Säumniszuschlag infolge verspätet durchgeführter Vorsteuerkorrektur bzw. Option gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Andrea Ornig über die Beschwerde des X, Adresse, vertreten durch V, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Judenburg Liezen vom , Abgabenkontonummer AKN, über die Abweisung des Antrages vom auf Aufhebung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Der Säumniszuschlag hinsichtlich Umsatzsteuer 2016 wird mit 1.744,29 Euro festgesetzt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit dem Kaufvertrag vom erwarb der Beschwerdeführer (Bf.) eine Liegenschaft in H. Punkt III des Kaufvertrages lautet:
"Der einvernehmlich vereinbarte Kaufpreis beträgt EUR 480.000,--
zuzüglich 20 % Umsatzsteuer EUR 96.000,--
Gesamtkaufpreis EUR 576.000,--
(fünfhundertsechsundsiebzigtausend Euro).
Auf Wunsch der Verkäufer erfolgt die Liegenschaft nicht umsatzsteuerbefreit gem. § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a) UStG, sondern wird als steuerpflichtig behandelt.
Der Käufer erklärt hierzu, dass er die Liegenschaft mit der Absicht der unternehmerischen Nutzung erwirbt.
Die Verkäufer verpflichten sich, eine Rechnung zu legen, welche den umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen entspricht sodass dem Käufer die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges zusteht. .... "
Der steuerliche Vertreter des Bf. machte in der am elektronisch eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung 07/2011 die im Kaufvertrag vom ausgewiesene Umsatzsteuer in der Höhe von 96.000 Euro als Vorsteuer geltend und legte die Rechnung dem Finanzamt in Kopie vor.
Die gegenständliche Liegenschaft wurde in der Folge vom Bf. vermietet. Im Jahr 2011 und den Folgejahren fielen Instandsetzungsarbeiten an der Liegenschaft in der Höhe von rund 90.000 Euro an, für die Vorsteuer geltend gemacht wurde.
Mit dem notariellen Schenkungsvertrag vom übergab der Bf. die Liegenschaft seiner Tochter GN.
Eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG wurde vom Bf. weder in der Umsatzsteuervoranmeldung für 12/2016 noch in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2016 vorgenommen.
In Beantwortung eines Vorhaltes des Finanzamtes teilte der Vertreter des Bf. am per FinanzOnline mit:
"Ich hab leider vergessen, die Vorsteuerüberrechnung nach § 12/15 UStG an die Geschenkenehmerin GN in die Umsatzsteuererklärung einzutragen. ... Ich bitte daher, die Kz 062 um die Entnahmeberichtigung in Höhe von 15.214,37 zu erhöhen, die entsprechende Berechnung liegt bei. ....."
Die Berechnung enthielt eine vom Bf. an seine Tochter gelegte Aufstellung über die "Weiterverrechnung Umsatzsteuer" in der Höhe von insgesamt 15.214,37 betreffend die Instandsetzungskosten Gebäude und die Investitionen Einrichtung. Hinsichtlich der Liegenschaft wurde vermerkt: "Kauf Liegenschaft: keine Option, daher keine Weiterverrechnung erforderlich".
Im Jahr 2018 führte das Finanzamt beim Bf. eine Außenprüfung durch. In der Niederschrift vom , ABNr. AB, hielt der Prüfer unter Tz. 1 fest, der Bf. optiere nunmehr bezüglich des Grundstücksumsatzes zur Umsatzsteuerpflicht gemäß § 6 Abs. 2 UStG. Seitens des steuerlichen Vertreters wurde eine Aufstellung vom vorgelegt, in der die Bemessungsgrundlage für den optierten Grundstücksumsatz mit 521.950 Euro (Umsatzsteuer daher 104.390 Euro) erklärt wurde.
Am erließ das Finanzamt den Umsatzsteuerbescheid 2016 mit einer Nachforderung in der Höhe von 103.162,37 Euro. Die Bezahlung dieser Umsatzsteuer erfolgte durch Überrechnung mit der Vorsteuer der Erwerberin.
