Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.05.2019, RV/5100600/2015

Kein Vorsteuerabzug von nur buchhalterisch manipulierten Umsatzsteuerbeträgen

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2281/2019 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/15/0014. Zurückweisung mit Beschluss vom .


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/5100600/2015-RS1
Nach § 20 Abs. 2 UStG 1994 sind von den nach Abs. 1 leg.cit. ermittelten Umsatzsteuerbeträgen, die in den Veranlagungszeitraum fallenden nach § 12 UStG 1994 abziehbaren Vorsteuerbeträge abzuziehen. Nach § 12 UStG 1994 sind (vereinfacht) jene Beträge als Vorsteuer abzuziehen, die in einer Rechnung für eine Leistung eines anderen Unternehmers als Vorleistung besteuerter Umsätze des Leistungsempfängers gesondert ausgewiesen sind. Wie in der Beschwerde selbst ausgeführt wird, lagen den gegenständlichen Vorsteuerbeträgen keine Leistungen eines anderen Unternehmers an die Bf, sondern lediglich Manipulationen eines Mitarbeiters des steuerlichen Vertreters der Bf zugrunde. Das Gesetz sieht keinen Abzug von fiktiven durch Manipulationen entstandenen Vorsteuerbeträgen vor.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Ansgar Unterberger in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Gerhard Peither, Sandgasse 16, 4020 Linz , über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr vom , betreffend Umsatzsteuer 2011, und vom , betreffend Umsatzsteuer 2012 und 2013 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bisheriges verwaltungsbehördliches und verwaltungsgerichtliches Geschehen

Mit Vorlagebericht vom wurde dem Bundesfinanzgericht (BFG) eine Beschwerde der Bf (in der Folge: Bf) vom vorgelegt, die nach den Angaben des Finanzamtes in der Vorlage gegen die Umsatzsteuerjahresbescheide für 2011, 2012 und 2013 gerichtet sei. Das Finanzamt beantragt die Abweisung der Beschwerde mit der Begründung, dass es aufgrund von Malversationen eines Mitarbeiters beim steuerlichen Vertreter der Bf in den Erklärungen der Bf zu zu hohen Vorsteuerabzügen gekommen sei. Diese zu hohen Abzüge seien anlässlich einer Außenprüfung gekürzt worden und es sei davon auszugehen, dass die nunmehr angesetzten Vorsteuerbeträge richtig seien.

Die mit der Vorlage mitübermittelten Jahresbescheide (für 2011 vom ; für 2012 und 2013 vom ) enthalten keine Begründung für ein eventuelles Abweichen von eingereichten Steuererklärungen. Steuererklärungen oder der in der Vorlage als Beweismittel angeführte BP-Bericht wurden ursprünglich nicht vorgelegt. Die offensichtlich ursprünglich gegen die Festsetzungsbescheide gerichtete Beschwerde wirkt nach § 253 BAO auch gegen die an deren Stelle tretenden Jahresbescheide.

Der mit dem Vorlagebericht vorgelegten Beschwerde vom kann dann entnommen werden, dass sich diese ursprünglich gegen den Jahresbescheid 2011 sowie die Festsetzungsbescheide für 9/2011, 3/2012, 9/2012 und 3/2013 richtete. Inhaltlich wurde in der Beschwerde ausgeführt, dass es anhand näher dargestellter Manipulationen des bereits verurteilten Sachbearbeiters zu den bereits erwähnten zu hohen Vorsteuerabzügen gekommen sei, welche "mit Hilfe der abgabenbehördlichen Prüfung zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres wieder zu egalisieren waren". Es hätte sich dabei um folgende (in der Beschwerde einzeln angeführte Beträge bzw Geschäftsfälle) Jahresbeträge gahndelt: 2011: € 9.851,19; 2012: € 65.620,39 und 2013: € 7.583,19. Von diesen insgesamt € 83.054,77 hätte der Mitarbeiter mit näher dargestellten Überweisungen in Summe € 73.119,63 auf sein Bankkonto überwiesen. Da der Bf in objektiver Hinsicht keine Handlungen aber auch keine Unterlassungen vorzuwerfen seien, könne kein Abgabenrückforderungsanspruch gegen die Bf bestehen. Es seien daher jene Abgabenvorschreibungen auszuscheiden, welche letztendlich auf dem Bankkonto des Mitarbeiters gelandet seien. Ergänzend wurde die "Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdesenat" beantragt.

