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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.03.2019, RV/5100876/2018

Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit der Berufsausbildung im Sinne der Bestimmungen des FLAG 1967 - verspätete Abgabe der Diplomarbeit an einer berufsbildenden höheren Schule (HTL-Schwerpunkt Holzbau)

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100876/2018-RS1
Ein Schüler der HTL (Schultyp BMHS - 5.Schulstufe "Maturajahrgang"), der innerhalb des 2. Semesters der letzten Schulstufe (=regulärer Zeitrahmen) die vom Gesetz geforderte Diplomarbeit (abschließende Arbeit) ungerechtfertigt nicht abgibt, auch nicht zum ersten Nebentermin im Herbst, verfolgt keine ernsthafte und zielstrebige Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967.

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christoph Kordik in der Beschwerdesache Bfin., Adr. , SVNr. 000*,über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt A vom , betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe bzw. Kinderabsetzbetrag für ihren Sohn B ,SVNr. 000*, für den Zeitraum 07-10/2017 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Zu beurteilen war, ob die Nichtabgabe der Diplomarbeit (abschließende Arbeit) im gesetzlich vorgesehenen, regulären Zeitplan für die Familienbeihilfe schädlich war (Rückforderungsbescheid v.) oder nicht.

Verfahren (Übersichtstabelle)


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Überprüfung des Familienbeihilfenanspruchs /Anforderung des Reifeprüfungszeugnis
Beantwortung durch Bfin.
(Matura bestanden am , aber kein vollständiger Abschluss wegen fehlender Diplomarbeit ,Diplomarbeit im Herbst und dann auch Nachreichung des Abschlusszeugnisses
FA-FB-Verlängerung
Familienbeihilfe bis Oktober 2017 (siehe Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom ).
FA-Überprüfungsschreiben (zweites)
Beantwortung durch Bfin
Voraussichtliche Abgabe der Diplomarbeit
im Dezember 2017 (tatsächlich dann am abgegeben)
Zivildienst (Zuweisungsschreiben v. )
Beginn  
Rückforderungsbescheid vom - zugestellt am ;Gesamt EUR  881,60 (€ 648 FB u.€ 233,60 KG)für den Zeitraum Juli bis Oktober 2017
mangels ernsthafter und zielstrebiger Ausbildung iSd. FLAG 1967
Beschwerde
persönlich Vorsprache der Bfin. beim Finanzamt
Erfordernis weiterer Nachweise
AV vom
telefonischer Auskunft der Schule
(AV)
Beschwerdevorentscheidung
(zugestellt am )/Abweisung
Vorlageantrag
Stellungnahme des Finanzamtes


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Vorlagebericht an BFG

Ermittlungsverfahren durch das BFG - Vorhalt des

im Zusammenhang mit dem Beschwerdeverfahren zu obiger Zahl wird noch ersucht, allenfalls im Wege einer mündlichen Kontaktaufnahme mit der Beschwerdeführerin bekannt zu geben,

a) ob bei den zweimaligen persönlichen Vorsprachen der Bfin. beim Finanzamt (siehe Vorlagebericht v. ) auch über den Zeitpunkt der Abgabe des Diplom-Werkstückes  (Holzverbindung) gesprochen wurde (ev .Aktenvermerke bitte noch nachträglich an das BFG vorlegen).Dies ist deswegen erforderlich, weil bei diesem Schultypus (HTL-Ausbildungsschwerpunkt Holzbautechnik) dem praktischen Teil der Gesamt- Ausbildung (Hauptprüfung bestehend aus theoretischem und praktischem Teil) sehr wohl ein Stellenwert für die Frage der Zielstrebigkeit bzw. der Ernsthaftigkeit beigemessen werden sollte. Wäre das praktische Diplom-Werkstück zB bereits früher fertiggestellt worden sein und  auch in einem früheren Zeitraum als Vorleistung abgegeben worden, käme diesem Umstand nach Meinung des Gerichtes Bedeutung zu.

b) ob der seitens der Direktion der Schule angesetzte Termin der Präsentation der  Diplomarbeit im Februar 2018 vom Sohn absolviert wurde

c) Worauf gründet sich die Meinung des Finanzamtes, dass die Schulbestätigung der Direktion v. unrichtig sei (Wiederholungstermin nicht im Dezember 2013, sondern erst im März 2018 ? - Bitte um Nachweis aus der zitierten Prüfordnung !

