Abweisung einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Antrages auf Aussetzung der Vollziehung im Zusammenhalt mit der Zollschuldentstehung gemäß Art.203 ZK
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Burghofer Rechtsanwalts GmbH, Köstlergasse 1 Tür 30, 1060 Wien ,über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Wien vom , xxx betreffend Abweisung der Aussetzung der Vollziehung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig .
Entscheidungsgründe
Nach Aktenlage ist gegen die Beschwerdeführern, (Bf), seit ein Finanzstrafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien, im Hinblick auf die Verwirklichung der Straftatbestände §§ 11, 35 Abs. 2 und 38 Abs. 1 lit. a FinStrG anhängig. Grundlage dafür bilden die Abschlussberichte des Zollamtes Wien, als Finanzstrafbehörde erster Instanz zu GZ aaa.
Über Ersuchen der Strafsachenstelle des Zollamtes Wien gemäß § 99 Abs.1 und 2 FinStrG vom , GZ: bbb, führte die Betriebsprüfung Zoll des Zollamtes Wien bei der A., (fortan A. genannt) eine Betriebsprüfung durch. Gegenstand bildeten die, anlässlich verschiedener, durch die Bf, als Anmelder, durchgeführten Warenimporte, erklärten Zollwerte und Hinzurechnungskosten sowie. die Ermittlung des jeweiligen exakten Zustelldatums der, von diesen Importen umfassten, Sendungen. Grund dieser Überprüfung waren vielfache Unstimmigkeiten bei Importen in der Filmbranche Bereits im Vorfeld dieser Überprüfung waren alle von der Bf, als Anmelder, im Bereiche des Zollamtes Wien durchgeführten Zollanmeldungen, einer genauen Prüfung unterzogen worden. Grund dafür waren von der Finanzstrafabteilung des Zollamtes Wien festgestellte Unstimmigkeiten bei Warenimporten
Im Zuge der Überprüfung der Belege, im Rahmen der o.a. Betriebsprüfung bei der A, wurde festgestellt, dass es sich bei den überprüften, verfahrensgegenständlichen sechsundvierzig Warenimporten fast ausschließlich um unentgeltliche Lieferungen, im speziellen um Reparatursendungen gehandelt habe, die-lt. beiliegenden Schriftverkehr-, nach Reparatur wieder an den Versender zurückgeschickt werden sollten. Diese Waren seien jedoch von der Bf. zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angemeldet worden und vom Zollamt antragsgemäß abgefertigt worden.
Im Rahmen der Überprüfung des jeweiligen exakten Zustelldatums dieser Sendungen seien in allen Fällen Exemplare von Speditionsübergabescheinen der Bf., als Anmelder, vorgefunden worden , die einen Datumsstempel der A. aufgewiesen hatten. Von der A. ist dazu bestätigt worden, dass dieses Datum den Empfang der jeweiligen Sendung belegt.
Diese Übernahmedaten auf den gegenständlichen Speditionsübergabescheinen weichen in allen Fällen von den Daten der dazugehörigen Importanmeldungen ab. Sie liegen vor dem Verzollungsdatum der Importanmeldung. Bei einigen dieser überprüften Importanmeldungen seien Unstimmigkeiten bei den erklärten Zollwerten, die Verwendung von unrichtigen Warennummern, die Anführung unrichtiger Verfahrenszusatzcodes sowie die Angabe falscher Frachtkosten festgestellt worden.
Dieses Ermittlungsergebnis hielt die belangte Behörde der Bf. schriftlich vor, und wurde von dieser mit Stellungnahme vom in Abrede gestellt.
