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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.04.2019, RV/7102875/2018

Der Begriff "Säumnis" erfasst nur verspätete Tilgung, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art (verspätete Zahlungserleichterungsansuchen).

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2135/2019 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/16/0154. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R. in der Beschwerdesache Bf., Adresse1, vertreten durch Schlosser-Peter Rechtsanwälte OG, Zelinkagasse 14 Tür 2, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , XXX, betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt von der Grunderwerbsteuer 01/2018 in Höhe von € 997.500,00 einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 19.500,00 mit der Begründung fest, dass die Abgabenschuldigkeit nicht bis entrichet worden sei.

****

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde vom führte die Beschwerdeführerin (Bf.) aus, dass zunächst festzuhalten sei, dass das Finanzamt dadurch, dass es Stundungszinsen fur den Zeitraum von bis (tatsächlich ) festgesetzt habe, bestätige, dass das Stundungsansuchen der Bf. fristgerecht erfolgt sei, zumal Stundungszinsen und ein Säumniszuschlag niemals nebeneinander festgesetzt werden dürften.

Das fristgerechte Stundungsansuchen schließe jedoch, zumindest solange es noch unerledigt geblieben sei, die Festsetzung eines Saumniszuschlags aus. Im gegenständlichen Fall sei das Zahlungserleichterungsansuchen zwar mit Bescheid vom abgewiesen worden, jedoch nur mit der Begründung, dass die begehrte Stundungsfrist bereits abgelaufen sei, wobei insbesondere auch festzuhalten sei, dass die Abgabe bis dahin schon vollständig entrichtet gewesen sei.

Weiters sei der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass § 217 Abs 5 BAO eine die Festsetzung des Säumniszuschlags ausschließende Nachfrist von 5 Tagen regle und diese Bestimmung systematisch nur so verstanden werden könne, dass auch ein innerhalb dieser Frist gestelltes Zahlungserleichterungsansuchen die Festsetzung eines Säumniszuschlags ausschließen müsse, sofern auch die sonstigen dort vorgesehenen Voraussetzungen eingetreten seien bzw. zuträfen.

Der erste Säumniszuschlag sei sohin zu Unrecht festgesetzt worden und die Bf. stelle den Antrag, das Verwaltungsgericht (Bundesfinanzgericht) möge der Beschwerde Folge geben und den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlags vom ersatzlos beheben.

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde mit der Begründung ab, dass mit Bescheid vom  für den Kaufvertrag vom die Grunderwerbsteuer in Hohe von € 997.500,00 mit Fälligkeit festgesetzt worden sei.

Werde eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so seien nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag betrage 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).

Gemäß § 217 Abs. 4 BAO in Verbindung mit § 230 Abs. 3 BAO würden zeitgerechte Zahlungserleichterungsansuchen die Verwirkung von Säumniszuschlägen verhindern. Da der Antrag auf Zahlungserleichterung erst mit per Telefax (und somit erst nach dem Fälligkeitstag, dem ) eingegangen sei, sei das Zahlungserleichterungsansuchen nicht rechtzeitig und habe deshalb eine Säumnis bewirkt, wobei die Verwirkung eines Säumniszuschlages unabhängig von der Dauer der Säumnis sei.

Der Beschwerde habe somit kein Erfolg beschieden werden können.

Hinweis: Der Begriff der Säumnis iSd § 217 Abs. 5 BAO erfasse nur die verspätete Tilgung, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art wie zB die verspätete Einreichung von Zahlungserleichterungsansuchen ().

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Dagegen beantragte die Bf. mit Eingabe vom die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

Grundsätzlich sei es richtig, dass im Fall einer nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichteten Abgabe ein Säumniszuschlag zu entrichten sei. Von diesem Grundsatz sehe die BAO eine Reihe von Ausnahmen vor, wie etwa die Einbringung eines Antrags auf Zahlungserleichterungen vor dem Fälligkeitstag.

Zu berücksichtigen sei jedenfalls die Bestimmung des § 217 Abs 5 BAO, die bestimme, dass ein Säumniszuschlag dann nicht zu entrichten sei, wenn die Säumnis nicht mehr als 5 Tage betragen habe und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten 6 Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten zeitgerecht entrichtet habe.

Grundsätzlich schließe daher sowohl die Tilgung der Abgabenschuld als auch der Antrag auf Zahlungserleichterung (zumindest solange dieser nicht abschlägig beschieden worden sei) die Säumnisfolgen aus. Der Nachteil, der dem Fiskus durch die spätere Zahlung im Fall der Zahlungserleichterungen entstehe, werde durch die gesetzlich vorgesehenen Stundungszinsen abgegolten.