Vorhaltsbeantwortung des FA v.

Zu Ihrer Anfrage vom darf ich Ihnen Folgendes mitteilen:

a) Lt. der zuständigen Sachbearbeiterin wurde über den Zeitpunkt der Abgabe des Diplomwerkstückes (Holzverbindung) mit der Bf. nicht gesprochen.

Diesbezügliche Aktenvermerke gibt es daher keine. Die Bf. meinte bei ihren Vorsprachen gegenüber dem Finanzamt nur, dass sich der Sohn darum kümmern würde, dass er die Diplomarbeit nicht mehr im Juni, sondern erst zum nächsten Termin abgeben brauche, damit er noch die anstehenden Prüfungen absolvieren  könne. Das Diplomwerkstück wurde - Fr. D vom Sekretariat der HTL 1, Adr.2, zufolge - vom Schüler nicht früher fertig gestellt bzw. auch nicht als Vorleistung früher abgegeben.

b)  Lt. Fr. D vom Sekretariat der HTL 1, Adr.2, hat der Sohn der Bf. die Präsentation der Diplomarbeit am erfolgreich absolviert (siehe Beurteilung der Diplomarbeit im Anhang).

c)  Gem. § 40 Abs. 2 SchUG 1986 iVm. § 10 Abs. 1 Prüfungsordnung BMHS 2012 sind die Zeiträume für die Abgabe im Falle der Wiederholung der abschließenden Arbeit die erste Unterrichtswoche, die ersten fünf Unterrichtstage im Dezember und die letzten fünf Unterrichtstage im März (Rechtsgrundlage bereits im  Vorlagebericht v. angeführt!). Der in der Schulbestätigung angeführte 3. Wiederholungstermin hätte demnach nicht im Dezember 2017 (dies wäre  der 2. Wiederholungstermin gewesen), sondern erst in den letzten fünf Unterrichtstagen im März 2018 stattfinden dürfen. Nach Auskunft der Schule (Telefonat vom 11.06. und ) lag beim Sohn der Bf. jedoch kein Fall der Wiederholung der Diplomarbeit (abschließenden Arbeit) vor (siehe auch schriftliche Stellungnahme von Fr. E vom im Anhang). Der Schüler hat seine Diplomarbeit schlichtweg nicht abgegeben (weder zum ersten Termin am noch zum zweiten Termin am ). Eine Negativbeurteilung hat es - mangels Abgabe der Diplomarbeit - somit nicht gegeben. Erst zum 3. Termin, am , gab der Sohn der Bf. seine Diplomarbeit am ab (siehe Schulbestätigung vom bzw. Stellungnahme von Fr. E vom im Anhang).Mit dem auf der Schulbestätigung vom angeführten „3. Wiederholungstermin“ ist daher lediglich der dritte, dem Schüler zur Verfügung gestellte, Abgabetermin gemeint. Ergänzend wird bemerkt, dass aus der Beurteilung der Diplomarbeit (siehe Anhang) eindeutig hervorgeht, dass sich der Schüler nicht ernstlich und zielstrebig um die Abgabe seiner Diplomarbeit bzw. die rechtzeitige Anfertigung seines Werkstückes und damit um den Abschluss seiner Berufsausbildung iSd. FLAG 1967 bemüht hat („schleppender Arbeitsverlauf, mäßige Eigeninitiative…“). Das Finanzamt bleibt daher bei der Ansicht, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Abschließend wird mitgeteilt, dass vom betreuenden Lehrer eventuell noch eine Stellungnahme zum gegenständlichen Fall erfolgen wird (Telefonat mit Fr. D vom ). Diese wird, sofern sie innerhalb der nächsten 14 Tage beim Finanzamt einlangen sollte, direkt per Mail an Sie weitergeleitet.