Mit dem, im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten, Bescheid, setzte die belangte Behörde gegenüber der Bf. die Zollschuld gemäß Art. 203 Absatz 1 und Abs.3 Zollkodex (ZK) iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG im Betrage von € 70.688,87( Zoll: € 12.036,33, EUSt: € 58.652,54) fest und schrieb ihr,gemäß § 108 Abs.1 ZollR-DG eine Abgabenerhöhung im Betrage von € 6.914,60 vor. Ermittlungen der Betriebsprüfung Zoll bei der A. hätten ergeben, dass in allen 46 überprüften Importfällen zu den, in der beigelegten Aufstellung der Bezug habenden Versanddokumente genannten, Zeitpunkten beim Zollamt E. für den jeweiligen Hauptverpflichteten Versandverfahren eröffnet worden seien. Als Bestimmungsstelle sei das Zollamt I angeführt gewesen. Die Bf. habe die Waren nachweislich in Kenntnis darüber, dass sie dem Versandverfahren unterliegen, übernommen, diese aber nicht zur Bestimmungszollstelle befördert, sondern direkt dem Warenempfänger zugestellt bzw. dadurch das jeweilige Versandverfahren nicht ordnungsgemäß beendet und dadurch die Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen. Laut beigelegter Aufstellung sei in .in 40 Fällen ein unrichtiger (zu niederer ) Zollwert erklärt worden, in 45 Fällen seien Frachtkosten zu nieder oder zu hoch erklärt worden, in 37 Fällen seien Verfahrenszusatzcodes falsch angegeben worden, wodurch es zur zoll bzw. abgabenfreien Warenabfertigungen gekommen sei. In 20 Fällen sei eine falsche Warennummer verwendet worden, wodurch zollfreien Warenabfertigungen erfolgt sind. Sohin seien die Eingangsabgaben neu zu berechnen bzw.-als Folge der Entstehung der Zollschuld nach Art.203 ZK die Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs.1 ZollR-DG vorzuschreiben gewesen.
Da die Bf, als Warenführer, die Verantwortung für die ordnungsgemäße Beendigung des Versandverfahrens getragen habe, werde sie iSd Art.213 ZK als Zollschuldner heran gezogen.
Aufgrund der vorstehend angeführten Gerichtsanhängigkeit betrage die Frist zur Mitteilung der Abgabenbeträge gemäß Art.221 Abs.4 ZK iVm § 74 Abs.2 ZollR-DG zehn Jahre.
Im Hinblick zur Stellungnahme der Bf. vom wurde in der Begründung weiter ausgeführt, dass
bei der Entstehung der Zollschuld nach Art.203 ZK indirekte Vertretung nicht möglich sei, dass
aus den überprüften Buchhaltungsbelegen der A, als Warenempfänger, eindeutig hervorgehe, dass die Auslieferung der Waren bereits vor ihrer Anmeldung in den zollrechtlich freien Verkehr erfolgt ist, dass
die streitverfangenen Waren antragsgemäß in den zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft übergeführt worden sind und eine Wiederausfuhr dieser Waren nicht bewiesen sei, sowie, dass
die von der A. bei einer allfälligen Wiederausfuhr der Importwaren erklärten Zollwerte nicht Gegenstand dieses Verfahrens seien. Als Bemessungsgrundlage der Neuberechnung seien die, von den Versendern erklärten, Werte in den Begleitdokumenten herangezogen worden.
Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. fristgerecht Beschwerde. Sie beantragte die Stattgabe dieser Beschwerde und die ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides
Es seien wertlose, beschädigte Waren in die EU eingeführt worden und nach erfolgter Reparatur wieder ausgeführt worden. Dazu lägen genau Aufzeichnungen bei der A und bei ihr selbst vor, zu deren Einsichtnahme die belangte Behörde verpflichtet gewesen sei. Für Waren, die so wie im zu beurteilenden Fall, im beschädigten Zustand weniger als 150,00 Euro kosten würden, gäbe es in der EU kein Vormerkverfahren. Sie habe anlässlich der Zollabfertigungen die Werte der beschädigten Waren, die ihr von den Absendern zur Verfügung gestellt worden sind, zu Grunde gelegt. Dabei habe es sich um Schätzwerte gehandelt, die nach dem Zollkodex für die Bewertung der Waren heranzuziehen seien. Die Heranziehung der, von der belangten Behörde ermittelten, Werte als Bemessungsgrundlage würde bedeuten, dass die streitverfangenen Waren bei deren Wiederausfuhr, nach deren Reparatur, einen um 50% höheren Wert gehabt hätten, als bei deren vorübergehenden Einfuhr, was wiederum bedeuten würde, dass gebrauchte, reparierte Waren teurere seien als Neuwaren..