In einer Eingabe an das Finanzamt ("Stellungnahme zur Umsatzsteuer, Antrag gem. § 217 Abs. 7 BAO") brachte der steuerliche Vertreter des Bf. vor:
"Sachverhalt. X übergab im Jahr 2016 das Mietobjekt, H, Straße an seine Tochter GN. Das Objekt hat X im Jahr 2011 erworben und 2011,2012 und 2016 Instandsetzungsinvestitionen getätigt.
Ich hab den seinerzeitigen Kaufvertrag nicht mehr im Akt und deshalb vermutet, dass der Kauf im Jahr 2011 ohne Umsatzsteuerverrechnung erfolgte. Daher hab ich anlässlich der Schenkung an die Tochter nur die Umsatzsteuer der Instandsetzungsinvestitionen überrechnet, aber nicht das Objekt selbst. Durch die Feststellung der Betriebsprüfung und der daraus resultierenden Überrechnung der Umsatzsteuer des Gesamtobjektes kommt es zu einer Umsatzsteuernachzahlung von insgesamt 104.390,- Euro, die im einzubringenden Umbuchungsantrag von GN auf X entrichtet werden.
Für die Nachzahlung aus dieser Schenkung in Höhe von insgesamt 104.390,- bitte ich, keinen Säumniszuschlag festzusetzen, da die Voraussetzungen des § 217 Abs 7 BAO vorliegen.
Für die Kenntnisnahme und aufrechte Erledigung danke ich herzlich."
Mit dem Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages für die Umsatzsteuer 2016 gemäß § 217 Abs. 7 BAO als unbegründet ab.
Mit dem Bescheid vom setzte das Finanzamt in Folge Nichtentrichtung der Umsatzsteuer 2016 von 103.162,37 Euro bis zum Fälligkeitstag einen Säumniszuschlag in der Höhe von 2.063,25 Euro fest.
In der Eingabe vom ersuchte der steuerliche Vertreter des Bf. "um Stornierung des Säumniszuschlages":
"Ich beziehe mich auf den im Schreiben vom geschilderten Sachverhalt und bitte, den angeführten Säumniszuschlag zu stornieren.
Mein Mandant ist praktisch nie säumig und erfüllt seine abgabenrechtlichen Verpflichtungen immer pünktlich. Für mein im Schreiben vom 24.5. geschildertes Versehen kann mein Mandant nicht verantwortlich gemacht werden, weil er das Erfordernis der Ust Überrechnung im Schenkungsfalle nicht kannte. Die zeitgleiche Belastung der Umsatzsteuer bei meinem Mandanten mit der Gutschrift der Vorsteuer bei der beschenkten Tochter meines Mandanten ergibt für die Finanzverwaltung de facto keine "versäumte" Abgabennachzahlung, sodass hier kein Schaden für den Staat entstanden ist. Die Säumniszuschlagsautomatik trifft hier den falschen Abgabepflichtigen, der sonst generell pünktlich zahlt und die Aufrechterhaltung des Säumniszuschlages wäre daher eine unbillige Härte. Ich bitte daher, im Sinne des § 217/7 BAO oder § 236/1 BAO zu entscheiden."
Mit dem Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom auf Aufhebung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO als unbegründet ab. Der Antrag auf Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages vom sei bereits mit dem Bescheid vom abgewiesen worden; auf die diesbezügliche Begründung werde verwiesen.
In der gegen den hier angefochtenen Bescheid eingebrachten Beschwerde wurde vom steuerlichen Vertreter des Bf. vorgebracht:
"Der Schenkungsvertrag des Objektes H wurde vom Notar aus H beurkundet. Grundsätzlich prüft der Notar bei einer Schenkung, ob hier der Erwerb umsatzsteuerverfangen war oder nicht. Diese Prüfung ist aus gebührenrechtlichen Gründen erforderlich.