Diese Stellungnahme des Betreuungsprofessors langte bis zum Tag der Entscheidung nicht mehr beim Gericht ein.

Über die Beschwerde wurde vom Bundesfinanzgericht erwogen:

Sachverhalt

Der dieser Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt ist unstrittig. Fest steht, dass der Sohn der Bfin.am grundsätzlich sämtliche Teilprüfungen der Matura bestanden hat. Für den Erhalt des Reifeprüfungszeugnisses fehlte ihm die Abgabe, Präsentation und Beurteilung der Diplomarbeit (abschließende Arbeit) . Der ehemalige Schüler wählte das Thema "Holzbe-bzw.verarbeitung in Abhängigkeit von regionalen Bedingungen" – übergeordnetes Projekt: "Unterschiede zwischen heimischen Bauholz und Bauholz in Asien"). Die Diplomarbeit ist als vorwissenschaftlichen Arbeit Teil der Abschlussprüfung der Höheren Technischen Lehranstalt ,Adr2, iSd § 34 SchUG. Laut Bestätigung der Schule Adr2. vom hat B die Diplomarbeit als vorwissenschaftliche Arbeit  am im Sekretariat der Schule abgegeben. Die Präsentation der Arbeit mit anschließender Diskussion und Beurteilung vor der Kommission wurde am mit Genügend absolviert.

Fest steht weiters, dass ihm mit Bescheid der Zivildienstagentur über die Zuweisung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes bekannt gegeben wurde, dass der Zuweisungszeitraum vom 1. Janner 2018 bis war.
 

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich insbesondere aus folgenden Beweismitteln:

Schreiben zur Überprüfung des FB-Anspruchs vom und samt Beantwortungen vom13.07.2017 und ,Mitteilungen über den Bezug der Familienbeihilfe vom und , Rückforderungsbescheid vom samt Zustellnachweis vom ,Beschwerde vom , AV vom und inkl. Bestätigungen der Schule vom und ,Beschwerdevorentscheidung vom samt Zustellnachweis vom ,Vorlageantrag vom , Vorhalt des BFG v., Vorhaltsbeantwortung des FA v., Schreiben der Klassenvorständin v. ,und sonstige elektronisch vorgelegte Aktenteile;

Das Gericht  erachtet  in freier Beweiswürdigung gemäß § 167 Abs. 2 BAO Folgendes als erwiesen an:

Es  kann unter sorgfältigster Berücksichtigung der Aussagen der Beschwerdeführerin nicht erkennen, dass eine ernsthafte und Zielstrebigkeit der Ausbildung betreffend Diplomarbeit vorlag. Dies gilt ab September  2017 (mit der Möglichkeit der Abgabe der Diplomarbeit bis (erster Nebentermin). Dieser Termin sei –so die Bfin- zu kurz gewesen.

Wie aus dem Sachverhalt ersichtlich ist, hat auch der Großteil der Schülerinnen/Schüler die abschließende Arbeit (Diplomarbeit) im Rahmen dieses regulären gesetzlichen Zeitplanes eingehalten. Nur der Beschwerdeführer und weitere drei Mitschüler konnten den vom Gesetzgeber und Verordnungsgeber festgelegten Zeitplan nicht einhalten (siehe Beilage 1).

Man kann erkennen, dass die Vierfachbelastung von

  • Matura bzw.

  • Klausurprüfung

  • reguläre (zeitrahmenbezogene) Abgabe der Diplomarbeit (abschließende Arbeit) innerhalb des. 2.Semesters der letzten Schulstufe

  • sowie Werkstückabgabe              

vom Großteil der Schülerinnen bewältigt werden konnte. 