Die, von den Zollbeamten anlässlich der Abfertigung der streitverfangenen Waren angenommene, Codierung „ Empfänger direkt vertreten“, sei rechtsverbindlich. Daher dürften die streitverfangenen Eingangsabgaben der Bf. nicht vorgeschrieben werden.
Die Waren seien vor deren Auslieferung an den Empfänger der Bestimmungszollstelle gestellt worden. Daher liege keine Zollschuldentstehung nach Art.203 ZK vor.
Von der Logik und der Gesetzessystematik könne die zehnjährige Verjährungsfrist nur dann gelten, wenn es tatsächlich zu einer strafrechtlichen Verurteilung gekommen wäre. Die bloße Einleitung des Finanzstrafverfahrens gegenüber der Bf. reiche für die Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist keinesfalls aus.
Gleichzeitig mit dieser Beschwerde, stellte die Bf. den Antrag auf Aussetzung der Einhebung, gemäß § 212a BAO. Die Beschwerde sei-im Hinblick auf die Beschwerdeausführungen- erfolgversprechend. Aus dem Verhalten der Bf. sei eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben nicht abzuleiten, da sie alle ihre steuerrechtlichen Verpflichtungen fristgerecht erfüllt habe.
Über die Beschwerde in der Sache selbst hat die belangte im Hinblick auf das anhängige Finanzstrafverfahren bislang noch nicht mit Beschwerdevorentscheidung entschieden.
Den verfahrensgegenständlichen Aussetzungsantrag wies sie mit dem, im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten, Bescheid ab. Nach Erläuterung des, im Zollverfahren für die Aussetzung der Vollziehung in erster Linie anzuwendenden, Artikels 244 ZK, wiederholte sie sinngemäß die Begründung des, diesem Aussetzungsverfahren zu Grunde liegendem, mit Beschwerde bekämpften, Abgabenbescheides, und führte dazu ergänzend aus, dass weder aus Art.221 Abs.4 ZK noch aus § 74 Abs.2 ZollR-DG zu entnehmen sei, dass die zehnjährige Verjährungsfrist nur im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung gelten würde und, dass, ein Nachweis darüber, dass die Warenwerte im Zeitpunkt der Verzollung niederer gewesen seien, als in den Unterlagen der Versender angeführt war, nicht vorliege
Dagegen erhob die Bf. fristgerecht Beschwerde. Sie beantragte der Beschwerde Folge zu geben, den angefochtenen Aussetzungsbescheid aufzuheben. Nur eine rechtskräftige Verurteilung verlängere die Verjährungsfrist, ansonsten hätte die Zollbehörde jede Möglichkeit die dreijährige Verjährungsfrist durch Einleitung eines Finanzstrafverfahrens zu verlängern. Die Waren seien nicht der zollamtlichen Überwachung entzogen worden. Sie seien jederzeit für den Zoll verfügbar gewesen. Die ZK-DVO siehe die Möglichkeit vor, Waren an den Kunden auszuliefern, wenn sie jederzeit dem Zollamt zur Überprüfung vorgelegt werden können. Zu den in Streit gezogenen Zollwerten verwies sie auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde gegen den, diesem Aussetzungsverfahren zu Grunde liegenden, Abgabenbescheid.
Die Beschwerde, betreffend die Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung, wies die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab. Vor Erlassung einer Sachentscheidung durch das, für die Durchführung des Finanzstrafverfahrens zuständige, Gericht, obliege die Beurteilung der Verjährungsfrist der Zollbehörde. Im Hinblick auf die Bestimmung des Art.218 Abs.3 ZK sei die Rechtskraft der strafrechtlichen Entscheidung nicht abzuwarten.