In den Beschwerdevorentscheidungen (BVE) des Finanzamtes vom wird leider auch kein Sachverhalt und keine aussagekräftige rechtliche Begründung angeführt. Es wurde im Wesentlichen lediglich festgehalten, dass die Beschwerde inhaltlich nicht hinreichend begründet sei.

Dem auf Ersuchen des Richters vorgelegten Bericht vom über das Ergebnis der durchgeführten Außenprüfung und insbesondere Tz 3 der Beilage kann entnommen werden, dass laut Darlegung des steuerlichen Vertreters der Bf aufgrund von Manipulationen eines ehemaligen Mitarbeiters des steuerlichen Vertreters durch manipulierte Buchungen zu hohe Vorsteuern in Abzug gebracht worden wären. Diese derart entstandenen Guthaben hätte sich dieser Mitarbeiter in weiterer Folge auf ein ihm zuzurechnendes Konto überweisen lassen. In Tz 3a der Beilage 2 wurden sodann diese Buchungen detailliert dargestellt.

Am übermittelte das BFG der Bf einen Vorhalt, in dem zunächst das bisherige Verfahren (wie auch hier oben dargestellt) wiedergegeben wurde und sodann der sich nach der Aktenlage ergebende Sachverhalt sowie die Rechtsansicht des Richters wie folgt dargelegt wurde:

"Nach der Aktenlage muss der Richter von folgendem Sachverhalt ausgehen (beruht allerdings mangels stichhaltiger Begründungen der Bescheide und der Beschwerde teilweise auf Vermutungen): Aufgrund von Manipulationen des ehemaligen Mitarbeiters des steuerlichen Vertreters der Bf kam es zu ungerechtfertigten Vorsteuerabzügen bei der Bf, denen weder Leistungen an die Bf noch Zahlungen der Bf an einen leistenden Unternehmer zugrunde lagen. Der Großteil der ungerechtfertigt geltend gemachten Vorsteuerbeträge landete auf einem Konto dieses Mitarbeiters.

Die Ausführungen in der Beschwerde können nur so verstanden werden, dass der Bf der Ansicht ist, dass die Vorsteuerkürzung in Höhe der € 73.119,63 nicht gerechtfertigt sei. Eine wirklich stichhaltige rechtliche Begründung dafür enthält die Beschwerde nicht.

Nach § 20 Abs. 2 UStG 1994 sind von den nach Abs. 1 leg.cit ermittelten Umsatzsteuerbeträgen die in den Veranlagungszeitraum fallenden nach § 12 abziehbaren Vorsteuerbeträge abzuziehen. Nach § 12 UStG 1994 sind (vereinfacht) jene Beträge als Vorsteuer abzuziehen, die in einer Rechnung für eine Leistung eines anderen Unternehmers als Vorleistung besteuerter Umsätze des Leistungsempfängers gesondert ausgewiesen sind. Wie in der Beschwerde selbst ausgeführt wird, lagen den gegenständlichen Vorsteuerbeträgen keine Leistungen eines anderen Unternehmers an die Bf sondern lediglich Manipulationen eines Mitarbeiters des steuerlichen Vertreters der Bf zugrunde. Das Gesetz sieht keinen Abzug einer fiktiven, durch Manipulationen entstandener Vorsteuerbeträge vor.