Die willentliche (ohne ersichtlichen Grund) geplante Verschiebung der Diplomarbeit durch den Schüler innerhalb der 2 Semester der letzten Schulstufe bzw. auch nicht zum Nebentermin kann nach Ansicht des Gerichtes nicht dazu führen, dass es zur Weitergewährung der Familienbeihilfe über Juni 2017 hinaus kommen kann. Dies kann nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sein.

Die Nichtabgabe der Diplomarbeit im regulären gesetzlichen Zeitplan sowie auch im darauffolgenden nächsten Nebentermin, nämlich im Herbst 2017 (Termin ), wurde daher als nicht mehr zielstrebig angesehen.

Jene anderen zielstrebigen Schüler , die sich an den regulären Zeitplan halten, kommen auch nicht in den Genuss einer verlängerten FB. Ein Vergleich innerhalb der zu allen Prüfungen angetretenen Schülern dieses Jahrgangs der fünften Schulstufe = 9.u.10.Semester der gegenständlichen HTL in Linz, Goethestraße, war anzustellen.

Wesentlich war auch für das Gericht, dass die Argumente der Bfin.in Richtung Terminschwierigkeiten mit den  Professoren als bloße Schutzbehauptung eingestuft werden, da eine kontinuierliche Betreuung durch den Professor/Professorin nur im Rahmen der regulären Schulzeit im 9.u.10.Semesters zu erfolgen hat, nicht aber außerhalb der regulären Schulzeit (also nach dem 10.Semester).

Gleiches gilt auch für das Anführen der Gründe wie Nichterreichbarkeit des Betreuungsprof. wegen fehlender E-Mail-Adresse des Professors. Man hätte die Emailadresse des ehemals betreuenden Professors leicht durch Kontaktaufnahme mit dem Sekretariat der Schule klären können.

Eine krankheitsbedingte Unterbrechung während des Zeitraumes vom siebten Semester bis zum zehnten Semester wurde im Verfahren von der Bfin. nicht behauptet.

Die nicht mehr eingelangte Stellungnahme des Betreuungsprofessors zur Frage der Terminschwierigkeiten hatte für die Gesamtbeurteilung des Falles keinen Einfluss mehr.

Ein Fall eines rechtzeitigen Antrittes und einer Beurteilung mit „Nicht genügend“ und anschließender notwendiger Wiederholung der Diplomarbeit war nicht zu beurteilen.

Dies gilt  trotz der Tatsache, dass im Zeitraum Juli  und August 2017 Sommerferien waren (vgl. zu dieser Problematik Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FlAG, § 2, Rz 38,S. 78). Im Falle der rechtzeitigen Abgabe und positiver Beurteilung wäre die Schulausbildung bereits abgeschlossen gewesen und es hätte in der Folge auch kein FB-Anspruch mehr bestanden.

Durch die willentliche Verschiebung kann aber kein Vorteil erwirkt werden. Die zunächst ausbezahlte FB bzw. der Kinderabsetzbetrag (weil man von der Abgabe der Diplomarbeit im September 2017 ausgegangen war) wurde im Bescheid v. daher zu Recht zurückgefordert.

Rechtslage zum FlAG 1967 :

Nach der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 erlischt der Anspruch auf Familienbeihilfe mit Ablauf des Monates, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Betrage zurückzuzahlen. Gleiches gilt für zu Unrecht bezogene und gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlte Kinderabsetzbetrage (§ 33 Abs. 3 EStG 1988 iVm § 26 FLAG 1967).

§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 normiert eine objektive Erstattungspflichtzu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente wie z.B. persönliche Beweggründe sind für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat.

