Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.05.2019, RV/7106350/2015

Zusammengefasste Festsetzung mehrerer Abgaben derselben Abgabenart

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI in der Beschwerdesache BF,Adresse, vertreten durch Woditschka & Picher Wirtschaftstreuhand Ges.m.b.H., Bahnstraße 26, 2130 Mistelbach, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt 1 vom betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 05-12/2011 und 01-08/2012 zu Recht erkannt:

Die Bescheide werden aus formellen Gründen gemäß § 279 BAO ersatzlos aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer durchgeführten Kontrolle durch Organe der Landespolizeidirektion wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin die Zulassungsbesitzerin eines Kfz mit ausländischem Kennzeichen war, wobei der Mittelpunkt ihres Lebensinteresses im Inland lag.

Mit Bescheiden vom erließ das Finanzamt Festsetzungsbescheide betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 5-12/2011 und 1-8/2012.

Mit Schreiben vom erhob die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Beschwerde und bestritt die vorgenommene Festsetzung inhaltlich dem Grunde nach.

In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 5-12/2011 und 1-8/2012 als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom begehrte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

Mit Schreiben vom legte die belangte Behörde die Beschwerde zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Beschwerde aus inhaltlichen Gründen als unbegründet abzuweisen.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 6 Abs. 3 KfzStG ist die Kfz-Steuer eine Selbstberechnungsabgabe: "Der Steuerschuldner hat jeweils für ein Kalendervierteljahr die Steuer selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf das Kalendervierteljahr zweitfolgenden Kalendermonats an das Finanzamt zu entrichten."

Gemäß § 6 Abs. 4 KfzStG hat der Steuerschuldner "bis zum 31. März des darauffolgenden Kalenderjahres (...) für das abgelaufene Kalenderjahr dem Finanzamt eine Steuererklärung über die steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge abzugeben. Ein gemäß § 201 BAO festgesetzter Abgabenbetrag hat den im Abs 3 genannten Fälligkeitstag (§ 6 Abs 4 KfzStG 1992)".

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist "Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht."

Gemäß § 198 BAO wird für die Festsetzung von Abgaben Folgendes bestimmt:

"(1) Soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes vorgeschrieben ist, hat die Abgabenbehörde die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen.

(2) Abgabenbescheide haben im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Führen Abgabenbescheide zu keiner Nachforderung, so ist eine Angabe über die Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeiten entbehrlich. Ist die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten, so erübrigt sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird, eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit."

Gemäß § 201 BAO ist eine Festsetzung der (Selbstbemessungs-)Abgabe durch die Behörde nur zulässig, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet wäre, keine oder eine unrichtige Selbstberechnung vorlegt. Denn § 201 BAO bestimmt:

"(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

(2) Die Festsetzung kann erfolgen,

1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,

2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,

3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorliegen würden,

4. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)

5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.

(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,

1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,

2. wenn bei sinngemäßer Anwendung der §§ 303 bis 304 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag der Partei vorliegen würden,

3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.

(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen."

Rechtliche Beurteilung:

Aus der Formulierung im 2. Halbsatz des § 6 Abs. 3 KfzStG, lautend "auf das Kalendervierteljahr (...) zu entrichten" ergibt sich, dass bei der Kraftfahrzeugsteuer der Selbstberechnungs- und Besteuerungszeitraum das Kalendervierteljahr ist ().

Nach dem hierfür einschlägigen Norminhalt des § 201 BAO ist eine Festsetzung der (Selbstbemessungs-)Abgabe durch die Behörde nur zulässig, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er gem. § 6 Abs. 4 KfzStG dazu verpflichtet wäre, keine (wie im konkreten Fall vorliegend) oder eine unrichtige Selbstberechnung vorlegt.

Festsetzungsbescheide sind Abgabenbescheide und haben daher im Spruch jene Bestandteile zu enthalten, die sich aus § 93 Abs. 2 BAO und § 198 Abs. 2 BAO ergeben. Gemäß § 198 Abs. 2 BAO sprechen Abgabenbescheide nur über den dort genannten Zeitraum insbesondere über den Veranlagungszeitraum ab. Zur Bemessungsgrundlage als Grundlage der Abgabenfestsetzung iSd. § 198 Abs. 2 BAO gehört notwendigerweise der Zeitraum, für den die jeweilige Abgabe vorgeschrieben wird (; ).

Ein Kraftfahrzeugsteuerbescheid für mehrere Quartale eines Kalenderjahres ist kein Sammelbescheid sondern ein gemäß § 201 Abs. 4 BAO zusammengefasster Bescheid, da "innerhalb derselben Abgabenart die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst" erfolgen kann. Ein derartiger Bescheid kann demnach nur einheitlich beurteilt werden, wobei die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Festsetzung gemäß § 201 BAO für alle zusammengefassten Kalendervierteljahre vorliegen müssen.

Das KfzStG kennt jedoch keine Regelung, die diesen Zeitraum für den Fall verkürzt, dass die Kfz-Steuerpflicht nur in einem Teil des Kalendervierteljahres gegeben ist, weil Monatsabgaben hierbei nicht vorgesehen sind (; ; ).

Das Finanzamt hat die Kraftfahrzeugsteuer im ersten angefochtenen Bescheid betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 05-12/2011 und somit für acht Monate festgesetzt. Dieser im ersten angefochtenen Bescheid angegebene Zeitraum geht jedoch über die mögliche Zusammenfassung zweier Quartale, das sind sechs Monate, hinaus und ist damit unzulässig. Bei einer Steuerpflicht von Mai bis Dezember müssten daher die Quartale derart zusammengefasst werden, dass "04-12/2011", also drei Quartale, angegeben werden.

Das Finanzamt hat die Kraftfahrzeugsteuer im zweiten angefochtenen Bescheid betreffend Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 01-08/2012 und somit für acht Monate festgesetzt. Dieser im zweiten angefochtenen Bescheid angegebene Zeitraum geht jedoch über die mögliche Zusammenfassung zweier Quartale, das sind sechs Monate, hinaus und ist damit unzulässig. Bei einer Steuerpflicht von Jänner bis August müssten daher die Quartale derart zusammengefasst werden, dass "01-09/2012", also drei Quartale, angegeben werden.

Die Bescheide über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 05-12/2011 und 01-08/2012 sind daher spruchgemäß aus den angegebenen Gründen ersatzlos aufzuheben. Da die Bescheidaufhebung der angefochtenen Bescheide aus rein formellen Gründen erfolgt, bleibt für eine meritorische Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht kein Raum.

Einer erstmaligen Festsetzung durch die belangte Behörde für die gesetzlich vorgesehenen Besteuerungszeiträume steht die durch das Bundesfinanzgericht vorgenommene Bescheidaufhebung der angefochtenen Bescheide nicht entgegen (keine res iudicata) sofern nicht Verjährung eingetreten ist ().

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision unzulässig, da es nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Erkenntnis folgt der in diesem Erkenntnis zitierten, einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 198 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 4 KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 3 KFZStG, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1952, BGBl. Nr. 110/1952
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 198 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Zitiert/besprochen in
Summersberger in AVR 2020, 141
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7106350.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at