Dazu kommt auch, dass die Bf nach der Aktenlage diese als Vorsteuern angeführten Beträge auch tatsächlich nicht an einen anderen Unternehmer bezahlt hat. Wenn nun der Bf der Vorsteuerabzug für diese nicht bezahlten Umsatzsteuerbeträge "mit Hilfe der abgabenbehördlichen Prüfung zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres wieder egalisiert" (Ausführung in der Beschwerde) wurde, entsteht der Bf auch kein Vermögensschaden. Vielmehr würde sich die Bf zu Lasten des Fiskus bereichern, wenn nie bezahlte Beträge als Vorsteuern anerkannt werden würden. Etwaige finanzielle Schäden wären im Zivilrechtsweg geltend zu machen.

Dem nachträglich durch das BFG angeforderten Prüfbericht (bzw. dessen Tz 3 in der Beilage 1 sowie der Tz 3a der Beilage 2) kann dazu entnommen werden, dass es laut BP aus den genannten Gründen zu folgenden Vorsteuerkürzungen kam:

2011: 9.851,19 (wie Beschwerde)

2012: 53.170,25 plus 10.570,16 plus 1.880,00: in Summe. 65.620,41 (t. Beschwerde: 65.520,39)

2013: 3.357,70 plus 4.225,49: in Summe 7.583,19 (wie Beschwerde)

Die ursprünglich bekämpften Festsetzungsbescheide für 2012 und 2013 wurden dem BFG bisher nicht vorgelegt. Es kann somit nicht beurteilt werden, in wie weit die Zahlen mit diesen übereinstimmen und, ob diese Festsetzungsbescheide eine Begründung enthalten. Eine allenfalls fehlende Begründung könnte aber seitens des BFG in seinem Erkenntnis nachgeholt werden.

Die Bf wird ersucht binnen 4 Wochen ab Zustellung dieses Schreibens folgende Fragen zu beantworten:

1. Bitte um Stellungnahme zu den obigen Ausführungen.

2. Falls keine stichhaltige Begründung für das Beschwerdebegehren nachgereicht werden kann, wird ersucht, eine Zurücknahme der Beschwerde im Postweg zu erwägen.

3. Andernfalls möge eine exakte Berechnung des Beschwerdebegehrens (der Abänderungsantrag) sowie eine stichhaltige rechtliche Begründung dafür vorgelegt werden. Es möge dabei insbesondere auch begründet werden, warum gerade der auf das Konto des Mitarbeiters gelandete Betrag bei der Bf als Vorsteuer abzugsfähig sein sollte. Ebenso möge dabei inhaltlich auf § 20 UStG 1994 eingegangen werden.

4. Es wäre überdies auch das tatsächliche Vorliegen der materiellrechtlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nachzuweisen (Leistung eines anderen Unternehmers für besteuerte Leistungen der Bf) sowie die diesbezüglichen Rechnungen vorzulegen.

5. Bitte um Aufklärung der geringfügigen Abweichung im Jahr 2012: Vorsteuerkürzung laut Beschwerde 65.620,39; laut BP: 65.620,41"

Nach dem seitens des Finanzamtes am vorgelegten Arbeitsbogen des Betriebsprüfers kann zur gegenständlichen Streitfrage die exakte Ermittlung der gekürzten Vorsteuerbeträge anlässlich der Prüfung nachvollzogen werden.

