Vorliegen eines berichtigungsfähigen "ADV-Fehlers"
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RV/3100632/2017-RS1 | Führt die Übernahme der Daten der Kennzahl 503 (Verlust aus der Veräußerung von Derivaten des Übergangstatbestandes des § 124b Z 184 zweiter Teilstrich EStG 1988) der Einkommensteuererklärung 2013 durch das Finanzamt dazu, dass einem Steuerpflichtigen eine Kapitalertragsteuer (in Höhe des besonderen Steuersatzes von 25 %) angerechnet wird, handelt es sich hiebei um einen berichtigungsfähigen „ADV-Fehler“ im Sinne des § 293 BAO. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Berater, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt ABC vom betreffend Einkommensteuer 2013 und Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2013 zu Recht erkannt:
I.) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I.) Verfahrensgang:
1.) Der Bf (Beschwerdeführer) hat im Jahr 2013 ua Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf die der besonderen Steuersatz von 25 % anwendbar ist, mit und ohne Verlustausgleichsmöglichkeit sowie sonstige Einkünfte erklärt. Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, auf die der besondere Steuersatz von 25 % anwendbar und ein Verlustausgleich zulässig ist, wurden in der Einkommensteuererklärung 2013 Verluste von - € Betrag1 (inländische Kapitaleinkünfte) sowie von - € Betrag2 (ausländische Kapitaleinkünfte) ausgewiesen.
Die sonstigen Einkünften haben neben wiederkehrenden Bezügen (Kennzahl 800) auch negative Einkünfte aus der Veräußerung von Forderungswertpapieren und Derivaten, die zwischen und erworben wurden, von - € Betrag3 (Kennzahl 503) umfasst (vgl. BFG-Akt, S. 21-22).
2.) Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vom wurde auf die (erklärten) negativen Einkünfte von - € Betrag3 der besonderer Steuersatz von 25 % angewendet. Die so errechnete Steuer von € Betrag4 wurde von den (übrigen) Steuerbeträgen in Abzug gebracht, sodass die Einkommensteuer mit € Betrag5 festgesetzt wurde (vgl. BFG-Akt, S. 23-24).
3.) Am erging der gemäß § 293 BAO berichtigte Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013. In diesem Bescheid blieben die erklärten negativen Einkünfte aus der Veräußerung von Forderungswertpapieren und Derivaten, die zwischen und erworben wurden, außer Ansatz. Die Einkommensteuer wurde mit € Betrag6 (€ Betrag5 + € Betrag4) festgesetzt (vgl. BFG-Akt, S. 9-10).
Begründend wurde ausgeführt, die Berichtigung sei aufgrund eines Programmierfehlers erforderlich gewesen. Einkünfte aus der Veräußerung von Forderungswertpapieren und Derivaten, die zwischen und erworben worden seien, seien stets als Spekulationseinkünfte zu erfassen. Verluste aus derartigen Einkünften seien nicht mit anderen Einkünften ausgleichsfähig. Ebenfalls am erging der Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2013.
4.) Gegen die genannten Bescheide wurde mit Eingabe vom fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, Fehler, die der Abgabenbehörde im Zuge ihrer Willensbildung unterlaufen würden, seien nicht berichtigungsfähig. Im Beschwerdefall sei die Veranlagung nicht automatisch, sondern nach Prüfung der Verluste aus den Einkünften aus Kapitalvermögen erfolgt. Der (erklärte) Verlust sei in der vorgesehenen Kennziffer des Formulars E1 (KZ 503) eingetragen gewesen und offengelegt worden. Die Veranlagung sei nicht aufgrund eines Programmierfehlers fehlerhaft erfolgt, sondern aufgrund einer unzutreffenden rechtlichen Beurteilung bzw. unrichtigen Beweiswürdigung seitens des zuständigen Finanzamtes (vgl. BFG-Akt, S. 14-15).
5.) In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2013 vom (vgl. BFG-Akt, S. 16-17) wurde noch ausgeführt, im Zuge der Überprüfung der erklärten Einkünfte aus der Veräußerung von Forderungswertpapieren und Derivaten des Übergangstatbestandes, habe die zuständige Bearbeiterin nicht davon ausgehen können, dass die in der EDV erfassten Daten vom EDV-Programm nicht richtig verarbeitet würden. Es sei der Behörde sohin kein Fehler in der Willensbildung unterlaufen. Ebenso wenig sei eine unrichtige Beweiswürdigung vorgenommen worden. Am wurde die abweisende Beschwerdevorentscheidung betreffend die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2013 erlassen.
