GmbH nicht vorgebracht hat.

In der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid und den diesen zugrundeliegenden Sachbescheiden führte der ehem. Gf. M. N. erstmalig aus, dass der RAK von der Betriebsprüfung zu hoch angesetzt worden sei, mit der Begründung, dass die Verkaufspreise von der Betriebsprüfung zu hoch angenommen wurden.

Allerdings sind die durch den Bf. neu kalkulierten Umsätze für das BFG nicht nachvollziehbar. Die RAK wurden niedriger angesetzt indem lediglich die Verkaufspreise niedriger angesetzt wurden. Als Begründung dafür wurden seitens des Bf. lediglich die 5 Rechnungen betreffend die Jahre 2006 und 2007 (Zeitraum vor seiner Geschäftsführertätigkeit) herangezogen. Aus der nunmehr vorgelegten Getränke- und Speisekarte, deren Preise der Kalkulation der BP zugrunde gelegt worden waren, ist für das BFG nicht erkennbar, welches Jahr diese betrifft.

Von den Umsätzen wurde vom Bf. dann ein höherer Personalverbrauch und höhere Aufwendungen für die Werbung pauschal, ohne weitere Ausführungen, von den Umsätzen abgezogen.

Auf die von der Betriebsprüfung oa. angeführten Mängel wurde - wie auch bereits im Betriebsprüfungsverfahren - jedoch in keinster Weise eingegangen.

Auch wurde bereits seitens des Bf. weder im Betriebsprüfungsverfahren noch in der Beschwerde klare Angaben zu den im Zuge der Außenprüfung festgestellten Mängel gemacht.

Nach den allgemeinen Denkgesetzten bzw. den Erfahrungen des täglichen Lebens wären diese Vorbringen im Beschwerdeverfahren der GmbH zeitnah schlüssiger und glaubhaft gewesen.

Der Bf. hätte die abgabenrechtlichen bedeutsamen Umstände, die von der Betriebsprüfung als Mängel festgestellte wurden, bereits damals vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen gehabt.

Aus der nunmehrigen Beschwerde geht auch nicht hervor, auf Grund welcher neuen Erkenntnisse im Jahr 2014 - somit 7 Jahre nach dem angefochtenen Jahr 2007 - der Bf. nunmehr die RAK als zu hoch angesetzt erachtet. Die angesprochenen fünf Kassenbelege wurden bereit im Zuge des BP-Verfahrens vorgelegt.

Die von der Betriebsprüfung festgesetzten RAK wurde vom Bf. herabgesetzt, allerdings ist für das Bundesfinanzgericht daher nicht erkennbar, auf Grund welcher "neuen" Erkenntnisse des Bf..

Die vom Bf. nunmehr beantragten Einvernahme in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer, sieht das BFG insofern nicht als zielführend an, da dem Bf. bereits während Betriebsprüfung und auch im anschließenden Beschwerdeverfahren betreffend die N., B. & K. GmbH ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden ist, zeitnah seine Beschwerdevorbringen zu erläutern und zur Klärung beizutragen.
Dem Bf. werde wurde somit mehrmals die Möglichkeit zur Wahrnehmung des Parteiengehörs geboten.

Den weiteren Ausführungen des Bf, dass er erst von den "Malversationen" erstmals bei der Schlussbesprechung Kenntnis erlangt hat, werden die Ausführungen im Protokoll über die Beschuldigtenvernehmung vom entgegengehalten, im Rahmen derer der Bf. angab, dass er bereits während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer versucht habe, den Gastronomiebetrieb hinsichtlich Preisgestaltung, Organisation und Controlling neu zu organisieren.

Der Bf. wurde am von der Strafsachenstelle des Finanzamtes aufgefordert, zu seiner Geschäftsführertätigkeit und den Kalkulationsdifferenzen, die von der Betriebsprüfung aufgezeigt worden sind, Stellung zu nehmen.

Zu den Ausführungen des Finanzamtes, dass die Diebstahlsverfahren von der Staatsanwaltschaft mangels Ermittlungsergebnisse eingestellt wurde sind, nahm M. N., der Geschäftsführer der GmbH seit 9/2007 und nunmehriger Bf., auch im gegenständlichen Verfahren nicht Stellung.

Der Bf. war bereits seit September 2007 Geschäftsführer der GmbH und das BFG geht davon aus, dass er Einblick in die Finanzgebarungen der GmbH hatte.

Den Ausführungen des Bf., dass laut Beschuldigtenvernehmung Herr K., auch noch zur Zeit seiner Bestellung zum Geschäftsführer die Organisation, die Preisgestaltung etc. über hatte, kann das BFG nichts abgewinnen.

Den Feststellungen der Betriebsprüfung wurden ausschließlich die Diebstahlsanzeigen entgegengehalten, in denen pauschale Beträge für den Schwund aus Bar- und Küchenbereich und Tabakwaren zur Anzeige gebracht wurden.