Im Schenkungsvertrag X-X wurde keine Umsatzsteuerverfangenheit beurkundet. Mein Mandant ist pensionierter Land- und Gastwirt und mit den umsatzsteuerlichen Überrechnungspflichten nicht vertraut.
Der entsprechende Schenkungsvertrag wurde mir erst über Aufforderung anlässlich der Erstellung der Abgabenerklärungen für beide Vertragspartner vorgelegt.
In Ausübung meiner Sorgfaltspflicht als Steuerberater habe ich die Abgabenerklärungen meiner Mandanten vertragskonform erstellt, indem ich mangels aktenkundigen ursprünglichen Kaufvertrages die Vorsteuerüberrechnung schenkungsvertragsgemäß von den getätigten Investitionen des Übergebers erklärte. Erst die BP machte mich darauf aufmerksam, dass der Schenkungsvertrag nicht rechtskonform sei, weil der ursprüngliche Kauf Ust verfangen war. Von einem "groben" Fehlverhalten, wenn ich den Ausführungen des notariellen Vertrages vertraute, kann daher keine Rede sein.
Grobe Fahrlässigkeit findet sich im § 1324 ABGB und im § 6 StGB neben anderen Gesetzen: Schwimann sagt in seinem Kommentar zum § 1324 ABGB, dass grobe Fahrlässigkeit überhaupt nur dann anzunehmen ist, wenn durch ein Fehlverhalten jemand "geschädigt" wird. In diesem Fall scheidet eine Schädigung schon deshalb aus, weil, wie erwähnt, ich Steuerberater beider Vertragsparteien bin und die Steuererklärungen mit Ust Berichtigung und Vorsteuerabzug zeitgleich erstellt habe. Weiters schreibt Schwimann zur groben Fahrlässigkeit, dass eine auffallende und ungewöhnliche Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht erforderlich ist, die eine gleich geschulte andere Person nicht machen würde:
Wir Steuerberater haben im Auftrag unserer Mandanten deren steuerliche Angelegenheiten zu regeln, dazu bedienen wir uns deren Auskünfte und Unterlagen. Jeder andere Steuerberater hätte nach Vorlage des Schenkungsvertrages nach dessen Inhalt genauso gehandelt, wie ich und dem Notar vertraut.
Das Strafgesetzbuch geht hinsichtlich der groben Fahrlässigkeit sogar noch weiter: Ausser der Notwendigkeit eines zugefügten Schadens ist hier noch erforderlich, dass keine sogenannte "Maßperson" so gehandelt hätte, wie der grob fahrlässige: Keines der beiden Erfordernisse trifft hier zu.
Auftrags meines Mandanten, der der einzige ist, dem hier Schaden zugefügt werden soll, bitte ich daher, den Säumniszuschlag zu stornieren."
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, beim gegenständlichen Schenkungsobjekt handle es sich um ein Zinshaus mit drei vermietbaren Geschäftslokalen und sechs Wohnungen. Werde ein solches Objekt im Zuge einer Schenkung übertragen, seien in der Regel steuerliche Fragestellungen abzuklären, die entsprechende steuerliche Fachkenntnisse erforderten.
Derartige Fachkenntnisse würden in der Beschwerde dem Bf. nicht zuerkannt, weshalb entweder eine entsprechende Auskunft bei der zuständigen Abgabenbehörde einzuholen oder eine fachkundige steuerliche Vertretung beizuziehen sei. In der Beschwerde sei versucht worden, eine fachliche Rechtsauskunft damit "herzustellen", dass sich der Bf. auf die (nicht-ust-versteuernde) Beurkundung durch den abwickelnden Notar verlassen habe.
Der Notar N habe gegenüber dem Finanzamt auf Anfrage erklärt, er führe im Zusammenhang mit Vertragserrichtungen generell keine steuerlichen Beratungen durch; bei komplexen Vorgängen wie z.B. der Übertragung von Mietobjekten sei ohnehin stets mit fachkundigen Beratern zu kooperieren. Gerade bei größeren Mietobjekten sei größte Vorsicht geboten.