6.) Im rechtzeitig gestellten Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht vom (vgl. BFG-Akt, S. 19-20) wurde ergänzend noch vorgebracht, vom Finanzamt werde – ohne substantielle Begründung - behauptet, die Berichtigung sei aufgrund eines Programmierfehlers bzw. datenautomationsgesteuerten Fehlers erfolgt. Im gegenständlichen Fall sei der Fehler darin gelegen, dass die Abgabenbehörde auf Ebene der Willensbildung aufgrund einer rechtlichen Beurteilung den Verlustbetrag in eine andere Kennzahl umgruppieren hätte müssen. Dieser Denkvorgang sei nicht automationsunterstützt, sondern ein menschlicher Überlegungsvorgang eines juristisch ausgebildeten Finanzbeamten, der keiner Berichtigung zugänglich sei.
II.) Sachverhalt:
1.) In der Einkommensteuererklärung 2013 wurden unter der Kennzahl 503 (Einkünfte aus der Veräußerung von Forderungswertpapieren und Derivaten, die zwischen und erworben wurden, § 124b Z 184 zweiter Teilstrich) ein Verlust von - € Betrag3 erklärt (vgl. BFG-Akt, S. 22).
Die Einkommensteuererklärung wurde dem Finanzamt elektronisch übermittelt und ist dort am eingelangt.
2.) Mit Vorhalt des Finanzamtes vom wurde der Bf ersucht, die Verluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen durch entsprechende Unterlagen nachzuweisen (vgl. BFG-Akt, S. 25).
3.) Diesem Ersuchen wurde mit Eingabe vom insoweit entsprochen (vgl. BFG-Akt, S. 26-34) als ausländische Verluste aus Kapitaleinkünften von insgesamt - € Betrag2 und österreichische Verluste aus Kapitaleinkünften von - € Betrag1 rechnerisch dargestellt und zum Teil erläutert wurden.
Weder dargestellt noch erläutert wurde hingegen der unter der Kennzahl 503 ausgewiesene Verlust in Höhe von - € Betrag3. Unter den mit der Vorhaltsbeantwortung vom übermittelten Unterlagen befinden sich ua die Seiten 11/14 und 12/15 der A.
4.) Nach Prüfung der Unterlagen wurden die Steuerdaten erklärungsgemäß in der EDV erfasst. Der (erklärte) Verlust von - € Betrag3 wurde vom Finanzamt unter der Kennzahl 503 eingegeben (vgl. DB2 Ausdruck, Grundlagen, BFG-Akt, S. 35 Rückseite).
5.) Im Einkommensteuerbescheid vom wurde eine Steuer (besonderer Steuersatz von 25 %) von Betrag4 € (das sind 25 % von € Betrag3) aus der Veräußerung von Forderungswertpapieren und Derivaten ausgewiesen und (rechnerisch) als Abzugspost erfasst (vgl. BFG-Akt, S. 23-24).
6.) Am erging der berichtigte Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013. In diesem wurden die (erklärten) negativen Einkünfte aus der Veräußerung von Forderungswertpapieren und Derivaten, die zwischen und erworben worden sind, nicht ausgewiesen (vgl. BFG-Akt, S. 9-10).
Vom Finanzamt wurde der erklärte Verlust von - € Betrag3 (wiederum) unter der Kennzahl 503 eingegeben bzw. erfasst (vgl. DB2 Ausdruck, Grundlagen, BFG-Akt, S. 35 Rückseite).
7.) Die angeführten Datenverarbeitungen erfolgten aufgrund nachstehender Umstände (vgl. Schreiben Produktmanagement EDV vom , BFG-Akt, S. 49).
„Aufgrund eines Fehlers im Berechnungsprogramm wurden bei einer negativen Kennzahl 503 falsche Bescheide erstellt. Der Fehler lag daran, dass immer 25 % von der Kennzahl 503 berechnet wurden. Dies auch dann, wenn die Kennzahl negativ war.
Sobald dieser Fehler bemerkt wurde, wurden solche Fälle geblockt, wurden also nicht mehr verarbeitet. Der gegenständliche Fall ist offenbar vorher durchgerutscht.
