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Säumnisbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 27.05.2019, RS/2100021/2019

Säumnisbeschwerdeverfahren: Zurückweisung der Beschwerde des ehemaligen Geschäftsführers und Liquidators einer gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöschten GmbH mangels Legitimation als Einschreiter (Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes betreffend Verbuchung von berichtigten Umsatzsteuervoranmeldungen)

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RS/2100021/2019-RS1
Die Löschung einer GmbH im Firmenbuch wirkt insofern nur deklarativ, als sie nicht zum Verlust der Parteifähigkeit führt, solange Vermögen vorhanden ist. Der Fortbestand der Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH ist zu bejahen, solange noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind. Für das Rechtsmittelverfahren ist zu prüfen, ob sich auf Grund des Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen ergeben könnte, sodass die Rechtspersönlichkeit insoweit als fortdauernd anzusehen wäre. Sind keine Zahlungen auf die strittige Abgabenschuld erfolgt, besteht somit keine Aussicht auf einen Rückzahlungsanspruch, und wurde das Vorliegen eines anderweitigen Vermögens und damit Abwicklungsbedarfes nicht behauptet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtspersönlichkeit fortbesteht (vgl. , mwA).
RS/2100021/2019-RS2
Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO umfasst nur jene Fälle, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine GmbH gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine GmbH gemäß § 39 Abs. 1 FBG mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den das Insolvenz­verfahren mangels kostendeckenden Vermögens (§ 71b IO) eröffnet oder aufgehoben wird, als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist (vgl. Ritz, BAO6, § 80 Tz. 15).
RS/2100021/2019-RS3
Im Fall einer gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöschten GmbH hat diese mit der Löschung ihre organschaftliche Vertretung verloren. Die Funktion des Liquidators ist erloschen. Ihre Legitimation lebt von selbst für keine Rechtshandlung auf. Auch bei Hervorkommen von Vermögen der GmbH müsste für diese erst ein Liquidator oder Kurator bestellt werden. Der ehemalige Geschäftsführer und Liquidator war daher nicht berechtigt, für die (im Hinblick auf die im Raum stehenden Abgabengutschriften möglicherweise noch fortbestehende) GmbH einzuschreiten, weshalb die Säumnisbeschwerde diesem gegenüber als Einschreiter mangels Legitimation zurückzuweisen ist.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Einzelrichter über die Beschwerde des X, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes Graz-Stadt betreffend Verbuchung von (berichtigten) Umsatzsteuervoranmeldungen der A-GmbH für 10/2018 und 11/2018 beschlossen:

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Beschluss des Landesgerichtes [Gericht] vom t1.01.2019 wurde über die A-GmbH (in der Folge: GmbH) die Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens ausgesprochen. Am t2.01.2019 erfolgte die Eintragung der Auflösung der Gesellschaft infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit sowie die Eintragung des Geschäftsführers als Liquidator in das Firmenbuch. Am t3.03.2019 wurde Firma gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht.

Mit Schreiben vom erhob der ehemalige Geschäftsführer und Liquidator im Namen der GmbH als Einschreiter die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes Graz-Stadt betreffend die Verbuchung von (berichtigten) Umsatzsteuervoranmeldungen der GmbH für 10/2018 und 11/2018.

Die Löschung einer GmbH im Firmenbuch wirkt insofern nur deklarativ, als sie nicht zum Verlust der Parteifähigkeit führt, solange Vermögen vorhanden ist. Der Fortbestand der Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH ist zu bejahen, solange noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind. Für das Rechtsmittelverfahren ist zu prüfen, ob sich auf Grund des Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen ergeben könnte, sodass die Rechtspersönlichkeit insoweit als fortdauernd anzusehen wäre. Sind keine Zahlungen auf die strittige Abgabenschuld erfolgt, besteht somit keine Aussicht auf einen Rückzahlungsanspruch, und wurde das Vorliegen eines anderweitigen Vermögens und damit Abwicklungsbedarfes nicht behauptet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtspersönlichkeit fortbesteht (vgl. , mwA).

Vertreter der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war (§ 80 Abs. 3 BAO).

Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO umfasst nur jene Fälle, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine GmbH gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine GmbH gemäß § 39 Abs. 1 FBG mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den das Insolvenz­verfahren mangels kostendeckenden Vermögens (§ 71b IO) eröffnet oder aufgehoben wird, als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist (vgl. Ritz, BAO6, § 80 Tz. 15).

Im gegenständlichen Fall hat die GmbH mit der Löschung ihre organschaftliche Vertretung verloren. Die Funktion des Liquidators ist erloschen. Ihre Legitimation lebt von selbst für keine Rechtshandlung auf. Auch bei Hervorkommen von Vermögen der GmbH müsste für diese erst ein Liquidator oder Kurator bestellt werden. Der ehemalige Geschäftsführer und Liquidator war daher nicht berechtigt, für die (im Hinblick auf die im Raum stehenden Abgabengutschriften möglicherweise noch fortbestehende) GmbH einzuschreiten, weshalb die Säumnisbeschwerde diesem gegenüber als Einschreiter mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen war.

Abschließend sei zu dem Vorbringen des Einschreiters (zu diesem und zahlreichen anderen Beschwerdefällen, bei denen er auch der Einschreiter ist), die Abgabenbehörde verzichte auf etwaige Abgabenansprüche, noch darauf hingewiesen, dass die Heranziehung des Geschäftsführers zur Haftung für (uneinbringliche) Abgaben der GmbH auch dann zulässig ist, wenn es der Abgabenbehörde nicht gelungen ist, die Abgaben bei der GmbH vor deren Löschung bescheidmäßig festzusetzen (vgl. ).

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung im Hinblick auf die bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 80 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RS.2100021.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at