Die Auskunft eines weiteren Notars im Finanzamtsbezirk sei ident ausgefallen: Bei Objekten, die eine umfangreiche Vermietungstätigkeit nach sich ziehen, werde generell nur nach schriftlicher Bestätigung des steuerlichen Vertreters bzw. des Klienten hinsichtlich umsatzsteuerlicher Verfangenheit ein Vertrag errichtet.
Auf Grund dieser Auskünfte sei aus der Sicht der Abgabenbehörde in einem solchen Fall zur Klärung ust-rechtlicher Fragen die Inanspruchnahme einer in steuerlichen Fragen fachkundigen Person unumgänglich und im Geschäftsverkehr auch offensichtlich üblich.
Der Bf. habe seine Liegenschaft verschenkt und nicht rechtzeitig erkannt bzw. auf Grund seiner [mangelnden] steuerlichen Kenntnisse nicht erkennen können, dass ust-rechtlich ein Eigenverbrauchstatbestand verwirklicht worden sei. Im allgemeinen Geschäftsverkehr sei davon auszugehen, dass bei einer jahrelangen Klientenbeziehung der Rat des Steuerberaters sowohl in der Vorbereitung als auch in der Abwicklung besonders gefordert werde, weil der steuerliche Laie nicht in der Lage sei, die Konsequenzen von Fehlern abzuschätzen. Jede andere Person würde spätestens in der Abwicklungsphase die Dienste des jahrelangen, bereits beim Liegenschaftserwerb involvierten Steuerberaters in Anspruch nehmen.
Offensichtlich seien hier Fehler unterlaufen, die mit der bloßen Nichteinhaltung von Zahlungsterminen und Fristen nichts zu tun hätten. Die Fehler seien vielmehr in den Bestimmungen der BAO zur Offenlegungs- und Erklärungspflicht zu suchen und hätten durch entsprechende zumutbare Sorgfalt - rechtzeitige Rücksprache mit dem jahrelangen steuerlichen Vertreter - vermieden werden können.
Beim Erwerb des Objektes im Jahr 2011 sei die abziehbare Vorsteuer unverzüglich in die Umsatzsteuervoranmeldung aufgenommen worden. Damals habe die Zusammenarbeit mit dem steuerlichen Vertreter offenbar gut funktioniert.
Im Übrigen hätte die Aufnahme des Eigenverbrauchstatbestandes in die Umsatzsteuerjahreserklärung im Hinblick auf die Bestimmungen des § 21 UStG dieselben Auswirkungen hinsichtlich des Säumniszuschlages wie durch die Feststellung im Zuge der Prüfung gehabt. Die Festsetzung des Säumniszuschlages hätte nur durch die Aufnahme im entsprechenden Voranmeldungszeitraum und die rechtzeitige Entrichtung zum jeweiligen Fälligkeitstag vermieden werden können.
Im Antrag vom auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht wird ausgeführt:
"Die Abgabenbehörde versucht in der Beschwerdevorentscheidung den Sachverhalt so darzustellen, dass der vertragsverfassende Notar keine Sorgfaltspflichten hinsichtlich der in Liegenschaftsübergabeverträgen zu beurkundenden Umsatzsteuern hätte.
Allein schon aus den wesentlich abweichenden Grunderwerbsteuermeldungen hinsichtlich der Übergabewerte sind hier Sorgfaltspflichten vorhanden.
Hier kommt noch dazu, dass der Notar den seinerzeitigen Kaufvertrag mit Umsatzsteuerausweis selbst verfasste und im Akt hatte und aufgrund dieses Aktes die grundbücherlichen Basisdaten für den Übergabevertrag übernahm. Auch wenn sich die beiden befragten Notare keiner steuerlichen Auskünfte mächtig fühlen, so haben sie dennoch die Verpflichtung, richtige Beträge in ihre Verträge aufzunehmen und die ihnen auferlegten Meldungen ordnungsgemäß zu erstellen.