Ende 2016 ging die Programmkorrektur in Produktion.
Kennzahl 503:
Einkünfte aus der Veräußerung von Forderungswertpapieren und Derivaten, die zwischen und erworben wurden (§ 124b Z. 184 zweiter Teilstrich, 25 %)“.
III.) Rechtslage und Erwägungen:
1.) Das Budgetbegleitgesetz 2011 und damit das grundlegend neu ausgestattete System der Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen sollte ursprünglich mit in Kraft treten. Bedingt durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 18/11-14, mit dem der Gerichtshof die Besteuerung von Wertveränderungen des Kapitalvermögens bzw. die den Kreditinstituten durch die Verpflichtung zur Einhebung der Steuer entstandenen Kosten als verfassungskonform beurteilt hat und lediglich das zunächst vorgesehene Datum des Inkrafttretens () als unzureichend beurteilt hat, ist die Neuregelung erst mit in Kraft getreten.
Um dennoch sämtliche Kapitalgesellschaftsanteile und Anteilsscheine an Kapitalanlagefonds oder Immobilienfonds, die nach dem erworben wurden, steuerlich zu erfassen, wurde die Spekulationsfrist für zwischen den und dem erworbene Anteile und Anteilsscheine bis verlängert.
Bei anderen, nach dem , aber vor dem entgeltlich erworbenen Wirtschaftsgütern und Derivaten im Sinne des § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 gilt aufgrund einer entsprechenden Übergangsbestimmung jede Veräußerung oder sonstige Abwicklung als Spekulationsgeschäft im Sinne des § 30 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, wobei bei einer Veräußerung nach dem der besondere Steuersatz von 25 % Anwendung findet (§ 124b Z 184 zweiter Teilstrich EStG 1988, vgl. Budgetbegleitgesetz 2011-Inkrafttreten der Vermögenszuwachssteuer und Übergangsbestimmungen nach den Abgabenänderungsgesetz 2011, Rohn, JEV 2011, 78).
2.) § 293 BAO soll die Möglichkeit schaffen, Fehler zu berichtigen, die in einem Auseinanderklaffen von tatsächlichem Bescheidwillen und formeller Erklärung des Bescheidwillen bestehen (vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl., Rz 1 zu § 293 und die dort angeführte Judikatur).
Berichtigungsfähig sind Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten (§ 293 BAO).
2.1.) Andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende Unrichtigkeiten sind Fehler, die Schreib- und Rechenfehlern sehr nahe kommen, also Fehler in der Ausdrucksweise, nicht hingegen Fehler im Bereich des Zustandekommens und der Gestaltung des Bescheidwillens.
2.2.) Ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten sind beispielsweise Fehler, die daraus resultieren, dass ein Finanzamt den Programmablauf, den sie mit einer bestimmten Eintragung in einem Eingabebogen auslöst, nicht kennt (vgl. zB und , 2008/15/0205). Solche „ADV-Fehler“ können auch Programmfehler sein, allerdings nicht, wenn die Programmierung von unrichtigen rechtlichen Beurteilung ausgegangen ist (vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl., Rz 1 zu § 293 und die dort angeführte Literatur).
2.3.) Nicht berichtigbar sind Fehler, die der Abgabenbehörde im Zuge ihrer Willensbildung unterlaufen. Daher sind unrichtige rechtliche Beurteilungen und Fehler der Beweiswürdigung keiner Berichtigung gemäß § 293 BAO zugänglich ().
3.) Zutreffend ist, dass das Finanzamt den Bf ersucht hat, die ausländischen Pensionseinkünfte sowie die Verluste bei den Kapitaleinkünften durch entsprechende Unterlagen nachzuweisen (vgl. Vorhalt vom , BFG Akt, S. 25).
In der Vorhaltsbeantwortung vom wurden die Einkünfte des Übergangstatbestandes, die in der Abgabenerklärung unter den sonstigen Einkünften ausgewiesen worden sind, nicht erwähnt und rechnerisch auch nicht dargestellt. Die Seiten 11/14 und 12/15 der A wurden der Abgabenbehörde kommentarlos übermittelt. Gleiches gilt für einen Auszug der B und einen Kontoauszug einer C Bank.