Der steuerliche Vertreter der Bf beantwortete das Schreiben des BFG nach mehreren Fristverlängerungen mit einem Telefax vom . Demnach richte sich die Beschwerde ausschließlich gegen die Nennung der Bf als Bescheidadressat iSd § 93 Abs. 2 BAO im Umsatzsteuerbescheid 2011 und in den bekämpften Festsetzungsbescheiden. Im Spruch dieser Bescheide würden der Bf Abgabenfestsetzungen zugerechnet werden, an deren Ursache sie weder aktiv noch passiv mitwirken hätte können. Die Bf sei lediglich "Mittel zu Zweck für den wahren wirtschaftlichen Hintergrund" gewesen. Die Abgabenfestsetzungen hätten dem Verursacher zugerechnet werden müssen. Auch die Finanzverwaltung trage durch Ihre Passivität eine Mitverantwortung. Hätte diese der Bf die durch den Verursacher vorgenommene Änderung der Bankdaten in den Grunddaten des Abgabenkontos mitgeteilt, wäre es nicht zu den Manipulationen gekommen. Zudem hätte das Finanzamt auch durch sein Abstimmungsverhalten im Schuldenregulierungsverfahren einen wesentlichen Schaden bewirkt und auch eine spätere Schadenswiedergutmachung zu einem späteren Zeitpunkt verhindert. Es entspreche auch der Intention des § 21 BAO, dass dem gegenüber unrechtmäßig abgezogene Vorsteuern festgesetzt werden müssten, der diese verursacht hat. Die ursprünglich geltend gemachten Vorsteuerbeträge seien zu stornieren und beim Verursacher anzusetzen. Auch die Rückzahlungen auf dessen Bankkonto seien auf dessen Abgabenkonto anzulasten.

Der Richter teilte dem steuerlichen Vertreter der Bf mit Mail vom mit, dass sein Schreiben vom in keiner Weise die Fragen des beantworte und im Anhang ein letzter Versuch der Erläuterung der Rechtslage erfolge (wobei unverständlich sei, dass einem Steuerberater diese nicht ohnehin klar sei):

"Die Argumentation im Schreiben vom ist emotional und gerade auch aus der Sicht des steuerlichen Vertreters, der ja in erster Linie für die von seinen Mitarbeitern verursachten Schäden einzustehen hat, verständlich, aber rechtlich absolut nicht haltbar. Wenn immer die Anschuldigungen und Vorwürfe stimmen sollten, wären die sich daraus ergebenden Ansprüche ggfs. im Zivilrechtsweg geltend zu machen. In diesem Verfahren liegt keinerlei rechtlich haltbare Begründung für das Beschwerdebegehren vor.

Objektiv betrachtet wurden seitens bzw. im Namen der Beschwerdeführerin (Bf) von deren bevollmächtigten Vertreter Grunddaten geändert und in weiterer Folge Vorsteuern geltend gemacht und die Rückzahlung des so entstandenen Guthabens beantragt. Sämtliche angeführten Handlungen sind aufgrund des bestehenden Vertretungsverhältnisses der Bf zuzurechnen.

Aufgrund der Aktenlage, den Ausführungen der Bf und auch der Nichtbeantwortung von Punkt 4. des Schreibens vom steht fest, dass die materiellrechtlichen Voraussetzungen für den Abzug dieser Vorsteuerbeträge bei der Bf nicht gegeben sind und diese Abzüge daher -wie Sie in der Beschwerde selbst anführen- zu egalisieren sind.

Nach § 201 BAO muss das Finanzamt mit einer Festsetzung einer Abgabe vorgehen, wenn sich die vom Unternehmer vorgenommene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Die von Ihrem Mitarbeiter vorgenommene Selbstberechnung ist aufgrund des Vertretungsverhältnisses der Bf zuzurechnen. Das Finanzamt muss somit, nachdem feststeht, dass der vorgenommene Vorsteuerabzug mangels Vorliegens einer Eingangsleistung für besteuerte Umsätze unrichtig ist, mit einer Festsetzung vorgehen und diesen Vorsteuerabzug bei der Bf korrigieren.

Sollten Sie nach wie vor anderer Ansicht sein, wäre eine gesetzlich (anhand der Bestimmungen des UStG 1994 und der BAO) fundierte Begründung nachzureichen (siehe dazu bereits Punkt 3. und 4. Des Schreibens vom ). Eine Begründung mit allgemeinen Ausführungen ohne gesetzlich fundierte Grundlage ist nicht zielführend.