Da es sich bei Notaren um Personen von allgemein hoher Glaubwürdigkeit handelt, kann mir hier nicht der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit gemacht werden, wenn ich einem Notariatsvertragsinhalt vertraue.
Die Abgabenbehörde hat grundsätzlich recht, der Umsatzsteuerbetrag wurde mittels Umbuchung vom Steuerkonto des Vaters auf das Steuerkonto der Tochter verspätet entrichtet. Gerade für solche Sachverhalte wurde der § 217 Abs. 7 BAO geschaffen, um möglichen Härten zu entgehen. Mein Mandant ist - in der BVE bestätigt - ein ordentlicher Steuerzahler und die Festsetzung des Säumniszuschlages ist zweifellos eine Härte, die nicht im Sinne der Bestimmungen der BAO ist. Ich bitte das Bundesfinanzgericht daher, den entsprechenden Bescheid aufzuheben."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
In der Vorhaltsbeantwortung vom gab der steuerliche Vertreter des Bf. bekannt, der Bescheid vom , mit dem das Finanzamt das Ersuchen vom , keinen Säumniszuschlag festzusetzen, abgewiesen habe, sei weder dem Bf. noch ihm, seinem steuerlichen Vertreter, zugestellt worden.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 Abs. 2 Zustellgesetz hat die Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegen getreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muss - mangels Zustellnachweises - der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden (siehe , mit Verweisen auf die Vorjudikatur).
Nach der Aktenlage erfolgte die Zustellung des Bescheides vom ohne Zustellnachweis. Ein Nachweis der Zustellung dieses Bescheides konnte seitens des Finanzamtes nicht erbracht werden.
Da somit nach dem Vorbringen des Bf. davon auszugehen ist, dass der Bescheid vom nicht wirksam zugestellt wurde und der hier angefochtene Bescheid vom nicht neuerlich, sondern erstmals über die (Nicht-) Festsetzung des Säumniszuschlages abgesprochen hat, ist Gegenstand dieses Verfahrens die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom , mit dem der Antrag des Bf., den Säumniszuschlag für die Umsatzsteuer 2016 in der Höhe von 2.063,25 Euro gemäß § 217 Abs. 7 BAO nicht festzusetzen, abgewiesen wurde.
Gemäß § 217 Abs. 1 BAO sind, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, Säumniszuschläge zu entrichten.
Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Dem vorliegenden Fall liegt unbestritten folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Bf. erwarb im Jahr 2011 eine Liegenschaft um 480.000 Euro zuzüglich 96.000 Euro Umsatzsteuer und machte die Umsatzsteuer in der Umsatzsteuervoranmeldung 07/11 als Vorsteuer geltend. In den Folgejahren wurde die Liegenschaft vermietet und für Instandsetzungsaufwendungen in der Höhe von ca. 90.000 Euro laufend Vorsteuern geltend gemacht.
Mit dem Schenkungsvertrag vom übergab der Bf. die Liegenschaft seiner Tochter, wobei weder in der für 12/2016 eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung noch in der am eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung 2016 eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 erklärt wurde.
Nach einem Vorhalt des Finanzamtes erklärte der steuerliche Vertreter am , die Vorsteuerberichtigung für die in den Jahren 2011 bis 2016 angefallenen Instandsetzungskosten beliefen sich auf 15.214,37 Euro.
Im Zuge der Betriebsprüfung im Jahr 2018 optierte der Bf. hinsichtlich des Grundstücksumsatzes zur Umsatzsteuerpflicht gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 idF BGBl I 118/2015 ist die Lieferung von Grundstücken im Sinne des § 2 GrEStG von der Umsatzsteuer befreit.
Gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 kann der Unternehmer u.a. einen Umsatz, der nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln.