Von der Abgabenbehörde wurde eine erklärungsgemäße Eingabe bzw. Übernahme der Daten der Kennzahl 503 (- € Betrag3) in die automatisierte Datenverarbeitungsanlage veranlasst. Aufgrund der Datenverarbeitung wurde dem Bf eine Steuer von 25 % (€ Betrag4) des erklärten Verlustes von - € Betrag3angerechnet (vgl. Erstbescheid vom zu , BFG-Akt, S. 23 und 24). Von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung bzw. einer mangelhaften Beweiswürdigung in Bezug auf den erklärten Verlust des Übergangstatbestandes durch die zuständige Bearbeiterin, kann bei dieser Sachlage wohl keine Rede sein (vgl. Beschwerde vom , Seite 3, BFG-Akt, S. 15, Vorlageantrag vom , Seite 2, BFG-Akt, S. 19 Rückseite). Ebenso wenig war eine Rechtsfrage (nämlich die Frage der Ausgleichsfähigkeit von Verlusten), hervorgerufen durch einen menschlichen Überlegungsvorgang einer „juristisch ausgebildeten“ Finanzbeamtin, Gegenstand der Berichtigung (vgl. Vorlageantrag vom , Seite 2, BFG-Akt, S. 19 Rückseite).
4.) Im Vorlagebericht vom hat das Finanzamt detailliert dargelegt, aus welchen Gründen im Beschwerdefall ein berichtigungsfähiger „ADV Fehler“ vorliegt und in diesem Zusammengang auf ein Schreiben des Produktmanagements vom sowie auf die Eingabe- bzw. Erfassungsmasken des Finanzamtes hingewiesen. Die angeführten Dokumente wurden dem Bf übermittelt.
In der Stellungnahme vom (vgl. BFG-Akt, S. 52) wurde in Berichtigung des bisherigen Vorbringens nunmehr behauptet, die Programmierung sei von einer unrichtigen rechtliche Beurteilungen, nämlich einer "Verlustausgleichsfähigkeit für Verluste aus Derivaten des Zwischenbestandes" ausgegangen. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen in den vorliegenden Dokumenten keine Deckung findet, wurde vom Bf nicht ausgeführt, auf welche Beweismittel sich diese Ausführungen stützen. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang nochmals, dass im Einkommensteuerbescheid vom keine Verluste aus Einkünften aus der Veräußerung von Derivaten ausgewiesen worden sind. Ebenso wenig wurde ein Verlustausgleich vorgenommen.
5.) Nicht gefolgt werden kann dem weiteren Vorbringen im Schriftsatz vom , wonach nur Fehler in der mechanischen Bedienung der Maschine und im Einsatz des Programms (nicht hingegen im Erstellen des Programms) nach § 293 BAO berichtigbar seien.
5.1.) Zutreffend ist, dass sich nach Stoll – wie der Bf in seiner Stellungnahme vom durch einen verknappten und unvollständigen Verweis auf eine Kommentarstelle (wahrscheinlich) zum Ausdruck bringen wollte - (auch) die Auffassung vertreten lässt, die Bestimmung des § 293 BAO sei nur auf mechanische Fehler, auf Mängel des Ablaufes des Programmes nicht aber auf Programm- und Systemfehler anwendbar. Nach Stoll ist jedoch noch der Wortlaut des § 293 Absatz 1 BAO in Betracht zu ziehen, nachdem - für sich und isoliert gesehenen - auch „ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten“ berichtigt werden können. In diesem Zusammenhang wird von Stoll auch Ellinger zitiert, wonach es sich bei Fehlern im Sinne dieser Vorschrift sowohl um solche handeln kann, die ihre Ursache in EDV-Programmen haben, als auch um solche, die anlässlich der Verarbeitung mittels EDV Anlage auftreten (vgl. Stoll, BAO, 2882 ff).