Dadurch, dass die Bf. die ,unbestrittener Weise, sich im Versandverfahren befunden habenden, Waren nicht zur Bestimmungszollstelle befördert hatte, sondern direkt zum Warenempfängerverbrachte habe sie das Versandverfahren nicht ordnungsgemäß beendet. Sie habe verhindert, dass die Bestimmungszollstelle die vollständige und unveränderte Gestellung überprüfen konnte und somit die Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen.
In Folge dieser Beschwerdevorentscheidung brachte die Bf, unter sinngemäßer Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens, fristgerecht, einen Antrag auf Vorlage ihrer Beschwerde im Aussetzungsverfahren an das Bundesfinanzgericht,(BFG), ein.
Das BFG hat dazu erwogen:
Rechtsgrundlagen:
Gemäß Art. 91 Abs. 1 lit. a. ZK können in einem externen Versandverfahren Nichtgemeinschaftswaren zwischen zwei innerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft gelegene Orten befördert werden.
Gemäß Art. 92 Abs. 1 ZK endet das externe Versandverfahren und die Verpflichtungen des Inhabers des Verfahrens sind erfüllt, wenn die in dem Verfahren befindlichen Waren und die erforderlichen Dokumente entsprechend den Bestimmungen des betreffenden Verfahrens am Bestimmungsort der dortigen Zollstelle gestellt werden.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. erledigen die Zollbehörden das externe Versandverfahren, wenn für sie auf der Grundlage eines Vergleichs der der Abgangszollstelle zur Verfügung stehenden mit den der Bestimmungszollstelle zur Verfügung stehenden Angaben ersichtlich ist, dass das Verfahren ordnungsgemäß beendet ist.
Gemäß Art. 203 Abs.1 ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.
Gemäß Abs.2 leg.cit. entsteht die Zollschuld in dem Zeitpunkt, in dem die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.
Gemäß Abs.3 leg.cit sind Zollschuldner:
-die Person, welche die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen hat;
-die Personen, die an dieser Entziehung beteiligt waren, obwohl sie wussten oder billigerweise hätten wissen müssen, dass sie die Ware der zollamtlichen Überwachung entziehen;
-die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Ware wussten oder billigerweise hätten wissen müssen, dass diese der zollamtlichen Überwachung entzogen worden war;
-gegebenenfalls die Person, welche die Verpflichtungen einzuhalten hatte, die sich aus der vorübergehenden Verwahrung einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware oder aus der Inanspruchnahme des betreffenden Zollverfahrens ergeben.
Gibt es für eine Zollschuld mehrere Zollschuldner, so sind diese gesamtschuldnerisch zur Erfüllung dieser Zollschuld verpflichtet (Art.213 ZK)
Gemäß Art. 221 Abs.1 ZK ist der Abgabenbetrag ist dem Zollschuldner in geeigneter Form mitzuteilen, sobald der Betrag buchmäßig erfasst worden ist.
Ist der zu entrichtende Abgabenbetrag in der Zollanmeldung als Hinweis vermerkt worden, so können die Zollbehörden vorsehen, dass die Mitteilung nach Absatz 1 nur erfolgt, wenn der angegebene Abgabenbetrag nicht mit dem von ihnen ermittelten Betrag übereinstimmt. Wird von der im vorstehenden Unterabsatz genannten Möglichkeit Gebrauch gemacht, so gilt unbeschadet des Artikels 218 Absatz 1 zweiter Unterabsatz die Überlassung der Waren durch die Zollbehörden als Mitteilung des buchmäßig erfassten Abgabenbetrags an den Zollschuldner. (Abs.2 leg.cit)
Die Mitteilung an den Zollschuldner darf nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld nicht mehr erfolgen. Diese Frist wird ab dem Zeitpunkt ausgesetzt, in dem ein Rechtsbehelf gemäß Artikel 243 eingelegt wird, und zwar für die Dauer des Rechtsbehelfs. (Abs.3 leg.cit)
Ist die Zollschuld aufgrund einer Handlung entstanden, die zu dem Zeitpunkt, als sie begangen wurde, strafbar war, so kann die Mitteilung unter den Voraussetzungen, die im geltenden Recht festgelegt sind, noch nach Ablauf der Dreijahresfrist nach Absatz 3 erfolgen. (Abs.4 leg.cit)
Gemäß Art. 244 ZK wird die Vollziehung einer angefochtenen Entscheidung durch Einlegung des Rechtsbehelfs nicht ausgesetzt. Die Zollbehörden setzen die Vollziehung der Entscheidung jedoch ganz oder teilweise aus, wenn sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Bewirkt die angefochtene Entscheidung die Erhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben, so wird die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht. Diese Sicherheitsleistung braucht jedoch nicht gefordert zu werden, wenn ein derartige Forderung aufgrund der Lage des Schuldners zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art führen könnte.