Eine Möglichkeit für die nunmehrige Berechnung für den korrigierten RAK kann das BFG daraus nicht ableiten.

Weiters wurden die Diebstahlsverfahren - wie bereits vorstehend ausgeführt - mangels Ermittlungsergebnissen von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

Weitere Ausführungen erfolgten in dem Vorlageantrag nicht.

In dem Protokoll vom führt M. N. auch aus, dass die Verkaufspreise von der Betriebsprüfung zu hoch angesetzt wurden, er habe zB. das Bier um weniger verkauft, aber auch weiters, dass er sich bei den Rohaufschlägen nicht auskenne und, dass er die Preise vom Herrn K. übernommen habe.

Weiters führte er aus, dass sich Angestellte und Freunde bei den Afterwork-partys selbst bedient hätten, was er allerdings nicht toleriert habe.
Maßnahmen dagegen führte er jedoch nicht an.

Zu den fehlenden Monatsabschlüssen der Registrierkasse und fehlenden Z-Abschlüssen konnte er nicht sagen.

Die vom Bf. erst im Zuge des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens angeführten Beschwerdegründen erscheinen dem BFG weiters aus folgenden Gründen nicht schlüssig:

Denn einerseits führt der Bf. aus, sich in der Branche der Gastronomie nicht auszukennen und sämtliche Entscheidungen Herrn K. überlassen zu haben, andrerseits führt er nunmehr nach 7 Jahren aus, dass der RAK von der Bp zu hoch angesetzt wurde, und belegt dies mit den bereits vorgelegten 5 Rechnungen und führt dazu nur aus, das diese den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen würden.

Zu den oa. konkreten Fragen wie Mängel in der Buchhaltung, Fehlen von Monatsabschlüssen der Registrierkassen, Fehlen von Inventuren und Vorliegen eines fehlerhaften Berechnungsprogrammes, der Feststellungen der Betriebsprüfung, dass im großen Maße branchenunübliche Rohaufschläge vorliegen würden, konnte der Bf. nichts sagen.

Dem hielt der Bf. ausschließlich entgegen, dass im November 2010 die drei bereits oa. angeführten Diebstahlsanzeigen gemacht worden seien, die den hohen Schwund rechtfertigten würden.
Zu dem Abbruch des Strafverfahren mangels Ermittlungsergebnissen wurde jedoch vom Bf. wieder nichts ausgeführt.

Das BFG kann daher nicht erkennen, dass die Vorbringen des Bf. über bloße Behauptungen hinausgehen und somit die schlüssige Kalkulation der Betriebsprüfung entkräften können.

Die Betriebsprüfung hat sich bei den Preisen betreffend die Getränke an die Preise in der vorgelegten Getränkekarte gehalten, damit ist sie nach Ansicht des BFG den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe gekommen.

Auf Grund all dieser sehr wagen Ausführungen des Bf. kommt das BFG mittels freier Beweiswürdigung daher zu dem Schluss, dass die von der Betriebsprüfung ermittelten Steuerbemessungsgrundlagen gegenüber den von dem Bf. vorgebrachten Ausführungen die Gewissheit haben, dass sie den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen.

Auch der Vorwurf, dass die Betriebsprüfung den Schwund, die Werbung und den Eigenverbrauch bei Berechnung des RAK nicht berücksichtigt habe, wird entgegengehalten, dass unter "TZ .3 bisher noch nicht berücksichtigte Parameter wie Schwund, Personalverpflegung und Werbung in die Kalkulation mit einbezogen wurden".

Der vom Bf. angebotenen Stellungnahme zu den Kalkulationsdifferenzen wurde Rechnung getragen, da der Bf. vom Finanzamt am vernommen wurde.

Die vom Bf. angeführten Zeugen betreffend die Strafanzeigen sieht das BFG nicht als effizient an, da die drei gegenständlichen Verfahren bereits mangels Ermittlungsergebnissen eingestellt wurden.

Das Bundesfinanzgericht ist daher in freier Beweiswürdigung zu dem Schluss gekommen, dass die Vorbringen des Bf. über bloße Behauptungen nicht hinausgehen.
Das BFG sieht die von der Betriebsprüfung ermittelten Steuerbemessungsgrundlagen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend, als wahrscheinlicher an.

Die Beschwerden waren daher abzuweisen.

Revision:

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob die Kalkulation der Betriebsprüfung richtig erfolgt ist, ist keine Rechtsfrage, sondern eine Tatsachenfrage, welche im Rahmen der Beweiswürdigung zu entscheiden war.

Es liegt auch weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch eine von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichende Rechtsfrage vor. Deshalb war im Spruch auszuführen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 119 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 119 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 138 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105389.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at