Die allgemeine bildende Schulausbildung gehört zweifellos zur Berufsausbildung (Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FlAG, § 2, Rz 35,S. 78).  Der Besuch der HTL LINZ, Schwerpunkt Holzbau, eine berufsbildende höhere Schule, diente ebenso einer Berufsausbildung im Sinne des FlAG 1967.

Das Merkmal der Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit im Sinne der Bestimmungen des FLAG 1967 war vom Gericht zu beurteilen. Dies ist im Wege einer ex ante Betrachtung vorzunehmen.

Der Prüfungsmaßstab der Ernstlichkeit und Zielstrebigkeit  im Prüfungsgebiet Diplomarbeit ist nach Ansicht des Gerichtes -isoliert von den übrigen Leistungen des Schülers - vorzunehmen.

Schulrechtliche Rahmenbedingungen für die Diplomarbeit des Schultyps HTL nach dem Schulunterrichtsgesetz 1986/472 (§ 36 Abs. 3 iVm.§ 34 Abs. 3 Z 1 SchuG 1986 in der für den Beschwerdezeitraum maßgeblichen Fassung): 

Prüfungstermine

§ 36. (1) Vorprüfungen haben nach den Aufgaben und dem Lehrplan der betreffenden Schulform für das erstmalige Antreten am Ende der vorletzten oder in der letzten Schulstufe, jedoch vor dem Haupttermin der Hauptprüfung stattzufinden. Die konkreten Prüfungstermine für die einzelnen Prüfungsgebiete (Teilprüfungen) sind nach Maßgabe näherer Regelungen durch Verordnung des zuständigen Bundesministers sowie unter Bedachtnahme auf die lehrplanmäßigen Erfordernisse durch die zuständige Schulbehörde festzulegen.

(2) Hauptprüfungen haben stattzufinden:

1. für die erstmalige Abgabe der abschließenden Arbeit gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 innerhalb des 2. Semesters der letzten Schulstufe,

1a. für die Präsentation und Diskussion der abschließenden Arbeit im Zeitraum nach erfolgter Abgabe gemäß Z 1 und dem Ende des als Haupttermin vorgesehenen Prüfungstermins,

2. für das erstmalige Antreten zur Klausurprüfung und zur mündlichen Prüfung innerhalb der letzten neun oder, wenn es die Terminorganisation erfordert, zehn Wochen des Unterrichtsjahres (Haupttermin) und

3. im Übrigen

a) innerhalb der ersten sieben Wochen des Schuljahres,

b) innerhalb von sieben Wochen nach den Weihnachtsferien und

c) innerhalb der letzten neun oder, wenn es die Terminorganisation erfordert, zehn Wochen des Unterrichtsjahres.

Wenn es aus lehrplanmäßigen Gründen oder wegen der Dauer einer lehrplanmäßig vorgesehenen Ferialpraxis erforderlich ist, kann der zuständige Bundesminister durch Verordnung von Z 1 bis 3 abweichende Termine für die Hauptprüfung festlegen.

(3) Durch Verordnung der Schulleiterin oder des Schulleiters kann nach Anhörung des Schulgemeinschaftsausschusses aus pädagogischen und organisatorischen Gründen festgelegt werden, dass im Rahmen der abschließenden Prüfung alle Schülerinnen und Schüler einzelne Teilprüfungen der Klausurprüfung bzw. der mündlichen Prüfung vor dem Haupttermin (Abs. 2 Z 2) abzulegen haben (vorgezogene Teilprüfungen), wenn

1. der das Prüfungsgebiet bildende Unterrichtsgegenstand oder die das Prüfungsgebiet bildenden Unterrichtsgegenstände lehrplanmäßig abgeschlossen ist bzw. sind und

2. die Leistungen im betreffenden Unterrichtsgegenstand oder in den betreffenden Unterrichtsgegenständen positiv beurteilt wurden oder Semesterprüfungen gemäß § 23b erfolgreich absolviert wurden.