Gemäß § 2 Abs.1 ZollR-DG gelten das in § 1 genannte Zollrecht der Union, dieses Bundesgesetz und die in Durchführung dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften , soweit sie sich auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben beziehen, weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.
Gemäß § 74 Abs.1 ZollR-DG gilt die Mitteilung nach Artikel 221 Abs.1 ZK gilt als Abgabenbescheid.
Gemäß § 74 Abs.2 leg.cit. beträgt die Verjährungsfrist bei hinterzogenen Eingangs- oder Ausgangsabgaben beträgt zehn Jahre, wenn im Zusammenhang mit diesen Abgabenansprüchen ein ausschließlich vor einem Gericht oder einem Spruchsenat zu verfolgendes Finanzvergehen begangen wurde.
Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerderledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.
Auf Grundlage dieser Gesetzesbestimmungen war -im Hinblick auf die Beschwerdeausführungen-zu erwägen:
In einem externen Versandverfahren werden Nichtgemeinschaftswaren zwischen zwei, innerhalb des Zollgebietes gelegenen, Orten befördert (Art. 91 ZK). Die Waren stehen unter zollamtlicher Überwachung. Versandverfahren werden regelmäßig bei einer Abgangszollstelle eröffnet (hier: Zollamt E.) und müssen die Waren und Dokumente (Versandschein) innerhalb der Gestellungsfrist bei einer Bestimmungszollstelle (hier: Zollamt I) gestellt werden. Erst dadurch endet ein externes Versandverfahren ordnungsgemäß (Art. 92 ZK).
In Vollziehung des Art. 244 ZK sind die nationalen Bestimmungen des § 212a BAO anzuwenden, soweit der ZK nicht (wie etwa hinsichtlich der Voraussetzung des § 212a Abs.1 BAO für die Aussetzung) anderes bestimmt (vgl. ).
Nach Art. 245 ZK werden die Einzelheiten des Rechtsbehelfsverfahrens von den Mitgliedstaaten erlassen. Es sind somit die nationalen Vorschriften im Verfahren über die Aussetzung nach Art. 244 ZK anzuwenden, soweit dem nicht unionsrechtliche Bestimmungen entgegenstehen. Eine spezielle nationale Regelung über das Verfahren bei der Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK wurde im ZollR-DG nicht ausdrücklich normiert. Es gelten daher nach § 2 Abs. 1 ZollR-DG die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften der BAO. Die Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK entspricht im Wesentlichen der nationalen Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO, sodass in Vollziehung des Art. 244 ZK die für diese nationale Bestimmung geltenden Verfahrensbestimmungen auch bei der Aussetzung der Vollziehung anzuwenden sind (vgl. ).
Wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aussetzungsantrag geprüft werden, so sind darunter die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aussetzungsantrag durch die Abgabenbehörde zu verstehen, wobei die Aussichten der Beschwerde anhand des Beschwerdevorbringens zu prüfen sind (vgl. dazu ).