Dieser Verzicht auf die Steuerbefreiung ist bis zur Rechtskraft des Steuerbescheides möglich.
Für eine Option zur Steuerpflicht gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 sieht das Gesetz keinen bestimmten Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld und der Fälligkeit vor.
Säumniszuschlagsansprüche setzen voraus, dass eine Verpflichtung zur Entrichtung der betreffenden Abgabe besteht. Entstehen Umsatzsteuerschuldigkeiten (und deren Fälligkeiten) durch die Ausübung eines vom Gesetzgeber eingeräumten Wahlrechtes (z.B. Option nach § 6 Abs. 2 UStG 1994) rückwirkend, nämlich durch die Ausübung des Wahlrechtes nach Eintritt der Fälligkeit, hat der Unternehmer im Zeitpunkt der Fälligkeit keine abgabenrechtliche Zahlungspflicht verletzt (siehe Ritz, BAO6, § 217, Tz 39 ff.).
Der Bf. hat - vor Erlassung des Umsatzsteuerjahresbescheides 2016 und daher rechtlich zulässig - im Jahr 2018 hinsichtlich des Grundstücksumsatzes zur Steuerpflicht optiert.
Durch das rückwirkende Entstehen der Steuerschuld bestand im Zeitpunkt der Fälligkeit (im gegenständlichen Fall des ) daher für den Bf. keine Verpflichtung zur Entrichtung der aus der Option im Jahr 2018 entstandenen Umsatzsteuerschuld.
Dies kann aber nur hinsichtlich jenes Mehrbetrages an Umsatzsteuer gelten, der aufgrund der Ausübung der Option nach § 6 Abs. 2 UStG 1994 gegenüber der „normalen“ Behandlung des Grundstücksumsatzes als unecht steuerbefreit mit der Verpflichtung zur Korrektur der Vorsteuer nach § 12 Abs. 10 UStG entstanden ist (siehe ).
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des §§ 20 Abs. 1 und Abs. 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. ... Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.
Gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 idF BGBl I 118/2015 lautet:
Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen.
Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrunde liegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind.
Bei Grundstücken im Sinne des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neunzehn Kalenderjahren.
Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zwanzigstel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder die Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Lieferung ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Lieferung erfolgte.
Da bis zum Ablauf des Jahres 2016 keine Option nach § 6 Abs. 2 UStG 1994 ausgeübt wurde, war für die Übergabe des Grundstückes nicht nur von den Investitionen der Jahre 2011 bis 2016 eine Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 UStG im Ausmaß der noch offenen Zehntel in Höhe der vom Bf. im Jahr 2018 bekannt gegebenen Betrages von 15.214,37 Euro durchzuführen, sondern auch hinsichtlich der Vorsteuer des Grundstücksumsatzes.
Spätestens in der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2016 wäre daher, wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung dargelegt, eine Vorsteuerkorrektur in der Höhe von 87.214,37 Euro (15.214,37 Euro + 15/20 von 96.000 = 72.000 Euro) vorzunehmen gewesen. Für diesen Betrag bestand im Zeitpunkt seiner Fälligkeit am die Verpflichtung zu seiner Entrichtung.
Da der Bf. trotz des Vorliegens von berichtigungspflichtigen Vorsteuerbeträgen für das Grundstück keine Vorsteuerkorrektur nach § 12 Abs. 10 UStG durchgeführt hat, wurde für diesen Betrag gemäß § 217 Abs. 1 BAO ein Säumniszuschlag zu Recht vorgeschrieben.
Aus der Bemessungsgrundlage von 87.214,37 Euro ergibt sich daher eine Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages in der im Spruch angeführten Höhe von 1.744,29 Euro.
Gemäß § 217 Abs. 7 UStG 1994 sind Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Im Erkenntnis vom , Ra 2014/15/0007, führte der VwGH dazu aus:
Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines solchen kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an. Entscheidend ist, ob den Bf. an der Säumnis ein grobes Verschulden trifft. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt (vgl. Ritz, BAO3, § 217, Tz 43). Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt.