Prüfungstermin ist der Termin gemäß Abs. 2 Z 3 lit. a der letzten Schulstufe. Die Verordnung ist von der Schulleiterin oder vom Schulleiter spätestens in der ersten Woche des 2. Semesters der vorletzten Schulstufe zu erlassen, gemäß § 79 kundzumachen und unverzüglich der zuständigen Schulbehörde zur Kenntnis zu bringen.  

(4) Die konkreten Prüfungstermine im Rahmen der Hauptprüfung sind unter Bedachtnahme auf die lehrplanmäßigen Erfordernisse wie folgt festzulegen:

1. für die Abgabe der abschließenden Arbeit gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 durch den zuständigen Bundesminister,

2. für die einzelnen standardisierten Klausurarbeiten der Klausurprüfung durch den zuständigen Bundesminister und für die übrigen Klausurarbeiten der Klausurprüfung durch die zuständige Schulbehörde und

3. für allfällige mündliche Kompensationsprüfungen von standardisierten Klausurarbeiten durch den zuständigen Bundesminister, für die mündliche Prüfung, allfällige mündliche Kompensationsprüfungen von nicht standardisierten Klausurarbeiten sowie die Präsentation und Diskussion der abschließenden Arbeit gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 durch die zuständige Schulbehörde.

Die zuständige Schulbehörde hat bei der Festlegung von Prüfungsterminen gemäß Z 2 und 3 unter Bedachtnahme auf die durch den zuständigen Bundesminister festgelegten Prüfungstermine für die standardisierten Klausurarbeiten vorzusehen, dass zwischen der letzten Klausurarbeit und dem Beginn der mündlichen Prüfung ein angemessener, mindestens zwei Wochen umfassender Zeitraum liegt.

(5) Im Falle der gerechtfertigten Verhinderung ist der Prüfungskandidat berechtigt, die betreffende Prüfung oder die betreffenden Prüfungen nach Wegfall des Verhinderungsgrundes sowie nach Maßgabe der organisatorischen Möglichkeit im selben Prüfungstermin abzulegen.

8. Abschnitt

Abschließende Prüfungen, Externistenprüfungen

Form und Umfang der abschließenden Prüfungen

§ 34. (1) Die abschließende Prüfung besteht aus   

1.einer Vorprüfung und einer Hauptprüfung oder

2.einer Hauptprüfung.

(2) Die Vorprüfung besteht aus schriftlichen, mündlichen, grafischen und/oder praktischen Prüfungen.

(3) Die Hauptprüfung besteht aus         

1.einer abschließenden Arbeit (einschließlich deren Präsentation und Diskussion), die selbständig und außerhalb der Unterrichtszeit zu erstellen ist (in höheren Schulen auf vorwissenschaftlichem Niveau; mit Abschluss- oder Diplomcharakter),

2. einer Klausurprüfung, die schriftliche, grafische und/oder praktische Klausurarbeiten und allfällige mündliche Kompensationsprüfungen umfasst, und

3. einer mündlichen Prüfung, die mündliche Teilprüfungen umfasst.

(4) Der zuständige Bundesminister hat für die betreffenden Schularten (Schulformen, Fachrichtungen) nach deren Aufgaben und Lehrplänen sowie unter Bedachtnahme auf die Gleichwertigkeit der Prüfung durch Verordnung nähere Festlegungen über die Prüfungsform zu treffen.

In der Durchführungsverordnung nach BGBL Nr. II 160/2015 vom (Prüfungsordnung) wurden noch nähere Detailregelungen erlassen.

Aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen folgt:

Die Diplomarbeit (abschließende Arbeit) bildet einen Teil der  Hauptprüfung im Sinne des § 34 bzw. § 36 des Schulunterrichtsgesetzes 472/1986 in der geltenden Fassung sowie der darauf aufbauenden Durchführungsverordnung nach BGBL Nr. 160/2015 vom - Änderung der Prüfungsordnung zu BGBl  177/2012 idF BGBL II 265/2012- für berufsbildende mittlere und höhere Schulen (BMHS). Hinsichtlich Reifeprüfung Neu wird auf Andergassen/Auer, Schulrecht 2016/2017 mit Schulrechtsänderungsgesetz 2016, Oberstufe neu, Reifeprüfung Neu, Manz Verlag, Wien 2016, verwiesen.