Art. 244 ZK verlangt von der Behörde zunächst die Prüfung, ob einer der beiden Tatbestände für die Aussetzung der Vollziehung (begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der bekämpften Entscheidung und Möglichkeit , dass dem Schuldner ein unersetzbarer Schaden entsteht) erfüllt ist, und räumt der Behörde dabei ein Ermessen nicht ein. Erst wenn die Behörde einen dieser beiden Tatbestände als erfüllt ansieht, stellt sich die Frage, ob eine Sicherheitsleistung ganz oder teilweise gefordert zu werden braucht und ob die Behörde dabei in Ausübung von Ermessen auf die Forderung einer Sicherheitsleistung verzichtet ( ).
Nach Art. 244 ZK ist die Vollziehung auszusetzen, wenn entweder begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Liegt eine der beiden Voraussetzungen vor, dann besteht ein Rechtsanspruch auf Aussetzung der Vollziehung ( ).
Begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung sind dann anzunehmen, wenn bei der überschlägigen Prüfung der angefochtenen Entscheidung im Verfahren über die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken. Bei der notwendigen Abwägung der im Einzelfall entscheidungsrelevanten Umstände sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Dabei genügt keine bloße vage Erfolgsaussicht. Andererseits müssen auch nicht die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (Witte, ZK6, Art. 244, Rz 17 und die dort zitierte Judikatur des EuGH und des BFH).
Begründete Zweifel in einer Rechtsfrage liegen vor, wenn die Rechtslage unklar ist, die Rechtsfrage höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Schrifttum Bedenken gegen die Rechtsauffassung der Zollbehörde oder des Finanzgerichte erhoben wird (Witte, ZK6, Art. 244, Rz 19).
Begründete Zweifel in tatsächlicher Hinsicht liegen vor, wenn im Bezug auf die im Einzelfall entscheidungserheblichen Tatsachen Unklarheiten bestehen und wenn die von einem Beschwerdeführer behaupteten Rechtsfolgen unter den gegebenen Umständen möglich erscheinen. Die Beurteilung, ob Zweifel in tatsächlicher Hinsicht bestehen, erfolgt aufgrund der vorliegenden Unterlagen und er zur Verfügung stehenden Beweismittel (Witte, ZK6, Art. 244, Rz 24).
Ein unersetzbarer Schaden ist dann gegeben, wenn einem Beschwerdeführer durch die Vollziehung wirtschaftliche Nachteile drohen, die nicht oder nur schwer wieder gutzumachen sind oder die seine wirtschaftliche Existenz gefährden (Witte, ZK6, Art. 244, Rz 25).
Bei der Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK handelt es sich, wie bei der Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO, um eine begünstigende Bestimmung. Der Abgabepflichtige hat daher aus eigenem überzeugend darzulegen, und glaubhaft zu machen, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen ( ).
Zu den Beschwerdeausführungen, die eine Verjährungsfrist von zehn Jahren gemäß Art.221 Abs.4 iVm § 74 Abs.2 ZollR-DG, in Abrede stellen, ist festzuhalten, dass nach Rechtsprechung des EuGH die Qualifizierung von Vorgängen als strafbare Handlungen iSd Art. 221 ZK den Zollbehörden obliegt (vgl. Z.B: C-124 und 125/08; )
Die Behauptung der Bf., dass für sie, als Anmelder, keine Zollschuld nach Art.203 Abs.1 und Abs.3 erster Anstrich entstanden ist ,ist aus folgenden Gründen unzutreffend:
Gemäß der Rechtsprechung des EuGH umfasst das Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung jede Handlung oder Unterlassung die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und der Durchführung der nach den gemeinschaftlichen Zollvorschriften vorgesehenen Prüfungen gehindert wird (). Ob im konkreten Fall eine derartige Prüfung tatsächlich durchgeführt werden sollte, ist unerheblich. Es kommt nicht darauf an, ob die Zollbehörde tatsächlich eine solche Prüfung durchzuführen beabsichtigt oder der Beteiligte die Ware der Zollbehörde zu einer solchen Prüfung zur Verfügung stellen könnte. Entscheidend ist, dass die Zollbehörde - wenn auch nur vorübergehend - objektiv nicht in der Lage ist, die zollamtliche Prüfung sicherzustellen (z.B. C-430 und 431/08; , C-66/99; , C-371/99; , C-337/01; ; , 2008/16/0097).