5.2.) In der Stellungnahme vom bleibt die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die im zitierten BAO Kommentar (Stoll, BAO, 2882 ff) auch Eingang gefunden hat, unberücksichtigt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient die Einrichtung des § 293 BAO nicht dazu, Irrtümer der Behörde bei der Auslegung des Gesetzes zu berichtigen, sondern der Beseitigung des infolge bestimmter Fehlerquellen gegen den Willen der Behörde entstandenen erkennbaren Auseinanderklaffens von Bescheidabsicht und formeller Erklärung des Bescheidwillens. Diese Bestimmung trägt ua dem Umstand Rechnung, dass auch bei der Verwendung einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage Fehler unterlaufen können, durch die bewirkt wird, dass der Bescheid anders lautet, als es die Abgabenbehörde beabsichtigt hat. Hieraus ergibt sich, dass alle Fehler, die bei händischer Ausfertigung zu solchen führen, die als offenkundige (tatsächliche) Ausfertigungsfehler zu bezeichnen sind, auch dann berichtigungsfähige Fehler sind, wenn sich die Behörde beim technischen Vorgang der Erstellung und Ausfertigung der Bescheide einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage bedient hat.
Darüber hinaus sind nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung auch solche Mängel bzw. Fehler der gegenständlichen Berichtigungsbestimmung zuordnen, die ihre Wurzeln in der Unkenntnis über den Programmablauf haben, der durch Eintragungen im Eingabebogen in Gang gesetzt wird. Geht der Programmablauf in eine andere Richtung als gewollt, führt er somit zu einem anderen Ergebnis, als dies der erkennbaren Absicht der Behörde entspricht, handelt es sich um eine „auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeit, die nach § 293 BAO zu einer Fehlerberichtigung führen kann (, , 82/13/122, , 2008/15/0205 und , 2008/15/0280).
Im gegenständlichen Fall hat die Übernahme der Daten der Kennzahl 503 der Einkommensteuererklärung 2013 bewirkt, dass dem Bf eine Kapitalertragsteuer von 25 % des erklärten Verlustes angerechnet worden ist. Der Umstand, dass dieser Fehler gegen den Willen der Behörde durch den programmierten Ablauf tatsächlich eingetreten ist und im Einkommenssteuerbescheid vom seinen Niederschlag gefunden hat, beruht aber ausschließlich auf dem Einsatz einer automatisierten Datenverarbeitungsanlage. Das Finanzamt hat weder infolge einer unrichtigen Annahme des Sachverhaltes noch infolge eines Rechtsirrtums beabsichtigt, dem Bf eine gesetzlich nicht vorgesehene anrechenbare Kapitalertragsteuer (in Höhe des besonderen Steuersatzes von 25 %) zu gewähren. Nachdem eine derartige Steueranrechnung gesetzlich nicht vorgesehen ist bzw. war, kann auch nicht - wie vom Bf (erstmals) in der Stellungnahme vom behauptet wird -, davon ausgegangen werden, dass die Programmierung auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung (nämlich einer Verlustausgleichsfähigkeit für Verluste aus Derivaten des Zwischenbestandes) beruht.
6.) Das Finanzamt hat auch das Ermessen richtig geübt, zumal Fehler mit allen vom Gesetz vorgesehenen Mitteln zu beseitigen sind. Dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit ist gegenüber jenem der Rechtsbeständigkeit der Vorrang einzuräumen (Ritz, BAO, 6. Auflage, Rz 9 zu § 293 BAO und die dort angeführte Judikatur).
Insoweit der Bf die Meinung vertritt, er erachtete eine Vorschreibung von Anspruchszinsen neben der Nachforderung an Einkommensteuer 2013 als unbillig und unverhältnismäßig, zumal ihm kein Verschulden an der Vorschreibung der gegenständlichen Nachforderung treffe, ist ihm zu erwidern, dass der Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2013 nicht gemäß § 293 BAO berichtigt worden ist und insoweit keine Ermessensentscheidung vorliegt.
7.) Anspruchszinsenbescheide iSd § 205 BAO sind an die Stammabgabenbescheide gebunden. Sofern sich diese nachträglich als rechtswidrig erweisen und abgeändert oder aufgehoben werden, sind neue, an die geänderten Stammabgabenbescheide gebundene Anspruchszinsenbescheide zu erlassen ().
Da der Festsetzungsbescheid vom lediglich mit Einwänden bekämpft wurde, die (auch) gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 erhoben wurden, war die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abzuweisen.
IV.) Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis weicht bezüglich der Intention des § 293 BAO und des Vorliegens von berichtigungsfähigen Fehlern nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Gleiches gilt bezüglich der Festsetzung von Anspruchszinsen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor. Eine (ordentliche) Revision ist sohin nicht zulässig.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 293 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 124b Z 184 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100632.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at