Insoweit der steuerliche Vertreter vorbringt, er habe bei der Vorsteuerberichtigung nur die Investitionen in das Mietobjekt berücksichtigt, weil er irrtümlich davon ausgegangen sei, dass der Kauf des Grundstückes im Jahr 2011 ohne Umsatzsteuer erfolgt sei, ist darauf hinzuweisen, dass, auch wenn nach der ständigen Judikatur des VwGH (z.B. , 2000/14/0006), das grobe Verschulden des Vertreters dem Verschulden des Vertretenen gleich zu halten ist, diese Vorsteuerberichtigung erst nach Vorhalt des Finanzamtes im Jahr 2018 nach Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung 2016 erfolgte und daher für die Verwirklichung des Säumniszuschlagstatbestandes im Fälligkeitszeitpunkt ohnehin nicht von Relevanz ist.
Das mangelnde Verschulden des Bf. damit zu begründen, es sei kein Schaden für den Staat entstanden, geht am Zweck des § 217 BAO, die pünktliche Tilgung von Abgabenschuldigkeiten sicher zu stellen (), vorbei. Die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges beim Empfänger der Leistung verhindert nicht die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages im Sinne des § 217 Abs. 1 BAO, wofür allein die verspätete Entrichtung der Umsatzsteuer durch den Bf. von Belang ist.
Dass der Bf. "generell" pünktlich zahle, wurde vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vom mit den dort angeführten Säumnisbeispielen widerlegt. Im Übrigen ist dem Finanzamt darin zuzustimmen, dass im vorliegenden Fall Fehler unterlaufen sind, die mit der bloßen Nichteinhaltung von Zahlungsterminen und Fristen nichts zu tun haben.
Ob der Notar bei der Vertragsabfassung die Umsatzsteuerverfangenheit des Grundstückes geprüft hat und ihm an der Nichtentrichtung der Umsatzsteuer aus der Vorsteuerberichtigung daher ein (Mit-) Verschulden trifft, ist belanglos. Dass die Übertragung betrieblich genutzter Grundstücke umsatzsteuerrechtliche Fragen aufwirft, war dem Bf. seit dem Erwerb des Grundstückes fünf Jahre zuvor bekannt. Der Bf. bringt nicht vor, er habe im Zuge der Veräußerung seines Grundstückes Rechtsauskünfte hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung dieses Vorganges beim Notar, seinem steuerlichen Vertreter oder der Abgabenbehörde eingeholt. Dazu wäre er aber verpflichtet gewesen, zumal er das Grundstück nicht nur kurz vor der Veräußerung mit Umsatzsteuer erworben und die Vorsteuer in der Umsatzsteuervoranmeldung geltend gemacht hat, wozu sogar eine Rechnung ausgestellt wurde. Auch der Vorsteuerabzug für die Investitionen muss dem Bf. zumindest im Zuge von Besprechungen mit seinem steuerlichen Vertreter im Zusammenhang mit der Abgabe der Steuererklärungen bekannt gewesen sein. Da der Bf. pensionierter Gastwirt ist, können ihm im Zusammenhang mit einer Unternehmensveräußerung verbundene steuerrechtliche Konsequenzen nicht unbekannt sein. Gründe, die den Bf. daran gehindert haben, rechtzeitig seinen steuerlichen Vertreter einzuschalten, wurden nicht vorgebracht.
Zusammengefasst liegt daher ein minderer Grad des Verschuldens im Sinne des § 217 Abs. 1 BAO nicht vor, weshalb die Vorschreibung des Säumniszuschlages dem Grunde nach zu Recht erfolgte. Hinsichtlich der Höhe des festgesetzten Säumniszuschlages wird auf die obigen Feststellungen verwiesen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Erkenntnis beruht auf den zitierten gesetzlichen Bestimmungen und der dazu ergangenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, weshalb eine Revision gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig ist.
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 Abs. 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100498.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at