Sollten die von Ihnen dargestellten Ausführungen richtig sein, müsste die Bf den bei Ihr entstandenen Schaden zivilrechtlich von Ihnen einklagen, die Sie für die Machenschaften Ihrer Mitarbeiter einzustehen haben. Sie müssten dann gegen diesen ehemaligen Mitarbeiter vorgehen. Sollten Sie der Ansicht sein, dass auch das Finanzamt einen Schaden verursacht hat, könnte dies auch nur zivilrechtlich gegen die Republik Österreich geltend gemacht werden. In diesem Verfahren können schadenersatzrechtliche Ansprüche nicht geklärt werden.

Wie Ihnen auch bereits mitgeteilt wurde, richten sich Ihre ursprünglichen Beschwerden gemäß § 253 BAO gegen die mittlerweile ergangenen Jahresbescheide 2011 bis 2013, weshalb Ihre Ausführungen hinsichtlich der Festsetzungsbescheide, die nicht mehr dem Rechtsbestand angehören, nicht verständlich sind.

Überdies sind auch Ihre betraglichen Ausführungen im Hinblick auf die Festsetzungsbescheide daher unverständlich, nicht zielführend und auch betraglich nicht verständlich. Da aber die Beschwerden ohnehin abzuweisen sind, eine neue Abgabenberechnung durch das BFG nicht erforderlich sein wird, wird diesen widersprüchlichen Zahlenangaben nicht weiter nachgegangen.

Sollten Sie der Ansicht sein, dass die Jahresbescheide auch bei Akzeptierung des Erfordernisses der Rückgängigmachung des zu Unrecht vorgenommenen Vorsteuerabzuges unrichtig sind, werden Sie nochmals ersucht (siehe auch Punkt 3. des Schreibens vom ), eine exakte Berechnung der beantragten Abänderung hinsichtlich der Jahresbescheide 2011 bis 2013 vorzulegen."

In einem Fax vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat zurückgezogen und das bisherige Vorbringen wiederholt.

Festgestellter Sachverhalt und Beweiswürdigung

Seitens der Bf wurden aufgrund von Manipulationen eines Mitarbeiters des steuerlichen Vertreters der Bf bei dieser nicht zustehende Vorsteuerabzüge vorgenommen und auch gutgeschrieben. Die auf diesem Weg erfolgten Auszahlungen durch das Finanzamt erfolgten auf ein Konto dieses Mitarbeiters.

Die Bf hat hinsichtlich dieser Vorsteuerbeträge keine Leistungen bezogen, für die diese Umsatzsteuerbeträge geschuldet worden wären. Fallweise wurden Vorsteuern doppelt (einmal gerechtfertigt, einmal ungerechtfertigt) oder aus Leistungen, die mit Übergang der Steuerschuld abgerechnet wurden, abgezogen. Seitens der Bf wurden die abgezogenen Vorsteuerbeträge auch an keinen Leistungserbringer bezahlt. Die strittigen Vorsteuerbeträge gelangten lediglich durch Falschbuchungen und Geltendmachung gegenüber dem Finanzamt durch den genannten Mitarbeiter zur Auszahlung.

Dieser Sachverhalt ist als solcher auch unstrittig und selbst in der Beschwerde wird ausgeführt, dass die erfolgten Vorsteuerabzüge "mit Hilfe der abgabenbehördlichen Prüfung zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres wieder zu egalisieren waren". Der steuerliche Vertreter ist allerdings der Ansicht, dass diese Egalisierung gegenüber dem Mitarbeiter und nicht bei der Bf zu erfolgen hätte. Weiters ergibt sich der festgestellte Sachverhalt eindeutig aus der oben dargestellten Aktenlage. Diesem wurde auch seitens der Bf trotz mehrmaliger Gelegenheit nicht widersprochen.

