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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.04.2019, RV/7104990/2017

Vorliegen einer gemischten Schenkung mit überwiegendem Schenkungscharakter oder entgeltliche Anschaffung eines Grundstückes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter, Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde vom des Bf., Adr. wohnhaft, ****Datum geboren, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Nikolaus Vasak, 1030 Wien, Ditscheinergasse 3/10 gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 des Finanzamtes Baden Mödling, vom , StNr.: X1

zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Höhe der festgesetzten Abgabe wie folgt abgeändert:


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Änderung der festgesetzten Einkommensteuer 2015
Euro
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge lt. angef. ESt-Bescheid
Steuer für sonstige Bezüge lt. angef. ESt-Bescheid
27.980,53
655,39
Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerung lt. BFG (besonderer Steuersatz 25%)
4.025,00
Einkommensteuer
32.660,92
- anrechenbarer Lohnsteuer (260) lt. angef. ESt-Bescheid
-28.765,38
- Immobilienertragsteuer lt. angef. ESt-Bescheid
-4.025,00
0,46
Festgesetzte Einkommensteuer lt. BFG
-129,00

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in der Folge Bf. genannt) erhob gegen den nach amtswegiger Wiederaufnahme des Verfahrens ergangenen Einkommensteuerbescheid 2015 mit Schriftsatz vom frist- und formgerecht Bescheidbeschwerde. Während der Bf. im Rahmen der Selbstberechnung der Immobilienertragssteuer für den 2015 erfolgten Verkauf seines Hälfteanteiles an einer Eigentumswohnung in Kitzbühlel von Altvermögen ausgegangen ist (Steuer € 4.025), ermittelte das Finanzamt diese Einkünfte aus der privaten Grundstücksveräußerung nach Neuvermögen (Steuer € 23.085).

Begründend führte der Bf. aus, dass seine Mutter 1987 in Kitzbühel in guter Lage eine 38m2 große Ferienwohnung zum Kaufpreis von € 72.672 (damals ATS 1 Mio.) direkt vom Bauträger erworben hat. Im Jänner 2004 hat die Mutter aus privaten Gründen an den Bf., der ihr einziger Nachkomme ist, einen Hälfteanteil an dieser Wohnung auf Grund eines Kaufvertrages um € 22.000 übertragen. Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass in den 16 Jahren seit der Anschaffung dieser Wohnung die Immobilienpreise in Kitzbühel stark gestiegen sind. Markterhebungen belegen, dass im Jahr 2004 ca. € 4500 pro m2 Nutzfläche für eine Wohnung in vergleichbarer Lage bezahlt wurden. Das Appartement hatte daher 2004 einen realisierbaren gemeinen Wert von € 171.000 und der Hälfteanteil somit einen Wert von € 85.500.

Da der 50%-Anteil an der Eigentumswohnung um rund eines Viertel seines tatsächlichen Wertes an den einzigen Nachkommen mittels eines Kaufvertrages übertragen worden ist, liege nach Auffassung des Bf. eine gemischte Schenkung mit überwiegendem Schenkungscharakter vor. Es seien die privaten Verhältnisse zwischen Mutter und Sohn maßgelblich gewesen, weshalb der Kaufpreis so erheblich und offenkundig unter dem tatsächlichen Wert gelegen ist. Diese krasse Wertdifferenz und das enge Verwandtschaftsverhältnis indizieren unzweifelhaft, dass die Vertragsparteien einen Teil der Leistung als Geschenk haben ansehen wollen. Auch nach Ansicht des VwGH könne die Schenkungsabsicht allein aus dem krassen Missverhältnis des Wertes der beiderseitigen Leistungen abgeleitet werden.

Der Erwerb des Hälfteanteils durch den Bf. im Jahr 2004 sei daher keine Anschaffung (kein entgeltlicher Erwerb) gewesen, sondern sei gesamthaft eine Schenkung gewesen. Beim Verkauf der Eigentumswohnung im Jahr 2015 um € 230.000 liege somit auch hinsichtlich des Anteils des Bf. Altvermögen im Sinne des § 30 Abs. 4 EStG vor, weil der letzte entgeltliche Erwerb bereits im Jahr 1987 erfolgte und das Grundstück deshalb am nicht mehr steuerverfangen war.

Es werde beantragt, den Einkommensteuerbescheid abzuändern und die Steuer für Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung – entsprechend der Selbstberechnung – mit € 4.025 festzusetzen.