Wenn nun aber innerhalb einer Nachfrist von 5 Tagen die Tilgung der Festsetzung eines Säumniszuschlags entgegenstehe, wäre es systemwidrig, wenn nicht die Einbringung eines Antrags auf Zahlungserleichterungen innerhalb der selben Frist die gleichen Rechtswirkungen hätte. Im gegenstandlichen Fall sei der Antrag jedenfalls innerhalb dieser Nachfrist eingebracht worden, ebenso lägen die weiteren Voraussetzungen des § 217 Abs. 5 BAO vor, nämlich, dass die Abgabenpflichtige innerhalb der letzten 6 Monate sämtliche Abgabenschulden zeitgerecht entrichtet habe. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Finanzamt daher keinen Säumniszuschlag, wohl aber Stundungszinsen festzusetzen gehabt.

Die Bf. stelle daher den Antrag, die gegenstandliche Beschwerde möge dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werden und das Verwaltungsgericht möge dieser Folge geben und den bekämpften Bescheid vom , mit dem ein erster Säumniszuschlag festgesetzt worden sei, ersatzlos beheben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Gemäß Abs. 2 beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 4 lit. b BAO sind für Abgabenschuldigkeiten Säumniszuschläge insoweit nicht zu entrichten, als ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 BAO gehemmt ist.

Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 BAO eingebracht, so dürfen gemäß § 230 Abs. 3 BAO Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden.

Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen nach dem im Abs. 3 bezeichneten Zeitpunkt eingebracht, so kann die Abgabenbehörde gemäß § 230 Abs. 4 BAO dem Ansuchen aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Maßnahmen zur Einbringung zuerkennen.

Wurden Zahlungserleichterungen bewilligt, so dürfen gemäß § 230 Abs. 5 BAO Einbringungsmaßnahmen während der Dauer des Zahlungsaufschubes weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.

Gemäß § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet wird.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Grunderwerbsteuer am fällig war.

Das Ansuchen um Zahlungserleichterung wurde am , somit einen Tag nach dem Fälligkeitstag eingebracht.

Somit steht zweifelsfrei fest, dass durch die verspätete Einbringung grundsätzlich eine Säumnis eingetreten ist.

Die Rechtsfolgen des § 217 Abs. 1 BAO knüpfen dem Grunde nach an objektive Tatbestandsmerkmale an und bestehen darin, dass nach Maßgabe des § 217 Abs. 2 und 3 BAO Säumniszuschläge zwingend festzusetzen sind.  

Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 86/16/0023, wird vom Begriff der Säumnis iSd § 217 Abs. 1 BAO (früher, und daher in der Entscheidung zitiert: § 221 Abs. 1 BAO) nur die verspätete Tilgung, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art (z.B. verspätete Zahlungserleichterungsansuchen, verspätete Abgabe von Erklärungen) erfasst. Auch Absatz 5 des § 217 BAO knüpft an diesen Terminus der „Säumnis“ an, der eben nur die verspätete Tilgung, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art wie verspätete Zahlungserleichterungsansuchen umfasst (siehe auch: Ritz, BAO-Kommentar6, RZ 35 zu § 217; Fischerlehner, Abgabenverfahren, § 217 Anm9). Diese Rechtsauffassung hat auch Eingang in die insoweit einhellige neuere Judikatur des Unabhängigen Finanzsenates und in die des Bundesfinanzgerichtes gefunden (; ; ; ; ; ; ).

Nach § 217 Abs. 4 lit. b BAO iVm § 230 Abs. 3 BAO verhindern zeitgerechte Ansuchen um Zahlungserleichterungen die Verwirkung von Säumniszuschlägen. Zeitgerecht ist ein solches Ansuchen im Sinne des § 230 Abs. 3 BAO, wenn es vor Ablauf der für die Entrichtung der Abgabe zur Verfügung stehenden Frist (diesfalls spätestens am Fälligkeitstag ) eingebracht wird.

§ 217 Abs. 5 BAO, wonach die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht entsteht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt, kann hier nicht zur Anwendung kommen, da – wie bereits dargestellt - der Begriff der Säumnis nur die verspätete Tilgung erfasst, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art wie verspätete Zahlungserleichterungsansuchen.

Die Einbringung des Zahlungserleichterungsansuchens steht somit der Entstehung des Säumniszuschlagsanspruchs nicht entgegen.

Aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Kontoabfrage geht jedoch hervor, dass die mit Bescheid vom festgesetzten Stundungszinsen mit Bescheid vom abgeschrieben, bzw. mit € 0,00 festgesetzt wurden, sodass der vorgebrachte Beschwerdegrund nicht mehr vorliegt. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Säumnis bereits vor Einbringung des Zahlungserleichterungsansuchen eingetreten ist, weshalb die Festsetzung von Stundungszinsen neben dem Säumniszuschlag zulässig wäre (ist).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab. Weiters werden in der vorliegenden Beschwerde keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art . 133 Abs. 4 B-VG zukäme.

Da die Voraussetzungen des Art . 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 3 Abs. 2 lit. d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 221 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102875.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at