Im Rahmen der Überprüfung der Speditionsübergabescheine der Bf., im Hinblick auf die Feststellung des jeweiligen exakten Zustelldatums der verfahrensgegenständlichen Sendungen ergibt sich aus den darauf ersichtlichen Datumsstempel der Empfängerfirma, dass die Übergabe der Sendungen an den Warenempfänger vor der ordnungsgemäßen Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr erfolgt ist. Dazu hat das überprüfte Empfängerunternehmen zweifelsfrei bestätigt, dass es sich bei dem Datum lt. Stempel um das Empfangsdatum der jeweiligen Sendung handelt. Dafür, dass entgegen dieser Feststellungen, die Waren vor Auslieferung an den Empfänger in den zollrechtlich freien Verkehr überführt worden sind, liegen keine, diesem Ermittlungsergebnis auf gleicher Ebene begegnende, Nachweise vor. Daraus ergibt sich, dass die Bf, als Anmelder, Waren die sich unbestrittener Weise im Versandverfahren befunden hatten, übernommen hat und danach verabsäumte diese der Bestimmungszollstelle zu gestellen, um sie danach ordnungsgemäß zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr anmelden um sie nach antragsgemäßer Abfertigung an den Warenempfänger auszuliefern zu können. Die Bf. hat somit das Versandverfahren nicht ordnungsgemäß durch Gestellung beendet und dadurch bewirkt, dass die Zollbehörde an Maßnahmen der zollamtlichen Überwachung nämlich der Überprüfung, ob die Waren ordnungsgemäß und vollständig bei der Bestimmungszollstelle eingetroffen sind, gehindert war. Sie hat, alleine dadurch, als handelnder Einführer, diese Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen. Das von ihr ins Treffen geführte Vertretungsverhältnis ist dabei unbeachtlich.
Im vorliegenden Fall ist keine Überführung der Waren in ein Verfahren von wirtschaftlicher Bedeutung beantragt worden, dessen Zweck es ist, Nichtgemeinschaftswaren solange von der Erhebung von Einfuhrabgaben und grundsätzlich von der Anwendung handelspolitischer Maßnahmen fernzuhalten, bis feststeht, welcher anderen zollrechtlichen Bestimmung sie zugeführt werden sollen. In einem solchen Verfahren können die, unter zollamtlicher Überwachung stehende, Waren, z.B. für Ausbesserungsarbeiten, an dem Warenempfänger ausgeliefert werden, sofern die Zollbehörde dadurch nicht an der Ausübung der zollamtlichen Überwachung gehindert wird.
Dass die Zollbehörde der Abgabenbemessung von den Versendern angegebene Werte zu Grunde gelegt hat, vermag- mangels Vorliegens erwiesener anderer Werte, keine Rechtswidrigkeit der in Beschwerde gezogenen Eingangsabgabenfestsetzung, aufzuzeigen.
Aus den aufgezeigten Gründen liegen-nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen überschlagsmäßigen Abwägung der Beschwerdegründe in der Sache selbst- keine begründeten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in Beschwerde gezogenen Eingangsabgabenvorschreibung vor.Die Vorschreibung der Abgabenerhöhung stellt sich als unabdingbare Folge der gemäß Art.203 erfolgten Zollschuldentstehung gegenüber der Bf. dar.
Ein unersetzbarer Schaden, im vorstehend aufgezeigten Sinn, ist von der Bf- trotz der für sie bestehenden erhöhten Vorbringungs-und Beweispflicht im Aussetzungsverfahren-. nicht geltend gemacht worden.
Sohin liegen keine Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung gemäß Art.244 ZK vor.
Der in Beschwerde gezogene Bescheid erging somit zu Recht.
Zulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die ordentliche Revision ist im vorliegenden Fall unzulässig. Das Bundesfinanzgericht ist in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung nach Art. 203 ZK und zur Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK iVm § 212a BAO gefolgt
Aus den aufgezeigten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 244 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 § 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7200132.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at