Bereits in der Vorhaltsbeantwortung vom wurde vom Bf. das Beweisanbot gestellt, die Verkäuferin Z. als Zeugin einzuvernehmen und zu ihren Motiven für den Verkauf des Hälfteanteils an ihren Sohn im Jänner 2004 zu befragen.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde vom Finanzamt (FA) die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die vom Bf. dargelegten Werte der Ferienwohnung und das offenbare Missverhältnis zwischen dem Verkehrswert und dem Kaufpreis für den Hälfteanteil (€ 85.000 : € 22.000) seien eine gegebene Tatsache. Im Zeitpunkt des seinerzeitigen Vertragsabschlusses sei ein Schenkungswille der Vertragsparteien weder ausdrücklich noch schlüssig erkennbar gewesen. Grundsätzlich gelte das Prinzip der subjektiven Äquivalenz. Kraft der Privatautonomie habe es den Vertragsparteien freigestanden, ihre offenkundig ungleichen Leistungen als gleichwertig anzusehen. Der Bf. habe daher 2004 entgeltlich den Grundstücksanteil von seiner Mutter erworben.

Mit Eingabe vom stellte der Bf. durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht einen Vorlageantrag. Die belangte Behörde legte die Bescheidbeschwerde samt den Verwaltungsakten dem Verwaltungsgericht gemäß § 265 BAO zur Entscheidung vor.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Feststellungen

Das BFG stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Mutter des Bf. hatte 1987 in guter Lage in Kitzbühel vom Bauträger eine Eigentumswohnung (38m2 + Kellerabteil) um €72.600 erworben. Rund 16 Jahre später übertrug sie dem Bf., der ihr einziger Nachkomme ist, die Hälfte dieser Immobilie um € 22.000 auf Grundlage eines Kaufvertrages. Dieser Kaufpreis lag erheblich unter den eigenen (historischen) Anschaffungskosten und steht in einem offenkundigen, krassen Missverhältnis zum damaligen Verkehrswert dieses Grundstücksanteiles, der rund € 85.500 betrug. Elf Jahre später (2015) wurde die Wohnung dann um € 230.000 verkauft, sodass der Bf. für seinen Hälfteanteil € 115.000 erzielte.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und als erwiesene Tatsachen zu beurteilen.

3. Rechtliche Beurteilung

Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Vorverfahrens wurde mit der Amtspartei die Sach- und Rechtslage formlos erörtert. Die belangte Behörde, änderte im Lichte der herrschenden Rechtsprechung ihre Auffassung dahingehend, dass auf Grund des besonders auffallenden Wertmissverhältnisses der Vertragsleistungen und der engen Verwandtschaft der Vertragsparteien mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen eines konkludenten Schenkungswillens bei diesem Rechtsgeschäft geschlossen werden könne. Es sind bei den Ermittlungen auch keine Sachverhalte hervorgekommen, die der konkludenten Annahme eines Schenkungswillens entgegenstünden. Auf Grund der Sicherheit dieses Beweisergebnisses, war auch nach Ansicht des FA die Aufnahme weiterer Beweise, insb. durch Zeugeneinvernahme der Verkäuferin, entbehrlich.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist somit Parteieneinvernehmen im Sinne einer Stattgabe der Beschwerde eingetreten. Diese einvernehmliche Rechtsauffassung wird auch vom BFG als rechtsrichtig beurteilt.

Die Einkünfte für die private Grundstücksveräußerung sind gemäß § 30 Abs. 4 Z. 2 EStG 1988 zu ermitteln: Diese Einkünfte sind der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös (€ 115.000) und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten (€ 98.900) und unterliegen dem besonderen Steuersatz von 25% (§ 30a Abs. 1 EStG 1988 idF 1. StabG 2012, BGBl. I 2012/22). Diese Immobilienertragsteuer wurde vom Bf. daher mit € 4.025 richtig berechnet.

Im Hinblick auf das eingetretene Parteieneinvernehmen und die eindeutige Rechtslage sind weitergehende rechtliche Ausführungen nicht erforderlich.

4. Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Feststellung, dass bei dem Rechtsgeschäft im Jahr 2004 ein auffallend großes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorlag, welches die Parteien offenkundig kannten und sie daher in diesem Umfang unentgeltlich Eigentum übertragen und erwerben wollten, ist eine Tatsachenfrage, die einer Revision nicht zugänglich ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104990.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at