Die Beurteilung des Prüfungsgebietes Diplomarbeit setzt sich aus den Teilgebieten schriftliche Arbeit sowie Präsentation und Diskussion der Diplomarbeit zusammen. In allen Teilgebieten müssen Kompetenzen nachgewiesen werden, diese ergeben die Beurteilung des gesamten Prüfungsgebietes.

Die Diplomarbeit an der BMHS besteht aus einer auf vorwissenschaftlichem Niveau zu erstellenden schriftlichen Arbeit mit Diplomcharakter über ein Thema, das dem Bildungsziel der jeweiligen Schulart entspricht, sowie deren Präsentation und Diskussion (§ 7 Abs. 1 Prüfungsordnung BMHS). Die Themenfestlegung erfolgt wie bereits ausgeführt spätestens in den ersten drei Wochen der letzten Schulstufe. Das Thema soll nach Möglichkeit für bis zu fünf Prüfungskandidaten einem übergeordneten komplexen Aufgabenbereich oder Projekt zuordenbar sein (§ 8 Abs. 1 der Prüfungsordnung BMHS). Die zuständige Schulbehörde hat spätestens bis sechs Wochen nach Beginn der letzten Schulstufe die Zustimmung zu erteilen oder unter Setzung einer Nachfrist die Vorlage eines neuen Themas zu verlangen (§ 8 Abs. 2 Prüfungsordnung BMHS).

Die erstmalige Abgabe des schriftlichen Teiles der abschließenden Arbeit hat bis spätestens vier Wochen vor Beginn der Klausurprüfung sowohl in digitaler als solche zweifach ausgedruckter Form zu erfolgen.

Zur Ablegung der Hauptprüfung sind alle Prüfungskandidaten berechtigt, die die letzte lehrplanmäßig vorgesehene Schulstufe nach der Bestimmungen des § 25 Abs. 1 des Schulunterrichtsgesetzes erfolgreich abgeschlossen haben (§ 36 Abs. 1 SchuG). Diese Voraussetzung lag auch beim Sohn der Bfin vor.

Die Regeln der vorwissenschaftlichen Arbeit an AHS -Schulen und jene der Diplomarbeit an BMHS -Schulen sind im Wesentlichen gleichlautend.

In der Rz. 84,Seite 31, Andergassen/Auer, Schulrecht 2016/2017 mit Schulrechtsänderungsgesetz 2016, Oberstufe neu, Reifeprüfung Neu, Manz Verlag, Wien 2016,  findet sich ein Beispiel zu folgendem Fall eines Schülers einer Abschlussklasse der allgemeinbildenden höheren Schule (AHS):

 „Ein Schüler gibt seine VWA ohne Angabe eines Grundes nicht fristgerecht ab. In diesem Fall hat der Vorsitzende der Prüfungskommission einen neuen  Einreichtermin festzusetzen. Das genehmigte Thema bleibt dasselbe. Der bisherige Prüfer wird beibehalten, jedoch ist eine Betreuung nicht mehr vorgesehen. Eine Anmeldung zur Ablegung des Prüfungsgebietes im Nebentermin ist erforderlich…

Ein solcher Fall lag hier vor (siehe insbesondere Vorhaltsbeantwortung des Finanzamtes v. „der Schüler hat schlichtweg die Diplomarbeit nicht abgegeben“).Ein sachverhaltsmäßiger bedeutsamer Umstand der Verschiebung auf den Herbst wurde nicht angegeben. Die übrigen Argumente hinsichtlich Verschiebung des Herbsttermines 2017 wurden als bloße Schutzbehauptungen gewertet.