Rechtliche Grundlagen und Würdigung

Nach den durchgeführten Erhebungen ergibt sich keine Änderung der der Bf bereits mitgeteilten rechtlichen Beurteilung durch den Richter:

Nach § 20 Abs. 2 UStG 1994 sind von den nach Abs. 1 leg.cit. ermittelten Umsatzsteuerbeträgen die in den Veranlagungszeitraum fallenden nach § 12 UStG 1994 abziehbaren Vorsteuerbeträge abzuziehen. Nach § 12 UStG 1994 sind (vereinfacht) jene Beträge als Vorsteuer abzuziehen, die in einer Rechnung für eine Leistung eines anderen Unternehmers als Vorleistung besteuerter Umsätze des Leistungsempfängers gesondert ausgewiesen sind. Wie in der Beschwerde selbst ausgeführt wird, lagen den gegenständlichen Vorsteuerbeträgen keine Leistungen eines anderen Unternehmers an die Bf sondern lediglich Manipulationen eines Mitarbeiters des steuerlichen Vertreters der Bf zugrunde. Das Gesetz sieht keinen Abzug von fiktiven, durch Manipulationen entstandenen Vorsteuerbeträgen vor.

Wie auch der EuGH zuletzt (, SGI und C-460/17, SNC) wiederholt hat, entsteht ein Recht auf Vorsteuerabzug nur und in dem Zeitpunkt, in dem auch das Recht des Fiskus auf eine aufgrund einer Leistung abzuziehenden Umsatzsteuer entsteht. Wurde gar keine Leistung erbracht (Anm. d. Ri.: oder dafür keine Umsatzsteuer geschuldet, weil mit RCS abzurechnen wäre oder die Vorsteuer ein zweites Mal abgezogen wird) entsteht kein Steueranspruch des Fiskus aufgrund einer erbrachten Leistung und somit kein Recht auf Vorsteuerabzug. Dabei kommt es auf eine Gut- oder Bösgläubigkeit nicht an.

Auch nach der Judikatur des VwGH (zB ) darf selbst eine nur aufgrund einer Rechnung geschuldete Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abgezogen werden. Umso mehr muss dies für Umsatzsteuerbeträge gelten, die nur aufgrund einer buchhalterischen Manipulation entstanden sind.

Nochmals ist überdies darauf hinzuweisen, dass seitens der Bf die hier strittigen Beträge auch an niemanden bezahlt wurden. Selbst bei rechtsgrundloser Zahlung könnte ein wie auch immer gearteter Erstattungsanspruch gegenüber dem Fiskus oder ein Anspruch auf die Belassung des Vorsteuerabzuges allenfalls nur entstehen, wenn dieser Betrag seitens eines leistenden Unternehmers an den Fiskus abgeführt worden wäre ( mit Verweis auf , Tibor Farkas).

Dem Einwand der Bf, dass die bescheidmäßige Rückforderung der zu Unrecht ausbezahlten Vorsteuerbeträge gegenüber dem Mitarbeiter des steuerlichen Vertreters erfolgen hätte müssen, wird entgegengehalten, dass nach den oben getroffenenen Ausführungen (insbes. nach § 201 BAO iVm § 20 Abs. 2 UStG 1994 und 12 Abs. 1 UStG 1994) die Vorsteuerkürzung gegenüber der Bf vorzunehmen war. Der Festsetzungsbescheid hatte nach den genannten Bestimmungen an die Bf zu ergehen. Der Ersatz eines entstandenen Schadens wäre seitens der Bf am Zivilrechtsweg geltend zu machen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des VwGH und EuGH zum Vorsteuerabzug, dass iZm. einer Leistungsumsatzsteuer nur eine Umsatzsteuer, die vom leistenden Unternehmer aufgrund einer Vorleistung für besteuerte Umsätze des Leistungsempfängers geschuldet wird, als Vorsteuer abgezogen werden kann. Wenn andere Beträge bei einem Unternehmer als Vorsteuer zum Abzug gebracht wurden, sind diese Vorsteuerabzüge bei diesem Unternehmer rückgängig zu machen. Die Revision hängt somit nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ab, weshalb die Revision als unzulässig zu erklären war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 20 Abs. 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100600.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at