Um von einer Berufsausbildung sprechen zu können, ist außerhalb des im § 2 Abs. 1 lit b FLAG besonders geregelten Besuchs einer Einrichtung im Sinn des § 3 des Studienförderungsgesetzes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das ernstliche, zielstrebige und nach außen erkennbare Bemühen um einen Ausbildungserfolg erforderlich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/13/0157, mwN). Ein Nichtantreten zu mündlichen Prüfungen ist daher unter dem Aspekt der ernsthaften und zielstrebigen Ausbildung familienbeihilfenschädlich.

Gleiches muss auch nach Ansicht des Gerichtes bei einer - wie hier vorliegend- verspäteten Abgabe der Diplomarbeit gelten (weder zum regulären Termin noch zum ersten Nebentermin). Eine zeitgerechte Abgabe der Diplomarbeit lag daher nicht vor.

D. h., auch dann, wenn die fünfte Schulstufe bzw. die mündliche Matura im Juni 2017 in allen Teilgebieten sowie die Klausurprüfung bestanden wurde, ist die Diplomarbeit als eigenständige Hauptprüfung zu bewerten und hiefür ein eigenständiger Prüfmaßstab (für die Frage der Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit) anzulegen. Dies mag für die Bfin. "hart" erscheinen, ergibt sich aber aus der Gesetzes-bzw. Verordnungslage. 

Wenn die Bfin. ausführt, der Zeitraum sei zu kurz bemessen, wird dem seitens des Gerichtes dieser mehrsemestrige Stufenplan (Beginn 7.Semester bis 10.Semester) laut Schulunterrichtsgesetz bzw. der darauf aufbauenden Durchführungsverordnung v. zu BGBL II 160/2015 entgegengehalten.

Die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit für den Abschluss dieser abschließenden Arbeit ist dann als gegeben einzustufen, wenn im regulären Zeitplan, also gem. § 36 Abs. 2 Z 1 SchUG 1986 idgF innerhalb des zweiten Semesters der letzten Schulstufe , die abschließende Arbeit abgegeben wird. Bei Nichtabgabe muss der Vorsitzende der Prüfungskommission einen neuen Einreichtermin setzen (ähnlich wie bei AHS). Davon war auch im gegenständlichen Sachverhalt auszugehen, sodass schließlich der Nebentermin im September zustande kam, der allerdings vom  Schüler wiederum nicht wahrgenommen wurde.

Ein Fall einer Wiederholungsprüfung bei rechtzeitiger Abgabe der Diplomarbeit lag hier nicht vor.

Der ehestmögliche Abschluss der Diplomarbeit schon durch Abgabe  im Rahmen des regulären Terminplans (innerhalb des 2.Semesters der letzten Schulstufe ) – so wie bei den übrigen Mitschülern auch –oder zumindest zum ersten Nebentermin im Herbst 2017 () - hätte die Voraussetzung des Merkmales  der Ernsthaftigkeit bzw. der Zielstrebigkeit erfüllt.

Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Nichtzulassung einer (ordentlichen) Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Sachverhaltsfrage, die die Behörden bzw. das Gericht in freier Beweiswürdigung zu treffen haben. 

Dass § 26 Abs. 1 FLAG 1967 eine objektive Erstattungspflicht normiert, die von subjektiven Momenten unabhängig ist, ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag nicht vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 36 SchUG, Schulunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 472/1986
§ 34 Abs. 3 Z 1 SchUG, Schulunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 472/1986
Schlagworte
Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit
Berufsausbildung
Diplomarbeit
Verspätete Abgabe weder zum regulären Termin noch zum Nebentermin
Verweise


Andergassen/Auer, Schulrecht 2016/2017 mit Schulrechtsänderungsgesetz 2016, Oberstufe neu, Reifeprüfung Neu, Manz Verlag, Wien 2016
Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2, Rz 35, S. 78
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100876.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at